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CSR & Compliance - Themenschwerpunkt im Jahrbuch Global Compact Deutschland 2014

Das Jahrbuch „Global Compact Deutschland“ erscheint seit 2004 in Kooperation mit dem Deutschen Global Compact Netzwerk (DGCN). Darin werden anschauliche Beispiele von Unternehmen präsentiert, die die zehn Prinzipien des Global Compact erfolgreich in ihre Praxis integriert haben. Daneben bietet das Jahrbuch einen umfangreichen Mantelteil, der aktuelle, lokale sowie globale Entwicklungen und Ereignisse behandelt. Beiträge und Interviews von führenden Experten der Nachhaltigkeitsbranche bereichern zudem Qualität und Informationsgehalt der Bücher. Herausgeber ist die macondo publishing GmbH. Schwerpunkthemen 2014: - CSR & Compliance - Wie geht es mit der internatioanlen Klimapolitik weiter? - Zehn Jahre Deutsches Global Compact Netzwerk Der Global Compact der Vereinten Nationen ist eine strategische Initiative für Unternehmen, die sich verpflichten, ihre Geschäftstätigkeiten und Strategien an Global Compact 10 universell anerkannten Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung auszurichten. Heute ist der Global Compact mit rund 8.000 teilnehmenden Unternehmen das weltweit wohl bedeutendste Business-Netzwerk für eine nachhaltige Globalisierung.

Das Jahrbuch „Global Compact Deutschland“ erscheint seit 2004 in Kooperation mit dem Deutschen Global Compact Netzwerk (DGCN). Darin werden anschauliche Beispiele von Unternehmen präsentiert, die die zehn Prinzipien des Global Compact erfolgreich in ihre Praxis integriert haben. Daneben bietet das Jahrbuch einen umfangreichen Mantelteil, der aktuelle, lokale sowie globale Entwicklungen und Ereignisse behandelt. Beiträge und Interviews von führenden Experten der Nachhaltigkeitsbranche bereichern zudem Qualität und Informationsgehalt der Bücher. Herausgeber ist die macondo publishing GmbH.

Schwerpunkthemen 2014:
- CSR & Compliance
- Wie geht es mit der internatioanlen Klimapolitik weiter?
- Zehn Jahre Deutsches Global Compact Netzwerk

Der Global Compact der Vereinten Nationen ist eine strategische Initiative für Unternehmen, die sich verpflichten, ihre Geschäftstätigkeiten und Strategien an Global Compact 10 universell anerkannten Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung auszurichten. Heute ist der Global Compact mit rund 8.000 teilnehmenden Unternehmen das weltweit wohl bedeutendste Business-Netzwerk für eine nachhaltige Globalisierung.

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WE SUPPORT<br />

global<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

compact<br />

<strong>CSR</strong> & <strong>Compliance</strong><br />

Quo vadis, Kl<strong>im</strong>a<br />

10 Jahre Deutsches<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

<strong>2014</strong>


Herausgegeben mit freundlicher Unterstüzung durch:


Grußnote<br />

Ban Ki-moon, UN-Generalsekretär<br />

The world is activated – from the streets to national capitals, from business<br />

headquarters to grassroots community centres.<br />

But the planet is also still warming – so we have to turn up the heat on our<br />

response.<br />

I count on you to lead by example. Set a meaningful internal carbon price. Advocate<br />

for responsible policies. Acknowledge where you need to do more – and<br />

publicly report on your progress.<br />

Putting a price on carbon has the potential to unleash large investment flows<br />

and st<strong>im</strong>ulate green growth and innovation. It will help ensure that low-carbon<br />

technologies spread quickly around the world.<br />

I will support you by pushing governments to do their part. I am calling for<br />

frameworks that set a level playing field. I am asking for clear signals that will<br />

encourage the private sector to integrate cl<strong>im</strong>ate activities into their long-term<br />

strategies.<br />

We are now working towards concluding a universal and meaningful global<br />

cl<strong>im</strong>ate agreement next year in Paris.<br />

I count on your support.<br />

Dezember <strong>2014</strong>


Inhalt<br />

3<br />

Grußnote<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

8<br />

12<br />

13<br />

14<br />

<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Compliance</strong> von Unternehmen – eine Einführung<br />

Dr. Rainer Markfort<br />

Info: Was umfasst <strong>Compliance</strong><br />

Kommt eine Gesetzespflicht für <strong>Compliance</strong><br />

Aus dem Arbeitsalltag eines Chief <strong>Compliance</strong> Officers<br />

Torsten Krumbach<br />

6<strong>Compliance</strong><br />

18<br />

22<br />

24<br />

27<br />

<strong>Compliance</strong> durch Audits und Zertifikate<br />

Christina Panzenböck<br />

Alles richtig gemacht und dennoch ein großes Problem!<br />

Kai M. Beckmann<br />

Beispiele: Faire Textilien, Konflikt-Rohstoffe,<br />

Korruptionsvermeidung<br />

Info: Publikationen<br />

28<br />

Kl<strong>im</strong>awandel<br />

30<br />

34<br />

35<br />

36<br />

40<br />

Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Quo vadis, Kl<strong>im</strong>a<br />

Im Gespräch mit Prof. Dr. Mojib Latif<br />

Kohlenstoff braucht einen Preis!<br />

Georg Kell<br />

Info: Der UN-Kl<strong>im</strong>aprozess<br />

Kl<strong>im</strong>acheck für Unternehmen<br />

Jonas Savelsberg und Christian Kind<br />

Beispiele:<br />

Forschung / Effizienz / Innovation / Naturkapital /<br />

Gesellschaft<br />

108<br />

114<br />

116<br />

10 Jahre Deutsches Netzwerk<br />

2004 – <strong>2014</strong>: Eine Dekade<br />

Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Dr. Jürgen Janssen<br />

Info: Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

An den Kernproblemen arbeiten<br />

Angelika Pohlenz<br />

106<br />

10 Jahre Deutsches Netzwerk


118<br />

Neutralität als Prinzip<br />

125<br />

Kontrovers, aber <strong>im</strong>mer konstruktiv<br />

Jörg Hartmann<br />

Dr. Wolfram Heger<br />

120<br />

Peters Prinzip<br />

126<br />

Standards als Basis für fairen Wettbewerb<br />

Prof. Dr. Peter Eigen<br />

Sabine Baun<br />

122<br />

Resonanzboden für Stakeholder<br />

128<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Prof. Dr. Josef Wieland<br />

Good Practice<br />

Finanzmärkte<br />

54<br />

Arbeitsnormen<br />

ABB<br />

Hinsehen, nicht wegschauen<br />

82<br />

HypoVereinsbank<br />

Finanzwissen fördern<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

56<br />

58<br />

60<br />

62<br />

Audi<br />

Taktgeber für Arbeitsplatzergonomie<br />

Hochtief<br />

Verantwortung für mehr Sicherheit<br />

Weidmüller<br />

Weiterbildung <strong>im</strong> Fokus<br />

Umweltschutz<br />

Armacell<br />

Dämmstoffe mit glänzender Ökobilanz<br />

84<br />

86<br />

88<br />

90<br />

BASF<br />

Steuerung des Produktportfolios in Richtung<br />

Nachhaltigkeit<br />

Bayer<br />

Lieferantenmanagement bei Bayer<br />

DAW<br />

Neue Wege für mehr Nachhaltigkeit<br />

Deutsche Post DHL<br />

Werte schaffen durch intensivere Stakeholder-<br />

Beziehungen<br />

64<br />

CEWE<br />

Wo Qualität auf Verantwortung trifft<br />

92<br />

TÜV Rheinland<br />

Ein weltweit einzigartiger Preis<br />

66<br />

68<br />

70<br />

E.ON<br />

SmartRegion Pellworm<br />

MAN<br />

MAN kann Zukunft<br />

Miele<br />

Effizienz und Energiebedarf <strong>im</strong> Fokus<br />

94<br />

96<br />

<strong>Compliance</strong> & Reporting<br />

EY<br />

<strong>Global</strong>es Integritätsmanagent in der Praxis<br />

macondo publishing<br />

<strong>CSR</strong>manager – Nachhaltigkeitsberichte einfach und<br />

effizient<br />

72<br />

RWE<br />

Smart Operator<br />

98<br />

Mazars<br />

<strong>Compliance</strong>, Governance und Nachhaltigkeit<br />

74<br />

Tchibo<br />

Kinder lernen spielerisch Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

100<br />

Datability<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Mein Backofen – meine Daten<br />

76<br />

Bosch<br />

Grundsätze rechtmäßigen Verhaltens<br />

102<br />

Da<strong>im</strong>ler<br />

Vernetztes Fahren und Datenschutz<br />

78<br />

Merck<br />

Prozess für die Auswahl von Geschäftspartnern<br />

104<br />

Deutsche Telekom<br />

Datensicherheit und digitale Bildung


Agenda<br />

<strong>Compliance</strong><br />

6 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Compliance</strong> ist aktuell eines der meistdiskutierten Themen innerhalb der <strong>CSR</strong>-Szene. Doch was haben die<br />

Einhaltung von Regeln – das bedeutet nämlich <strong>Compliance</strong> – mit Nachhaltigkeit zu tun Sehr viel, denn<br />

in einem nachhaltig ausgerichteten Unternehmenskontext umfasst Regelkonformität Gesetze wie auch<br />

(freiwillige) Verhaltenskodices zu Korruptionsvermeidung, Umweltverpflichtungen und Sozialstandards.<br />

In unserem Special beleuchten wir Instrumente, Methoden und Beispiele für nachhaltige Integration von<br />

<strong>Compliance</strong> in Managementprozesse.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

7


Agenda<br />

<strong>Compliance</strong><br />

von Unternehmen<br />

– eine Einführung<br />

Von Dr. Rainer Markfort<br />

Im Jahre acht nach dem Siemens-Korruptions-Skandal (2006)<br />

hat wohl jeder, der in <strong>Deutschland</strong> am Wirtschaftsleben teiln<strong>im</strong>mt,<br />

den Begriff <strong>Compliance</strong> schon einmal gehört. Und<br />

nicht wenige verbinden damit Bürokratie und Gängelung,<br />

Ausflüsse einer angelsächsischen Modeerscheinung – und<br />

hoffen insgehe<strong>im</strong>, das möge vorbeigehen. Gerade <strong>im</strong> Mittelstand<br />

ist die Sorge verbreitet, <strong>Compliance</strong> erschwere das Geschäft<br />

in einem ohnehin <strong>im</strong>mer schwierigeren Umfeld.<br />

Was ist <strong>Compliance</strong><br />

„<strong>Compliance</strong>“ meint „Regeltreue“. Der Begriff kommt aus dem<br />

Englischen (to comply = befolgen) und ist durch ein Urteil des<br />

Bundesgerichtshofs <strong>im</strong> Jahr 2009 in die deutsche Rechtssprache<br />

eingeführt worden. Damals ging es um Wirtschaftsdelikte.<br />

Dabei sollte es selbstverständlich sein, dass Unternehmen und<br />

ihre Mitarbeiter nicht gegen Strafgesetze verstoßen – und ist es<br />

doch nicht, wie die Ermittlungsverfahren gegen Unternehmen<br />

aller Branchen und Größen <strong>im</strong>mer wieder zeigen.<br />

Doch Strafgesetze bilden nur die untere Grenze dessen, was<br />

in einem Gemeinwesen als so verwerflich angesehen wird,<br />

dass es mit Kr<strong>im</strong>inalstrafen und Bußgeldern sanktioniert wird.<br />

In einem entwickelten Wirtschaftssystem zählen Vertrauen,<br />

Zuverlässigkeit, Ansehen und Integrität zu den wichtigen<br />

Grundlagen von Geschäftsbeziehungen. Unternehmen investieren<br />

daher große Summen in die Qualität ihrer Produkte und<br />

Dienstleistungen, die Ausbildung ihrer Mitarbeiter, die Stabilität<br />

interner Prozesse und damit in ihren guten Ruf. Diesen<br />

zu schützen bedarf es einer starken, auf Werten basierenden<br />

Führungskultur und interner Regeln. Daran müssen sich alle<br />

Mitarbeiter halten. Das ist <strong>Compliance</strong>.<br />

8<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Warum ist <strong>Compliance</strong> wichtig<br />

In unserer heutigen hochspezialisierten Welt kaufen Unternehmen<br />

Produkte und Dienstleistungen weltweit ein und<br />

vertreiben sie weltweit. Das gilt in besonderem Maße für<br />

unsere exportorientierten deutschen Unternehmen. Nicht<br />

wenige deutsche Mittelständler sind zu Recht stolz darauf,<br />

Weltmarktführer in ihrem speziellen Produktbereich zu sein.<br />

Das aber bringt nicht nur Ehre und Umsatz. Sich in fremden<br />

Märkten zu behaupten, birgt auch besondere Risiken. Und die<br />

liegen nicht nur <strong>im</strong> operativen Bereich, in Währungsschwankungen<br />

oder politischer Instabilität; sie lauern auch in allen<br />

Bereichen der Wirtschaftskr<strong>im</strong>inalität: Korruption, Kartell- und<br />

Wettbewerbsrecht, Exportkontrolle, um nur einige zu nennen.<br />

Strafverfolgung, Unternehmensbußen und der Ausschluss<br />

von öffentlichen und zunehmend auch privaten Aufträgen<br />

sind nur eine mögliche Folge von <strong>Compliance</strong>-Verstößen.<br />

Viel schwerer wiegt häufig der Verlust des über Jahrzehnte<br />

erarbeiteten guten Rufes. Nachhaltiger Geschäftserfolg, Reputation,<br />

Rechtstreue und Haftungsvermeidung sind daher<br />

gute Gründe, sich um die Integrität der eigenen Mitarbeiter<br />

und derjenigen Menschen und Unternehmen zu sorgen, die<br />

mit dem Unternehmen in geschäftlicher Verbindung stehen.<br />

Für welche Unternehmen ist <strong>Compliance</strong> relevant<br />

Vom Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern ist es gleichermaßen<br />

wichtig, Recht und Gesetz zu achten und selbstgesetzte<br />

Regeln zu befolgen. Unterschiede gibt es in der Ausformung:<br />

Der Handwerksmeister ist seinen Gesellen und Lehrlingen<br />

unmittelbar Vorbild und vermittelt seine Unternehmenswerte<br />

ebenso wie Gesetzestreue in der täglichen Zusammenarbeit.<br />

Verstöße erkennt er mit wachem Blick und wird sie <strong>im</strong> Interesse<br />

seiner Autorität und seines Unternehmens angemessen<br />

sanktionieren. Um dasselbe zu erreichen, braucht der Konzernvorstand<br />

eine Unternehmensfunktion, welche die für das<br />

Unternehmen relevanten Gesetzesbest<strong>im</strong>mungen ebenso wie<br />

unternehmensinterne Grundsätze in den Unternehmensalltag<br />

übersetzt und für die Mitarbeiter greif bar und verständlich<br />

macht. Dies geschieht in Form von Richtlinien und Schulungen.<br />

Und natürlich braucht es auch hier jemanden, der überwacht,<br />

ob die Vorgaben auch eingehalten werden. Die Umsetzung von<br />

<strong>Compliance</strong>, das <strong>Compliance</strong> Management, ist also abhängig<br />

von der Größe und Struktur eines Unternehmens.<br />

Darüber hinaus sind die Anforderungen an ein <strong>Compliance</strong>-<br />

Management natürlich größer, wenn das Unternehmen in<br />

riskanten Branchen oder Märkten tätig ist. Ein Infrastrukturprojekt<br />

für staatliche Auftraggeber auf der arabischen Halbinsel<br />

birgt naturgemäß größere Risiken als die Produktion von<br />

Konsumgütern in <strong>Deutschland</strong>. Wie in anderen Bereichen<br />

des Risikomanagements geht es auch hier darum, mögliche<br />

<strong>Compliance</strong>-Risiken zu identifizieren und zu gewichten.<br />

Dabei helfen best<strong>im</strong>mte Kriterien wie Nähe zum Unternehmen<br />

(räumlich wie auch organisatorisch), Branche und Wettbewerbsumfeld,<br />

Geschäftsmodell und Vergütungssystem etc.<br />

Es geht darum, den Großteil der Anstrengungen auf die Bereiche<br />

zu konzentrieren, von denen wirklich Gefahr ausgeht.<br />

<strong>Compliance</strong> und UNGC: Das 10. Prinzip<br />

Der United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> (UNGC) hat den Kampf gegen<br />

Korruption als Prinzip 10 in seinen Kanon der Grundregeln<br />

für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung<br />

aufgenommen. Korruption gehört zu den zentralen<br />

Themen jedes <strong>Compliance</strong>-Programms in Unternehmen. Und<br />

das nicht nur, weil Unternehmen die nachteiligen Folgen eines<br />

Korruptionsskandals fürchten.<br />

Die gesellschaftliche Debatte um Wirtschaftskr<strong>im</strong>inalität und<br />

„Abzocke“ hat mehr und mehr Unternehmern und Managern<br />

bewusst gemacht, dass sie mit ihren Unternehmen gesellschaftliche<br />

Verantwortung tragen. Die Zeiten, in denen Shareholder<br />

Value alles und alles andere nichts war, sind vorbei. Das<br />

wachsende Bewusstsein für einen über die Eigentümer und<br />

die Unternehmensgrenzen hinausreichenden Stakeholder<br />

Value hat auch die Augen dafür geöffnet, dass Unternehmen<br />

Verantwortung für die Folgen ihres Handelns tragen.<br />

Dies gilt in besonderem Maße für die nachteiligen Folgen von<br />

Korruption, wie sie <strong>im</strong> 10. Prinzip des UNGC formuliert werden:<br />

Korruption ist ein zentrales Hemmnis für die nachhaltige<br />

Entwicklung von Gesellschaften und mit enormen Kosten und<br />

Risiken für Unternehmen verbunden. Korruption verzerrt den<br />

Wettbewerb und mindert das Wirtschaftswachstum. Korruption<br />

erhöht die direkten Geschäftskosten, mindert den Produktwert<br />

und die Servicequalität und erhöht die Transaktionskosten in<br />

der Wertschöpfungskette. Dadurch können Leistungen und<br />

Produkte insbesondere für die ärmsten Bevölkerungsschichten<br />

häufig nicht mehr bereitgestellt werden.<br />

Waren Gesetze gegen Korruption früher, wie beispielsweise<br />

der US-amerikanische Foreign Corrupt Practices Act 1977<br />

(FCPA), vor allem zum Schutz der he<strong>im</strong>ischen Wirtschaft vor<br />

unlauterem, nämlich korruptem Wettbewerb auf ausländischen<br />

Märkten konzipiert, so haben Anti-Korruptionsgesetze<br />

spätestens seit der OECD-Konvention von 1998 einen weit >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

9


Agenda<br />

darüber hinausgehenden, gesamtgesellschaftlichen Zweck.<br />

Von Korruption in Schwellenländern profitieren nämlich auf<br />

der Nehmerseite vor allem die Vertreter von diktatorischen,<br />

menschverachtenden Reg<strong>im</strong>en. Dadurch stabilisiert Korruption<br />

politische und gesellschaftliche Verhältnisse, in den Menschen<br />

ausgebeutet und erniedrigt werden. Korruption ist daher mehr<br />

als nur ein Wirtschaftsdelikt. Und der Kampf gegen Korruption<br />

ist ein Kampf für mehr Gerechtigkeit in der Welt.<br />

<strong>Compliance</strong> und Corporate Social Responsibility<br />

Hier liegt auch die Bedeutung von <strong>Compliance</strong> für nachhaltiges<br />

unternehmerisches Handeln. Unter diesem Gesichtspunkt ist<br />

Korruptionsprävention ein Teil von <strong>Compliance</strong> <strong>im</strong> Unternehmen,<br />

und <strong>Compliance</strong> – neben seiner Bedeutung als Element<br />

des Risiko-Managements – ist ein Teil des gesellschaftlich<br />

verantwortlichen Handelns des Unternehmens, der Corporate<br />

Social Responsibility (<strong>CSR</strong>). Die EU-Kommission definierte <strong>CSR</strong><br />

in ihrer Mitteilung vom 25.11.2011 als „Verantwortung von<br />

Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Für<br />

europäische Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung<br />

erwartet die Kommission, dass diese in ihrem Handeln internationale<br />

Leitlinien wie z. B. die des UNGC berücksichtigen<br />

und umsetzen.<br />

Die Zivilgesellschaft und die Medien sollen auf die Unternehmen<br />

Einfluss nehmen, indem sie als Verbraucher oder<br />

Investoren bei ihren Konsum- und Anlageentscheidungen<br />

das Verhalten der Unternehmen berücksichtigen. Dadurch<br />

sind diese gezwungen, nicht nur ihre unternehmerischen<br />

Grundsätze, sondern auch deren konkrete Umsetzung in Produktion,<br />

Handel und Dienstleistung transparent zu machen.<br />

Nachhaltigkeitsberichte dokumentieren diese Bemühungen.<br />

Gerade institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Versicherungen<br />

haben in ihren Anlagerichtlinien entsprechende<br />

Anforderungen formuliert. Und auch bei den Kunden spielen<br />

diese Aspekte bei der Bewertung einer Marke eine <strong>im</strong>mer größere<br />

Rolle und haben damit Einfluss auf die Kaufentscheidung.<br />

<strong>Compliance</strong> und insbesondere Korruptionsprävention werden<br />

dadurch zu wesentlichen Elementen eines <strong>CSR</strong>-Reportings.<br />

Und sie tragen damit zum positiven Image eines Unternehmens<br />

bei. <strong>Compliance</strong> wird dadurch zum Wettbewerbsvorteil.<br />

Dieser Wettbewerbsvorteil stärkt die Marke und damit den<br />

Unternehmenswert und kommt am Ende allen Stakeholdern<br />

zugute, auch den Shareholdern.<br />

Berufsbild <strong>Compliance</strong>-Beauftragter<br />

Ab einer gewissen Größe sollte ein Unternehmen einen <strong>Compliance</strong>-Beauftragten<br />

haben, der die Geschäftsleitung in ihren<br />

<strong>Compliance</strong>-Anstrengungen unterstützt. Während Vorstand<br />

bzw. Geschäftsführung für <strong>Compliance</strong> unmittelbar verantwortlich<br />

sind, können sie dennoch die operative Ausführung<br />

an qualifizierte Mitarbeiter übertragen. Diese empfehlen auf<br />

Grundlage einer Risikoanalyse geeignete Maßnahmen, um<br />

spezifischen <strong>Compliance</strong>-Risiken zu begegnen. Dazu gehört<br />

die Ausarbeitung von Richtlinien und die Sensibilisierung<br />

der Mitarbeiter durch Schulungen, ferner Rat und Hilfe<br />

bei konkreten Fragestellungen. Schließlich muss sich die<br />

10<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Die Zeiten, in denen<br />

Shareholder Value alles<br />

und alles andere nichts<br />

war, sind vorbei.<br />

<strong>Compliance</strong>-Abteilung auch vergewissern, ob die Regeln eingehalten<br />

werden und konkreten Verdachtsmomenten nachgehen.<br />

Eines allerdings kann der <strong>Compliance</strong>-Beauftragte der<br />

Geschäftsleitung nicht abnehmen. Das ist eine wertebasierte<br />

und auf Integrität ausgerichtete Unternehmensführung.<br />

DICO – Deutsches Institut<br />

für <strong>Compliance</strong> e.V.<br />

Das DICO – Deutsches Institut für <strong>Compliance</strong> e.V.<br />

wurde <strong>im</strong> November 2012 in Berlin auf Betreiben<br />

führender <strong>Compliance</strong>-Praktiker und -Experten gegründet<br />

und hat als gemeinnütziger Verein Vertreter<br />

aus allen Branchen in <strong>Deutschland</strong>, darunter namhafte<br />

DAX-Unternehmen, Beratungsgesellschaften<br />

und Vertreter der Wissenschaft. DICO versteht sich<br />

als unabhängiges interdisziplinäres Netzwerk für den<br />

Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik<br />

und Verwaltung und sieht sich als zentrales Forum für<br />

die konsequente und praxisbezogene Förderung und<br />

Weiterentwicklung von <strong>Compliance</strong> in <strong>Deutschland</strong>.<br />

DICO definiert in diesem Bereich Mindeststandards,<br />

begleitet Gesetzgebungsvorhaben und unterstützt<br />

zugleich die praktische <strong>Compliance</strong>-Arbeit in privaten<br />

und öffentlichen Unternehmen durch Leitlinien und<br />

Arbeitspapiere, fördert Aus- und Weiterbildung und<br />

entwickelt Qualitäts- sowie Verfahrensstandards.<br />

Das Netzwerk <strong>Compliance</strong> e.V. hat in Abst<strong>im</strong>mung mit DICO<br />

(Deutsches Institut für <strong>Compliance</strong> e.V.) und anderen Verbänden<br />

kürzlich „Leitlinien für die Tätigkeit in der <strong>Compliance</strong>-<br />

Funktion <strong>im</strong> Unternehmen“ veröffentlicht (www.netzwerkcompliance.de;<br />

www.dico-ev.de). Darin ist die Stellung der<br />

<strong>Compliance</strong>-Funktion in der Unternehmenshierarchie, das<br />

Aufgabenspektrum und die <strong>Compliance</strong>-Organisation beschrieben,<br />

ferner Informationsrechte und Berichterstattung sowie<br />

Befugnisse <strong>im</strong> Rahmen interner Untersuchungen und die Zusammenarbeit<br />

mit Behörden und Ombudsleuten, schließlich<br />

auch Regelungen zum Schutz der <strong>Compliance</strong>-Beauftragten.<br />

Im Unterschied zum <strong>CSR</strong>-Manager trägt der <strong>Compliance</strong>-<br />

Beauftragte persönlich Verantwortung für die ihm übertragenen<br />

Aufgaben. In einem viel beachteten Urteil aus dem<br />

Jahre 2009 hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes einen<br />

<strong>Compliance</strong>-Beauftragten (Leiter Recht und Revision) zu einer<br />

Haftstrafe verurteilt, weil dieser es unterlassen hatte, einen<br />

Abrechnungsbetrug zu Lasten der Kunden des Unternehmens zu<br />

verhindern. Typischerweise ist daher <strong>Compliance</strong> eine eigene<br />

Funktion <strong>im</strong> Unternehmen, idealerweise dem Vorstand bzw.<br />

der Geschäftsführung unmittelbar unterstellt, mit eigenen<br />

Berichtslinien. Zugleich arbeitet <strong>Compliance</strong> mit den wesentlichen<br />

Stabsfunktionen wie Recht, Revision, Controlling und<br />

Personal zusammen, ferner mit der Unternehmensstrategie,<br />

Kommunikation und schließlich <strong>CSR</strong>. In kleineren und mittleren<br />

Unternehmen mit einer schlanken Managementstruktur<br />

sind best<strong>im</strong>mte Bereiche auch zusammengefasst oder werden<br />

direkt durch die Geschäftsleitung wahrgenommen und nicht<br />

delegiert.<br />

<strong>2014</strong> fand eine eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />

dem Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk und dem<br />

DICO statt. Ergebnisse waren Workshops während<br />

der Arbeitstreffen, die gemeinsame Herausgabe des<br />

Praxisleitfadens „Korruptionsprävention“ sowie das<br />

Compliace-Schwerpunktthema in diesem <strong>Jahrbuch</strong>.<br />

ÜBer DeN aUtor<br />

Dr. Rainer Markfort ist Rechtsanwalt und Partner bei Dentons Europe LLP<br />

und Mitglied <strong>im</strong> Vorstand von DICO – Deutsches Institut für <strong>Compliance</strong> e.V.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

11


Agenda<br />

Was umfasst<br />

<strong>Compliance</strong><br />

Gesetzliche<br />

Verpflichtungen<br />

(hard laws)<br />

Branchen- und<br />

Selbstverpflichtungen<br />

(soft laws)<br />

Geltungsbereiche<br />

Menschenrechte<br />

Arbeitsnormen<br />

Umweltschutz<br />

Anti-Korruption<br />

Durchführung<br />

Regeln<br />

Umsetzung<br />

Überprüfung<br />

Beispiel <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

COMMIT<br />

ASSESS<br />

CoP<br />

COMMUNICATE<br />

DEFINE<br />

MEASURE<br />

IMPLEMENT<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> –<br />

Freiwillige<br />

Selbstverpflichtung<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Management Modell<br />

Fortschrittsbericht<br />

(CoP)<br />

Zusammenstellung: Dr. Elmer Lenzen, © macondo publishing<br />

12<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Kommt eine<br />

Gesetzespflicht<br />

für <strong>Compliance</strong><br />

Ein reines Unternehmensstrafrecht existiert seit Langem in den<br />

USA und mittlerweile auch in vielen europäischen Ländern.<br />

Seit einiger Zeit wird nun auch in <strong>Deutschland</strong> über die Einführung<br />

eines Unternehmensstrafrechts diskutiert. Auslöser<br />

für diese Diskussion war der Gesetzesentwurf zur Einführung<br />

der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen<br />

und Verbänden des nordrhein-westfälischen Justizministers<br />

Thomas Kutschaty.<br />

Der Gesetzentwurf sieht Verbandsstrafen und Verbandsmaßregeln<br />

als Konsequenzen vor. Verbandsstrafen sind dabei <strong>im</strong><br />

Wesentlichen die Geldstrafe gegen das jeweilige Unternehmen<br />

sowie die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung.<br />

Als Verbandsmaßregeln nennt der Gesetzentwurf den Ausschluss<br />

von Subventionen, den Ausschluss von der Vergabe<br />

öffentlicher Aufträge sowie die Auflösung des Verbandes.<br />

Dabei geht der Gesetzesentwurf allerdings in weiten Teilen<br />

über diese bestehenden Regelungen hinaus: Ein ganz<br />

entscheidender Unterschied <strong>im</strong> Vergleich zu dem System<br />

des Ordnungswidrigkeitenrechts ist die Einführung des sogenannten<br />

Legalitätsprinzips. Nach diesem Prinzip ist die<br />

Staatsanwaltschaft verpflichtet, bereits bei Anhaltspunkten<br />

für das Vorliegen einer Straftat zu ermitteln. Im Ordnungswidrigkeitenrecht<br />

hingegen gilt das Opportunitätsprinzip,<br />

wonach die Aufnahme von Ermittlungen in das Ermessen<br />

der Verfolgungsbehörde gestellt wird. Dies ermöglicht daher<br />

einen flexiblen und prozessökonomischen Umgang mit in<br />

Unternehmen begangenen Verfehlungen.<br />

DICO hat seinerseits einen Gesetzesvorschlag <strong>im</strong> Sommer <strong>2014</strong><br />

vorgelegt, mit dem Anreize für <strong>Compliance</strong>-Maßnahmen in<br />

Betrieben und Unternehmen geschaffen werden sollen. Der<br />

Gesetzesentwurf umfasst ein dreistufiges Sanktionssystem und<br />

enthält Ergänzungen der Vorschriften der §§ 30, 130 OWiG.<br />

Für den Fall, dass zum Zeitpunkt einer Zuwiderhandlung <strong>im</strong><br />

Unternehmen bereits geeignete <strong>Compliance</strong>-Maßnahmen<br />

ergriffen worden waren, kann ein Bußgeld wegen einer<br />

Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG nicht mehr verhängt<br />

werden. Werden aus Anlass des Verstoßes nachträglich<br />

<strong>Compliance</strong>-Maßnahmen ergriffen, kann das Bußgeld gegen<br />

das Unternehmen oder die verantwortlichen Personen nach<br />

gerichtlichem Ermessen gemindert oder es kann sogar ganz<br />

darauf verzichtet werden.<br />

Im Einzelnen umfasst das Gesetz zur Schaffung von Anreizen<br />

für <strong>Compliance</strong>-Maßnahmen in Betrieben und Unternehmen<br />

(CompAG) ein dreistufiges Sanktionssystem:<br />

1. Stufe: Volle Haftung bei fehlenden oder unzureichenden<br />

<strong>Compliance</strong>-Maßnahmen<br />

2. Stufe: Tatbestandsausschluss <strong>im</strong> Rahmen des § 130 OWiG<br />

bei ausreichenden <strong>Compliance</strong>-Maßnahmen<br />

3. Stufe: Sanktionsmilderung bei ernsthaftem und nachhaltigem<br />

Bemühen um ausreichende <strong>Compliance</strong>-Maßnahmen<br />

Risiken und Nebenwirkungen der Unternehmensstrafe<br />

Als Argumente gegen ein solches Gesetz wird z. B. seitens des<br />

Deutschen Anwaltvereins angeführt, dass es weder ein rechtliches<br />

noch kr<strong>im</strong>inalpolitisches Bedürfnis dafür gibt. Darüber<br />

hinaus sei der Entwurf von Behauptungen geprägt, die jeglicher<br />

empirischer Grundlage entbehrten. So wird die Erforderlichkeit<br />

einer Unternehmensstrafe durch das nordrhein-westfälische<br />

Justizministerium namentlich mit Blick auf die moderne<br />

Organisationsgesellschaft, dem Gesamtschaden durch Wirtschaftsstraftaten<br />

sowie eine „Verbandsattitüde“ begründet, in<br />

Folge derer die individuelle Schuld von Einzelpersonen häufig<br />

gering sei, wohingegen die Verantwortung der Organisation<br />

selbst durch Mechanismen der Freizeichnung verschleiert werde.<br />

Als Risiko der Unternehmensstrafe wird vor allem die max<strong>im</strong>ale<br />

Überlastung bis hin zum vollständigen Kollaps des ohnehin<br />

schon überlasteten Justizapparates genannt. So führt Prof. Dr.<br />

Alfred Dierlamm, Leiter des Arbeitskreises Unternehmensstrafrecht<br />

bei DICO, aus: „Die uferlos weite Gesetzesfassung, die<br />

sogar fahrlässige Aufsichtspflichtverletzungen unter Kr<strong>im</strong>inalstrafe<br />

stellt, würde dazu führen, dass nahezu jeder Störfall<br />

– unabhängig von seiner Schwere – zum Straffall wird. Die<br />

Flut von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wäre weder<br />

von der Strafjustiz noch von den Unternehmen zu bewältigen.<br />

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass von der Verbandsstrafe<br />

nicht nur Großunternehmen, sondern auch gemeinnützige<br />

Vereine, angefangen vom örtlichen Fußballverein bis hin zu<br />

politischen Parteien, Berufsverbänden, Bildungseinrichtungen<br />

und Kirchen, ja sogar staatliche Körperschaften, sofern sie fiskalisch<br />

handeln, betroffen wären. Der Entwurf schießt damit<br />

weit über das Ziel hinaus, weil er nicht nur Institutionen, sondern<br />

auch und vor allem die Solidargemeinschaft bestraft.“<br />

Text: DICO – Deutsches Institut für <strong>Compliance</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

13


Agenda<br />

Aus dem<br />

Arbeitsalltag<br />

eines Chief <strong>Compliance</strong> Officers<br />

Von Torsten Krumbach<br />

Seit Mitte der letzten Dekade wurden – insbesondere in den<br />

börsennotierten Aktiengesellschaften und Großunternehmen<br />

– eigene <strong>Compliance</strong>-Abteilungen geschaffen. Dies geschah<br />

bei den Vorreitern nicht selten unter dem Eindruck eines<br />

zuvor aufgedeckten Verstoßes und den daraus folgenden<br />

staatsanwaltlichen Ermittlungen. Hieraus leitet sich auch die<br />

Hauptaufgabe des <strong>Compliance</strong>-Bereiches ab, nämlich solche<br />

und ähnliche Vorfälle in der Zukunft zu verhindern. Dies<br />

geschieht über den üblicherweise anzutreffenden Dreiklang<br />

der diversen Aktivitäten, welche sich den Themen „vorbeugen“,<br />

„erkennen“ und „reagieren“ zuordnen lassen. In einem Satz<br />

kann <strong>Compliance</strong> wie folgt definiert werden: „<strong>Compliance</strong><br />

bedeutet die Übereinst<strong>im</strong>mung des Verhaltens aller Mitarbeiter<br />

und der Geschäftsleitung mit gesetzlichen und unternehmenseigenen<br />

Regeln, wie sie <strong>im</strong> Verhaltenskodex und weiteren<br />

Unternehmens-Richtlinien festgelegt sind.“<br />

Der Weg zum <strong>Compliance</strong> Officer<br />

Wie wird man jetzt aber als Jurist auf den Alltag eines <strong>Compliance</strong><br />

Officers vorbereitet und welche Aufgaben sind damit <strong>im</strong><br />

Einzelnen verbunden Vorab gesagt: Es gibt einerseits keinen<br />

Königsweg zu dieser spannenden und äußerst abwechselungsreichen<br />

Tätigkeit. Dies hängt auch damit zusammen, dass es<br />

bisher nur wenige anerkannte Fortbildungsmöglichkeiten<br />

gibt. In vielen Fällen wird daher das „Training on the Job“<br />

stattfinden. Andererseits eröffnet die Vielzahl der Themen für<br />

interessierte und motivierte Absolventen ein Betätigungsfeld<br />

mit stetig steigender Bedeutung und einer hohen Krisensicherheit.<br />

Reine „Nur-Juristen“, deren höchste Befriedigung darin<br />

besteht, sich der Lösung von anspruchsvollen Rechtsfragen<br />

zu widmen, werden sich hingegen in diesem Beruf nicht<br />

wohlfühlen.<br />

14<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Einstellungskriterien<br />

Grundsätzlich gelten für die Einstellung die gleichen Kriterien<br />

wie für einen Unternehmensjuristen. Großunternehmen legen<br />

dabei bevorzugt Wert auf überdurchschnittlich abgeschlossene<br />

Examina. Aber auch und gerade in kleinen und mittleren<br />

Unternehmen können mittelprächtige Examensnoten durch<br />

Zusatzqualifikationen ausgeglichen werden. Neben dem juristischen<br />

Verständnis sind insbesondere betriebswirtschaftliche<br />

Kenntnisse von großem Vorteil. Darüber hinaus sind hervorragende<br />

Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten gefragt,<br />

da in der Regel direkt an das Top-Management oder gar den<br />

Aufsichtsrat berichtet wird. Stellt der <strong>Compliance</strong> Officer<br />

eine Einzelkämpferposition <strong>im</strong> Unternehmen dar, werden<br />

außerdem hohe Anforderungen an die Organisationsfähigkeit<br />

gestellt. Eine zupackende „Hands on“-Mentalität ist dabei von<br />

großem Vorteil.<br />

Beispiele aus der Praxis<br />

1<br />

Folgende Beispiele aus dem Arbeitsalltag eines <strong>Compliance</strong><br />

Officers sollen das verdeutlichen. Um wirtschaftskr<strong>im</strong>inellen<br />

Handlungen vorzubeugen, müssen die Mitarbeiter erst einmal<br />

wissen, welche Regeln es <strong>im</strong> Unternehmen überhaupt gibt.<br />

Ein konsistentes und widerspruchsfreies Regelwerk an Richtlinien<br />

ist ein elementarer Bestandteil einer jeden <strong>Compliance</strong>-<br />

Organisation. An dieser Stelle kommt dem <strong>Compliance</strong> Officer<br />

die Aufgabe zu, das vorhandene Regelwerk in regelmäßigen<br />

Abständen zu analysieren und auf seine Aktualität hin zu<br />

überprüfen bzw. einen gegebenenfalls notwendigen Anpassungsprozess<br />

zu starten und zu überwachen.<br />

Als Standard aller Regelungen gilt mittlerweile ein allgemeiner<br />

Verhaltenskodex. Dieser wird üblicherweise durch<br />

Richtlinien zu den Themen Annahme von Geschenken und<br />

Einladungen, Regelungen zur Vergabe von Aufträgen und<br />

zur Zeichnungsberechtigung ergänzt. Bei börsennotierten<br />

Aktiengesellschaften ist zudem eine Regelung zum Handel<br />

mit Aktien des eigenen Unternehmens quasi Pflicht. Aber<br />

auch neuere Themen, wie der Umgang mit bzw. die Veröffentlichung<br />

von Unternehmensinformationen auf sozialen<br />

Plattformen <strong>im</strong> Intranet, gewinnen an Bedeutung. Aufgrund<br />

dieses breiten Themenspektrums bleibt es dem <strong>Compliance</strong><br />

Officer nicht erspart, sich mit den verschiedenen Rechtsgebieten<br />

auseinanderzusetzen. Dabei hilft es sehr, sich mit<br />

<strong>Compliance</strong>-Verantwortlichen in anderen Unternehmen zu<br />

vernetzen und auszutauschen, da fast in allen Unternehmen<br />

gleiche oder ähnliche Regelungen existieren. Das Rad muss<br />

also nicht jedes Mal neu erfunden werden.<br />

Erste <strong>Compliance</strong>-Säule: Vorbeugen<br />

In der Praxis zeigt sich dann allerdings, dass die Richtlinien nur<br />

von wenigen Mitarbeitern gelesen und verstanden werden. Hier<br />

kommt <strong>im</strong> Gegensatz zu früher die <strong>Compliance</strong>-Organisation<br />

ins Spiel. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit ist das Kommunizieren<br />

der vorhandenen Regeln und das regelmäßige Training<br />

der Mitarbeiter zu allen wichtigen Themen. Hier steht in der<br />

Regel die Korruptionsprävention an erster Stelle. Dies kann<br />

je nach Unternehmensgröße durch Präsenzschulungen, aber<br />

auch durch neuere Lernformen, wie z. B. sogenannte „Webbased<br />

Trainings“ (eLearning), erfolgen. Bei der Einführung<br />

einer eLearning-Schulung ist durch den <strong>Compliance</strong> Officer<br />

ein umfangreiches Projekt ins Leben zu rufen. An diesem<br />

Projekt sind dann u. a. Bereiche wie die IT, der Einkauf, das<br />

Controlling, die Personalabteilung, der Betriebsrat und die<br />

Unternehmenskommunikation einzubeziehen. Dabei ist der<br />

<strong>Compliance</strong> Officer zwingend auf die Unterstützung aller<br />

Fachbereiche angewiesen. Dies verdeutlicht die Anforderungen<br />

an die Kommunikationsfähigkeiten und die Fähigkeit<br />

zur Projektorganisation des <strong>Compliance</strong> Officers, wenn ein<br />

solches Vorhaben gelingen soll. Bei Präsenzschulungen sind<br />

außerdem gute didaktische Techniken, ein sicheres Auftreten<br />

und Präsentationsfähigkeiten von großem Vorteil.<br />

Ebenfalls gewinnt <strong>im</strong> Alltag die beratende Tätigkeit <strong>im</strong>mer<br />

mehr an Bedeutung. Durch entsprechende Schulungen werden<br />

die Mitarbeiter sensibilisiert. Folglich stellen sich in der täglichen<br />

Praxis <strong>im</strong>mer wieder Fragen, zu denen der <strong>Compliance</strong><br />

Officer kontaktiert wird. Hier sind dann keine schematischen<br />

Schwarz-Weiß-Antworten gefragt, sondern ein sorgfältiges<br />

Abwägen der konkreten Umstände und der möglichen Auswirkungen<br />

auf das jeweilige Geschäft des Unternehmens. Dazu<br />

gehört, gegebenenfalls auch zusammen mit dem Fragesteller<br />

konstruktive Lösungen für die Lösung des Problems zu finden.<br />

Entscheidungen müssen außerdem nachvollziehbar und plausibel<br />

begründet werden, um von den Mitarbeitern akzeptiert<br />

zu werden. Denn eines darf nicht vergessen werden: Ein zu<br />

striktes Beharren auf überzogenen und nicht praxistauglichen<br />

Grundsätzen kann schnell zu einer überängstlichen Unternehmenskultur<br />

führen. Aus der Angst, Fehlentscheidungen<br />

zu treffen, werden dann überhaupt keine unternehmerischen<br />

Entscheidungen mehr getroffen. Gerade Unternehmen, die<br />

in einem starken Fokus der Öffentlichkeit stehen und / oder<br />

Kundenbeziehungen zu der öffentlichen Hand pflegen, müssen<br />

hohe Maßstäbe an ein ethisch einwandfreies Handeln legen.<br />

In einem Medienunternehmen wie Sky, welches mehrheitlich<br />

zu der in den USA ansässigen NewsCorporation gehört, gilt<br />

Vergleichbares. Frühere Probleme in anderen Beteiligungen<br />

der NewsCorp haben die Anteilseigner in höchstem Maße für<br />

die Einhaltung der <strong>Compliance</strong>-Regeln sensibilisiert. So findet<br />

auch ein Austausch mit der zentralen <strong>Compliance</strong>-Organisation<br />

der Muttergesellschaft statt. Hier ist Fingerspitzengefühl <strong>im</strong><br />

Umgang mit den verschiedenen Ansprechpartnern und eine<br />

Fähigkeit zur interkulturellen Kommunikation gefragt. Sehr<br />

gute Englischkenntnisse sind in diesem Fall ein Muss. >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

15


Agenda<br />

Ermittler gegen einzelne Mitarbeiter zu sein<br />

und gleichzeitig zu diesen Mitarbeitern in einem<br />

kollegialen Verhältnis zu stehen – diesen Spagat<br />

muss man aushalten können.<br />

2<br />

Zweite <strong>Compliance</strong>-Säule: Erkennen<br />

Nach dem Motto: „Vertrauen (und Aufklärung) ist gut, Kontrolle<br />

ist besser“, ist es mit dem Training allein nicht getan.<br />

Denn leider kommt es gelegentlich auch vor, dass Richtlinien<br />

weder gelesen und verstanden, sondern auch (leider zum<br />

Teil bewusst) nicht befolgt werden. Hier setzt die zweite<br />

Säule der <strong>Compliance</strong>-Organisation an. Sie zielt darauf ab,<br />

Verstöße gegen die Richtlinien oder gar Strafvorschriften zu<br />

erkennen. Unmittelbare Kontrollen bzw. Stichproben durch<br />

den <strong>Compliance</strong> Officer sind ein Weg zur Aufdeckung eines<br />

nicht-compliancekonformen Fehlverhaltens. Hier bestehen enge<br />

Berührungspunkte zur Prüfungstätigkeit der Internen Revision.<br />

Eine Erfahrung in revisions- oder prüfungsnahen Bereichen ist<br />

daher von großem Vorteil. Dabei kann der <strong>Compliance</strong> Officer<br />

häufig von der in der Regel personell und finanziell besser<br />

ausgestatteten Internen Revision profitieren. Ein gutes und<br />

vertrauensvolles Verhältnis zum Leiter der Internen Revision<br />

kann dabei beträchtlich helfen.<br />

Bewährt hat sich auch die Einrichtung eines internen Ombudsmanns<br />

bzw. einer sogenannten Whistleblowing-Hotline.<br />

Mitarbeiter bekommen hierdurch die Möglichkeit, den Verdacht<br />

auf ein Fehlverhalten bzw. eine wirtschaftskr<strong>im</strong>inelle Handlung<br />

melden zu können. Dies hat entgegen landläufiger Meinung<br />

nichts mit Denunziation zu tun. Vielmehr trägt die mögliche<br />

Anonymität dieser Meldewege dazu bei, dass Mitarbeiter sich<br />

trauen, Missstände zu berichten. Dies gilt insbesondere dann,<br />

wenn der Verdacht besteht, dass sich dieser gegen den Vorgesetzten<br />

des Hinweisgebers richtet.<br />

Für alle Handlungen <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Aufklärung<br />

von Verdachtshinweisen und eines möglichen Fehlverhaltens<br />

sind strenge ethische Grundsätze zu befolgen. Schließlich<br />

gilt einerseits auch für Mitarbeiter die Unschuldsvermutung.<br />

Andererseits ist gerade zu Beginn von internen Ermittlungen<br />

nicht absehbar, wer in diesen Fall verwickelt ist. Dies stellt<br />

hohe Anforderungen an die Vertraulichkeit und die Integrität<br />

des <strong>Compliance</strong> Officers. Ermittler gegen einzelne Mitarbeiter<br />

zu sein und gleichzeitig zu diesen Mitarbeitern in einem<br />

kollegialen Verhältnis zu stehen – diesen Spagat muss man<br />

aushalten können. Schließlich kommt es <strong>im</strong>mer wieder einmal<br />

vor, dass man sich <strong>im</strong> Zuge der Aufdeckung von Verstößen<br />

von einzelnen Mitarbeitern trennen muss.<br />

16<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

3<br />

Dritte <strong>Compliance</strong>-Säule: Reagieren<br />

Dies führt nahtlos in die dritte Säule der <strong>Compliance</strong>-Prävention,<br />

nämlich auf erkannte Verstöße zu reagieren. Natürlich steht<br />

dabei an erster Stelle das berechtigte Bedürfnis des Unternehmens,<br />

ein Fehlverhalten zu ahnden. Die Trennung von<br />

einem Mitarbeiter stellt die letzte, aber gelegentlich auch<br />

unvermeidliche Lösung dar. Genauso wichtig ist es aber<br />

auch zu analysieren, wie es zu dem Fehlverhalten kommen<br />

konnte. Hier helfen Kenntnisse in der Prozessorganisation, um<br />

Schwachstellen <strong>im</strong> internen Kontrollsystem aufzudecken und<br />

abzustellen. Hieraus lassen sich dann auch wieder erneute<br />

Handlungsfelder für die <strong>Compliance</strong>-Organisation ableiten. So<br />

muss z. B. in best<strong>im</strong>mten Bereichen das Training intensiviert<br />

oder das interne Regelwerk angepasst werden.<br />

Berichten und Präsentieren<br />

Über alle Aktivitäten der <strong>Compliance</strong>-Organisation in den<br />

drei Säulen „vorbeugen “, „erkennen“ und „reagieren“ hat der<br />

<strong>Compliance</strong> Officer in regelmäßigen Abständen zu berichten.<br />

Üblicherweise findet ein Austausch auf Arbeitsebene mit dem<br />

für den <strong>Compliance</strong> Officer zuständigen Mitglied des Vorstands<br />

oder der Geschäftsführung statt. Bei einer (börsennotierten)<br />

Aktiengesellschaft lässt sich darüber hinaus der Aufsichtsrat<br />

bzw. der hierfür zuständige Prüfungsausschuss in der Regel<br />

vierteljährlich über den Stand der Umsetzung der <strong>Compliance</strong>-Aktivitäten<br />

und die aufgedeckten Verstöße informieren.<br />

In jedem Fall ist ein sicheres Auftreten und eine empfängerorientierte<br />

Präsentationsfähigkeit unabdingbar. Vorstände und<br />

Aufsichtsräte haben naturgemäß wenig Zeit und wollen über<br />

das Wesentliche umfassend aber knapp informiert werden.<br />

Schließlich sind sie es, die <strong>im</strong> Falle einer unzureichenden<br />

<strong>Compliance</strong>-Organisation bei aufgedeckten Verstößen für das<br />

organschaftliche Organisationsverschulden haftbar gemacht<br />

werden können. Zudem hat die Rechtsprechung nunmehr<br />

auch eine Garantenhaftung des <strong>Compliance</strong> Officer bejaht,<br />

falls dieser es schuldhaft unterlässt, ein kr<strong>im</strong>inelles Handeln<br />

in dem Unternehmen aufzudecken und zu unterbinden.<br />

Position und Gehalt<br />

Wer diesen Druck nicht nur aushalten, sondern in positive<br />

Energie verwandeln kann, wird mit einer Vertrauensposition<br />

belohnt, die wie kaum eine andere einen „Puls“ am Unternehmen<br />

und der Geschäftsleitung hat. Sicherlich wird kein<br />

Absolvent nach seinem zweiten Staatsexamen gleich auf die<br />

Position eines <strong>Compliance</strong> Officers eingestellt. In größeren<br />

Unternehmen besteht aber die Möglichkeit, sich in einer der<br />

an das Dreisäulenmodell angelehnten Abteilungsgliederung<br />

zu bewähren. Dort orientiert sich die Vergütung <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

an den Gehältern der Rechtsabteilung. Bei Positionen,<br />

die unmittelbar an die Geschäftsleitung berichten, werden<br />

dann außertarifliche Gehälter geboten, die sich stark an der<br />

Größe des Unternehmens und der Anzahl der Mitarbeiter in<br />

der <strong>Compliance</strong>-Organisation ausrichten.<br />

Über den Autor<br />

Torsten Krumbach ist Rechtsanwalt und seit 2011 Group <strong>Compliance</strong> Officers<br />

bei der Sky <strong>Deutschland</strong> AG.<br />

Aufsatz entnommen aus dem Beck’schen Referendarführer 2013/<strong>2014</strong>, S. 76-80<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

17


Agenda<br />

<strong>Compliance</strong><br />

durch Audits und Zertifikate<br />

Für Unternehmen ist es essentiell, über funktionierende Lieferanten zu verfügen, um auf dem internationalen<br />

Markt bestehen zu können. Auch wenn ein Unternehmen nicht die Fabriken besitzt,<br />

in denen die jeweiligen Produkte hergestellt werden, so hat es doch die Verantwortung, dass in<br />

der gesamten Wertschöpfungskette menschenwürdige Arbeitsbedingungen herrschen. Neben<br />

regulären Qualitätsüberprüfungen werden Audits <strong>im</strong>mer wichtiger, beispielsweise um Transparenz<br />

<strong>im</strong> Bereich Arbeits- und Menschenrechte in der Lieferkette herzustellen. Audits müssen als<br />

Teil der Unternehmensstrategie angesehen werden und deren Durchführung vertraglich mit den<br />

Lieferanten geregelt sein.<br />

Von Christina Panzenböck<br />

Man unterscheidet zwischen internem Audit, Lieferantenaudit<br />

und dem sogenannten Zertifizierungsaudit. Bei einem internen<br />

Audit werden dafür geschulte Mitarbeiter desselben Unternehmens<br />

eingesetzt, um die Erfüllung best<strong>im</strong>mter Richtlinien<br />

und Vorgaben zu überprüfen. Bei einem Lieferantenaudit hält<br />

der Kunde ein Audit bei seinem Lieferanten ab. Das wirklich<br />

unabhängige Audit geschieht <strong>im</strong> Rahmen eines Zertifizierungsaudits,<br />

wenn von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle<br />

ein Unternehmen hinsichtlich der Erfüllung von Vorgaben<br />

und Richtlinien des zu prüfenden Standards untersucht wird.<br />

Audits zur Überprüfung des Verhaltenskodex innerhalb der<br />

Lieferkette reichen jedoch nicht <strong>im</strong>mer aus, um eine wirkliche<br />

vertragliche Verpflichtung der einzelnen Akteure zur Gewährleistung<br />

von Arbeits- und Menschenrechten zu erreichen. Der<br />

Beitritt zu Verifizierungs- und Monitoring-Initiativen bzw. der<br />

18<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Erwerb von Zertifikaten bietet hierzu einen weiter reichenden<br />

Schritt in Richtung soziale Unternehmensverantwortung.<br />

Die „International Organization for Standardization“ (ISO)<br />

beschreibt ein Zertifikat als ein Dokument, das Anforderungen,<br />

Spezifizierungen, Richtlinien oder Kriterien darstellt und das<br />

verwendet wird, um sicherzustellen, dass Materialien, Produkte,<br />

Prozesse und Dienstleistungen diesen gerecht werden.<br />

Im weiteren Sinne definieren Zertifikate best<strong>im</strong>mte Regeln und<br />

Abläufe in Bezug auf beispielsweise soziale und ökologische<br />

Aspekte, die nicht gesetzlich geregelt sind. Im Gegensatz zu<br />

Verhaltenskodizes, die meist intern vom Unternehmen erarbeitet<br />

werden, werden Zertifikate durch Dritte wie z. B. NGOs<br />

erstellt und auf freiwilliger Basis vom Unternehmen erworben.<br />

Die Gründe, warum Unternehmen an Zertifikaten interessiert<br />

sind, sind vielfältig. In Bezug auf <strong>CSR</strong> werden Zertifikate gerne<br />

aufgenommen, um den oftmals unspezifischen Anforderungen<br />

an das Unternehmen in diesem Bereich entgegenzutreten<br />

und konkrete Handlungen zu setzen. Zertifikate werden<br />

auch eingesetzt, um Kunden und Verbrauchern, aber auch<br />

konkurrierenden Unternehmen zu signalisieren, dass man als<br />

Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht<br />

werden will. Durch Konkurrenzdruck auf dem Markt sehen<br />

sich Unternehmen auch oft gezwungen, best<strong>im</strong>mte Zertifikate<br />

zu erwerben, um keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden.<br />

Auditierungs- und Zertifizierungsprozesse<br />

Die Gefahr bei Audits liegt darin, dass ihnen oftmals keine<br />

anerkannten Richtlinien und Vorgaben zugrunde liegen und<br />

diese somit nicht sachgemäß durchgeführt werden. Besonders<br />

<strong>im</strong> Bereich Sozial- oder Menschenrechtsaudits ist darauf zu<br />

achten, dass keine falsche Sicherheit vorgegaukelt wird, also<br />

beispielsweise eine statistisch signifikante Anzahl von Mitarbeitern<br />

befragt wird und auch äußere Rahmenbedingungen<br />

wie nationale Gesetze und Marktgegebenheiten mit einbezogen<br />

werden. Dies kann stellenweise viel Zeit in Anspruch<br />

nehmen. Als Negativbeispiel kann das Fabrikunglück Rana<br />

Plaza in Bangladesch <strong>im</strong> April 2013 genannt werden. Über<br />

1.000 Menschen sind be<strong>im</strong> Einsturz dieser Textilfabrik ums<br />

Leben gekommen, wo kurz zuvor ein Sozialaudit durchgeführt<br />

wurde. Audits sollten als Teil der Kommunikation innerhalb<br />

der Lieferkette angesehen werden und auch in die Lieferantenverträge<br />

mit einbezogen werden. Es sollten Listen angelegt<br />

werden, wo jene Betriebe aufgeführt sind, mit denen keiner<br />

der Zulieferer zusammenarbeiten darf und diese Listen innerhalb<br />

der Lieferkette aktualisiert und kommuniziert werden.<br />

Kulturelle Unterschiede und soziale Gegebenheiten sind des<br />

Weiteren wichtige Punkte, die auf zwischenmenschlicher<br />

Ebene bei den jeweiligen Audits berücksichtigt werden müssen.<br />

So ist es einerseits wichtig, dass Auditoren nicht aus dem<br />

Land des zu überprüfenden Unternehmens kommen und<br />

sich somit nicht von kulturellen Befindlichkeiten beeinflussen<br />

lassen können und auch eine mögliche Hemmschwelle<br />

(als Resultat sozialer Hierarchien beispielsweise) niedriger<br />

ist. Ortsansässige Mitarbeiter sind andererseits wiederum<br />

wichtig, um die Verbindung zu den lokalen Gegebenheiten<br />

nicht zu verlieren.<br />

Ein Unternehmen, das seine Zulieferbetriebe überprüfen<br />

möchte, muss die Möglichkeit haben, Audits auch unangekündigt<br />

durchzuführen, um sich ein wahrheitsgetreues Bild<br />

der Situation machen zu können.<br />

Bei der Entscheidung, ein Zertifikat bzw. Siegel erwerben zu<br />

wollen, sollte man vor allem beachten, dass die Glaubwürdigkeit<br />

und die Qualität eines Siegels best<strong>im</strong>mt sind durch<br />

folgende Kriterien:<br />

• Unabhängige Vergabe und Kontrolle,<br />

• Frequenz und Qualität der Kontrolle,<br />

• Soziale und ökologische Standards, nach denen zertifiziert<br />

wird.<br />

Ein Zertifizierungsprozess besteht aus mehreren Teilbereichen<br />

und Akteuren. Das Zertifikat/der Standard an sich bzw. die<br />

Organisation dahinter definiert die einzelnen Kriterien und<br />

Richtlinien. Ein Unternehmen, das ein solches Zertifikat erwerben<br />

will, muss also nachweisen, dass es diese Kriterien erfüllt.<br />

Es kommt zu einer Überprüfung / Verifizierung, sprich zu einem<br />

Audit, ob die Anforderungen erfüllt werden – idealerweise<br />

durch eine unabhängige Prüfstelle. Wenn dieses Audit positiv<br />

verläuft, dann wird das Unternehmen oder das Produkt/die<br />

Dienstleistung zertifiziert. Das Unternehmen ist berechtigt,<br />

das Siegel des jeweiligen Standards zu verwenden. Abhängig<br />

von den jeweiligen Zertifikaten kommt es <strong>im</strong> Folgenden zu<br />

weiteren Überprüfungen / Audits, um die Kontinuität der<br />

Einhaltung der Richtlinien des Standards zu gewährleisten.<br />

Akkreditierungsorganisationen<br />

Die Prüfstellen, die die Verifizierungs- und Zertifizierungsmaßnahmen<br />

durchführen, sollten von unabhängiger Stelle<br />

akkreditiert, also dafür zugelassen sein und für befähigt erklärt<br />

werden. Somit können Käufer und Verbraucher Vertrauen in<br />

die Ergebnisse der Prüfberichte und Zertifizierungen erlangen.<br />

Akkreditierungen sind für Prüfstellen nicht verpflichtend,<br />

zeugen jedoch von einer unabhängigen Bestätigung ihrer<br />

Kompetenz.<br />

Diese Akkreditierungsstellen auf dem Gebiet der Managementsysteme,<br />

Produkte, Dienstleistungen und Personen werden über<br />

das „International Accreditation Forum“ (IAF) gesteuert. Ein<br />

Beispiel einer solchen Akkreditierungsorganisation ist SAAS<br />

(Social Accountability Accreditation Services). Die Hauptaktivitäten<br />

von SAAS sind, unter anderem, die Akkreditierung und<br />

das Monitoring von Organisationen, die als Prüfstellen von<br />

Sozialstandards zugelassen werden wollen, wie zum Beispiel<br />

der Standard SA8000 für ethische Arbeitsbedingungen >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

19


Agenda<br />

oder InterAction PVO Standard und auch BSCI. Des Weiteren<br />

stellt es verschiedenste Leistungen für diese Prüfstellen zur<br />

Verfügung und beurteilt die Qualifikation dieser Organisationen<br />

in Bezug auf kompetente und unparteiliche Audits,<br />

beispielsweise durch Einsichtnahme in Dokumente und durch<br />

Audits und direkte Beobachtung der Auditoren.<br />

unabhängige Prüfung. Die Situation der untersuchten Zulieferer<br />

wird sodann verglichen und evaluiert und anhand<br />

der Ergebnisse werden sie innerhalb der Lieferkette nach<br />

Risikofaktoren eingeordnet und gereiht. Im weiteren Schritt<br />

wird ein Audit vor Ort durchgeführt, um mögliche Lücken<br />

zu lokalen Gesetzgebungen oder zu Richtlinien des zu beliefernden<br />

Unternehmens zu identifizieren. Dadurch wird<br />

es den Zulieferern erleichtert, ihren Handlungsbedarf zu<br />

identifizieren und auch zu priorisieren.<br />

Der zweite Teilbereich ist der Verbesserungs-Prozess, der <strong>im</strong><br />

Anschluss an die Assessment-Phase stattfindet. Es werden<br />

konkrete Handlungspläne mit den Zulieferern ausgearbeitet,<br />

die auf ihre best<strong>im</strong>mten Merkmale und Besonderheiten zugeschnitten<br />

sind. Durch externe Stellen können Trainingsmodule<br />

und Lernprogramme angeboten werden. Individuelle Betreuung<br />

kann stattfinden durch regelmäßige Besuche der Fabriken und<br />

durch das Angebot von Workshops. Die Erfüllung der zuvor<br />

entdeckten Mängel wird durch Follow-Up-Kontrollen überprüft.<br />

Laut SGS beanspruchen diese zwei Teilbereiche ungefähr zwei<br />

bis 4 Monate, abhängig von der Bereitschaft der jeweiligen Zulieferer.<br />

Das konkrete Service-Angebot von SGS umfasst also das<br />

Umwelt-Assessment an sich, die Durchführung und Kontrolle<br />

von Verbesserungs- und Erfüllungsmaßnahmen und die Unterstützung<br />

der Zulieferer während dieser Prozesse und danach.<br />

In Bezug auf „Social <strong>Compliance</strong>“ führt beispielsweise „OMEGA<br />

<strong>Compliance</strong>“ Sozial-Assessments als unabhängige Stelle bei<br />

Zulieferern durch. Der Ablauf unterscheidet sich kaum von<br />

jenem <strong>im</strong> oben genannten Beispiel.<br />

Auditierung durch Assessments: Praktische Beispiele<br />

Unternehmen können diese Überprüfungen selbst durchführen<br />

durch sogenannte „Self-Assessments“ oder interne Audits oder<br />

sie durch unabhängige Dritte wie Prüf- und Verifizierungsinstitutionen<br />

durchführen lassen.<br />

Der Ablauf dieser Assessments ist, unabhängig vom Schwerpunkt,<br />

meist sehr ähnlich. Im Nachfolgenden werden zwei<br />

Beispiele von Organisationen angeführt, die beide eine große<br />

Bandbreite an Assessments und Audits anbieten.<br />

In Bezug auf Umweltthemen bietet beispielsweise „SGS Consumer<br />

Testing Services“ Assessments von Zulieferern an,<br />

wobei alle potenziellen ökologischen Auswirkungen und die<br />

Einhaltung lokaler Gesetzgebungen überprüft werden.<br />

Bevor irgendwelche Aktionen durchgeführt werden, ist es<br />

zunächst wichtig, das Bewusstsein für ökologische Themen<br />

bei den Zulieferern zu stärken und zu unterstützen. SGS-CTS<br />

gliedert diesen Prozess in zwei Teilbereiche:<br />

Der Assessment-Prozess: Zunächst führt das Unternehmen<br />

ein Self-Assessment durch anhand spezifischer Fragebögen.<br />

In einem weiteren Schritt untern<strong>im</strong>mt SGS eine nochmalige<br />

Im Rahmen dieses sozialen Assessments von Zulieferern<br />

greift OMEGA auf mehrere Quellen zu, um zu umfassenden<br />

Informationen zu gelangen. Einerseits werden die Fabriken<br />

vor Ort begutachtet und operationale Prozesse beobachtet<br />

und erfasst. Verschiedene Dokumente wie Genehmigungen<br />

und Lohnlisten werden überprüft und eine gewisse Anzahl<br />

von Arbeitern wird vor Ort zu vertraulichen Gesprächen,<br />

unabhängig vom Management, herangezogen. Nach Beendigung<br />

dieser erstmaligen Überprüfung wird ein sogenannter<br />

„Corrective Action Plan“ ausgearbeitet. In Zusammenarbeit mit<br />

dem jeweiligen Zulieferer werden die Probleme und Mängel<br />

aufgelistet und Lösungen dafür vorgeschlagen. Für die ausgearbeiteten<br />

Maßnahmen werden zeitliche Vereinbarungen<br />

getroffen, um die Bereitschaft der Zulieferer für die Erfüllung<br />

dieser Maßnahmen zu verstärken. Im weiteren Verlauf werden<br />

sogenannte Follow-up-Audits durchgeführt, um die Erfüllung<br />

der Maßnahmen seitens der Zulieferer <strong>im</strong> Einklang mit lokalen<br />

Gesetzgebungen zu überprüfen. Gleichzeitig werden die<br />

Zulieferer in diesem Prozess durch Trainingsprogramme und<br />

spezifische Beratung seitens OMEGA begleitet.<br />

ÜBer Die aUtoriN<br />

Christina Panzenböck studierte Wirtschaft in Wien und Barcelona. <strong>2014</strong> hat<br />

sie bei macondo publishing am Auf bau der <strong>CSR</strong>-Academy mitgewirkt.<br />

20 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Praxisbeispiel<br />

Die „Fair Wear Foundation“ (FWF) ist eine unabhängige<br />

Non-Profit-Organisation, die mit Unternehmen und<br />

Fabriken zusammenarbeitet, um Arbeits- und Lebensbedingungen<br />

von Textilarbeitern weltweit zu verbessern.<br />

Die Forderung nach der Zahlung eines existenzsichernden<br />

Lohns steht an vorderster Stelle des Kriterienkatalogs,<br />

neben Gewerkschaftsfreiheit, Verbot von Kinder- und<br />

Zwangsarbeit, Verbot von exzessiven Arbeitsstunden und<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung, einer vertraglichen Bindung zwischen<br />

Arbeitnehmer und -geber und sicheren und gesunden<br />

Arbeitsbedingungen. Der Multistakeholder-Ansatz zur<br />

Ausarbeitung und Überprüfung der Standards, Transparenz<br />

und Verantwortung in der Lieferkette und die<br />

Anlehnung an die ILO-Kernarbeitsnormen sowie die<br />

UN-Deklaration der Menschenrechte sind einige der<br />

sogenannten „guiding principles“ der FWF.<br />

Zertifizierungsprozess<br />

Ausarbeitung eines Arbeitsplans:<br />

Das Unternehmen muss zunächst eine detaillierte Beschreibung<br />

der Art und Weise abliefern, wie es an besseren<br />

Arbeitsbedingungen in der Lieferkette arbeiten und seine<br />

Praktiken ändern will. Dieser Arbeitsplan umfasst:<br />

• Die Offenlegung des vollständigen Lieferantenverzeichnisses<br />

• Einzelheiten zur Beschaffungspraxis<br />

Wenn dieser Plan seitens der FWF bewilligt wird, wird der<br />

„Code of Labour Practices“ der Fair Wear Foundation unterschrieben.<br />

Damit ist das Unternehmen Mitglied der FWF.<br />

Errichtung eines Kontroll- und Fördersystems:<br />

Das Unternehmen muss <strong>im</strong> ersten Jahr ein Kontroll- und<br />

Fördersystem einrichten, das 40 Prozent seiner Zulieferer<br />

umfasst. Im zweiten Jahr müssen 60 Prozent abgedeckt sein<br />

und <strong>im</strong> dritten Jahr 100 Prozent. Das Unternehmen muss<br />

den Verbesserungsprozess von sich aus steuern und eigenverantwortlich<br />

in den Arbeitsprozess mit den Zulieferern<br />

gehen und Verbesserungen vorantreiben.<br />

Der prozessorientierte Ansatz der FWF besagt, dass die<br />

Unternehmen jährlich Fortschritte aufweisen müssen.<br />

Geschieht dies nicht, wird die Mitgliedschaft beendet. Die<br />

Kosten für die Verifizierung werden aus der Summe der<br />

Mitgliedsbeiträge bezahlt.<br />

Die FWF hat ein Kontrollsystem mit 3 Stufen entwickelt:<br />

• Nach dem 1. Jahr: Brand-Performance-Check <strong>im</strong> Unternehmen:<br />

Kontrolle des Lieferantenverzeichnisses, der <strong>im</strong>plementierten<br />

Systeme bzw. der Prozessabläufe und der Ergebnisse. Es<br />

wird ein Prüf bericht erstellt und veröffentlicht.<br />

• Beschwerdeverfahren:<br />

Alle Zulieferer müssen innerhalb des 1. Jahres über die Mitgliedschaft<br />

der Marke informiert werden und der Verhaltenskodex<br />

der FWF muss in allen Fabriken ausgehängt werden,<br />

mit Kontaktdaten von lokalen Beschwerdebearbeitern.<br />

• Überprüfungsaudits bei Zulieferern:<br />

Drei Jahre nach dem Beitritt des Unternehmens führt die<br />

FWF Kontrollen bei der Umsetzung der Arbeitsbedingungen<br />

bei 10 Prozent der Zulieferer durch.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

21


Agenda<br />

GrUNDLaGeN für ein<br />

<strong>Compliance</strong>-Management-System<br />

Die Notwendigkeit zur Einrichtung eines <strong>Compliance</strong>-Management-Systems<br />

(CMS) sollte spätestens mit dem vielzitierten<br />

und auch über die <strong>Compliance</strong>-Szene hinaus viel beachteten<br />

Neubürger Urteils des LG München I (Az.: 5HK O 1387/10)<br />

auf der Hand liegen. Das Gericht verurteilte <strong>im</strong> Dezember<br />

2013 in einem zivilrechtlichen Haftungsprozess ein ehemaliges<br />

Dax-30-Vorstands-Mitglied (CFO), 15 Millionen Euro<br />

Schadenersatz an seinen früheren Arbeitgeber zu zahlen, da<br />

er nicht dafür gesorgt hatte, dass ein funktionierendes CMS<br />

eingerichtet wurde.<br />

Zur Begründung führte das Gericht an, dass es zu der Leitungsaufgabe<br />

und Organisationsverantwortung des Vorstandes einer<br />

AG (gilt analog auch für die GmbH-Geschäftsführung) gehört,<br />

nach besten Kräften dafür zu sorgen, dass das Unternehmen<br />

und seine Mitarbeiter „sämtliche Vorschriften einhalten, die<br />

das Unternehmen als Rechtssubjekt treffen“. Dabei betonte das<br />

Gericht, dass die Pflicht zur Gesetzestreue keine Neuerung aus<br />

dem anglo-amerikanischen Rechtskreis sei. Bereits aus dem<br />

Aktiengesetz aus dem Jahr 1937 ergab sich für den Vorstand<br />

die Pflicht, sein Unternehmen so zu organisieren, dass zwingende<br />

gesetzliche Vorschriften eingehalten werden. Zu diesen<br />

Vorschriften gehört auch das Verbot von Schmiergeldzahlungen<br />

an in- und ausländische Amtsträger (Art. 2 § 1 EUBestG<br />

und Art. 2 § 2 IntBestG) oder an Privatpersonen (§ 299 Abs. 3<br />

Strafgesetzbuch – StGB). Grenzüberschreitende Schmiergeldzahlungen<br />

ließen sich auch nicht damit rechtfertigen, dass<br />

wirtschaftliche Erfolge auf korruptiven Auslandsmärkten<br />

nicht möglich seien. Die Geschäftsleitung genügt nur dann<br />

ihrer Leitungsaufgabe, wenn sie dafür Sorge trägt, „dass das<br />

Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine<br />

derartigen Gesetzesverletzungen stattfinden“, so das Gericht.<br />

Alles richtig gemacht und dennoch<br />

eiN GroSSeS<br />

ProBLeM!<br />

22<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Dabei ist der Vorstand nicht nur verpflichtet, ein funktionierendes<br />

CMS zu schaffen, sondern er muss darüber hinaus<br />

fortlaufend seine Effizienz überwachen. Die Hauptaufgabe<br />

dieses CMS ist es sicherzustellen, dass Risiken für wesentliche<br />

Regelverstöße frühzeitig erkannt und die Regelverstöße<br />

verhindert werden können. Dabei muss man sich bewusst<br />

sein, dass selbst ein angemessenes <strong>Compliance</strong>-Management-<br />

System niemals in der Lage sein wird, Regelverstöße vollständig<br />

und zu 100 Prozent auszuschließen und zu verhindern.<br />

Das <strong>Compliance</strong>-Management-System muss allerdings in der<br />

Lage sein, einen Verstoß zunächst zeitnah zu erkennen und<br />

dann auch <strong>im</strong> Unternehmen zu kommunizieren, damit eine<br />

angemessene Reaktion auf den Verstoß erfolgen kann.<br />

Der Verzicht auf ein <strong>Compliance</strong>-System, die Einrichtung eines<br />

mangelhaften <strong>Compliance</strong>-Systems und / oder dessen unzureichende<br />

Überwachung darauf, ob das System auch tatsächlich<br />

funktioniert, bedeuten per se eine Pflichtverletzung. Diese<br />

Pflichtverletzung kann dann, wenn es zu Gesetzesverletzungen<br />

kommt, zivilrechtlich zu Schadensersatzansprüchen des<br />

Unternehmens gegen die Geschäftsleitung und strafrechtlich<br />

zu einer Geldbuße bis zu einer Million Euro führen (§ 130<br />

Ordnungswidrigkeitengesetz – OWiG). Welchen Umfang das<br />

<strong>Compliance</strong>-System <strong>im</strong> Einzelnen haben muss, hängt dann<br />

von der Art, Größe und Organisation des Unternehmens, der<br />

geografischen Präsenz und etwaigen Verdachtsfällen aus der<br />

Vergangenheit ab.<br />

Text: DICO – Deutsches Institut für <strong>Compliance</strong><br />

Von Kai M. Beckmann<br />

Der Geschäftsführer eines mittelständischen Lebensmittelherstellers<br />

hatte alles richtig gemacht: Er hatte einen<br />

Verantwortlichen für das Thema <strong>Compliance</strong>, ein funktionierendes<br />

Risikomanagementsystem und sogar einen Verhaltenskodex,<br />

der sich an den Prinzipien des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> orientiert und allen Lieferanten ausgehändigt wurde.<br />

Als ein wichtiger Kunde – ein führender Handelskonzern<br />

– die seit Jahren bestehende Vertragsbeziehung plötzlich<br />

auf Eis legte, war allerdings Krisenmanagement angesagt.<br />

Was war geschehen<br />

In einer osteuropäischen Fabrik des Produzenten für die<br />

Verpackungsmaterialien, „irgendwo tief in der Lieferkette“,<br />

wurde massiv gegen Arbeitnehmerrechte verstoßen. Eine<br />

Nichtregierungsorganisation (NGO) hatte aussagekräftiges<br />

Fotomaterial gesammelt und dem Handelsunternehmen<br />

übergeben. Der Produzent lieferte zwar nicht direkt an das<br />

Unternehmen, doch die produzierten Verpackungen waren mit<br />

eindeutig zuzuordnenden Aufdrucken versehen. Neben dem<br />

Versuch, schnell einen alternativen Produzenten zu finden,<br />

erfolgte nun eine ausführliche Situationsanalyse.<br />

Das Risikomanagementsystem: Es hatte zwar ein als „hoch“<br />

eingestuftes Reputationsrisiko in der Risk Map für die gesamte<br />

Lieferkette gegeben – doch dies war abstrakt und<br />

nicht mit Maßnahmen verbunden. Der Einkauf selbst hatte<br />

die Verantwortung für Reputationsrisiken in der Lieferkette<br />

darüber hinaus an das Qualitätsmanagement übertragen. Der<br />

<strong>Compliance</strong>-Beauftragte versicherte, dass er nicht zuständig<br />

sei, da es keine direkte Vertragsbeziehung zum Hersteller der<br />

Verpackungen gäbe und man selbst keinen Rechtsverstoß<br />

begangen habe. Und der Referent für das Thema Corporate<br />

Responsibility Der hatte nach langen Diskussionen mit der<br />

Einkaufsleitung dafür gesorgt, dass allen direkten und (soweit<br />

bekannt) auch den weiteren Lieferanten der Verhaltenskodex<br />

ausgehändigt wurde – doch das war es auch. Alle hatten<br />

vermeintlich alles richtig gemacht und doch hatte das Unternehmen<br />

jetzt ein massives Problem.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

23


Agenda<br />

Beispiele für<br />

<strong>Compliance</strong><br />

Beispiel: Social <strong>Compliance</strong><br />

Faire Textilien<br />

Maren Sartory von Fairtrade <strong>Deutschland</strong> <strong>im</strong> Gespräch<br />

Hauptsache billig. Dieses Motto herrscht für viele<br />

be<strong>im</strong> Kauf von Kleidung. Dass dabei Geiz auch tödlich<br />

sein kann, zeigte sich jetzt wieder in Bangladesh:<br />

Be<strong>im</strong> Einsturz einer dortigen Textilfabrik sind<br />

mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen. Als<br />

Ursache gelten mangelhafte Kontrolle der Produktionsstandorte<br />

und der dortigen Arbeitsbedingungen.<br />

Warum ist es so schwer, die gesamte Lieferkette zu zertifizieren<br />

Maren Sartory: Wir wollen nicht einfach einen neuen Standard<br />

schaffen. Vor Kurzem waren wir in Indien unterwegs,<br />

da waren wir in Fabriken, in denen hängen schön nebeneinander<br />

aufgereiht 20 Zettel mit diversen Zertifizierungen und<br />

Verhaltensnormen. Die werden aber nicht gelebt. Nach der<br />

Zertifizierung herrscht Stillstand. Wir wollen, dass sich ein<br />

Unternehmen auch in eine best<strong>im</strong>mte Richtung entwickelt.<br />

Es bringt nichts, nur eine Liste abzuhaken.<br />

Was heißt das konkret<br />

Sartory: Beispielsweise müssen die Fabriken nachweisen,<br />

dass sich die Einkommen nach oben entwickeln. Wir wollen<br />

auch, dass die Mitarbeiter geschult und qualifiziert werden.<br />

Allgemein arbeiten wir <strong>im</strong> Fairtrade-System mit einem<br />

Netzwerk an Beratern zusammen. Sie helfen dann den<br />

Gremien, die darüber entscheiden, wie die Fairtrade-Gelder<br />

investiert werden, weil die Arbeiter, die darüber entscheiden,<br />

oft keinen höheren Schulabschluss haben. Das alles muss<br />

sich erst etablieren.<br />

Momentan ist bei Fairtrade-Kleidung nur die Baumwolle fair, nicht<br />

die gesamte Lieferkette.<br />

Sartory: Richtig, bisher gibt es tatsächlich keinen Standard,<br />

der das von Anfang bis Ende komplett garantiert. Der GOTS,<br />

also der <strong>Global</strong> Organic Textile Standard, bezieht sich nur<br />

auf den Bio-Bereich, der macht aber am Markt nur einen<br />

kleinen Anteil aus. Bei Fairtrade ist die Baumwolle fair, weil<br />

sich die Standards nur auf den Anbau beziehen. Jetzt wollen<br />

wir aber die gesamte Lieferkette zertifizieren. Fairtrade ist<br />

übrigens nicht bio, auch wenn wir den entsprechenden<br />

Anbau mit einem Bonus fördern und auch ökologische<br />

Kriterien haben.<br />

Warum gibt es eigentlich so wenig Fairtrade-Textilien<br />

Sartory: Die meisten Unternehmen kaufen irgendwo fertige<br />

Stoffe, T-Shirts oder Hosen und kennen ihre Lieferkette<br />

nicht. Die meisten Konsumenten wiederum wollen zwar<br />

keine Kleidung aus Kinderarbeit, aber ein Schnäppchen.<br />

Be<strong>im</strong> Kaffee greifen sie häufiger zu Fairtrade, bei Textilien<br />

kaufen sie aber mit einer ganz anderen Intention<br />

ein: Sie wollen pr<strong>im</strong>är Kleidung, die ihnen steht. Das<br />

Einkaufsverhalten ist ein komplett anderes. Deshalb sind<br />

hier weniger die Konsumenten und mehr die Firmen in<br />

der Verantwortung. Die müssen dafür sorgen, dass ihre<br />

Lieferketten fair sind.<br />

Quelle der Beispiele: UmweltDialog.de<br />

24<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


<strong>Compliance</strong><br />

Beispiel: Menschenrechts-<strong>Compliance</strong><br />

Konflikt-Rohstoffe<br />

Viele Produkte beinhalten Mineralien wie Coltan. Aber<br />

stammen diese aus Konfliktregionen Diese Frage müssen<br />

sich deutsche Betriebe stellen, die Teil der Lieferkette<br />

von US-börsennotierten Unternehmen sind. Der USamerikanische<br />

„Dodd-Frank Act“ verlangt nämlich von<br />

Firmen, die Verwendung best<strong>im</strong>mter aus dem Kongo<br />

und den Nachbarregionen stammender Rohstoffe offenzulegen.<br />

Dies musste erstmalig bis zum 31. Mai <strong>2014</strong><br />

für alle Produkte erfolgen, die 2013 hergestellt worden<br />

sind. Und ab dann jährlich für das vorangegangene Jahr.<br />

Auch die EU hat Mitte März einen Verordnungsentwurf zu<br />

einer europäischen Konfliktmineraliengesetzgebung vorgestellt,<br />

der verhindern soll, dass Erträge aus dem Handel<br />

mit Mineralien zur Finanzierung gewaltsamer Konflikte<br />

verwendet werden. „Der Entwurf ist allerdings zu schwach<br />

und wird den Handel mit Rohstoffen aus Konfliktgebieten<br />

kaum eindämmen“, klagt MISEREOR-Hauptgeschäftsführer<br />

Pirmin Spiegel. So schreibt der Text keine verbindlichen<br />

Regeln zur Sorgfaltspflicht vor, sondern setzt auf freiwillige<br />

Selbstzertifizierung seitens der Unternehmen, die Konfliktrohstoffe<br />

in den EU-Binnenmarkt einführen. Zudem<br />

soll das Gesetz nur Unternehmen betreffen, die Tantal,<br />

Wolfram, Zinn und Gold in den europäischen Markt einführen<br />

(Erst-Importeure), nicht aber Firmen, die andere<br />

Rohstoffe wie z. B. Erdöl, Kupfer und Kohle <strong>im</strong>portieren.<br />

Auch die weiterverarbeitenden Industrien und Hersteller<br />

von Endprodukten sind von diesem Gesetz ausgenommen.<br />

Ein praktikables Tool zum Monitoring dieser Risiken bietet<br />

das schwäbische Unternehmen iPoint-systems. Mittlerweile<br />

haben sich mehr als 10.000 Unternehmen als Nutzer der<br />

iPoint Conflict Minerals Platform (iPCMP) registriert. „Damit<br />

hat sich iPoint-systems seine Position als Marktführer für<br />

Software <strong>im</strong> Bereich Konfliktmineralien-Berichterstattung<br />

endgültig gesichert“, erklärt Jörg Walden, CEO von iPointsystems.<br />

Die iPCMP kam <strong>im</strong> September 2012 auf den Markt<br />

und hat sich seitdem als die branchenübergreifende Lösung<br />

etabliert, wenn es darum geht, Gesetzesvorgaben rund um<br />

Konfliktrohstoffe einzuhalten.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

25


Agenda<br />

Beispiel: Korruptionsvermeidung<br />

Deutsche Post DHL setzt auf lokale Verantwortung<br />

<strong>Compliance</strong> bedeutet, dass Unternehmen die Einhaltung<br />

von gesetzlichen oder auch ethischen Vorgaben prüfen.<br />

Wenn dies glaubwürdig sein soll, dann müssen diese<br />

Regeln überall auf der Welt gelten. Für global agierende<br />

Unternehmen ist dies eine Herausforderung. Umwelt-<br />

Dialog sprach darüber mit Oliver Oberg, Head of <strong>Global</strong><br />

<strong>Compliance</strong> Office Deutsche Post DHL.<br />

Wie ist das <strong>Compliance</strong>-Management-System bei Deutsche Post DHL<br />

organisiert<br />

Oliver Oberg: Unser Chief <strong>Compliance</strong> Officer verantwortet<br />

das Thema <strong>Compliance</strong> bei Deutsche Post DHL und berichtet<br />

dazu direkt an den Vorstand. Darüber hinaus gibt es das<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compliance</strong> Office, das für den Konzern und alle<br />

Unternehmensbereiche die grundsätzlichen <strong>Compliance</strong>-<br />

Anforderungen und -Prozesse (<strong>Compliance</strong>-Management-<br />

System) entwickelt. Die Umsetzung dieser Vorgaben erfolgt<br />

wiederum durch die <strong>Compliance</strong>-Organisationen der jeweiligen<br />

Geschäftsbereiche, über die sogenannten Business Unit<br />

<strong>Compliance</strong> Officer (BUCO). Diese sind dem jeweiligen Vorstand<br />

unterstellt und vernetzen sich in ihrem Bereich dann<br />

eng mit <strong>Compliance</strong>-nahen Funktionen, wie etwa der Revision,<br />

dem Rechtsbereich oder dem HR- und Finance-Bereich<br />

sowie anderen relevanten Spezialisten in Fachabteilungen.<br />

Welche Themenbereiche umfasst Ihr <strong>Compliance</strong>-System<br />

Oberg: Grundsätzlich soll mit der Etablierung des <strong>Compliance</strong>-Management-Systems<br />

bei Deutsche Post DHL die<br />

Einhaltung aller geltenden rechtlichen Vorgaben und maßgeblichen<br />

internen Richtlinien sowie ethischen Grundsätze<br />

sichergestellt werden. Außerdem erarbeiten wir für jeden<br />

Geschäftsbereich <strong>im</strong> Rahmen eines <strong>Compliance</strong> Risk Assessments<br />

ein individuelles Risiko-Profil. Auf Basis dieser<br />

Analyse werden dann die inhaltlichen Schwerpunkte der<br />

<strong>Compliance</strong>-Maßnahmen gesetzt (<strong>Compliance</strong>-Programm).<br />

Allgemein richtet sich unsere Aufmerksamkeit besonders<br />

auf Themen wie Korruptionsbekämpfung und Kartell- und<br />

Wettbewerbsrecht.<br />

Die Deutsche Post DHL ist weltweit aktiv. Dadurch werden Sie mit<br />

unterschiedlich korrupten Systemen konfrontiert. Wie funktioniert<br />

bei Ihnen die Länder-Risikoeinschätzung und was bedeutet das<br />

dann für die alltägliche <strong>Compliance</strong>-Arbeit vor Ort<br />

Oberg: Durch die vielen Gesellschaftsformen und Kulturen,<br />

in denen wir weltweit aktiv sind, müssen wir auch<br />

<strong>Compliance</strong>-relevante Herausforderungen bewältigen. Aus<br />

diesem Grund legen wir besonders großen Wert darauf, die<br />

<strong>Compliance</strong>-Organisation und ein <strong>Compliance</strong>-Bewusstsein<br />

unmittelbar in den Ländern zu verankern. Unsere<br />

<strong>Compliance</strong>-Verantwortlichen in den Geschäftsbereichen<br />

haben daher unter anderem die Aufgabe, dieses Bewusstsein<br />

zu schärfen.<br />

Aus Ihrer Erfahrung heraus: Welche Bereiche, Handlungsfelder sind<br />

besonders korruptionsgefährdet<br />

Oberg: Ich sehe hier vor allem zwei Handlungsfelder: Auf<br />

der einen Seite sind es Funktionen wie Einkauf oder Vertrieb,<br />

die in jedem Unternehmen unabhängig von der konkreten<br />

wirtschaftlichen Ausrichtung beobachtet werden sollten. Für<br />

den Bereich der internationalen Logistik ist es andererseits vor<br />

allem die Zollabfertigung, auf die wir einen Fokus legen. Dort<br />

gibt es oftmals Kontakt mit lokalen Amtsträgern, was gegebenenfalls<br />

gesonderte Regeln und Handlungsweisen erfordert.<br />

Welche Regelungen gibt es, damit sich Mitarbeiter bei Geschenken<br />

oder Einladungen rechtssicher verhalten können<br />

Oberg: Unser konzernweiter Verhaltenskodex, der „Code<br />

of Conduct“ für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

enthält bereits grundsätzliche Aussagen zum Umgang mit<br />

Geschenken und Einladungen. Diese werden dann nochmals<br />

konkretisiert in einer „Antikorruptionsrichtlinie und<br />

Standards für Geschäftsethik“, die verbindliche Aussagen<br />

zur Annahme und Vergabe von Geschenken und sonstigen<br />

Vorteilen trifft. Darin sind auch best<strong>im</strong>mte Genehmigungsvorbehalte<br />

für Vorgesetzte und – bei Überschreiten von<br />

gewissen Schwellenwerten – der <strong>Compliance</strong>-Organisation<br />

festgeschrieben.<br />

26<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Publikationen<br />

ICC-Handbuch zur<br />

Kartellrechts-<strong>Compliance</strong><br />

Um Unternehmen bei der Implementierung und Verbesserung<br />

kartellrechtlicher <strong>Compliance</strong>-Programme zu unterstützen, hat<br />

die Internationale Handelskammer (ICC) das „ICC Antitrust <strong>Compliance</strong><br />

Toolkit“ veröffentlicht, das erstmals auch auf Deutsch<br />

vorliegt und kostenfrei erhältlich ist.<br />

<strong>Compliance</strong>:<br />

Praxisleitfaden für<br />

Unternehmen<br />

von Klaus Moosmayer<br />

Verlag: C.H.Beck, 136 S.<br />

ISBN-13: 978-3406628214<br />

€ 34,90<br />

Angesichts wachsender gesetzlicher Anforderungen haben viele Unternehmen<br />

interne <strong>Compliance</strong>-Programme eingeführt, um Kartellrechtsverstöße zu<br />

verhindern bzw. aufzudecken. Mit dem Toolkit will die ICC Unternehmen<br />

dabei unterstützen, auf ihre spezifischen Unternehmensbelange ausgerichtete<br />

<strong>Compliance</strong>-Systeme aufzubauen bzw. bereits vorhandene Systeme noch<br />

wirksamer zu gestalten. Das Toolkit richtet sich insbesondere an kleinere<br />

und mittlere Unternehmen (KMU) und berücksichtigt dabei die besondere<br />

Herausforderung eingeschränkter personeller Ressourcen.<br />

Das Toolkit besteht aus Beiträgen anerkannter Kartellrechts-Spezialisten<br />

weltweit tätiger Unternehmen und bündelt deren Erfahrung und Knowhow.<br />

Es kombiniert Vorschläge für unternehmensinterne Richtlinien mit<br />

konkreten Ratschlägen sowie „best practice“-Beispielen. Das Handbuch<br />

kann hier angefordert werden: bestellung@icc-deutschland.de<br />

Dieses Werk gibt einen kurz und prägnant gehaltenen Abriss über die Erfordernisse<br />

einer ordnungsgemäßen <strong>Compliance</strong>-Organisation. Dabei geht der<br />

Autor sowohl auf die steigenden organisatorischen Anforderungen an die<br />

Unternehmen als auch die erhöhten Risiken wie Außen- und Innenhaftung,<br />

Aufsichtspflichtverletzungen und Straftaten <strong>im</strong> Unternehmen ein. Vorteile<br />

auf einen Blick: kompakter Leitfaden für den ersten Zugriff ∙ Darstellung<br />

spezifischer Lösungsvorschläge ∙ von einem erfahrenen Praktiker<br />

Inhalt: Haftungsrisiko <strong>Compliance</strong> ∙ <strong>Compliance</strong>-Organisation <strong>im</strong> Unternehmen<br />

∙ Anforderungen an die Kommunikation ∙ <strong>Compliance</strong> als<br />

integrierter Teil der Geschäfts- und Personalprozesse ∙ Auf klärung und<br />

Ahndung von <strong>Compliance</strong>-Verstößen ∙ Zusammenarbeit mit Dritten ∙<br />

<strong>Compliance</strong> in Lieferketten; Zielgruppe: Für Vorstände, Geschäftsführer,<br />

Unternehmensjuristen und Rechtsanwälte, die sich mit <strong>Compliance</strong> befassen.<br />

Praxiswissen<br />

<strong>Compliance</strong><br />

Erfolgreiche Umsetzung <strong>im</strong> Unternehmen<br />

von Tilman Eckert<br />

Verlag: Haufe-Lexware, 190 S.<br />

ISBN-13: 978-3648049587<br />

€ 49,95<br />

<strong>Compliance</strong><br />

für KMU<br />

Praxisleitfaden für den Mittelstand<br />

von Prof. Dr. Stefan Behringer u. a.<br />

Verlag: Erich Schmidt Verlag, 272 S.<br />

ISBN-13: 978-3503138968<br />

€ 29,95<br />

Der Autor erklärt alles Wichtige zu Themen wie dem Umgang mit Geschenken,<br />

Einladungen und Sponsoring, Datenschutz, Risikoanalysen,<br />

Arbeitssicherheit, Umweltschutz und den <strong>Compliance</strong>-Besonderheiten <strong>im</strong><br />

Vertrieb und <strong>im</strong> Einkauf.<br />

Inhalte: ∙ Zunehmende Bedeutung von <strong>Compliance</strong> und die Erfolgsfaktoren<br />

bei der Umsetzung ∙ Rechtsfolgen bei Verstößen ∙ Die konkrete Gestaltung<br />

eines <strong>Compliance</strong>-Management-Systems ∙ <strong>Compliance</strong> Risk Assessments,<br />

-Schulungen, -Maßnahmenpläne, -Audits ∙ <strong>Compliance</strong>-Richtlinien,<br />

-Arbeitsanweisungen und -Prozesse, Geschäftspartner-Checks ∙ Korruptionsbekämpfung,<br />

<strong>Compliance</strong> <strong>im</strong> Vertrieb und Einkauf, Datenschutz,<br />

Arbeitsrecht, Verbandstätigkeit, Lobbying, u.v.m.<br />

Arbeitshilfen online: ∙ Checklisten ∙ Aufgaben- und Stellenbeschreibung<br />

<strong>Compliance</strong> Officer ∙ Mindestelemente für <strong>Compliance</strong>-Programm etc.<br />

<strong>Compliance</strong> – auch der Mittelstand ist gefordert: Schätzungsweise 11.000<br />

Regeln und Dokumentationspflichten muss ein Unternehmen heutzutage<br />

einhalten. Die konsequente Verfolgung und Sanktionierung von Wirtschaftskr<strong>im</strong>inalität<br />

bringt auch den Mittelstand verstärkt unter Handlungsdruck,<br />

ebenso wie neue Haftungsfragen für Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder<br />

und Prokuristen von KMU.<br />

Wie können mittelständische Unternehmen bei der zunehmenden Regelungsdichte<br />

den Überblick behalten Wie wird das Unternehmen vor<br />

Risiken und Schäden durch Non-<strong>Compliance</strong> geschützt Ist man darauf<br />

vorbereitet, <strong>im</strong> Verdachtsfall rechtssicher zu handeln<br />

Gerade KMU, die nicht auf konzerneigene <strong>Compliance</strong>-Abteilungen zurückgreifen<br />

können, müssen rechtzeitig ein systematisches und wirksames<br />

<strong>Compliance</strong>-Management auf bauen. Der vorliegende Band präsentiert die<br />

wesentlichen Elemente für erfolgreiche KMU-<strong>Compliance</strong>.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

27


Agenda<br />

Quo vadis, Kl<strong>im</strong>a<br />

Das weltweite Wirtschaftswachstum basiert auf billiger Energie und die ist überwiegend fossiler<br />

Natur. Das heizt das Kl<strong>im</strong>a <strong>im</strong>mer stärker auf. Alle Beteiligten wissen, dass es mit dem Ausstoß<br />

an Kl<strong>im</strong>agasen so nicht weitergehen kann. Die Konsequenz heißt Einschränkung. Einschränkung<br />

bedeutet aber Verzicht, und das fällt dem Menschen bekanntlich schwer. Die Konfliktlinien sind<br />

seit Jahren festgefahren: Die Entwicklungsländer fürchten, dass Kl<strong>im</strong>aschutz die Energiekosten<br />

deutlich verteuern und so ihren Bürgern die Chance genommen wird, ihrerseits zu Wohlstand<br />

zu kommen. Außerdem argumentieren sie, dass Industrienationen bereits seit 150 Jahren das<br />

Kl<strong>im</strong>a schädigen. Sie fordern daher, dass die reichen Länder den Wandel der armen finanzieren<br />

sollen. Wozu viele Industrieländer durchaus bereit sind, allerdings wehrt man sich dagegen, dass<br />

be<strong>im</strong> Thema Bezahlen plötzlich große Kl<strong>im</strong>asünder wie China, Indien oder Brasilien sich nicht als<br />

Geber-, sondern weiterhin als Empfängerländer sehen. Und wenn es um Überwachung und Einhaltung<br />

internationaler Beschlüsse geht, wollen sich viele Staaten nicht von außen reinregieren<br />

lassen, sondern fürchten um ihre Souveränität. Diesen gordischen Knoten zu entflechten, wird<br />

der anstehenden Kl<strong>im</strong>akonferenz in Paris Ende 2015 überlassen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten,<br />

aber ein Scheitern wie in Kopenhagen 2009 ist politisch auch nicht erwünscht. Politik ist die<br />

Kunst des Möglichen, hat Reichskanzler Bismarck gesagt. Was möglich wäre, diskutieren wir mit<br />

dem Kl<strong>im</strong>aexperten Mojib Latif. Darüber hinaus zeigen wir zahlreiche pfiffige Lösungen aus der<br />

Wirtschaft sowie einen praktischen Kl<strong>im</strong>acheck für Unternehmen.<br />

28 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

29


Agenda<br />

„Wir haben so lange<br />

nichts getan, dass dem Kl<strong>im</strong>a<br />

mit Trippelschritten<br />

nicht gedient ist“<br />

Was können wir von den anstehenden Kl<strong>im</strong>akonferenzen erwarten Wie wird<br />

der Kl<strong>im</strong>awandel hierzulande aussehen Welche Rolle spielt die Energiewende<br />

Wir sprachen darüber mit Professor Dr. Mojib Latif.<br />

Die Energie- und Kl<strong>im</strong>apolitik der EU stößt auf geteiltes Echo.<br />

Das zeigen auch die Ergebnisse des EU-Kl<strong>im</strong>agipfels in Brüssel <strong>im</strong><br />

Oktober <strong>2014</strong>. Ist Europa in der internationalen Kl<strong>im</strong>apolitik noch<br />

Motor oder eher Bremse<br />

Prof. Dr. Mojib Latif: Europa spielt weder in der einen noch<br />

in der anderen Richtung eine herausgehobene Rolle. Bei den<br />

jüngsten Verhandlungen ist ziemlich deutlich geworden,<br />

dass es starke nationale Interessen gibt. Großbritannien beispielsweise<br />

scheint sich ganz der Atomkraft verschrieben zu<br />

haben und torpediert deshalb alle Effizienzziele. Und dann<br />

ist da noch Polen als das Kohleland schlechthin. Der jetzige<br />

Kompromiss sieht mindestens 40 Prozent weniger CO 2<br />

sowie<br />

27 Prozent Anteil erneuerbarer Energien und genauso viel<br />

mehr an Energieeffizienz vor. Was aber viele nicht wissen<br />

ist, dass <strong>im</strong>mer noch der Europäische Rat, das Gremium der<br />

Regierungschefs, mit der Thematik befasst ist. Selbst, wenn<br />

die EU-Kommission irgendetwas beschließt, kann das <strong>im</strong><br />

Europäischen Rat <strong>im</strong>mer noch gekippt werden, weil dort das<br />

Einst<strong>im</strong>migkeitsgebot gilt. Dort können Länder wie Polen oder<br />

auch Großbritannien jedes Kl<strong>im</strong>aziel blockieren. Deswegen<br />

finde ich den EU-Kompromiss etwas faul.<br />

Vieles wird derzeit mit Blick auf die UN-Kl<strong>im</strong>akonferenz Ende 2015<br />

in Paris diskutiert. Dazu eine Frage an den Realisten Professor Latif<br />

und an den Utopisten Professor Latif. Was glauben Sie, wird in Paris<br />

erreicht, und was wünschen Sie sich, was Paris erreichen soll<br />

Latif: Dort werden zwar Ziele vereinbart werden, aber ob<br />

die am Ende dann wirklich zum Kl<strong>im</strong>aschutz taugen, wage<br />

ich zu bezweifeln. Im Prinzip ist ja die Situation ähnlich wie<br />

2009 in Kopenhagen, und dort ist man grandios gescheitert.<br />

Diese Blöße wird man sich jetzt nicht mehr geben. In Paris<br />

wird es ein Abschluss-Dokument geben, aber das wird so viele<br />

Hintertüren haben, dass es uns letzten Endes nicht groß weiterbringen<br />

wird. Ich erinnere nur an den Weltwirtschaftsgipfel<br />

in Heiligendamm 2007. Damals hieß es in der Erklärung „Wir<br />

erwägen ernsthaft, den Ausstoß von Treibhausgaben bis zur<br />

Mitte des Jahrhunderts zu halbieren.“ Wer der deutschen<br />

Sprache mächtig ist, der weiß, dass man sich da praktisch auf<br />

nichts verständigt hat. Ich nehme an, so wird das jetzt Ende<br />

2015 auch in Paris laufen. Die Politik wird das als Durchbruch<br />

feiern, aber ich bin ein Mann der Zahlen, und ich sehe nur<br />

das, was tatsächlich passiert: Seitdem sich die Weltpolitik seit<br />

Beginn der 1990er mit dem Thema Kl<strong>im</strong>awandel beschäftigt,<br />

30<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

ist der CO 2<br />

-Ausstoß um über 60 Prozent gestiegen. Das spricht<br />

eine ganz eigene Sprache. Anspruch und Wirklichkeit klaffen<br />

doch ziemlich weit auseinander. Der Utopist glaubt, dass letzten<br />

Endes die technologische Entwicklung bei den erneuerbaren<br />

Energien so schnell vorangehen wird, dass sich diese ganzen<br />

Konferenzen irgendwann von alleine erledigen.<br />

Wie beurteilen Sie die Verhandlungspositionen der USA und Chinas<br />

Manche sagen, von dort kommt Bewegung, andere sind reservierter.<br />

Latif: Die Frage ist, wie man Bewegung definiert. Weder<br />

die USA noch China werden kategorisch ablehnen, ihren<br />

Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Die Frage ist nur,<br />

wie stark, und ich gehe davon aus, dass das jeder selbst best<strong>im</strong>men<br />

will. Das ist die Bewegung. Außerdem wird es jede<br />

Menge Zahlenspiele geben: Die USA werden wahrscheinlich<br />

das Basisjahr anders definieren als wir in Europa. Statt 1990<br />

werden sie auf 2005 als Basisjahr drängen. Das macht für sie<br />

die Reduzierungen einfacher. Ich will nicht sagen, dass der<br />

UN-Gipfel in Paris keine Bewegung bringen wird, aber das<br />

gegenwärtige Schneckentempo bei den Kl<strong>im</strong>averhandlungen<br />

entspricht überhaupt nicht der Dramatik des Kl<strong>im</strong>awandels.<br />

Wir haben so lange nichts getan, dass dem Kl<strong>im</strong>a mit Trippelschritten<br />

nicht mehr gedient ist.<br />

Welchen Einfluss nehmen da eigentlich Wissenschaftler auf die politischen<br />

Verhandlungen Werden sie gehört<br />

Latif: Ja natürlich. Dafür gibt es ja die Berichte des Weltkl<strong>im</strong>arates<br />

IPCC. Da steht alles drin und das wird auch nicht bestritten.<br />

Aber Politik ist, wie man so schön sagt, die Kunst des<br />

Machbaren. Leider hat das, was bisher ausgehandelt wurde,<br />

in keinster Weise ausgereicht, den Herausforderungen des<br />

Kl<strong>im</strong>awandels gerecht zu werden.<br />

Wird es so etwas wie einen Kyoto-Folgeprozess geben<br />

Latif: Ja, ich glaube schon. Es wird irgendein Nachfolgeabkommen<br />

in Paris geben, aber, wie gesagt, mit vielen Ausnahmen,<br />

was einfach der Tatsache geschuldet ist, dass man unbedingt<br />

ein Abkommen braucht, denn noch einen Flop kann sich die<br />

Weltpolitik nicht leisten. Das Abkommen soll dann 2020 in<br />

Kraft treten, aber es wird vermutlich löchrig wie ein Schweizer<br />

Käse sein. >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

31


Agenda<br />

Kl<strong>im</strong>awandel scheint Konsens und doch gibt es <strong>im</strong>mer wieder Streit<br />

unter Wissenschaftlern. Ist das nur ein Medienhype oder gibt es hier<br />

wirklich noch grundlegende Debatten<br />

Latif: Das ist eine reine Mediengeschichte. In der Wissenschaft<br />

gibt es diesen Disput in keiner Weise.<br />

Aber nicht nur außenstehende Kl<strong>im</strong>askeptiker sorgen für Misstöne.<br />

Auch innerhalb der eigentlich überzeugten UN-Organisation IPCC<br />

gibt es rund um den UN-Kl<strong>im</strong>abericht <strong>im</strong>mer wieder Streit. Können<br />

Sie uns das erklären<br />

Latif: Es gibt drei Berichte des IPCC. Der erste Teil sind die wissenschaftlichen<br />

Grundlagen. Dort arbeite ich mit. Hier gibt es<br />

keinen Disput. Im zweiten Teil geht es um die Auswirkungen.<br />

Gerade die biologischen Folgen sind höchst umstritten, weil<br />

es dazu auch nicht viele Daten gibt. Der dritte Teil behandelt<br />

Anpassungs- und Vermeidungsstrategien. Das ist sehr politisch<br />

und kontrovers, wie Sie sich vorstellen können.<br />

Was ist die beste Strategie Da gibt es viele Möglichkeiten. Die<br />

einen sagen: Wir brauchen „Carbon Capture Storage“, also die<br />

CO 2<br />

-Abscheidung und -Lagerung. Die anderen sagen: Es geht<br />

auch ausschließlich über die erneuerbaren Energien. Da gibt<br />

es Disput. Das will ich gerne einräumen. Aber dabei handelt<br />

es sich um eine ökonomische Diskussion. Im Prinzip ist heute<br />

der Weg ausschließlich über die erneuerbaren Energien <strong>im</strong>mer<br />

noch möglich, wenn wir das Kl<strong>im</strong>a auf einem halbwegs<br />

akzeptablem Niveau stabilisieren möchten.<br />

Immer wieder warnen Kl<strong>im</strong>aforscher vor sogenannten Kipppunkten,<br />

also Situationen, wo wir irreparable Schäden in Kauf nehmen. Auf<br />

welche Kipppunkte haben Sie persönlich ein besonderes Augenmerk<br />

Latif: Ich weiß aus meiner täglichen Arbeit, dass es solche<br />

Kipppunkte gibt. Aber ob und wann sie eintreten, das kann<br />

ich nicht sagen. Ich stehe mehr auf dem Standpunkt, dass wir<br />

das System eigentlich gar nicht so gut verstehen, als dass wir<br />

jetzt diese Kipppunkte wirklich identifizieren oder gar die<br />

Schwellenwerte formulieren können, bei denen sie eintreten.<br />

Das System ist nämlich viel zu komplex. Deswegen führen wir<br />

ein gigantisches Exper<strong>im</strong>ent mit unserem Planeten durch und<br />

warten ab, was passiert. Unwissenheit ist aber der beste Grund,<br />

diesen Weg nicht zu weit zu gehen. Mir macht das, was ich<br />

nicht weiß, mehr Angst als das, was ich weiß. Übrigens: Das<br />

Ozonloch hat kein Wissenschaftler vorhergesagt.<br />

In jedem Fall kann man aber sagen, dass wir eine globale Erwärmung<br />

erleben. Ob zwei, vier oder gar sechs Grad Erwärmung: Auf was<br />

müssen wir uns in <strong>Deutschland</strong> gefasst machen<br />

Latif: Wenn man die Entwicklung der Emissionen der letzten<br />

Jahrzehnte hochrechnet, dann sind wir auf einem Kurs von<br />

mindestens drei, wahrscheinlich sogar vier oder fünf Grad<br />

Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts. Was bedeutet<br />

das Unser Wetter wird extremer werden, d.h. auf der einen<br />

Seite lange Trockenheit, auf der anderen Seite sintflutartige<br />

Niederschläge. Der Meeresspiegel wird steigen. An unseren<br />

Küsten könnte das durchaus ein Meter sein. Auch danach,<br />

also jenseits des nächsten Jahrhunderts, geht es natürlich<br />

weiter. Vielleicht sogar noch für Jahrtausende. Das Kl<strong>im</strong>a ist<br />

sehr träge. Außerdem haben wir es mit der Versauerung der<br />

Weltmeere zu tun. CO 2<br />

landet zum Teil <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Meer. Das<br />

kann man nicht vermeiden. H 2<br />

O und CO 2<br />

ergibt H 2<br />

CO 3<br />

, d.h.<br />

Kohlensäure, und deswegen versauern die Weltmeere. Wenn<br />

das so weiter geht, dann tickt hier eine Zeitbombe in den<br />

Ozeanen mit katastrophalen Folgen für die Meeresökosysteme.<br />

32<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Nur, wenn wir es hinbekommen, überall kleinere, standortangepasste<br />

Energieeinheiten zu haben, wird die Energiewende<br />

so gelingen, dass sie auch ökonomisch von Vorteil ist. Und<br />

das erfordert vor allem auch den Umbau der Stromnetze und<br />

die weitere Entwicklung von Speichern.<br />

Weiterer wichtiger Punkt ist aber auch die Reduktion des CO 2<br />

-Ausstoßes<br />

in der Industrie, <strong>im</strong> privaten Haushalt oder in anderen Bereichen.<br />

Da kursieren ja <strong>im</strong>mer wieder so Begriffe wie „Low Carbon“ oder gar<br />

„Zero Carbon Industry“. Geht das überhaupt<br />

Latif: Nein, kurzfristig nicht. Aber langfristig! Man müsste bis<br />

2050 den weltweiten Kohlendioxid-Ausstoß um mindestens<br />

50 Prozent verringern. Und dann praktisch auf null kommen<br />

bis zum Jahr 2100. Wenn wir so einen langen Zeithorizont<br />

von noch 85 Jahren betrachten, dann würde es mich wundern,<br />

wenn man das nicht hinbekäme.<br />

Vor zehn Jahren haben Sie bereits in einem Gastbeitrag <strong>im</strong> <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> <strong>Jahrbuch</strong> über die verrinnende Zeit be<strong>im</strong> Thema Kl<strong>im</strong>awandel<br />

geschrieben. Seitdem ist der CO 2<br />

-Ausstoß Jahr um Jahr gestiegen.<br />

Warum kriegen wir Menschen eigentlich keinen Kurswechsel hin<br />

Von der Wirtschaft und der Forschung erwartet man jetzt vor allem<br />

Innovationen. Was wird gebraucht Wo würden Sie Schwerpunkte setzen<br />

Latif: Wir müssen zeigen, dass die erneuerbaren Energien<br />

durchaus einsatzfähig sind und dass man dadurch in Wohlstand<br />

leben kann, wenn man auf die konventionellen Energien verzichtet.<br />

Wenn man das in <strong>Deutschland</strong> wirklich hinbekommt,<br />

hätte das so eine große Signalwirkung auf den Rest der Welt,<br />

dass man dann tatsächlich eine Dynamik erreichen könnte,<br />

die schließlich die Kl<strong>im</strong>averhandlungen überflüssig machen<br />

würde. Alle würden sehen: Ja, man kann mit Sonne und Wind<br />

viel besser und zu geringeren Kosten wirtschaften. Das sind<br />

Rohstoffe, die nichts kosten. Wo gibt es das sonst Auf diesem<br />

Weg hat <strong>Deutschland</strong> auch schon viel erreicht. Erneuerbare<br />

Energien werden nicht mehr belächelt, sondern haben einen<br />

Anteil von ca. 30 Prozent an der Stromerzeugung. Das hätte<br />

noch vor zwanzig Jahren kein Mensch geglaubt und galt als<br />

Utopie. Die Rahmenbedingungen müssen st<strong>im</strong>men. Nur so<br />

st<strong>im</strong>uliert man Innovation.<br />

Latif: Das liegt einfach daran, dass die Bedrohung nicht<br />

empfunden wird. Wir haben es hier mit einem langfristigen<br />

Problem zu tun, dessen Auswirkungen in der Zukunft liegen.<br />

Es gibt eine zeitliche Entkopplung von Ursache und Wirkung.<br />

Wir haben aber auch eine räumliche Entkopplung: Wenn<br />

etwa der Meeresspiegel steigt, dann bauen wir in <strong>Deutschland</strong><br />

halt die Deiche etwas höher. Die wahren Folgen tragen hauptsächlich<br />

die Menschen in den Tropen, darunter Bangladesch<br />

und die Inseln <strong>im</strong> Indischen Ozean. Das ist die räumliche<br />

Entkopplung. Es wohnt uns Menschen inne, dass wir nur auf<br />

das reagieren, was unmittelbar vor unserer Haustür passiert.<br />

Der Kl<strong>im</strong>awandel entwickelt sich schleichend, und hier sehen<br />

wir Menschen nicht die Notwendigkeit, schnell zu handeln.<br />

Dennoch hoffe ich, dass sich am Ende die Sichtweise des Utopisten<br />

Professor Latif durchsetzt.<br />

Latif: Ja, das hoffe ich auch. Das ist aber eigentlich für mich<br />

gar keine Utopie. Ich glaube fest daran.<br />

Wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!<br />

Sehen Sie, dass wir die Energiewende und die lokale Erzeugung in<br />

naher Zukunft noch als echten Wettbewerbs- und Standortvorteil<br />

erleben werden<br />

Latif: Ja, ich denke um das Jahr 2020. Ich habe dabei auch<br />

die weltpolitische Lage – die Ukraine-Krise, der Konflikt <strong>im</strong><br />

Nahen Osten – <strong>im</strong> Blick. Wir geben in <strong>Deutschland</strong> heute<br />

schon ca. 100 Mrd. Euro für Energie<strong>im</strong>porte aus, und ich kann<br />

mir nicht vorstellen, dass diese Kosten sinken werden. Sie<br />

werden langfristig steigen. Erneuerbare Energien machen aber<br />

nur Sinn, wenn sie dezentral zum Einsatz kommen. Große<br />

Stromautobahnen von den riesigen Windparks in der Nordsee<br />

zum Verbraucher in Bayern sind unvernünftig.<br />

Zur Person:<br />

Prof. Dr. Mojib Latif ist Leiter des Forschungsbereichs Ozeanzirkulation und<br />

Kl<strong>im</strong>adynamik am GEO-MAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.<br />

Er ist in <strong>Deutschland</strong> einer der meistgefragten Kl<strong>im</strong>aexperten.<br />

Das Gespräch führte Dr. Elmer Lenzen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

33


Agenda<br />

Kohlenstoff braucht<br />

einen Preis!<br />

Ein Kommentar von Georg Kell<br />

Einen Preis für Kohlenstoff festzulegen, der die Belastung<br />

fossiler Brennstoffe für den Planeten und seiner Bewohner<br />

widerspiegelt, ist wohl der markanteste Schritt, den wir ergreifen<br />

können, um die Treibhausgas-Emissionen zu begrenzen<br />

und dem Kl<strong>im</strong>awandel entgegenzutreten. Ein Preis würde<br />

ein Signal an Unternehmen und Investoren senden, dass<br />

erneuerbare Energien und kohlendioxidarme Projekte in der<br />

Tat sehr profitabel sein können. Zudem würde dieser Schritt<br />

gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und die Akteure,<br />

die sich schon frühzeitig engagiert haben, nicht bestrafen.<br />

Regierungen in aller Welt beginnen, ihre Verantwortung zu<br />

übernehmen. Nationale und regionale Märkte, die einen fairen<br />

Preis auf CO 2<br />

ausschreiben, werden <strong>im</strong>mer zahlreicher. Im<br />

Jahr 2015 werden nach Ansicht von Experten Länder mit CO 2<br />

-<br />

Märkten mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung vertreten.<br />

China plant für 2016 den Roll-out eines nationalen Marktes,<br />

der die Aktivitäten des aktuellen Marktführers Europäische<br />

Union in den Schatten stellen könnte. Kohlendioxidsteuern<br />

– ein alternatives Mittel zur Festlegung der CO 2<br />

-Preise – sind<br />

ebenfalls auf dem Vormarsch.<br />

Unternehmen spielen seit Langem eine zentrale Rolle be<strong>im</strong><br />

Kl<strong>im</strong>awandel, sowohl als Verursacher als auch als Lösungsanbieter.<br />

Sie arbeiten gemeinsam mit den politischen Entscheidungsträgern<br />

auf nationaler und internationaler Ebene<br />

an Lösungen, und eine wachsende Zahl von ihnen legt ihre<br />

CO 2<br />

-Bilanzen offen und investiert in kohlenstoffarme Anlagen.<br />

Leider ist die Reduzierung der Emissionen <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

ihrem gesamten CO 2<br />

-Fußabdruck eher klein.<br />

Wer die Zeichen der Zeit zu deuten vermag und den Blick auf<br />

die wachsende staatliche Regulierung der Kohlenstoff-Nutzung<br />

und den großen Schaden lenkt, den ungehinderter Kl<strong>im</strong>awandel<br />

auf Produktionsanlagen und die finanziellen Planungen verursacht,<br />

sieht Handlungsbedarf. Daher sind Großunternehmen<br />

schon heute interessiert daran zu best<strong>im</strong>men, was in Zukunft<br />

ein fairer Preis für Kohlenstoff sein könnte, und diesen in<br />

die interne Kostenplanung einzubeziehen. Eine CDP-Studie<br />

<strong>im</strong> Jahr 2013 ergab, dass mehr als 100 Unternehmen – die<br />

meisten von ihnen große Energieerzeuger und / oder -nutzer<br />

– bereits solche Schätzungen einbeziehen, um Risiken und<br />

Chancen zu erkennen oder aber als Anreiz für die Steigerung<br />

der eigenen Energieeffizienz.<br />

Eine große Anzahl von multinationalen Unternehmen bereitet<br />

sich darauf vor, Maßnahmen zur CO 2<br />

-Preisgestaltung zu<br />

ergreifen. Insbesondere erfolgt dies durch die Unterzeichnung<br />

der „Business Leadership Criteria on Carbon-Pricing“, die von<br />

der Caring for Cl<strong>im</strong>ate-Initiative zusammengestellt wurde. Das<br />

Versprechen beinhaltet drei D<strong>im</strong>ensionen: die Integration von<br />

Kohlenstoff-Kosten in die langfristigen Unternehmensstrategien<br />

und Investitionsentscheidungen, verantwortliche politische<br />

Lobbyarbeit für die Bedeutung der Kohlenstoff-Einpreisung<br />

und die öffentliche Kommunikation ihrer Fortschritte.<br />

Die beiden zuletzt genannten Kriterien sind wesentlich. Die<br />

traurige Wahrheit ist nämlich, dass einige Unternehmen sich<br />

hinter den Kulissen dafür stark machen, jegliche regulatorischen<br />

Änderungen – einschließlich derjenigen, die einen<br />

Preis für Kohlenstoff lancieren würden – zu verhindern. Zu<br />

viele reden <strong>im</strong>mer noch mit zwei Zungen: Einerseits unterstützen<br />

sie saubere Techniken in ihren Nachhaltigkeitsreden,<br />

andererseits betreiben ihre Bevollmächtigten Lobbyarbeit für<br />

die Freiheit zum ungezügelten Verschmutzen.<br />

Zur Person:<br />

Georg Kell ist Executive Director<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

Auszug seines „Action Statements“<br />

während der<br />

UN Cl<strong>im</strong>ate Week <strong>2014</strong>.<br />

34<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Der UN-Kl<strong>im</strong>aprozess<br />

Der Prozess hinter dem fünften Bewertungsbericht (AR5) der<br />

zwischenstaatlichen Gruppe für Kl<strong>im</strong>awandel der Vereinten Nationen<br />

(IPCC)<br />

Niederschlag<br />

Arktisches sommerliches Meereseis<br />

Auswirkung auf die Jahreszeiten<br />

CO 2 -Konzentration<br />

Erwärmung der Meere<br />

pH-Wert der Meere<br />

Hitzewellen<br />

Oberflächentemperatur<br />

Gletscherschmelze<br />

Meeresspiegelanstieg<br />

830 Experten<br />

aus 85 Ländern, spezialisiert auf:<br />

Meteorologie · Physik · Ökologie · Ingenieurtechnik · Sozialwissenschaften<br />

· Wirtschaft · Ozeanologie · Statistik<br />

Arbeitsgruppen<br />

Natur-<br />

Kl<strong>im</strong>awandel-<br />

Vermeidung des Synthese-<br />

AG1 wissenschaften AG2 Auswirkungen AG3 Kl<strong>im</strong>awandels bericht<br />

Erste Entwürfe und Überprüfungen<br />

Zweite Entwürfe und Überprüfungen<br />

Finale Entwürfe<br />

Finale Sitzungen zur Genehmigung<br />

Banken- und Versicherungswesen<br />

Tourismus<br />

Industrie<br />

Gesundheitswesen<br />

Militär und Sicherheit<br />

Energiewirtschaft<br />

Fischfang<br />

Landwirtschaft<br />

Rohstoffwirtschaft<br />

Stadtplanung und Transport<br />

Quelle: IPCC, Adaption: macondo publishing<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

35


Agenda<br />

Kl<strong>im</strong>acheck für<br />

Unternehmen<br />

Unternehmen in <strong>Deutschland</strong> stehen aufgrund des voranschreitenden Kl<strong>im</strong>awandels vor vielfältigen<br />

neuen Herausforderungen. Der vor Kurzem veröffentlichte fünfte Sachstandsbericht<br />

des Weltkl<strong>im</strong>arates hat erneut eindringlich darauf hingewiesen, dass der Kl<strong>im</strong>awandel durch<br />

steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und eine Zunahme der Häufigkeit<br />

und Intensität von Extremwetterereignissen weitreichende Auswirkungen haben wird.<br />

Von Jonas Savelsberg und Christian Kind<br />

Unternehmen und unternehmerische Aktivitäten werden<br />

davon ebenso betroffen sein wie die öffentliche Versorgung<br />

oder private Haushalte. Auch eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens<br />

PWC zeigt, dass viele US-amerikanische<br />

Investoren Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels als wichtigen Risikobereich<br />

ansehen, sich aber bisher durch Unternehmen unzureichend<br />

mit Informationen zu deren Betroffenheit durch Kl<strong>im</strong>arisiken<br />

versorgt sehen. Das Rating-Unternehmen Standard & Poor’s<br />

sieht den Kl<strong>im</strong>awandel weltweit als einen zentralen Faktor<br />

für die Entwicklung ökonomischer Risiken und als starken<br />

Einflussfaktor auf die Kreditwürdigkeit einzelner Staaten.<br />

Neben einem weiteren Vorantreiben des Kl<strong>im</strong>aschutzes ist es<br />

insbesondere für global vernetzte Unternehmen von herausragender<br />

Bedeutung, zu prüfen, welche Risiken entlang der<br />

gesamten Wertschöpfungskette durch den Kl<strong>im</strong>awandel für<br />

sie entstehen und wie sie diese Risiken mindern und möglicherweise<br />

entstehende Chancen nutzen können.<br />

Welche Auswirkungen wird der Kl<strong>im</strong>awandel auf Unternehmen<br />

in <strong>Deutschland</strong> haben<br />

Der Kl<strong>im</strong>awandel kann vielfältige Auswirkungen auf unternehmerische<br />

Wertschöpfungsprozesse haben. Extremwetterereignisse<br />

wie Starkniederschläge, Hochwasser sowie Hagel<br />

oder Stürme können zu Schäden an Lagerbeständen, Produktionsstätten<br />

und -flächen sowie weiterer Infrastruktur führen.<br />

Hitzewellen können sowohl Einfluss auf die Leistungsfähigkeit<br />

von Mitarbeitern als auch auf die Wasserverfügbarkeit für<br />

Produktionsprozesse und die Prozesskühlung haben.<br />

Im Rahmen der Rekordsommer in den Jahren 2003 und 2006<br />

hatte die Energiewirtschaft in <strong>Deutschland</strong> beispielsweise<br />

aufgrund hoher Wassertemperaturen bereits mit Problemen<br />

bei der Kühlwasserentnahme für große Kohle- und Atomkraftwerke<br />

zu kämpfen – einige Kraftwerksblöcke mussten<br />

zeitweise außer Betrieb genommen werden.<br />

Aufgrund der durch den Kl<strong>im</strong>awandel erwarteten Zunahme<br />

der Häufigkeit und Intensität sommerlicher Hitzewellen ist<br />

davon auszugehen, dass solche Probleme ohne eine Anpassung<br />

der Kühltechnik weiter zunehmen werden. In Großbritannien<br />

wird der Kl<strong>im</strong>awandel vor allem dazu führen, dass vermehrt<br />

Starkregenereignisse auftreten. Als Reaktion auf diese veränderten<br />

Rahmenbedingungen hat ein britischer Wasserversorger<br />

Maßnahmen zum Management von Kl<strong>im</strong>arisiken in seine Strategie-<br />

und Unternehmensplanung aufgenommen. Entsprechend<br />

seines Kerngeschäfts hat er dabei insbesondere Maßnahmen<br />

zum Schutz der Wasserqualität, zur Erweiterung der Kapazitäten<br />

des Kanalnetzes sowie zum Hochwasserschutz entwickelt.<br />

Diese werden nun schrittweise in allen Standorten umgesetzt.<br />

Der Kl<strong>im</strong>awandel hat jedoch nicht nur direkte Auswirkungen<br />

auf Unternehmen. Durch extremwetterbedingte Störungen<br />

der öffentlichen Versorgung oder der Verkehrsinfrastruktur<br />

kann es zu Versorgungsunterbrechungen und Lieferengpässen<br />

36<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

kommen. Insbesondere Unternehmen, die auf eine Just-int<strong>im</strong>e-Produktion<br />

setzen, sind <strong>im</strong> Falle einer Unterbrechung der<br />

Versorgung mit wichtigen Produktionsinputs in besonderem<br />

Maße durch den Kl<strong>im</strong>awandel betroffen.<br />

Auch wenn der Kl<strong>im</strong>awandel in <strong>Deutschland</strong> bereits heute<br />

spürbar ist und kl<strong>im</strong>abedingte Unternehmensrisiken innerhalb<br />

der Bundesrepublik in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich<br />

weiter zunehmen werden, kommt Auswirkungen des<br />

Kl<strong>im</strong>awandels auf Zulieferbetriebe aufgrund global vernetzter<br />

Wertschöpfungsketten eine besondere Bedeutung zu. Gerade<br />

Unternehmen, die ihre Produktionsinputs nur von einer kleinen<br />

Anzahl oder regional konzentrierten Zulieferbetrieben<br />

beziehen, sind daher zusätzlichen Risiken ausgesetzt.<br />

So hatten etwa großflächige Überschwemmungen in Thailand<br />

<strong>im</strong> Jahr 2011 gravierende Auswirkungen auf eine Vielzahl von<br />

Zulieferern der Elektronikindustrie, wodurch die weltweite<br />

Produktion von Festplatten temporär um bis zu 30 Prozent<br />

einbrach. Einzelne Unternehmen waren daraufhin mit Umsatzeinbußen<br />

von bis zu sieben Prozent konfrontiert. Besonders<br />

in Unternehmen, die auf Produktionsinputs aus stark<br />

durch den Kl<strong>im</strong>awandel betroffenen Ländern oder Regionen<br />

angewiesen sind, ist eine zunehmende Betroffenheit durch<br />

den Kl<strong>im</strong>awandel zu erwarten.<br />

Um Risiken entlang der Wertschöpfungskette zu min<strong>im</strong>ieren<br />

hat ein britischer Lebensmittelproduzent sich zum Ziel gesetzt,<br />

langfristige Geschäftsbeziehungen mit seinen Zulieferern zu<br />

etablieren. Hierfür unterstützt er Landwirte aus Entwicklungsländern<br />

mit der Bereitstellung von Informationen zu kl<strong>im</strong>abedingten<br />

Einflüssen auf die landwirtschaftliche Produktion<br />

und zu passenden Risikomanagementmaßnahmen auf einem<br />

firmeneigenen Onlineportal.<br />

Welche Chancen birgt der Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Neben den aufgeführten Risiken bringt der Kl<strong>im</strong>awandel jedoch<br />

gleichzeitig auch Chancen für solche Unternehmen mit sich,<br />

die neue Technologien oder Strategien für den Umgang mit<br />

kl<strong>im</strong>abedingten Veränderungen entwickeln. <strong>Global</strong>e Märkte<br />

für Umwelttechniken wie Technologien zum Wassermanagement,<br />

zur Wertstoffrückgewinnung oder für Energieeffizienz<br />

werden ebenso wie der Markt für Technologien zum Schutz<br />

vor Extremwetterereignissen in Zukunft voraussichtlich weiter<br />

wachsen. Unternehmen, die den Kl<strong>im</strong>awandel und seine Folgen<br />

bereits heute in ihren Geschäftsmodellen berücksichtigen,<br />

werden solche Chancen nutzen und durch die rechtzeitige<br />

Adressierung von Kl<strong>im</strong>arisiken wichtige Wettbewerbsvorteile<br />

erzielen können.<br />

Ein großes Chemieunternehmen hat so etwa Produkte entwickelt,<br />

die Küstensiedlungen dabei helfen, ihre Deiche zu<br />

schützen. Dafür wird eine flexible Deckschicht aufgetragen,<br />

welche die Kraft brechender Wellen aufn<strong>im</strong>mt und die Wassermassen<br />

abbremst. Forscher des gleichen Unterneh- >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

37


Agenda<br />

mens entwickeln außerdem stresstolerante Pflanzen, die mit<br />

geringeren Wassermengen auskommen und so dazu beitragen,<br />

Ernteausfälle in Dürreperioden zu reduzieren. In einem dritten<br />

Bereich testet das Unternehmen <strong>im</strong> Rahmen eines Wiederbewaldungsprojektes<br />

in Südamerika spezielle Baumarten, die<br />

eine höhere Wasserhaltekapazität haben.<br />

Welche Prozesse auf Bundesebene sind für Unternehmen<br />

relevant<br />

Die Anpassung an mögliche Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels hilft<br />

dabei, kl<strong>im</strong>abedingte Risiken zu mindern und die Wettbewerbsfähigkeit<br />

von Unternehmen zu bewahren. Fehlendes<br />

Wissen und mögliche Wahrnehmungsbarrieren und daraus<br />

resultierende Fehleinschätzungen kl<strong>im</strong>abedingter Risiken<br />

können die Durchführung von Maßnahmen, die <strong>im</strong> besten<br />

Interesse eines Unternehmens liegen, jedoch verhindern. Auf<br />

Bundesebene wurde daher bereits frühzeitig ein umfangreicher<br />

politischer Prozess zur Anpassung <strong>Deutschland</strong>s an den<br />

Kl<strong>im</strong>awandel angestoßen. Eines der pr<strong>im</strong>ären Ziele dieses<br />

Prozesses besteht darin, Grundlagen bereitzustellen, die es<br />

Unternehmen und anderen Akteuren wie Kommunen und<br />

Privatpersonen erlauben, vorsorgend zu handeln und Auswirkungen<br />

des Kl<strong>im</strong>awandels schrittweise in ihr Planen und<br />

Handeln einzubeziehen.<br />

Als politisches Rahmenwerk wurde <strong>im</strong> Jahr 2008 die Deutsche<br />

Anpassungsstrategie an den Kl<strong>im</strong>awandel (DAS) verabschiedet.<br />

Ziel dieser Strategie ist es, „die Verwundbarkeit gegenüber den<br />

Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels zu mindern bzw. die Anpassungsfähigkeit<br />

natürlicher, gesellschaftlicher und ökonomischer<br />

Systeme zu erhalten oder zu steigern“. Die DAS basiert auf einer<br />

ersten Analyse der Verwundbarkeit <strong>Deutschland</strong>s gegenüber<br />

dem Kl<strong>im</strong>awandel in verschiedenen Handlungsfeldern wie<br />

Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus<br />

oder Verkehr. Im Jahr 2011 wurden dann <strong>im</strong> Rahmen eines<br />

auf der DAS aufbauenden Aktionsplans bereits laufende Maßnahmen<br />

der Anpassung an die Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels<br />

gebündelt und weitere Schritte festgelegt.<br />

Einer dieser Schritte sieht die Aktualisierung der ersten Analyse<br />

zur Verwundbarkeit <strong>Deutschland</strong>s gegenüber dem Kl<strong>im</strong>awandel<br />

vor. Hierfür haben sich sechzehn Bundesoberbehörden und<br />

-institutionen <strong>im</strong> „Netzwerk Vulnerabilität“ zusammengeschlossen<br />

und werden dabei inhaltlich und organisatorisch<br />

von einem Konsortium verschiedener Forschungseinrichtungen<br />

begleitet. Die Ergebnisse dieser Forschung, die auch Bereiche<br />

wie Industrie und Gewerbe, die Energie- und Tourismuswirtschaft,<br />

Forst- und Landwirtschaft oder auch die Finanzwirtschaft<br />

umfassen, werden Anfang 2015 erscheinen.<br />

Wo finden Unternehmen Unterstützung für den Umgang<br />

mit den Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels<br />

Wissen über das Ausmaß des Kl<strong>im</strong>awandels stellt einen<br />

zentralen Ausgangspunkt für die Abschätzung möglicher<br />

Kl<strong>im</strong>arisiken dar. Zwei umfassende Informationsangebote zu<br />

diesem Thema werden durch den Deutschen Wetterdienst in<br />

Form des Kl<strong>im</strong>aatlas und durch die Helmholtz-Gemeinschaft<br />

mit dem Regionalen Kl<strong>im</strong>aatlas zur Verfügung gestellt. Hier<br />

erhalten Nutzer Einblick in mögliche Entwicklungen des<br />

Kl<strong>im</strong>as in <strong>Deutschland</strong> bis zum Ende des Jahrhunderts. Angaben<br />

zur Spannbreite dieser Entwicklungen erlauben – trotz<br />

Unsicherheiten etwa bezüglich der in Zukunft ausgestoßenen<br />

Kl<strong>im</strong>agase – eine plausible Abschätzung des Entwicklungskorridors<br />

des Kl<strong>im</strong>as. Dargestellt werden detaillierte Informationen<br />

zur möglichen Entwicklung der Lufttemperatur, des<br />

Niederschlags und zahlreicher daraus abgeleiteter Parameter<br />

wie Tage mit Frosttemperaturen, die insbesondere für die<br />

Land- und Forstwirtschaft von Interesse sind.<br />

Das Ausmaß von Kl<strong>im</strong>arisiken ist nicht allein durch kl<strong>im</strong>atische<br />

Veränderungen sondern ebenso durch die Anfälligkeit<br />

eines Systems, etwa eines Unternehmens gegenüber dieser<br />

Veränderung, bedingt. Für die Best<strong>im</strong>mung von Kl<strong>im</strong>arisiken<br />

reicht daher eine Fokussierung auf kl<strong>im</strong>atische Veränderungen<br />

allein nicht aus. Ein besonders umfangreiches Angebot<br />

zur Abschätzung unternehmensbezogener Risiken stellt das<br />

Bundeswirtschaftsministerium in Form des Kl<strong>im</strong>achecks zur<br />

38<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Verfügung. Diese von adelphi und der Prognos AG entwickelte<br />

Anpassungshilfe erlaubt es, wichtige Kl<strong>im</strong>arisiken entlang<br />

der gesamten Wertschöpfungskette zu identifizieren und zu<br />

bewerten. Sie besteht aus einem Excel-Tool und einem mit<br />

zahlreichen Hintergrundinformationen unterlegten Leitfaden.<br />

Der Kl<strong>im</strong>acheck hilft Unternehmen dabei, Prozesse zur Identifikation<br />

von und zum Umgang mit Kl<strong>im</strong>arisiken anzustoßen.<br />

Er leitet den Nutzer dabei durch eine Reihe von aufeinander<br />

auf bauenden Arbeitsmodulen, welche Schritt für Schritt<br />

dabei helfen, wichtige durch den Kl<strong>im</strong>awandel bedingte Beschaffungs-,<br />

Prozess-, Management-, und Nachfragerisiken zu<br />

identifizieren. Ein umfangreiches Portfolio möglicher Kl<strong>im</strong>arisiken<br />

erlaubt dabei auch Nutzern, die nicht mit der Thematik<br />

des Kl<strong>im</strong>awandels vertraut sind, einen guten Überblick über<br />

relevante Risiken zu gewinnen. Anschließend unterstützt<br />

der Kl<strong>im</strong>acheck den Nutzer bei der Bewertung von Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

und Schadensausmaß der identifizierten<br />

Adaptionsstrategien<br />

Aufgrund der Menge der in den letzten Jahrzehnten ausgestoßenen<br />

Treibhausgase und der hohen Verweildauer<br />

dieser Gase in der Atmosphäre kann der Kl<strong>im</strong>awandel<br />

kurz- und mittelfristig durch Anstrengungen zum Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

nur noch in Teilen vermieden werden. Eine durch<br />

erfolgreiche Kl<strong>im</strong>aschutzbemühungen bedingte Umkehr<br />

des Kl<strong>im</strong>awandels ist erst <strong>im</strong> Zeitraum mehrerer Jahrzehnte<br />

denkbar. Der Anpassung an die möglichen Folgen<br />

des Kl<strong>im</strong>awandels kommt daher in der nahen Zukunft eine<br />

ähnlich wichtige Rolle wie dem Kl<strong>im</strong>aschutz zu.<br />

Risiken und ordnet jedem Risiko einen darauf basierenden<br />

Risikoscore zu. Dieser erlaubt dann ein Ranking der Risiken.<br />

Nach Durchlaufen aller Module des Kl<strong>im</strong>achecks liegen für das<br />

betrachtete Unternehmen Informationen darüber vor, welche<br />

Risiken in naher Zukunft von Bedeutung sind. Abschließend<br />

gibt der Leitfaden zum Kl<strong>im</strong>acheck dem Nutzer Anregungen<br />

für wichtige nächste Schritte an die Hand.<br />

Weitere Informationen zu globalen Risiken des Kl<strong>im</strong>awandels<br />

finden sich beispielsweise in Form des „<strong>Global</strong>e Cl<strong>im</strong>ate Risk<br />

Index“ der Umweltorganisation Germanwatch oder der Karte<br />

„Mapping the Impacts of Cl<strong>im</strong>ate Change“ des Center for <strong>Global</strong><br />

Development. Zunächst mit einem Fokus auf den Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

gegründet, stellt das Carbon Disclosure Project (CDP) basierend<br />

auf Unternehmensbefragungen umfangreiche Informationen zu<br />

Unternehmensstrategien zum Umgang mit den physikalischen<br />

Risiken des Kl<strong>im</strong>awandels zur Verfügung. Diese Informationen<br />

sind ebenso wie Daten zu unternehmensspezifischen Treibhausgasemissionen<br />

über die CDP-Datenbank abruf- und vergleichbar.<br />

Welche Rolle spielt der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> für den Umgang<br />

mit Kl<strong>im</strong>arisiken<br />

Aufgrund der engen Vernetzung vieler Unternehmen in<br />

globalen Wertschöpfungsketten und der großen Bedeutung<br />

von Wissen zu möglichen Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels sowie zu<br />

sinnvollen Anpassungsstrategien können <strong>CSR</strong>-Maßnahmen<br />

einen wichtigen Hebel zur Anpassung an den Kl<strong>im</strong>awandel<br />

darstellen. Der denkbare Maßnahmenkatalog umfasst dabei<br />

informatorische, strategische und handlungsbezogene Maßnahmen<br />

zur Senkung des Energie-, Wasser- und Rohstoffverbrauchs<br />

<strong>im</strong> eigenen Unternehmen sowie Maßnahmen zur<br />

Unterstützung besonders verletzlicher Zulieferer.<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> kann hierbei durch die Bereitstellung<br />

von Wissen einen wichtigen Beitrag leisten. In Kooperation mit<br />

adelphi hat das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk so bereits<br />

Coachings zum Thema „Anpassung an den Kl<strong>im</strong>awandel“ für<br />

Wirtschaftsvertreter aus <strong>Deutschland</strong> durchgeführt. Dabei<br />

wurde aufgezeigt, wie Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit<br />

und Anpassungsfähigkeiten stärken und gleichzeitig neue<br />

Marktchancen <strong>im</strong> Bereich der Anpassung an den Kl<strong>im</strong>awandel<br />

identifizieren können.<br />

Aufgrund der zu erwartenden weiteren Zunahme kl<strong>im</strong>abedingter<br />

Risiken für Unternehmen kommt solchen Aktivitäten in<br />

Zukunft eine wachsende Bedeutung zu. Auch wenn Maßnahmen<br />

zur Anpassung an den Kl<strong>im</strong>awandel bei einer kurzfristigen<br />

Betrachtung kostspielig wirken können, kann ein Blick über<br />

Quartals- und Jahreszahlen hinaus den langfristigen Nutzen<br />

durch Risikoreduktion und Kosteneinsparungen offenbaren.<br />

Das Kompetenzzentrum für Kl<strong>im</strong>afolgen und Anpassung am<br />

Umweltbundesamt (KomPass) bietet umfangreiche Beratungsleistungen<br />

für unterschiedliche Akteure an und veranstaltet<br />

regelmäßig branchenspezifische Workshops etwa für die Energiewirtschaft<br />

oder die chemische Industrie. Der Internetauftritt<br />

von KomPass auf der Webseite des Umweltbundesamtes bietet<br />

außerdem vielfältige Hintergrundinformationen zu möglichen<br />

Auswirkungen des Kl<strong>im</strong>awandels sowie zu sinnvollen Maßnahmen<br />

der Anpassung. Ergänzende Informationen zu der<br />

Relevanz des Kl<strong>im</strong>awandels für die deutsche Wirtschaft stellt<br />

der vom Cl<strong>im</strong>ate Service Center betriebene Kl<strong>im</strong>anavigator in<br />

einem umfangreichen Dossier unter dem Titel „Kl<strong>im</strong>awandel<br />

und Wirtschaft“ zur Verfügung.<br />

Über die Autoren<br />

Jonas Savelsberg ist Research Analyst <strong>im</strong> Themenbereich Kl<strong>im</strong>a und Energie bei<br />

adelphi. Er bearbeitet vielfältige Fragestellungen aus den Themengebieten der<br />

Umwelt-, Energie-, und Verhaltensökonomie und beschäftigt sich dabei unter<br />

anderem mit möglichen Auswirkungen des Kl<strong>im</strong>awandels auf Unternehmen<br />

und insbesondere auf die Energiewirtschaft in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Christian Kind ist Senior Projektmanager bei adelphi. Sein fachlicher Fokus liegt<br />

auf der Analyse und Gestaltung von Umwelt- und Kl<strong>im</strong>apolitik mit einem Schwerpunkt<br />

auf der Anpassung an Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels. Seine umweltökonomische<br />

Expertise setzt er unter anderem für die Unterstützung der mittelständischen<br />

Industrie be<strong>im</strong> Umgang mit Risiken des Kl<strong>im</strong>awandels ein.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

39


Agenda<br />

Forschung:<br />

CO 2<br />

als nützlicher Rohstoff<br />

Kohlendioxid hat einen schlechten Ruf, gilt es doch als Kl<strong>im</strong>akiller schlechthin. Dabei könnte es<br />

durchaus eines Tages in der chemischen Industrie das Erdöl ersetzen, das derzeit vor allem bei<br />

der Kunststoffherstellung unverzichtbar ist. Auf dem Weg dorthin ist noch viel Forschung gefragt.<br />

Der Haken ist nämlich: „CO 2<br />

steht chemisch gesehen am Ende der Verbrennungskette und ist<br />

deshalb besonders reaktionsträge und energiearm. Chemiker müssen daher tief in ihre Trickkiste<br />

greifen, um das CO 2<br />

zu mobilisieren“, so das BMBF.<br />

Der Chemiepark Marl, nördliches Ruhrgebiet: Auf den ersten<br />

Blick sieht das Werksgelände aus wie so viele in der Region.<br />

Zwischen unzähligen Tankanlagen windet sich ein wahrer<br />

Irrgarten aus metallenen Rohren, rote Backsteingebäude säumen<br />

die Transportwege, und vereinzelt ragen riesige Kamine<br />

in den blauen H<strong>im</strong>mel. Und doch gibt es einen signifikanten<br />

Unterschied zu den meisten Betriebsstätten <strong>im</strong> Ruhrgebiet: hier<br />

wird deutlich weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen.<br />

Der Grund: Im Chemiepark Marl wird das unerwünschte<br />

Off-Gas wirtschaftlich genutzt – indem man hochreines CO 2<br />

daraus gewinnt. Denn Kohlendioxid ist nicht nur ein Treibhausgas,<br />

sondern auch ein marktfähiges Produkt. Das gilt zwar<br />

nicht für die rund 950 Millionen Tonnen, die <strong>Deutschland</strong><br />

pro Jahr erzeugt. Diese Emissionen, die vorwiegend durch die<br />

Verbrennung fossiler Energieträger entstehen, sind nur unter<br />

erheblichem Aufwand zu verwertbarem Kohlendioxid aufzubereiten.<br />

Anders verhält es sich allerdings mit CO 2<br />

, welches<br />

bei chemischen Prozessen entsteht. Wie etwa <strong>im</strong> Chemiepark<br />

Marl, wo Vorprodukte für Shampoos, Waschmittel und andere<br />

Reinigungsprodukte hergestellt werden. Hier gewinnt die<br />

Linde Group CO 2<br />

für den industriellen Gebrauch.<br />

Doch was kann man mit Kohlendioxid anfangen Antworten<br />

darauf gibt es ein paar Kilometer weiter bei Bayer in Leverkusen:<br />

Eine zähe, kristallklare Flüssigkeit. Vorsichtig gießt Christoph<br />

Gürtler sie aus, kippt eine gelbe Chemikalie dazu. Dann noch<br />

etwas Wasser ins Laborglas, ein paar Tropfen Beschleuniger<br />

und kräftig gerührt. Nach ein paar Sekunden steigt eine grüne<br />

Masse nach oben. Sie quillt leicht über, wird hart – das Exper<strong>im</strong>ent<br />

hat geklappt. „Das ist ein viel verwendeter Schaumstoff“,<br />

sagt Gürtler. „Jetzt ist uns etwas Bahnbrechendes damit<br />

geglückt – mit Hilfe dieser Zutat.“ Der Bayer-Forscher hebt<br />

das Fläschchen mit der klaren Substanz hoch. „Hier steckt ein<br />

ganz neuer Rohstoff drin: Kohlendioxid.“ Bislang wird solcher<br />

Polyurethan-Schaumstoff – wie das meiste in der Chemie –<br />

anders hergestellt, mit fossilen Ressourcen: Erdöl, Erdgas, Kohle,<br />

Biomasse. Vier Lieferanten für rund 40 Basis-Chemikalien und<br />

mehr als 40.000 chemische Produkte. Ihr Nachteil: Die Vorräte<br />

sind begrenzt, sie werden <strong>im</strong>mer teurer, und sie verschlingen<br />

viel Energie bei der Auf bereitung in den Raffinerien. Anders<br />

CO 2<br />

: Es ist überall vorhanden und unbegrenzt verfügbar. Und<br />

es besitzt wie Öl das wichtige Element Kohlenstoff, auf das es in<br />

der Chemie ankommt. Der Kl<strong>im</strong>akiller hat also das Zeug, sich<br />

nützlich zu machen – daran arbeitet Bayer MaterialScience<br />

mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft in einer Reihe<br />

von Projekten. „Möglich wurde das neue Verfahren aber erst<br />

durch einen wissenschaftlichen Durchbruch“, erläutert Projektleiter<br />

Gürtler. „Wir haben nämlich den passenden Katalysator<br />

gefunden, nach dem die Fachwelt jahrzehntelang gesucht hat.“<br />

Er ist nötig, um die Reaktion in Gang zu bringen. Dafür muss<br />

man dem CO 2<br />

einen Schubs geben, denn es ist chemisch träge<br />

und geht von allein nur ungern Verbindungen ein.<br />

Das weiß man auch be<strong>im</strong> Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung (BMBF) in Berlin. Dort hat man einen mutigen<br />

Vorschlag: „In einigen Fällen werden große Mengen Energie<br />

benötigt. Sie müssen aus regenerativen Quellen kommen,<br />

damit die Verfahren nachhaltig sind. Dabei lassen sich zwei<br />

Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn es fehlt derzeit noch<br />

an Speichern für Wind- oder Solarenergie, die künftig in Zeiten<br />

eines Überangebotes in größerem Umfang ungenutzt bleiben<br />

würden. Diese Energie könnte genutzt werden, um aus Wasser<br />

per Elektrolyse Wasserstoff zu gewinnen und daraus mit CO 2<br />

Methan herzustellen. Methan kann einerseits als chemischer<br />

Grundstoff vielfältig weiterverarbeitet werden, zum Beispiel<br />

zu Kunststoffen oder Kraftstoffen. Methan ist darüber hinaus<br />

Hauptbestandteil von Erdgas und lässt sich deshalb unbegrenzt<br />

in das Erdgasnetz einspeisen. Dieser Ansatz wird als<br />

‚Strom-zu-Gas‘-Technologie bezeichnet. Auf diese Weise wird<br />

elektrische Energie chemisch gespeichert.“<br />

40<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Beispiele<br />

Reinigung<br />

Kunststoff<br />

Im Projekt „CO 2<br />

als Polymerbaustein“ unter Federführung<br />

von BASF gelang es, CO 2<br />

als Baustein für die Herstellung<br />

des Kunststoffs Polycarbonat zu nutzen. Die Forscher<br />

entwickelten hierfür Katalysatoren, die frei von Edelmetallen<br />

und nicht toxisch sind. Sie können <strong>im</strong> Kunststoff<br />

verbleiben, ohne seine Eigenschaften zu beeinträchtigen.<br />

Dadurch spart man zusätzliche energie- und ressourcenaufwendige<br />

Aufarbeitungsschritte. Das CO 2<br />

-haltige<br />

Polymer Polypropylencarbonat (PPC) kann hervorragend<br />

mit Biopolymeren verarbeitet werden, um die Eigenschaften<br />

dieser aus Biomasse hergestellten Kunststoffe<br />

zu verbessern. Außerdem ist es biologisch abbaubar.<br />

Anwendungsbereiche für diese Materialien liegen unter<br />

anderem bei Verpackungen und Spritzgussteilen, zum<br />

Beispiel für Gehäuse von elektrischen Geräten.<br />

Schaumstoff<br />

Im Rahmen des Projekts „Dream Production“ erforscht<br />

Bayer die Nutzung von CO 2<br />

zur Produktion von Schaumstoff.<br />

Aus nachhaltiger Sicht könnte so doppelter Nutzen<br />

erzielt werden: In dem neuen Verfahren wird Kohlendioxid<br />

doppelt genutzt. Zum einen wird das Treibhausgas<br />

direkt in ein neuartiges Vorprodukt (Polyoxymethylen-<br />

Polycarbonat-Polyol) eingebaut. Dadurch werden hier<br />

20 Prozent Erdöl ersetzt. Zum anderen kommt das CO 2<br />

indirekt ins Spiel: Damit lässt sich eine Chemikalie<br />

herstellen, die dann wiederum in das Vorprodukt einfließt<br />

und für die Einsparung von weiteren 20 Prozent<br />

Erdöl sorgt. „Damit liegt der Anteil an alternativen<br />

Rohstoffen bereits bei 40 Prozent“, betont Projektleiter<br />

Dr. Christoph Gürtler.<br />

Immer mehr Branchen entdecken die vorteilhaften<br />

Eigenschaften des Gases. Etwa die Reinigungsbranche:<br />

So hat zum Beispiel die Firma Cleaning Enterprises, eine<br />

Tochtergesellschaft der Linde Group, ein Textilreinigungsverfahren<br />

auf CO 2<br />

-Basis entwickelt, das sie in Europa<br />

unter dem Franchise-Label Fred Butler vermarktet. Der<br />

Vorteil be<strong>im</strong> Einsatz von Kohlendioxid ist, dass auch bei<br />

stark verschmutzter Wäsche auf schädliche Chemikalien<br />

verzichtet werden kann. Denn aufgrund ihrer natürlichen<br />

chemischen Eigenschaften binden die CO 2<br />

-Teilchen die<br />

Schmutzpartikel aus der Kleidung an sich und filtern<br />

sie so aus den Textilien heraus. Anschließend werden<br />

98 Prozent des „verschmutzten“ Gases wieder auf bereitet<br />

und kommen dann bei der nächsten Wäsche erneut<br />

zum Einsatz. Für diese gleichsam textilschonende wie<br />

umweltfreundliche Innovation wurde Fred Butler mit<br />

dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet.<br />

Lebensmittelindustrie<br />

Die Reinigungsbranche ist nicht das einzige Geschäftsfeld,<br />

in dem Kohlendioxid verwendet wird. Vor allem<br />

in der Lebensmittelindustrie hat sich das Gas zu einem<br />

unverzichtbaren Rohstoff entwickelt. So nutzen es Getränkeproduzenten<br />

zum Beispiel, um Mineralwasser<br />

und L<strong>im</strong>onade zu karbonisieren. Das wirkt nicht nur<br />

erfrischend, sondern erhöht zudem die Haltbarkeit<br />

des Getränks, da Kohlendioxid die Bildung schädlicher<br />

Ke<strong>im</strong>e hemmt. Diesen Effekt machen sich auch die Verpackungshersteller<br />

zunutze: Durch den Einsatz von CO 2<br />

als Bestandteil von speziellen Lebensmittel-Gasgemischen<br />

und luftdichten Schutzhüllen kann die Entstehung von<br />

Bakterien und Sch<strong>im</strong>melpilze bei Obst- und Gemüse-<br />

Frischwaren wirkungsvoll gemindert werden. Vor allem<br />

aber als Kühlungsmittel hat sich das Treibhausgas bewährt.<br />

Vom Frosten von Backwaren über das Einfrieren<br />

von Fleischprodukten bis hin zur Transportkühlung wird<br />

Kohlendioxid verwendet. Und in Form von Trockeneis ist<br />

es heutzutage be<strong>im</strong> Catering von Sportveranstaltungen<br />

und in Flugzeugen kaum noch wegzudenken.<br />

Quellen: Dr. Elmer Lenzen, Umweltdialog.de, Bayer Material Science, BMBF<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

41


Agenda<br />

Effizienz:<br />

Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co. KG:<br />

Biogas zu<br />

Erdgas<br />

Cel<strong>im</strong>ent GmbH:<br />

Neuartiger Zement<br />

schont Kl<strong>im</strong>a<br />

IKU Preisträger 2013 IKU Preisträger 2011<br />

Eisenmann hat eine kompakte, modulare Anlage bis<br />

zur Marktreife entwickelt, die durch Membranfiltration<br />

Biogas zu Biomethan in Erdgasqualität aufbereitet. Biogas<br />

enthält etwa 55 Prozent Methan, der Rest besteht überwiegend<br />

aus CO 2<br />

. Für die Abtrennung von Methan wird<br />

eine hochselektive Hohlfasermembran eingesetzt, die<br />

von Evonik geliefert wird. Nach der Vorbehandlung des<br />

Rohbiogases wird in einer dreistufigen Membranfiltration<br />

der Methangehalt auf über 98 Prozent angereichert. Die<br />

unerwünschten Begleitgase werden an die Umgebung<br />

abgegeben. Das Aufbereitungsverfahren arbeitet abwasserund<br />

abfallfrei. Die Anlage wird vormontiert und nach<br />

Werksinbetriebnahme <strong>im</strong> Container geliefert.<br />

Die Biogasaufbereitung bietet die Möglichkeit, das Gas in<br />

das Erdgasnetz einzuspeisen und an einer anderen Stelle<br />

über eine hocheffiziente Kraft-Wärmekopplung mit hoher<br />

Wärmenutzung noch effektiver zu verwerten, als es bei<br />

mehr als der Hälfte der deutschen Biogasanlagen – die<br />

ohne Wärmenutzung betrieben werden – der Fall ist.<br />

Eine weitere Einsatzmöglichkeit bietet die Nutzung von<br />

Biomethan als Treibstoff.<br />

Die erste Anlage dieser Art ging <strong>im</strong> Jahr 2012 an die Biopower<br />

Nordwestschweiz AG in Pratteln. Jährlich vergären<br />

dort in den Fermentern rund 15.000 Tonnen Biomüll zu rund<br />

1,8 Millionen Normkubikmetern Rohbiogas. Auf bereitet<br />

entsteht daraus Biomethan in Erdgasqualität, das von<br />

regionalen Erdgastankstellen als regenerativer Kraftstoff<br />

genutzt wird.<br />

Kl<strong>im</strong>akiller Bauwirtschaft Der CO 2<br />

-Fußabdruck der Zementfabriken<br />

ist viermal so groß wie der der Luftfahrt. Ein<br />

Forscherteam in Karlsruhe hat ein Verfahren entwickelt,<br />

das diesen Ausstoß halbiert. Dr. Peter Stemmermann,<br />

Abteilungsleiter Mineralogie bei Cel<strong>im</strong>ent, erklärt das<br />

Prinzip: „Das besondere ist: Wir kochen Zement in einer<br />

Art Dampfkochtopf bei etwa 200 Grad. Bisher wird er bei<br />

1.400 Grad gebrannt.“<br />

Bei der herkömmlichen Zementproduktion entsteht aus<br />

etwa der Hälfte des eingesetzten Materials Füllstoff und<br />

nur aus der anderen Hälfte der wertvolle Kleber. Be<strong>im</strong><br />

Einsatz von Cel<strong>im</strong>ent entsteht tatsächlich nur der Kleber.<br />

Folglich braucht man auch nur die Hälfte an Rohstoffen,<br />

die man bei konventionellen Umständen einsetzt und<br />

dank der Niedrigtemperaturerzeugung auch wesentlich<br />

weniger Energie bei der Herstellung. Für die Produktion<br />

mit Cel<strong>im</strong>ent wird nur halb so viel Energie verbraucht,<br />

halb so viel CO 2<br />

ausgestoßen und bis zu zwei Drittel<br />

weniger Kalkstein verbraucht. Stemmermann: „Keiner<br />

hat es geglaubt, aber es funktioniert.“<br />

Das Kl<strong>im</strong>apotenzial ist gewaltig: Zement hält sämtliche<br />

Bauwerke aus Beton zusammen. Jedes Jahr stellen die<br />

Zementwerke fast drei Milliarden Tonnen des Bindemittels<br />

her. Dabei emittieren sie jährlich etwa ebenso drei Milliarden<br />

Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid – dies<br />

sind drei- bis viermal so viel wie der gesamte Flugverkehr<br />

und damit etwa fünf bis sieben Prozent der weltweiten<br />

Kohlendioxid-Emissionen.<br />

„Die Anlage ermöglicht, den vollen Energiegehalt des<br />

Biogases zu nutzen. Der auf bereitete Energieträger Biomethan<br />

ist flexibel, speicherbar und CO 2<br />

-neutral“, erklärt<br />

Anke Schäffer, Biogasspezialistin, Eisenmann Anlagenbau<br />

GmbH & Co. KG. „Mit einer auf das Biogas bezogenen Methanausbeute<br />

von über 99 Prozent gibt es kaum Verluste.“<br />

42<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Aluminium Norf GmbH<br />

Clever Aluminium<br />

herstellen<br />

Preisträger <strong>2014</strong><br />

Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung auf dem dena-<br />

Energieeffizienzkongress <strong>2014</strong> hat die Deutsche Energie-<br />

Agentur (dena) die Aluminium Norf GmbH mit dem „Energy<br />

Efficiency Award <strong>2014</strong>“ ausgezeichnet. Das Unternehmen<br />

mit Sitz in Neuss stellt in seinem Aluminiumschmelz- und<br />

Walzwerk Vorprodukte für die Verpackungs-, Druck- und<br />

Automobilindustrie her. Mit dem ersten Preis prämiert die<br />

dena das Unternehmen für den großtechnischen Einsatz<br />

energieeffizienter Glühöfen. Die über den Stand der Technik<br />

hinausgehende Anlagentechnik sowie die computergesteuerte<br />

Prozessregelung jedes einzelnen Aluminiumbandes<br />

reduzieren den Energieeinsatz um 30,8 Millionen Kilowattstunden<br />

pro Jahr (kWh/a).<br />

verkettete Prozesse mit eingebundenen Wärmebehandlungsprozessen<br />

betreiben. Es soll Unternehmen der Metallverarbeitungsbranche<br />

anregen, innovative Energieeffizienzmaßnahmen<br />

zu prüfen und erfolgreich umzusetzen.<br />

Stephan Kohler, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung:<br />

„Die Preisträger des Energy Efficiency Awards <strong>2014</strong> zeigen die<br />

Dynamik der Wirtschaft und den hohen Innovationsgrad bei<br />

der Einführung energieeffizienter Produktionsbedingungen.<br />

Sie machen deutlich, dass sich Energieeffizienzmaßnahmen<br />

rechnen und zum echten Faktor für die Wirtschaftlichkeit<br />

von Unternehmen geworden sind.“<br />

Die Jury verleiht der Aluminium Norf GmbH den 1. Preis des<br />

Energy Efficiency Awards <strong>2014</strong>, weil das energieintensive<br />

Unternehmen zahlreiche neue Ansätze für einen innovativen<br />

Glühprozess über den Stand der Technik hinaus realisiert<br />

hat. Modernste Anlagentechnik wie die computergesteuerte<br />

Regelung des genauen thermischen Zustands jedes einzelnen<br />

Aluminiumbands führten nachweislich zu einer erheblichen<br />

Reduzierung des Energieeinsatzes. Innovative Technologielösungen<br />

wie eine umfassende Prozessmesstechnik, eine<br />

selektive Prozessregelung und -steuerung sowie eine kontinuierliche<br />

Datenerfassung und -auswertung wurden konzertiert<br />

eingesetzt. Exemplarisch zeigt das Beispiel der<br />

Aluminium Norf GmbH für eine energieintensive Branche,<br />

welche Opt<strong>im</strong>ierungspotenziale in langjährig etablierten,<br />

vermeintlich durchopt<strong>im</strong>ierten großindustriellen Prozessen<br />

gehoben werden können.<br />

Durch die innovativen Technologielösungen erhält das Projekt<br />

über die Aluminiumindustrie hinaus Modellcharakter<br />

für alle metallverarbeitenden Betriebe, die mehrstufige,<br />

Und so funktioniert die Idee: Die Aluminium Norf GmbH<br />

verfolgte das Ziel, walzwarme Aluminiumbänder ohne<br />

Temperaturverlust zur weiteren Verarbeitung in Öfen einzufahren.<br />

Ein Ansatz entgegen der bisherigen Praxis, bei<br />

der vom Walzprozess erhitzte Aluminiumbänder auf unter<br />

60 Grad Celsius abgekühlt und anschließend –zugunsten<br />

prozesssicherer Bedingungen – wieder auf 480 Grad Celsius<br />

Glühtemperatur aufgeheizt werden. Für dieses Ziel<br />

errichtete das Unternehmen ein bisher industriell noch<br />

nicht angewandtes Anlagenkonzept und realisierte den<br />

großtechnischen Einsatz einer energieeffizienten Glühofenanlage<br />

mit Schutzgasvorwärmung und einem übergeordneten<br />

Steuerungskonzept. Der thermische Zustand<br />

jedes Aluminiumbands und der energetisch ideale Betrieb<br />

der Öfen sowie einzelner Brennerzonen werden computergesteuert.<br />

Ein Temperaturmesskonzept nutzt die Regelung<br />

der Einzelbrenner bei einer gleichzeitig verringerten Anzahl<br />

von Brennern.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

43


Agenda<br />

Innovation:<br />

CO 2<br />

-arme<br />

Gewächshäuser<br />

Deutscher Nachhaltigkeitspreis <strong>2014</strong><br />

Hochleistungsbatterien<br />

für<br />

den Privathaushalt<br />

Deutscher Nachhaltigkeitspreis <strong>2014</strong><br />

Bei der Produktion von Pflanzen in Gewächshäusern<br />

erfordert die Kl<strong>im</strong>atisierung besonders viel Energie. Vor<br />

dem Hintergrund steigender Energiekosten und des Kl<strong>im</strong>awandels<br />

suchen die Gartenbaubetriebe dringend nach<br />

neuen Lösungen, mit denen sie den Verbraucherwunsch<br />

nach bezahlbaren, aber zunehmend auch nachhaltig<br />

produzierten Erzeugnissen bedienen können. Mit der<br />

Zukunftsinitiative Niedrigenergiegewächshaus zeigt das<br />

Forscherteam eines Konsortiums u. a. aus drei Universitäten<br />

(HU Berlin, LU Hannover, TU München), wie regionale<br />

Kreisläufe <strong>im</strong> Gartenbau- und Gewächshaussektor<br />

etabliert werden können.<br />

Das Forscherteam hat Lösungen entwickelt, um energieeffiziente<br />

Gewächshäuser mit niedrigem CO 2<br />

-Ausstoß zu<br />

etablieren. Dazu werden technische und kulturtechnische<br />

Maßnahmen an vier Standorten mit unterschiedlichen<br />

Gewächshäusern kombiniert. Die opt<strong>im</strong>ierte CO 2<br />

-Versorgung<br />

der Pflanzen steigert den Ertrag um 20 % und<br />

reichert gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe an. Diese<br />

können chronische Erkrankungen, wie z. B. koronare<br />

Herzkrankheiten oder einige Krebsarten, unterdrücken.<br />

Langfristiges Ziel ist es, bei der Pflanzenproduktion keine<br />

fossilen Energien für die Beheizung von Gewächshäusern<br />

mehr einzusetzen und so die fossilen CO 2<br />

-Emissionen<br />

auf null zu reduzieren. Dafür erhielt ZINEG <strong>2014</strong> den<br />

Deutschen Nachhaltigkeitspreis. „Die Forscherinnen<br />

und Forscher rund um ZINEG wollen weg von fossilen<br />

Brennstoffen und liefern einen kreativen Lösungsansatz<br />

für den Umgang mit der Ressource Energie. Wir hoffen,<br />

dass die Auszeichnung weitere Forscherinnen und Forscher<br />

zu Spitzenleistungen motiviert, die den Wandel zur<br />

Green Economy so praxisnah vorantreiben“, so Stefan<br />

Schulze-Hausmann, Initiator des Deutschen Nachhaltigkeitspreises.<br />

Quellen / Autoren S. 40 – 49: Dr. Elmer Lenzen, Milena Strunz, eigene Recherchen,<br />

IKU, dena, Deutscher Nachhaltigkeitspreis, BMBF, BAUM, Umweltdialog.de,<br />

Firmenangaben.<br />

Behagliche Wärme <strong>im</strong> Privathaushalt freut jeden. Allerdings<br />

sind die Energiekosten sowohl finanziell als auch<br />

für das Kl<strong>im</strong>a hoch. Etwa zwei Drittel der verbrauchten<br />

Energie in <strong>Deutschland</strong> und anderen Ländern mit ähnlichem<br />

Kl<strong>im</strong>a werden nur zur Wärmeerzeugung verbraucht.<br />

Gleichzeitig werden <strong>im</strong> Schnitt zwei Mal so viel<br />

Energie als Abwärme bei der Stromerzeugung (z. B. bei<br />

Blockheizkraftwerken) und bei industriellen Prozessen<br />

ungenutzt an die Umgebung abgegeben. Könnte man diese<br />

Abwärmemengen zur Deckung des Wärmebedarfs nutzen,<br />

wären enorme Einsparungen möglich. Eine Batterie zur<br />

Wärmespeicherung ist gefragt!<br />

Forscher der Leuphana Universität Lüneburg haben mit<br />

der Thermischen Batterie einen kompakten Hochleistungswärmespeicher<br />

für Ein- und Mehrfamilienhaushalte entwickelt,<br />

der verlustarm etwa 80 Kilowattstunden Energie<br />

über praktisch beliebig lange Zeiträume speichert. Dafür<br />

wurden sie für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis <strong>2014</strong><br />

nominiert. Die Jury begründete: „Damit kann ein Niedrigenergiehaus<br />

je nach Wetterlage über mehrere Tage bis<br />

Wochen mit Heizwärme und warmem Trinkwasser versorgt<br />

werden. Die Thermische Batterie unterscheidet sich von<br />

herkömmlichen Wärmespeichern dadurch, dass sie nicht<br />

Wasser, sondern chemische Reaktionen zur Wärmespeicherung<br />

verwendet; als Trägermaterial wird Salz genutzt.<br />

Das spart Platz und beugt Abwärmeverlusten vor, denn<br />

die gespeicherte Energie kann bedarfsgerecht abgerufen<br />

werden. Die Batterie eignet sich für die Hausanwendung<br />

zur Speicherung der Abwärme aus einem Blockheizkraftwerk<br />

oder Sonnenenergie aus Solaranlagen und lässt sich<br />

auch nachträglich in bestehende Systeme integrieren.<br />

Außerdem ist der Speicher kompakt gebaut. Er ist in etwa<br />

so groß wie ein herkömmlicher Kühl- / Gefrierschrank. Im<br />

Energiemix durch kommunale Energieversorger lassen<br />

sich Thermische Batterien ebenfalls berücksichtigen;<br />

durch zentral gesteuertes Lastmanagement lassen sich<br />

(privat oder gewerblich) aufgestellte Thermische Batterien<br />

opt<strong>im</strong>al in ein bestehendes Stromnetz einfügen – ein<br />

signifikantes Standbein der zukünftigen erneuerbaren<br />

Energieversorgung in <strong>Deutschland</strong>.“<br />

44<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Visionäre<br />

Solartechnik<br />

Von Milena Strunz<br />

Eine Photovoltaikanlage auf dem Nachbarhaus oder dekorative<br />

Solarleuchten <strong>im</strong> eigenen Garten – die Nutzung<br />

des Sonnenlichts als erneuerbare Energiequelle begegnet<br />

den Menschen <strong>im</strong> Alltag <strong>im</strong>mer öfter. Ein Vorreiter der<br />

Solartechnik ist der deutsche Architekt André Brößel. Mit<br />

seinem 2010 gegründeten Unternehmen Rawlemon Solar<br />

Architecture hat er eine spektakuläre Solaranlage in Form<br />

einer riesigen Glaskugel entwickelt, die die Energiewelt<br />

von Morgen nicht nur optisch bereichern, sondern auch<br />

Vorteile gegenüber konventionellen Photovoltaikanlagen<br />

besitzen soll.<br />

Die zehn Zent<strong>im</strong>eter große Variante des großen Kugelkraftwerks<br />

liefert ausreichend Energie zum Aufladen kleinerer<br />

Elektrogeräte und könnte eine dekorative Energiequelle für<br />

zu Hause sein. Doch der deutsche Architekt und Erfinder<br />

des Energiegewinnungssystems Beta.ray steht vor einem<br />

größeren Vorhaben: Energie soll künftig dort in großem<br />

Maße produziert werden, wo die Menschen tatsächlich<br />

leben: in den Städten. Die Glaskugel-Technik soll in einigen<br />

Jahren in Gebäude und Fensterfronten integriert werden<br />

– das ist das langfristige Ziel. Einfach und effizient will er<br />

so grünen Strom rund um die Uhr und unabhängig vom<br />

Wetter produzieren und zwar ohne Einbußen bei der Optik.<br />

Mit dieser Vision gründete Brößel das in Barcelona ansässige<br />

Start-up-Unternehmen. Die durch Crowdfunding finanzierte,<br />

futuristisch anmutende Anlage besteht aus einer<br />

beinah vollständig durchsichtigen Kugel aus Plexiglas, die<br />

524 Liter Wasser fasst, 700 Kilogramm schwer ist und bei<br />

einem Durchmesser von 1 Meter 1 Kilowattstunde am Tag<br />

generiert. Das größere Modell mit 1,80 Meter Durchmesser<br />

generiert laut Angaben des Herstellers ca. 6 Kilowattstunden<br />

an einem normalen Tag in <strong>Deutschland</strong>. Zum Vergleich: Ein<br />

durchschnittlicher 4-Personen-Haushalt verbraucht pro Jahr<br />

etwa 4.000 Kilowattstunden Strom. Die dekorative Glaskugel<br />

unterscheidet sich nicht nur optisch von herkömmlichen<br />

flachen Photovoltaikanlagen, sondern ist auch effizienter<br />

und lässt sich besser in die Stadtarchitektur integrieren.<br />

Die riesige Kugellinse wird von einer Fassung aus Metall<br />

gehalten, bündelt das einfallende Licht und leitet es um<br />

auf einen Hochleistungssonnenkollektor, der auf einem<br />

Schwenkarm angebracht ist. Diese Technik des Mikrotracking,<br />

durch die die Solarzellen auf einer Schiene automatisch dem<br />

Sonnenverlauf nachgeführt werden, garantiert stets einen<br />

opt<strong>im</strong>alen Einfallswinkel des Lichts. Mithilfe dieses Systems<br />

kann laut eigenen Angaben des Unternehmens mehr als<br />

doppelt so viel Energie erzeugt werden als mit herkömmlichen<br />

Photovoltaikanlagen. Da die Kugel-Solaranlage auch bei<br />

diffusem Licht funktioniert, beispielsweise bei Mondschein<br />

oder bewölktem H<strong>im</strong>mel, ist sie umso effizienter. Mit einem<br />

Hybridkollektor gekoppelt kann das System zudem Strom<br />

und warmes Wasser gleichzeitig generieren.<br />

Konventionelle Anlagen kommen an Häuserfassaden kaum<br />

zum Einsatz, während die Kugel hier den Vorteil bietet, dass<br />

sie lichtdurchlässig ist und die Fenster nicht verdunkelt.<br />

Dadurch, dass sie das einfallende Licht abfängt, entsteht<br />

ein zusätzlicher Kühlungseffekt für das Gebäude. Das Kugelsystem<br />

ist anders als die meisten Anlagen nicht fest<br />

montiert, sondern mobil einsetzbar und soll künftig auch<br />

für die Elektromobilität genutzt werden, zum Beispiel als<br />

Ladestation für Autos. Bei seinem Vorhaben verfolgt Rawlemon<br />

das Ziel, den ökologischen Fußabdruck, den auch<br />

Erneuerbare Energien in der Umwelt hinterlassen, möglichst<br />

gering zu halten. Das Unternehmen schätzt die Energiebilanz<br />

der Anlagen sehr positiv ein. So werden beispielsweise<br />

weniger Solarzellen benötigt, deren Herstellung mit einem<br />

großen Energieaufwand verbunden ist. Von seiner Innovation<br />

konnte Brößel bereits RWE als einen der führenden<br />

Konzerne der Energiebranche überzeugen, der auf seiner<br />

Homepage über das Start-up-Unternehmen berichtete. Ob<br />

sich die neue Technologie durchsetzen wird, ist jedoch noch<br />

nicht abzusehen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

45


Agenda<br />

Naturkapital:<br />

Die Speick-Pflanze:<br />

Naturkapital der Nockberge<br />

Deutscher Nachhaltigkeitspreis <strong>2014</strong><br />

Wer den Speick sucht, muss zunächst viele Höhenmeter<br />

zurücklegen und die Baumgrenze der Kärntner Alpen hinter<br />

sich lassen. Ab 1.800 m wird man fündig. Im Naturschutzgebiet<br />

des Biosphärenparks Nockberge sammelt der Speick<br />

seine harmonisierend wirkenden Kräfte. Bereits seit Jahrtausenden<br />

wird das wertvolle Speick-Öl durch schonende<br />

Extraktion aus der ganzen Pflanze gewonnen. Der Speick<br />

wird heute noch wie seit Jahrhunderten von Hand geerntet.<br />

Für die Kärntner Almbauernfamilien mit einer Erntelizenz<br />

ist die Speick-Ernte ein wichtiger Zusatzverdienst.<br />

Speick Naturkosmetik enthält – weltweit exklusiv – den<br />

einzigartigen Speick-Extrakt, der seit 2003 als kontrolliert<br />

biologische Wildsammlung (kbW) zertifiziert ist. Die Kosten<br />

und Arbeit der Zertifizierung übern<strong>im</strong>mt das Leinfeldener<br />

Unternehmen und es engagiert sich fair: „Wir leben den<br />

Regionalgedanken und die Wertschätzung der Menschen,<br />

die Speick ernten. Die Bauern dort haben ein karges Leben.<br />

Für sie ist die Speick-Ernte eine wichtige Absicherung“,<br />

erläutert Gudrun Leibbrand, die das Thema Nachhaltigkeit<br />

bei Speick Naturkosmetik koordiniert.<br />

Speick gehört zu jenen Marken, mit denen jeder von uns<br />

hierzulande – und sei es nur vom Hören – aufwächst. Seit<br />

fast 87 Jahren produziert das schwäbische Traditionsunternehmen<br />

Naturkosmetika. Der Name Speick beschreibt zugleich<br />

auch die wichtigste Zutat bei allen Produkten. Er steht<br />

für die Wiederentdeckung einer ganz alten Heilpflanze, um<br />

deren Wirkung schon die Menschen in der Antike wussten.<br />

„Speick entspannt, ohne müde zu machen und belebt Seele,<br />

Körper und Geist“, heißt es dazu auf der Firmen-Webseite.<br />

Zwar gibt es verschiedene Gattungen von Speick, aber nur<br />

in einem begrenzten Gebiet in Österreich <strong>im</strong> Schatten der<br />

Alpen wächst jene Sorte „Valeriana Celtica“, die besondere<br />

Wirkungen hat.<br />

Ist der Kl<strong>im</strong>awandel dort angekommen „Bisher spüren die<br />

Bauern den Kl<strong>im</strong>awandel noch nicht. Das liegt vielleicht<br />

auch daran, dass die Speick-Pflanze sehr robust ist, um die<br />

wenigen Monate, die schneefrei sind, zur Entwicklung ihrer<br />

Wirkung zu nutzen“, so Leibbrand weiter. Doch bei Speick<br />

beobachtet man die Entwicklung genau. Das Wissen um<br />

die Natur als Kapital der Firma ist nicht neu. Bereits 1958<br />

bemerkte Firmengründer Walter Rau: „Die Zeitschäden<br />

wachsen. Die ungesunde, nervöse Arbeitsweise, das verunreinigte<br />

Wasser, die durch Staub, Gase, Säuren verpestete<br />

Luft, ganz zu schweigen von dem Problem der Radioaktivität,<br />

die in der Zukunft vielleicht brennend wird – das<br />

alles zusammen sind Schäden äußerer Art, die mehr oder<br />

weniger auf die Haut einwirken. Dazu kommen aber noch<br />

die Nahrungsschäden, die durch Pflanzenschutzmittel,<br />

mineralogische Düngeverfahren, Konservierungsmittel usw.<br />

hervorgerufen werden.“<br />

46<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Kluge Landwirtschaft<br />

ist mehr als nur „bio“<br />

Der Diepholzer Bio-Pionier „Lebensbaum“ ist seit<br />

mehr als 35 Jahren Kaffee-, Tee- und Gewürzhersteller.<br />

Wir sprachen mit dem Nachhaltigkeitsbeauftragten<br />

Henning Osmers über die Auswirkungen<br />

des Kl<strong>im</strong>awandels und wie man Ökobetriebe gegen<br />

die Folgen fit machen kann.<br />

Ist Kl<strong>im</strong>awandel ein Thema bei Lebensbaum<br />

Henning Osmers: Es ist definitiv ein Thema, mit dem wir<br />

uns befassen. Zum Beispiel diesen Sommer <strong>im</strong> Rahmen eines<br />

Strategieworkshops mit allen Führungskräften. Die größten<br />

Risiken bestehen bei uns langfristig für den Einkauf von<br />

Rohwaren, also von Tee, Kaffee, Kräutern, Gewürzen. Wir<br />

sehen bereits jetzt, dass best<strong>im</strong>mte Wetterereignisse wie Trockenheit,<br />

Überschwemmungen oder extreme Temperaturen<br />

in best<strong>im</strong>mten Regionen zunehmen. Derzeit ist es aber noch<br />

nicht so, dass wir bereits gravierende Auswirkungen merken.<br />

Ein Beispiel ist der Kaffeerost in Süd- und Mittelamerika, der<br />

sich dort in den letzten Jahren massiv ausgebreitet hat und<br />

Ernten gefährdet. Es wird vermutet, dass der Kl<strong>im</strong>awandel<br />

erheblich zu der rasanten Ausbreitung des Pilzes beiträgt,<br />

der den Kaffeerost verursacht. Das führt auch zu erheblichen<br />

sozialen Problemen, weil Kaffeeplantagen in ihrer Existenz<br />

bedroht sind und massiv Arbeitsplätze vernichtet werden.<br />

Bei ökologischen und gut geführten landwirtschaftlichen<br />

Betrieben sind die Pflanzenkulturen robuster und weniger<br />

anfällig für solche Krankheiten. Die Art der landwirtschaftlichen<br />

Praxis, der Bodenbearbeitung und des Artenreichtums<br />

auf der Plantage spielen eine entscheidende Rolle für die<br />

Robustheit der Kulturen.<br />

Was zeichnet einen gut geführten Betrieb aus<br />

Osmers: Ein gut geführter Betrieb verbindet die Grundsätze<br />

guter landwirtschaftlicher Praxis mit der Herangehensweise<br />

und den Prinzipien des ökologischen Landbaus. Er setzt<br />

außerdem auf ergänzende Maßnahmen. Je nach Betrieb können<br />

dazu z. B. Schattenbäume und Hecken, Kompostierung,<br />

effiziente Bewässerungstechnologien, regenerative Energien<br />

und vieles Weitere gehören. Auch Arbeitsbedingungen für<br />

Beschäftigte, Aus- und Weiterbildung etc. spielen eine Rolle.<br />

Osmers: Es geht zunächst darum, dass wir eine hohe Rohwarenqualität<br />

brauchen, weil das die Grundlage für eine gute<br />

Produktqualität ist. Der Qualitätsaspekt spielt <strong>im</strong>mer eine<br />

zentrale Rolle. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist die Verfügbarkeit<br />

der Rohwaren. Wir brauchen natürlich regelmäßig<br />

best<strong>im</strong>mte Mengen von Rohwaren, damit wir produktionsund<br />

lieferfähig bleiben. Diese beiden Parameter sind letztlich<br />

nicht verhandelbar. Die enge und langfristige Zusammenarbeit<br />

mit Lieferanten ist zugleich auch die beste Grundlage,<br />

um zukunftsfähige ökologische und soziale Standards in<br />

der Lieferkette umzusetzen, auch als Vorsorge mit Blick auf<br />

den Kl<strong>im</strong>awandel, und um unsere Rohstoffverfügbarkeit<br />

langfristig sicherzustellen. Wenn man mit einem Partner<br />

seit 20 Jahren zusammenarbeitet, Mitarbeiter von uns vor<br />

Ort waren und umgekehrt, dann entwickeln sich daraus<br />

Partnerschaften, die systematisch neben dem Qualitäts- und<br />

Verlässlichkeitsaspekt auch Umwelt- und Sozialaspekte<br />

berücksichtigen und sehr entwicklungsorientiert sind. Wir<br />

arbeiten dabei möglichst wenig mit Zwischenhändlern, denn<br />

man sollte die eigenen Lieferanten, also diejenigen, die die<br />

Rohstoffe anbauen, auch kennen.<br />

Können Sie uns Beispiele dafür nennen<br />

Osmers: Gerade mit Blick auf Kl<strong>im</strong>awandel und Anpassung<br />

von Kulturen und deren Widerstandsfähigkeit ist es wichtig,<br />

dass man über die Einhaltung der reinen Bioverordnung<br />

hinaus zusätzlich Umweltmanagementelemente <strong>im</strong> Betrieb<br />

integriert. Beispielsweise ist in der Bioverordnung nicht<br />

vorgeschrieben, dass ich ein effizientes Bewässerungssystem<br />

wie etwa eine Tröpfchenbewässerung habe. Gerade in<br />

Regionen, wo ich aber dann mit Wasserknappheit vielleicht<br />

jetzt schon zu kämpfen habe, kann das aber einen erheblichen<br />

Fortschritt bringen. Die Grundwasserstände werden<br />

weniger gefährdet und langfristig kann konstanter bewässert<br />

werden. Das sind Vorteile, die ökologisch spürbar sind und<br />

die sich auch über einen gewissen Amortisationszeitraum<br />

betriebswirtschaftlich rechnen und sich nicht zuletzt auch<br />

positiv auf die Qualität der Ernte auswirken.<br />

Wir danken für das Gespräch!<br />

Welche Rolle spielt die direkte Zusammenarbeit mit den Lieferanten<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

47


Agenda<br />

Gesellschaft:<br />

Regionale Energieeffizienz-Genossenschaften<br />

Energieeffizienz ist neben dem Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien die zweite tragende Säule der Energiewende.<br />

Die Energieeinsparpotenziale in <strong>Deutschland</strong><br />

sind in allen Sektoren groß. Noch ist die Energieeffizienz<br />

jedoch ein schlafender Riese.<br />

In einem vom Bundesumweltministerium <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Nationalen Kl<strong>im</strong>aschutzinitiative geförderten Pilotprojekt<br />

wird B.A.U.M. in drei Pilotkommunen – Aachen, Landkreis<br />

Berchtesgadener Land und Norderstedt – Regionale<br />

EnergieEffizienz-Genossenschaften (REEG) etablieren. Deren<br />

Geschäftszweck ist vor allem die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen<br />

in kommunalen Einrichtungen,<br />

Unternehmen und Privathaushalten <strong>im</strong> Wege eines genossenschaftlichen<br />

Energie-Spar-Contractings (ESC).<br />

10 Prozent, während 90 Prozent der Einsparung zunächst an<br />

die Genossenschaft fließen, bis die Investition zurückbezahlt<br />

ist. Danach verbleibt die volle Einsparung be<strong>im</strong> Kunden.<br />

Die REEG ist eine Wertegemeinschaft und arbeitet nicht<br />

gewinnorientiert. Aus den erwirtschafteten Leistungen<br />

werden nur die Kosten gedeckt. Die geldgebenden Mitglieder<br />

erhalten eine angemessene Dividende bzw. Zinsen.<br />

Als innovatives Aktivierungs-, Technologietransfer- und<br />

Finanzierungsmodell bietet die REEG den Kommunen und<br />

Unternehmen, Bürgern, Vereinen und anderen Institutionen<br />

attraktive Vorteile: Sie alle können Geld in der REEG anlegen<br />

und die Dienstleistungen der Genossenschaft in Anspruch<br />

nehmen. So wird gemeinsam und zu aller Vorteil ein Beitrag<br />

zur Energiewende und zum Kl<strong>im</strong>aschutz erbracht und die<br />

Wertschöpfung bleibt in der Region, nach dem Motto: „Aus<br />

der Region – für die Region“.<br />

Die Genossenschaft sammelt Privatkapital von Bürgern<br />

gegen eine Dividende bzw. Verzinsung ein, um damit<br />

Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen, in öffentlichen<br />

Einrichtungen und ggf. auch in Privathaushalten zu<br />

finanzieren, ohne dass die Nutzer eigene Mittel auf bringen<br />

müssen. Hauptleistung der REEG ist die operative Durchführung<br />

und Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen<br />

bei Dritten auf eigene Rechnung. Betriebe oder Kommunen,<br />

die das Angebot der REEG wahrnehmen, erhalten nicht nur<br />

die Finanzierung der Energieeffizienzmaßnahme, sondern<br />

ein Rundum-Paket, das auch Beratung, Planung und Umsetzung<br />

einschließt. Seit Ende Oktober <strong>2014</strong> ist mit der<br />

VR Energiegenossenschaft Oberbayern Südost eG die erste<br />

Regionale EnergieEffizienzGenossenschaft in <strong>Deutschland</strong><br />

nach der Idee des B.A.U.M. Zukunftsfonds handlungsfähig.<br />

Wie funktioniert die REEG<br />

Die Genossenschaft informiert Unternehmen, kommunale<br />

Einrichtungen und Privathaushalte über mögliche<br />

Maßnahmen, den Energieverbrauch und die Kosten zu<br />

senken. Sie berät die Kunden herstellerneutral bezüglich<br />

der besten technischen Lösungen und zeigt die Einsparpotenziale<br />

auf. Sie übern<strong>im</strong>mt auf eigene Rechnung<br />

und, falls gewünscht, ohne einen Euro vonseiten des<br />

Nutzers die operative Durchführung der Investition vor<br />

Ort. Dabei wird eine prozentuale Energieeinsparung garantiert,<br />

z. B. 50 Prozent. Der Kunde erhält davon sofort<br />

48<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Kl<strong>im</strong>awandel<br />

Erneuerbare Energien aus Bürgerhand<br />

Photovoltaik, Windkraft und Biomasse: Der Energiemarkt ist in einem Wandel begriffen und Erneuerbare Energien<br />

gewinnen <strong>im</strong>mer mehr an Bedeutung. Ihr Anteil betrug <strong>im</strong> Jahr 2013 beinah ein Viertel der Bruttostromerzeugung.<br />

Gleichzeitig spielt Bürgerbeteiligung eine <strong>im</strong>mer wichtigere Rolle.<br />

Photovoltaikanlagen auf Hausdächern, Biogasanlagen auf<br />

Höfen oder als Gemeinschaftsprojekt entstandene Windparks<br />

– Erneuerbare Energien stammen zu einem Großteil<br />

aus Bürgerhand. Insgesamt zählten <strong>im</strong> Jahr 2012 knapp die<br />

Hälfte (47 Prozent) der insgesamt 73 Gigawatt installierten<br />

Erneuerbare-Energien-Leistungen zur Bürgerenergie. Statt<br />

weniger großer Stromversorger sind heute viele regionale<br />

Energiebetriebe, Investoren wie Industrieunternehmen und<br />

Banken und vor allem <strong>im</strong>mer mehr Bürger aktiv an der<br />

Energieversorgung und am Ausbau Erneuerbarer Energien<br />

beteiligt. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Agentur<br />

für Erneuerbare Energien (AEE) in Auftrag gegebene Studie.<br />

Diese definiert Bürgerenergie als Energie, die „zumindest<br />

unter teilweiser finanzieller Eigenkapitalbeteiligung von<br />

Privatpersonen bereitgestellt wird.“<br />

Bürger als Antreiber der Energiewende<br />

Bürger engagieren sich auf vielfältige Art und Weise: als<br />

Einzeleigentümer, in Bürgerenergiegesellschaften und in<br />

Form von Bürgerbeteiligung. Einzeleigentümer wie Privat-<br />

personen oder Einzelunternehmen tätigten laut AEE mit 4,4<br />

Milliarden Euro die größten Investitionen in Erneuerbare<br />

Energien. Dies sei auf große Investitionen in Photovoltaikanlagen<br />

zurückzuführen, die sich finanziell und rechtlich<br />

einfach umsetzen lassen. Bürgerenergiegesellschaften, zu<br />

denen beispielsweise Energiegenossenschaften gehören,<br />

ermöglichen gemeinschaftliche Energieprojekte mit größerem<br />

finanziellen und planungsmäßigem Umfang. Laut<br />

einer Umfrage des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes<br />

e.V. (DGRV) verzeichnen Energiegenossenschaften<br />

einen deutlichen Zulauf. Während Bürgerenergiegesellschaften<br />

die Möglichkeit bieten, sich vor Ort an<br />

der Gestaltung der Geschäfte zu beteiligen, sind mit dem<br />

Begriff Bürgerbeteiligung überregionale Investitionen und<br />

Beteiligungen von Bürgern an Betreibergesellschaften von<br />

Erneuerbare-Energien-Anlagen gemeint, bei denen die<br />

finanzielle Beteiligung <strong>im</strong> Vordergrund steht.<br />

Viele Gründe sprechen für die Bürgerenergie<br />

Nicht nur finanzielle Aspekte, sondern auch der Umweltschutz<br />

und das Vorantreiben und Mitgestalten der Energiewende<br />

sind für die Investoren entscheidend. Dies geht aus<br />

einer Studie der Leuphana Universität Lüneburg hervor.<br />

Die Zukunft der Bürgerenergie hängt jedoch stark von den<br />

politischen Rahmenbedingungen ab. So könnte infolge<br />

der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) das<br />

Engagement der Bürger eingedämmt werden. Zwar sollen<br />

laut reformiertem EEG be<strong>im</strong> Ausbau der Erneuerbaren<br />

Energien die „bestehende Vielfalt der Akteure erhalten“ und<br />

eine „breite Bürgerbeteiligung möglich“ bleiben. Heinrich<br />

Degenhart, Professor für Finanzierung und Finanzwirtschaft<br />

in Lüneburg zufolge wird es die Bürgerenergie künftig jedoch<br />

schwer haben, „sich weiter auf dem Markt zu behaupten.“<br />

Nach wie vor erachten die meisten Deutschen den Ausbau<br />

Erneuerbarer Energien aber als „wichtig“ bzw. „außerordentlich<br />

wichtig“, wie eine von der AEE beauftragte<br />

repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />

TNS Emnid ergab. Die Akzeptanz und das Verständnis für<br />

Erneuerbare Energien steigen sogar noch an, wenn Bürger<br />

frühzeitig an Diskussionen beteiligt sind und mit Solarparks,<br />

Biomasse- oder Windkraftanlagen in der eigenen<br />

Nachbarschaft in Berührung kommen. Festigen kann sich<br />

diese Akzeptanz in der Bevölkerung folglich nur durch eine<br />

Demokratisierung der Energieversorgung und eine damit<br />

einhergehende größere finanzielle und konzeptionelle<br />

Beteiligung am Großprojekt Energiewende.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

49


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

54<br />

Umweltschutz<br />

62<br />

ABB<br />

Armacell<br />

Audi<br />

CEWE<br />

HOCHTIEF<br />

E.ON<br />

Weidmüller<br />

MAN<br />

Miele<br />

RWE<br />

Tchibo<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

76<br />

Finanzmärkte<br />

82<br />

Bosch<br />

HypoVereinsbank<br />

Merck<br />

Für die redaktionellen Beiträge dieser Rubrik sind ausschließlich die Unternehmen und ihre Autoren selbst verantwortlich.<br />

50 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

54<br />

ABB<br />

62<br />

Armacell<br />

56<br />

Audi<br />

84<br />

BASF<br />

86<br />

Bayer<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

84<br />

76<br />

100<br />

64<br />

Bosch<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

CEWE<br />

BASF<br />

102<br />

Da<strong>im</strong>ler<br />

Bayer<br />

88<br />

DAW<br />

DAW<br />

90<br />

Deutsche Post DHL<br />

Deutsche Post DHL<br />

104<br />

Deutsche Telekom<br />

TÜV Rheinland<br />

<strong>Compliance</strong> & Reporting<br />

94<br />

66<br />

94<br />

58<br />

E.ON<br />

EY<br />

HOCHTIEF<br />

EY<br />

macondo publishing<br />

Mazars<br />

Datability<br />

100<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Da<strong>im</strong>ler<br />

Deutsche Telekom<br />

82<br />

96<br />

68<br />

98<br />

78<br />

70<br />

72<br />

74<br />

92<br />

60<br />

HypoVereinsbank<br />

macondo publishing<br />

MAN<br />

Mazars<br />

Merck<br />

Miele<br />

RWE<br />

Tchibo<br />

TÜV Rheinland<br />

Weidmüller<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong> 51


Good Practice<br />

MENSCHENRECHTE<br />

ARBEITSNORMEN<br />

Prinzip 1: Unternehmen sollen den Schutz der internatio nalen<br />

Menschenrechte unterstützen und achten.<br />

Prinzip 2: Unternehmen sollen sicherstellen, dass sie sich<br />

nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.<br />

Prinzip 3: Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit<br />

und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen<br />

wahren sowie ferner für<br />

Prinzip 4: die Beseitigung aller Formen der Zwangsarbeit,<br />

Prinzip 5: die Abschaffung der Kinderarbeit und<br />

Prinzip 6: die Beseitigung von Diskr<strong>im</strong>inierung bei<br />

Anstellung und Beschäftigung eintreten.<br />

52 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

54<br />

56<br />

58<br />

60<br />

ABB<br />

Audi<br />

HOCHTIEF<br />

Weidmüller<br />

Umweltschutz<br />

62<br />

64<br />

66<br />

68<br />

70<br />

72<br />

74<br />

Armacell<br />

CEWE<br />

E.ON<br />

MAN<br />

Miele<br />

RWE<br />

Tchibo<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

76<br />

78<br />

Bosch<br />

Merck<br />

UMWELTSCHUTZ<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

Prinzip 7: Unternehmen sollen <strong>im</strong> Umgang mit Umweltproblemen<br />

einen vorsorgenden Ansatz unterstützen,<br />

Prinzip 10: Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption<br />

eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.<br />

Prinzip 8: Initiativen ergreifen, um ein größeres<br />

Verantwortungs bewusstsein für die Umwelt zu erzeugen<br />

und<br />

Prinzip 9: die Entwicklung und Verbreitung<br />

umweltfreundlicher Technologien fördern.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

53


ABB<br />

Hinsehen, nicht wegschauen<br />

„Hinsehen, nicht wegschauen“ – unter dieser Überschrift hat der ABB-Konzern in diesem Jahr weltweit<br />

die Kampagne „Don’t look the other way“ für mehr Arbeitssicherheit und Integrität gestartet.<br />

Konzernchef Ulrich Spießhofer betont, wie entscheidend ein integres, sicherheits- und gesundheitsbewusstes<br />

Verhalten aller Mitarbeiter für den Erfolg von ABB ist: „Bei ABB wird Leistung nicht nur<br />

an den erzielten Ergebnissen gemessen, sondern auch daran, wie diese Resultate erreicht wurden.<br />

Eine Kultur der Integrität ist eine Voraussetzung für ein Weltklasseunternehmen.“<br />

Von Stephanie Sonneck<br />

Wir alle erleben jeden Tag gefährliche<br />

Situationen, bei der Arbeit, auf dem<br />

Weg zur Arbeit, zu Hause. Aber wie<br />

häufig halten wir denn an, um eine sich<br />

gefährdende Person zu stoppen oder das<br />

Risiko zu beseitigen ABB ruft mit dem<br />

neuen Programm zu mehr Achtsamkeit<br />

gegenüber der eigenen Person aber vor<br />

allem auch gegenüber Kollegen auf. Alle<br />

Mitarbeiter, auf jeder Ebene des Unternehmens,<br />

sind dafür verantwortlich,<br />

die eigene Sicherheit und Gesundheit<br />

zu schützen und auch auf die Kollegen<br />

zu achten. Das Unternehmen geht sogar<br />

noch einen Schritt weiter: auch Beschäftigte<br />

von Fremdfirmen, die für ABB tätig<br />

sind, müssen sich künftig verpflichten,<br />

die ABB-Arbeitssicherheitsstandards einzuhalten.<br />

Bis es aber soweit ist, ist noch<br />

viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit<br />

erforderlich.<br />

Erste konzernweite<br />

Arbeitssicherheitswoche<br />

Im November <strong>2014</strong> startete die erste<br />

konzernweite Arbeitssicherheitswoche.<br />

Nie zuvor waren die Themen Arbeitssicherheit<br />

und Gesundheitsschutz bei<br />

ABB weltweit so präsent. Zu viel Aufmerksamkeit<br />

für eine scheinbare Selbstverständlichkeit<br />

Keineswegs, denn in<br />

Sachen Arbeitssicherheit ist ABB zwar<br />

gut aufgestellt, lebt aber nicht auf einer<br />

Insel der Glückseligen. Insgesamt sind die<br />

Unfallzahlen für ABB in <strong>Deutschland</strong> zum<br />

Beispiel zurückgegangen. Die statistische<br />

Erfassung der Unfälle ist aber nur ein<br />

Schritt. Wichtiger ist die systematische Erfassung<br />

der eigentlichen Unfallursachen.<br />

„Null Unfälle“ anstreben<br />

Bei ABB in <strong>Deutschland</strong> waren die häufigsten<br />

Unfallursachen in den vergangenen<br />

Monaten: Stolpern, Quetschungen von<br />

Fingern und Verletzungen durch Materialtransport.<br />

Die wichtige Frage ist nun:<br />

Wie kam es dazu, dass der Mitarbeiter<br />

ins Stolpern geraten ist Was können<br />

die Mitarbeiter daraus lernen Und vor<br />

allem, wie kann ein solcher Unfall künftig<br />

vermieden werden Erst wenn sich die<br />

Mitarbeiter mit diesen Fragen auseinandersetzen,<br />

wird es dem Unternehmen<br />

gelingen, die Aufmerksamkeit und damit<br />

auch das Verhalten der Belegschaft nachhaltig<br />

zu ändern. „Der Anspruch an uns<br />

selbst muss es sein, einen Geschäftserfolg<br />

54 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

Links: Be<strong>im</strong> Thema Telefonieren <strong>im</strong> Auto hat<br />

ABB kürzlich die gesetzlichen Regelungen für<br />

die Mitarbeiter verbindlich um zwei Punkte<br />

erweitert: Telefonate sind auf das Nötigste zu<br />

begrenzen und Telefonate mit „entscheidungsbildendem<br />

Charakter“ sowie die aktive Teilnahme<br />

an Telefonkonferenzen sind untersagt.<br />

Rechts: Werksausfahrten bergen Gefahren.<br />

Wie hier in Mannhe<strong>im</strong> hat ABB auch an anderen<br />

Standorten Maßnahmen für mehr Sicherheit<br />

umgesetzt.<br />

mit „null Unfällen“ anzustreben“, mahnt<br />

Peter Terwiesch, Vorstandsvorsitzender<br />

ABB <strong>Deutschland</strong> und Leiter der Region<br />

Zentraleuropa. Mit anderen Worten: Jeder<br />

Unfall ist einer zu viel.<br />

Führungskräfte haben besondere<br />

Verantwortung<br />

Das Führungsteam ist mit gutem Beispiel<br />

vorangegangen: Auf dem Group Leadership<br />

Forum <strong>im</strong> März, dem jährlichen<br />

Treffen von rund 200 ABB-Führungskräften<br />

aus allen Teilen der Welt, haben<br />

sämtliche Teilnehmer eine Selbstverpflichtung<br />

unterschrieben.<br />

Regeln und Vorschriften sind ohne Frage<br />

wichtig und alle Beschäftigten müssen<br />

sich ohne Ausnahme daran halten. Vorgaben<br />

allein sind allerdings nicht alles.<br />

Vielmehr geht es darum, das sich alle<br />

Mitarbeiter <strong>im</strong> Alltag achtsam gegenüber<br />

sich selbst und ihren Kollegen zeigen. Die<br />

Führungskräfte haben dabei eine besondere<br />

Verantwortung: Sie sind Vorbilder,<br />

Motivatoren und Wegbereiter, wenn es<br />

darum geht, sicheres, gesundes und integres<br />

Arbeiten zu gewährleisten. Sie<br />

sollen dabei helfen, dass jeder Einzelne<br />

Verantwortung übern<strong>im</strong>mt: indem er<br />

eben nicht wegschaut, sondern handelt.<br />

In die jährlichen Personalgespräche zur<br />

Zielvereinbarung und Weiterentwicklung<br />

wird daher auch das Thema Arbeitssicherheit<br />

für alle Mitarbeiter weltweit verbindlich<br />

aufgenommen: Eines der leistungsbezogenen<br />

Verhaltensziele fokussiert<br />

auf den persönlichen Beitrag des jeweiligen<br />

Mitarbeiters zum sicheren Arbeiten.<br />

Ziel ist es, den Fokus der Mitarbeiter<br />

dauerhaft auf das Thema Arbeitssicherheit<br />

zu lenken: In erster Linie ist Sicherheit<br />

eine Sache der Einstellung von Menschen<br />

gegenüber Gefahrensituationen.<br />

Strom sieht man nicht,<br />

hört man nicht, riecht man nicht<br />

Passieren kann <strong>im</strong>mer und überall etwas.<br />

Allerdings sind die Gefahren auf Baustellen<br />

größer als anderswo, etwa viermal so<br />

groß. „Energie- und Automatisierungstechnik<br />

hat zwangsläufig <strong>im</strong>mer etwas mit<br />

Strom zu tun. Den sieht man nicht, den<br />

hört man nicht, den riecht man nicht –<br />

und gerade deswegen ist er gefährlich“,<br />

sagt Thomas Scholl, Leiter Arbeitssicherheit<br />

bei ABB <strong>Deutschland</strong>. Die Sicherheitsfachkräfte<br />

bei ABB warten nicht erst,<br />

bis etwas passiert, sondern versuchen<br />

mit ihrem Know-how, Unfälle von vornherein<br />

zu verhindern. Sie führen vor<br />

Beginn der Arbeiten auf den Baustellen<br />

eine individuelle Gefahrenanalyse durch.<br />

Auf dieser Analyse baut ein detailliertes<br />

Sicherheitskonzept auf. „Welche Schutzkleidung<br />

brauchen die Mitarbeiter Reicht<br />

ein normaler Helm Wer darf überhaupt<br />

Anlagen in Betrieb nehmen, auf den Schalter<br />

drücken und sie unter Strom setzen<br />

Besitzen beauftragte Subunternehmer die<br />

jeweils notwendigen Zertifikate“ sind nur<br />

ein paar der vielen Fragen be<strong>im</strong> Prüfen<br />

und Auditieren von Baustellen.<br />

Form von Achtsamkeit<br />

Aber auch die Sicherheitsfachkräfte können<br />

nicht ganz verhindern, dass etwas<br />

passiert. Die meisten Unfälle geschehen<br />

bei Routinearbeiten und liegen an<br />

menschlichem Fehlverhalten. Und das<br />

nicht nur auf Baustellen. Auch in den<br />

Werkshallen und Büros heißt es oft: „Ich<br />

mach das mal schnell, da ist noch nie was<br />

passiert.“ Und schon ist es passiert. „Es<br />

kann unangenehm sein, einem Kollegen<br />

zu sagen, dass er vorsichtiger sein soll.<br />

Aber die Kollegen können damit seine<br />

Gesundheit oder gar sein Leben retten“,<br />

mahnt Terwiesch. „Sprechen Sie diesen<br />

Kollegen an“, appelliert er, „denn diese<br />

Form von Achtsamkeit gehört zu einem<br />

verantwortlichen Handeln dazu.“<br />

Keinerlei Kompromisse<br />

Wie bei der Arbeitssicherheit gilt auch<br />

be<strong>im</strong> Thema Integrität: hinsehen, nicht<br />

wegschauen. Und sich rühren, wenn das<br />

Verhalten von Kollegen oder auch von<br />

Vorgesetzten unethisch erscheint. Bei<br />

ABB in <strong>Deutschland</strong> gibt es dafür zwei<br />

Ombudspersonen. Über sie können Mitarbeiter<br />

Regelverstöße melden sowie Rat<br />

bei Fragen der Integrität suchen.<br />

Im März <strong>2014</strong> wurde ABB zum zweiten<br />

Mal in Folge vom Forschungsinstitut<br />

Ethisphere für seine ethische Unternehmensführung<br />

ausgezeichnet. „Dieser Titel<br />

ist uns nicht in den Schoß gefallen, sondern<br />

hart erarbeitet“, betont Terwiesch.<br />

„Nicht nur bei der Arbeitssicherheit, auch<br />

be<strong>im</strong> Thema Integrität dulden wir keinerlei<br />

Kompromisse“, fügt er hinzu. „Auf<br />

beiden Gebieten hat Fehlverhalten dramatische<br />

Konsequenzen. Es ist deswegen<br />

inakzeptabel und wird nicht toleriert.“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

55


Audi<br />

Taktgeber für Arbeitsplatzergonomie<br />

in der Industrie<br />

Die Gesellschaft in <strong>Deutschland</strong> befindet sich in einem rapiden demografischen Wandel, der<br />

Anteil der älteren Menschen steigt <strong>im</strong>mer weiter. Derzeit bilden die 40- bis 49-Jährigen bei der<br />

AUDI AG mit zirka 32 Prozent die größte Gruppe in der Belegschaft. Schon in wenigen Jahren<br />

jedoch werden die 50- bis 59-Jährigen dominieren, und der Anteil der über 60-Jährigen wird<br />

auf etwa 13 Prozent steigen.<br />

Von Dr. Peter F. Tropschuh und Birgit Horn<br />

Audi hat sich das Ziel gesteckt, bis 2020<br />

das Unternehmen mit den attraktivsten<br />

und produktivsten Arbeitsplätzen zu<br />

sein. Vor dem Hintergrund des demografischen<br />

Wandels und der weitgreifenden<br />

Veränderungen in der Arbeitswelt kann<br />

dieses Ziel nur erreicht werden, wenn<br />

die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />

Auf der Ergonomie-Messe demonstrieren Mitarbeiterinnen von Audi Hungaria in Györ eine dort<br />

entwickelte Rollenbahn, mit der schwere Werkstücke wie das Zylinderkurbelgehäuse (ca. 30 kg)<br />

ganz leicht aufgestellt und gedreht werden können, ohne das Teil anheben zu müssen.<br />

unserer Mitarbeiter über das gesamte<br />

Erwerbsleben erhalten bleibt. Hierfür<br />

hat Audi die Ergonomie-Strategie „Wir<br />

für uns. Aktiv in die Zukunft.“ mit fünf<br />

Handlungsfeldern entwickelt: ganzheitliche<br />

Ergonomie-Methoden, intelligente<br />

Arbeitsorganisation, Ergonomie <strong>im</strong> Produktprozess,<br />

Internationalisierung und<br />

begleitende Kommunikation.<br />

Ganzheitlichkeit Ergonomie-<br />

Methoden<br />

In einer ganzheitlichen Betrachtungsweise<br />

sollen sowohl der Erhalt der körperlichen<br />

Gesundheit als auch das psychische<br />

Wohlbefinden der Mitarbeiter gleichrangig<br />

nebeneinander stehen. Dazu müssen<br />

viele Umfeldfaktoren von Arbeit<br />

betrachtet werden. Da die Bedeutung<br />

psychischer Erkrankungen in der Gesellschaft<br />

zun<strong>im</strong>mt, müssen Unternehmen<br />

in Zukunft Wege finden, psychischen<br />

Erkrankungen entgegenzuwirken und<br />

das Augenmerk auch auf das Wohlbefinden<br />

des Beschäftigten bei seiner Arbeit<br />

zu legen. Denn wer seinen Aufgaben<br />

mit Freude und Begeisterung nachgeht<br />

und sich bei seiner Arbeit wohlfühlt, ist<br />

seltener psychisch krank.<br />

Neben eher abstrakt klingenden Faktoren<br />

wie Komplexität der Arbeit und<br />

Kommunikationsverhalten sind auch<br />

ganz praktische Themen in einer ganzheitlichen<br />

Bewertung wichtig: Für das<br />

Wohlbefinden der Mitarbeiter spielen<br />

auch die Lichtverhältnisse eine Rolle.<br />

Um opt<strong>im</strong>ale Lichtverhältnisse zu gewährleisten,<br />

wurde beispielsweise die<br />

Nordwand des neuen Karosseriebaus<br />

für den Audi A3 am Standort Ingolstadt<br />

größtenteils verglast. Zusätzlich tauchen<br />

3.000 tageslichtgesteuerte Leuchten die<br />

Halle, in der etwa 800 Beschäftigte arbeiten,<br />

in angenehmes Licht. Ein kleiner<br />

Dachgarten lädt zur Entspannung bei<br />

Tageslicht ein. Auch das Abluft- und<br />

Belüftungssystem setzt Maßstäbe: Alle<br />

Arbeitsschritte, bei denen Gase entstehen,<br />

werden von Robotern in geschlossenen<br />

56 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

Zellen ausgeführt. Zudem tauscht die<br />

Belüftungsanlage pro Stunde 1,6 Millionen<br />

Kubikmeter Luft aus.<br />

Intelligente Arbeitsorganisation<br />

In der Fertigung bei Audi ist vor über 20<br />

Jahren das Prinzip der Gruppenarbeit<br />

etabliert worden. Zentraler Bestandteil<br />

der Gruppenarbeit ist dabei das Rotationsprinzip,<br />

d.h. alle zwei Stunden wechseln<br />

die Mitarbeiter ihre Tätigkeiten.<br />

Um bei der Gruppenarbeit in Zukunft<br />

das Thema Ergonomie noch stärker zu<br />

berücksichtigen, werden zur Zeit mehrere<br />

Ansätze verfolgt. Ein Ziel ist, eine<br />

belastungsopt<strong>im</strong>ale Rotation, die sich an<br />

arbeitsmedizinischen Kriterien orientiert,<br />

zu ermöglichen. Denn Rotation macht<br />

ergonomisch nur dann Sinn, wenn die<br />

Belastung auf wechselnde Körperregionen<br />

wirkt. Das Konzept wird qualifikatorische<br />

und soziodemografische Faktoren<br />

berücksichtigen, etwa Tätigkeiten für<br />

leistungsgewandelte Kollegen.<br />

Ergonomie <strong>im</strong> Produktprozess<br />

Bei Audi findet die Ergonomie schon bei<br />

der Konzept- und Bauteilentwicklung<br />

<strong>im</strong> Produktprozess Berücksichtigung.<br />

Bereits nach der Konstruktion der ersten<br />

Bauteile nutzen die Ingenieure vielfach<br />

Hightech-Tools wie die sogenannte Cave,<br />

ein Virtual-Reality-System, mit dem sich<br />

Einbau- und Montageprozesse <strong>im</strong> dreid<strong>im</strong>ensionalen<br />

Raum s<strong>im</strong>ulieren lassen.<br />

Die ständig wachsende Komplexität der<br />

Modelle führt jedoch dazu, dass es <strong>im</strong>mer<br />

wieder neue Herausforderungen<br />

zu lösen gibt. Beispielsweise die Frage,<br />

wie hoch die Kräfte sein dürfen, die der<br />

Mitarbeiter be<strong>im</strong> Einbau des Clips für<br />

die Sonnenblende am A3-Montageband<br />

auf bringen muss, ohne dass ein Risiko<br />

einer Erkrankung entsteht. Um diesen<br />

Prozess noch nachhaltiger zu gestalten,<br />

wird Audi bereits <strong>im</strong> Rahmen der Bauteilkonstruktion<br />

ergonomische Kriterien<br />

Eine neue Generation des ergonomischen Montagesitzes macht in Ingolstadt Schule. Mit dem<br />

Sitz fährt der Mitarbeiter noch müheloser in den Innenraum des Autos, um so in entspannter<br />

Haltung Montagearbeiten durchzuführen. Hier eine Demonstration am Ausstellungsstand.<br />

bewertbar machen. Derzeit wird hierfür<br />

ein Kennzahlensystem entwickelt,<br />

das zu einer weiteren kontinuierlichen<br />

Verbesserung des Audi-Standards beitragen<br />

wird.<br />

Internationalisierung<br />

Um das hohe Qualitätsniveau in der<br />

Produktion global sicherzustellen, müssen<br />

auch in Sachen Ergonomie weltweit<br />

die gleichen Standards etabliert werden.<br />

Hierfür ist der Aufbau eines weltweiten<br />

Ergonomie-Netzwerks erforderlich. Konkret<br />

geht es darum, an den ausländischen<br />

Standorten Fachleute auszuwählen und<br />

zu schulen, die das Thema Ergonomie<br />

etablieren und leben. Die Aufgaben sind<br />

vielfältig: Beispielsweise haben Menschen<br />

in Mexiko, wo Audi derzeit eine<br />

neue Fertigungsstätte auf baut, eine andere<br />

durchschnittliche Körpergröße als<br />

in Mitteleuropa. Das macht es notwendig,<br />

die für Europa gesetzten Standards,<br />

beispielsweise für die Höhe von Regalen,<br />

entsprechend anzupassen.<br />

Weltweit Audi Premium-Qualität sicherzustellen,<br />

gelingt nur mit Arbeitsbedingungen<br />

auf hohem Standard. Ein niedrigeres<br />

Lohnniveau und die Verfügbarkeit junger<br />

Arbeitskräfte bedeuten nicht, dass mit<br />

der Ressource Mensch weniger sorgsam<br />

umgegangen werden darf. Der Mensch<br />

steht <strong>im</strong> Mittelpunkt, egal ob in Ingolstadt,<br />

Neckarsulm, <strong>im</strong> mexikanischen<br />

San José Chiapa oder <strong>im</strong> ungarischen<br />

Györ. Be<strong>im</strong> Auf bau des weltweiten Ergonomie-Netzwerks<br />

müssen auch die unterschiedlichen<br />

Rechtssysteme der Länder<br />

beachtet werden. So soll in Györ nun ein<br />

Analyseinstrument installiert werden,<br />

dass in <strong>Deutschland</strong> unter dem Namen<br />

Arbeitsplatz-Strukturanalyse (APSA) etabliert<br />

und bewährt ist. Mit deren Hilfe<br />

werden die körperlichen Belastungen an<br />

den Arbeitsplätzen in der Produktion analysiert<br />

und bewertet. Das sind zum einen<br />

Aspekte der Lastenhandhabung, der Körperkräfte<br />

und der Zwangshaltungen. Zum<br />

anderen werden bei der Analyse aber auch<br />

sogenannte ‚Allgemeine Kriterien‘ wie<br />

Taktbindung, Steh- oder Sitzarbeitsplatz<br />

erfasst, um das Anforderungsprofil eines<br />

Arbeitsplatzes vollständig zu beschreiben.<br />

Diese Kriterien sind so abgest<strong>im</strong>mt, dass<br />

Audi-Werkärzte sie mit ihren Kriterien<br />

der arbeitsmedizinischen Beurteilung<br />

abgleichen und so direkt prüfen können,<br />

an welchen Arbeitsplätzen ein Mitarbeiter<br />

mit einer best<strong>im</strong>mten Diagnose noch<br />

einsetzbar ist oder nicht.<br />

Das Gesundheitswesen am ungarischen<br />

Audi-Standort in Györ und die Kollegen<br />

aus Ingolstadt sind derzeit dabei, die in<br />

Ungarn üblichen Einstufungen der arbeitsmedizinischen<br />

Untersuchungen, auf<br />

der Grundlage der dortigen gesetzlichen<br />

Regelungen, den Kriterien der Arbeitsplatzbewertung<br />

der APSA zuzuordnen.<br />

Sobald alle Kategorien zugeordnet sind,<br />

können die Kollegen in Ungarn ebenfalls<br />

direkt prüfen, welche Arbeitsplätze für<br />

einen Mitarbeiter mit einer best<strong>im</strong>mten<br />

Diagnose nach ungarischem Standard<br />

geeignet sind und welche nicht.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

57


HOCHTIEF<br />

In gemeinsamer<br />

Verantwortung zu<br />

mehr Sicherheit<br />

Eine Arbeitswelt zu schaffen, in der die Mitarbeiter gesund<br />

sind und bleiben sowie arbeitsplatzbedingte Erkrankungen und<br />

Arbeitsunfälle möglichst ausgeschlossen sind, zählt zu den<br />

wichtigsten Aufgaben eines Unternehmens. Für den internationalen<br />

Baukonzern HOCHTIEF hat das Thema höchste<br />

Priorität und wird in gemeinsamer Verantwortung aller Beteiligten<br />

konsequent verfolgt und gemanagt.<br />

Von Dirk Grosche<br />

Verschiedene Richtlinien und Vorgaben<br />

bilden die Basis einer effizienten Arbeitssicherheits-<br />

und Gesundheitsschutzorganisation<br />

innerhalb des Konzerns und<br />

stellen eine praxisgerechte Umsetzung<br />

sicher. Der Anspruch, größtmögliche<br />

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz<br />

zu bieten, gehört zu unseren Leitlinien<br />

und ist <strong>im</strong> Verhaltenskodex, dem<br />

HOCHTIEF Code of Conduct, als Verpflichtung<br />

für alle Mitarbeiter festgehalten.<br />

Darüber hinaus sind definierte<br />

Mindeststandards in einer Konzernrichtlinie<br />

beschrieben. Die Mitarbeiter sind<br />

zudem angehalten, alle gesetzlichen und<br />

behördlichen Vorgaben einzuhalten sowie<br />

die über Gefährdungsbeurteilungen<br />

identifizierten Maßnahmen zur Risikomin<strong>im</strong>ierung<br />

zu befolgen.<br />

Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzorganisation<br />

bei HOCHTIEF<br />

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz<br />

sind Themen, für die jeder gleichermaßen<br />

Verantwortung trägt. Unterstützung<br />

erfährt der Einzelne durch die Arbeitssicherheits-,<br />

Gesundheits- und Umweltschutzorganisation<br />

<strong>im</strong> HOCHTIEF-<br />

Konzern. Das AGUS Center ist hier das<br />

zentrale Kompetenzzentrum, dessen Leiter<br />

direkt an den Vorstand berichtet. Es<br />

erarbeitet zentrale Arbeitsschutzanforderungen,<br />

unterstützt die Führungskräfte<br />

bei deren Umsetzung in der Praxis und<br />

kontrolliert die Einhaltung. Mitarbeiter<br />

dieser Stabsstelle sind in alle Phasen<br />

von nationalen und internationalen<br />

Projekten eingebunden.<br />

Die HOCHTIEF-Divisions, in denen das<br />

operative Geschäft organisiert ist, haben<br />

<strong>im</strong> Sinne einer Auf bau- und Ablauforganisation<br />

den Standards entsprechende<br />

Strukturen und Prozesse aufgesetzt.<br />

Managementbeauftragte und Fachexperten<br />

in den Divisions beraten und<br />

unterstützen die Geschäftsleitungen und<br />

Projektverantwortlichen ebenfalls. Das<br />

AGUS Center hält als übergeordnetes Bindeglied<br />

den Kontakt zu ihnen und stellt<br />

das Berichtswesen sicher. Um Arbeitssicherheit<br />

und Gesundheitsschutz in den<br />

gesamten Projektprozess zu integrieren,<br />

wurden in den Divisions Managementsysteme<br />

etabliert, die sich an internationalen<br />

Standards wie BS OHSAS 18001<br />

und Safety Certificate Contractors SCC<br />

orientieren. Im Geschäftsjahr 2013 haben<br />

76,8 Prozent der HOCHTIEF-Mitarbeiter<br />

weltweit in entsprechend zertifizierten<br />

Einheiten gearbeitet.<br />

Risiken frühzeitig erkennen<br />

Grundvoraussetzung für ein effektives<br />

Sicherheitsmanagement ist es, Risiken<br />

frühzeitig zu erkennen und zu beurteilen.<br />

Daher bringen unsere Sicherheitsexperten<br />

bereits in der Angebotsphase der<br />

Projekte ihre Expertise ein. Daraufhin<br />

werden Sicherheitskonzepte entwickelt,<br />

die <strong>im</strong> Projektverlauf kontinuierlich<br />

fortgeschrieben und angepasst werden.<br />

Dabei ist es wichtig, dass auch alle Vertragspartner<br />

unser Arbeitssicherheitsund<br />

Gesundheitsschutzverständnis mittragen.<br />

Sie müssen daher den HOCHTIEF<br />

Code of Conduct akzeptieren. Zudem<br />

berücksichtigen wir bei der Auswahl von<br />

Partnern und Nachunternehmern deren<br />

Leistung <strong>im</strong> Arbeitsschutz. Genügt ein<br />

Unternehmen den hohen Anforderungen<br />

nicht, behält sich HOCHTIEF vor, es von<br />

künftigen Aufträgen auszuschließen.<br />

58 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

In der Vergangenheit konnten trotz einer<br />

überdurchschnittlichen Präventionsorganisation<br />

Unfälle – zum Teil auch mit<br />

schweren oder tödlichen Folgen – leider<br />

nicht völlig ausgeschlossen werden. Die<br />

Unfallhäufigkeit <strong>im</strong> Gesamtkonzern lag<br />

2013 bei 1,53 Unfällen pro eine Million<br />

geleistete Arbeitsstunden. Bei HOCHTIEF<br />

werden Unfälle über ein abgestuftes<br />

Berichtswesen erfasst und analysiert,<br />

um die Ursachen zu verstehen und neue<br />

Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln<br />

sowie die Prozesse zu opt<strong>im</strong>ieren.<br />

Arbeitsschutzkultur durch<br />

Weiterbildung fördern<br />

In den HOCHTIEF-Gesellschaften ist die Arbeitsschutzkultur<br />

aufgrund verschiedener<br />

Sozialsysteme in den Ländern unterschiedlich<br />

ausgeprägt. Um eine einheitliche<br />

Kultur zu entwickeln, in der sich jeder<br />

mitverantwortlich fühlt, legen wir großen<br />

Wert auf die kontinuierliche Fortbildung.<br />

Die Mitarbeiter werden regelmäßig intern<br />

wie extern geschult: Arbeitssicherheit und<br />

Gesundheitsschutz sind fester Bestandteil<br />

der Lernangebote an den internen<br />

Weiterbildungseinrichtungen, in den<br />

Unternehmensmedien wird regelmäßig<br />

darüber berichtet und an zahlreichen Aktionstagen<br />

und in Initiativen werden die<br />

Mitarbeiter für das Thema sensibilisiert.<br />

Eine wichtige Rolle spielen dabei die<br />

Führungskräfte: Sie müssen sich ihrer<br />

Verantwortung bewusst sein und eine<br />

entsprechende Arbeits- und Gesundheitsschutzkultur<br />

in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />

fördern. Mit speziellen<br />

Programmen werden sie auf diese Aufgabe<br />

vorbereitet. Auch auf die Aus- und<br />

Weiterbildung der Sicherheitsexperten<br />

legen wir großen Wert, damit sie die<br />

Projektverantwortlichen bei ihren Arbeits-<br />

und Gesundheitsschutzaktivitäten<br />

kompetent beraten und unterstützen<br />

können. Über interne und externe Arbeitskreise<br />

tauschen sich die Experten<br />

über ihre Erfahrungen aus.<br />

Arbeitssicherheit bei HOCHTIEF:<br />

Beispiele aus der Praxis<br />

Bei unserer US-Tochter Turner ist der Name des Arbeitssicherheitskonzepts<br />

– „Building L.I.F.E.“ (Living Injury Free Everyday) – Programm. Dazu gehört der<br />

jährliche „Safety Stand-Down“, bei dem 2013 gut 40.000 Turner-Arbeiter an<br />

den Standorten und Baustellen für kurze Zeit ihre Arbeit niederlegten, um<br />

gemeinsam das Thema Sicherheit in den Fokus zu rücken.<br />

Dass erfolgreiche Arbeitssicherheitsmaßnahmen nicht teuer sein müssen,<br />

bewies unsere Beteiligungsgesellschaft Thiess in Australien: Sie stattete die<br />

Auszubildenden ihrer Minenprojekte mit Helmen in blauer Farbe aus. Somit<br />

sind die Berufsanfänger schnell von erfahrenen Kollegen, die üblicherweise<br />

weiße Helme tragen, zu unterscheiden und können auf gefährliches Fehlverhalten<br />

direkt aufmerksam gemacht werden.<br />

Bei der europäischen Gesellschaft HOCHTIEF Solutions werden die Mitarbeiter<br />

auf ihre spezifische Arbeitssituation auch sicherheitstechnisch bestens<br />

vorbereitet. Beispiele sind Schulungen in Brandbekämpfung und Ersthilfe sowie<br />

Höhen- und Abseiltrainings.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

59


WEIDMÜLLER<br />

Weidmüller Academy:<br />

Weiterbildung <strong>im</strong> Fokus<br />

Den Unterschied zwischen einem guten und einem sehr guten Unternehmen machen die Mitarbeiter<br />

aus. Deshalb wurde die Weidmüller Akademie gegründet. Im Fokus stehen dort interdisziplinäre<br />

sowie system- und praxisorientierte Weiterbildung.<br />

Von Klaus Hübscher<br />

Das Leben wird <strong>im</strong>mer komplexer: Technologie<br />

und Gesellschaft entwickeln sich<br />

rasant, die <strong>Global</strong>isierung n<strong>im</strong>mt weiter<br />

zu, der Wettbewerbsdruck für Unternehmen<br />

steigt. Diese Herausforderungen stellen<br />

an jeden Einzelnen ganz besondere<br />

Aufgaben, Aufgaben die sich ebenfalls<br />

in permanentem Wandel befinden. Es<br />

liegt in der Verantwortung eines jeden<br />

Einzelnen, durch ständige Weiterbildung<br />

und durch lebenslanges Lernen mit der<br />

täglichen Anforderung der <strong>im</strong>mer kürzer<br />

werdenden Technologie- und der sich<br />

permanent beschleunigenden Innovationszyklen<br />

Schritt halten zu können. „Nur<br />

so wird es in Zukunft möglich sein, <strong>im</strong><br />

globalisierten Wettbewerb zu bestehen<br />

und gleichzeitig <strong>im</strong> Rahmen eines ganzheitlich<br />

nachhaltigen Handelns das Unternehmen<br />

und die Umwelt erfolgreich<br />

und gesund an die nächste Generation<br />

zu übergeben“, erläutert Dr. Eberhard<br />

Niggemann, Leiter der Weidmüller Akademie<br />

und Nachhaltigkeitsbeauftragter<br />

der Weidmüller Gruppe.<br />

Institutionalisierte Qualifizierung<br />

„Den Unterschied zwischen einem guten<br />

und einem sehr guten Unternehmen machen<br />

die Mitarbeiter aus“, so Niggemann.<br />

Vor diesem Hintergrund hat die Weidmüller<br />

Gruppe bereits 2003 die Weidmüller<br />

Akademie gegründet. Hier bündelt der<br />

Elektrotechnikspezialist alle Aktivitäten<br />

zur Qualifizierung <strong>im</strong> Unternehmen.<br />

„Bei der Arbeit in der Akademie haben<br />

wir die Herausforderungen der Zukunft<br />

und die Veränderungen in den globalen<br />

Märkten <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Blick“, so Niggemann.<br />

„Lebenslange Aus- und Weiterbildung und<br />

kontinuierlicher Wissensauf bau gehören<br />

dabei zu den wichtigsten Anliegen.“<br />

Gleichzeitig sichern die Aktivitäten der<br />

Akademie auch den qualifizierten Nachwuchs:<br />

interessante Projekte für Schüler,<br />

attraktive Ausbildungsangebote sowohl<br />

<strong>im</strong> technischen wie <strong>im</strong> kaufmännischen<br />

Bereich und die enge Zusammenarbeit<br />

60 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

mit Hochschulen sichern das Fortkommen<br />

des Unternehmens.<br />

Ein aktuelles Beispiel für die Notwendigkeit<br />

der Anpassung von Lerninhalten<br />

ist in diesem Zusammenhang das Trendthema<br />

Industrie 4.0. Automatisierungstechnik,<br />

Software und IT-Kommunikation<br />

bilden die Basis für Industrie 4.0. Nach<br />

Dampfmaschine, Fließbandproduktion<br />

und Einführung der SPS-Steuerungen<br />

zur Automatisierung der Produktion<br />

beschreibt Industrie 4.0 die nächste Stufe<br />

der industriellen Produktion, in der sich<br />

intelligente Systeme über das Internet<br />

miteinander vernetzen. Am Ende steht<br />

die Vision der Smart Factory, die sich weitestgehend<br />

selbst steuert und damit eine<br />

hoch flexible und effiziente Produktion<br />

ermöglicht. „Die Aus- und Weiterbildung<br />

muss vor diesem Hintergrund systemtechnisch<br />

und praxisorientiert angepasst<br />

werden“, so Eberhard Niggemann.<br />

Im Fokus steht dieser interdisziplinäre sowie<br />

system- und praxisorientierte Ansatz,<br />

der den Mitarbeitern auch die nötigen<br />

sozialen wie persönlichen Kompetenzen<br />

an die Hand gibt, um mit den neuen<br />

fachlichen wie arbeitsorganisatorischen<br />

Anforderungen zurechtzukommen. Während<br />

früher die s<strong>im</strong>ple Abfolge ‚Klemme<br />

plus Schraubendreher ergibt Verbindung‘<br />

für die Anwendungen der Kunden von<br />

Weidmüller ausreichte, präsentiert sich<br />

die Lösungsfindung heute weitaus komplexer:<br />

„Hardware, die aus mehreren Untersystemen<br />

besteht, muss mit Software nicht<br />

nur kombiniert werden, sondern es ist ein<br />

grundlegendes Verständnis notwendig,<br />

wie die Kombination als System Probleme<br />

lösen kann“, so Niggemann. „Vor diesem<br />

Hintergrund überführen wir derzeit z. B.<br />

Produktschulungen in Systemschulungen.“<br />

Ein Thema, dass nicht erst bei der Fortund<br />

Weiterbildung oder in Kunden-<br />

Trainings Anwendung findet: schon in<br />

der Ausbildung wird auf eine engere<br />

Kooperation der Auszubildenden der<br />

unterschiedlichen Berufsrichtungen<br />

höchster Wert gelegt: „Schon <strong>im</strong> ersten<br />

Lehrjahr bringen wir z. B. Mechatroniker<br />

und Elektroniker mit Werkzeug- und<br />

Industriemechanikern und Produktdesignern<br />

zusammen“, erklärt Niggemann.<br />

„Hierdurch bilden sich frühzeitig Netzwerke<br />

und jeder kann seine eigene Fachexpertise<br />

zur Problemlösung einbringen.“<br />

Internationalisierter<br />

Wissenstransfer<br />

Zum Fortkommen des Unternehmens<br />

zählt ebenso der faire Umgang mit Kunden<br />

und Partnern. Speziell entwickelten<br />

Trainings fortlaufend über die neuesten<br />

Technologien sowie über unsere Produkte<br />

und ihre Anwendungen, die Schaffung<br />

von Lösungen und die Schulung in speziellen<br />

Anwendungen für externe Partner<br />

ist ein weiteres großes Betätigungsfeld<br />

der Weidmüller Akademie. Institutionalisiert<br />

<strong>im</strong> „Industrial Training Center“ (ITC)<br />

werden die Inhalte zielgenau aufbereitet<br />

und von Weidmüller Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern aus der ganzen Welt<br />

in der ganzen Welt geschult.<br />

Neben stationären Trainings in Detmold<br />

oder vor Ort bei Partnern und Kunden<br />

besteht <strong>im</strong> Trainingscenter ebenso die<br />

Möglichkeit, Inhalte über Webinare oder<br />

Web-based Trainings abzuhalten. Ein<br />

weiteres Ziel der Weidmüller Akademie<br />

ist der Wissenstransfer. „Die Akademie ist<br />

ein Ort der intelligenten Vernetzung zwischen<br />

Unternehmen, Kunden, Partnern,<br />

Schulen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen,<br />

der Region und der Gesellschaft“,<br />

erklärt der Akademieleiter, der<br />

damit auch den Begriff der Verbindung<br />

über den Horizont der Weidmüller Produktwelt<br />

gegeben sieht. Um die Innovationsfähigkeit<br />

unseres Unternehmens zu<br />

erhalten und auszubauen, wurde hierfür<br />

ein umfassendes Netzwerk aufgebaut:<br />

„Neben der Wissensvermittlung und der<br />

Nachwuchsförderung, der Innovationsfreude<br />

des Unternehmens und nicht zuletzt<br />

der Beantwortung der drängenden<br />

Fragen unserer Zeit geht es ebenso um<br />

die Vermittlung von sozialen Werten.“<br />

Einen besonderen Stellenwert für die<br />

Branche <strong>im</strong> Allgemeinen und Weidmüller<br />

<strong>im</strong> Speziellen n<strong>im</strong>mt der asiatische Wirtschaftsraum<br />

ein. Aus diesem Grunde<br />

wurde 2011 die Weidmüller Academy<br />

Asia gegründet, um die beschriebenen<br />

Kompetenz auch in China und der Asien-<br />

Pazifik-Region auszubauen. Konzept und<br />

Umsetzung der Asia Academy sind eng<br />

angelehnt an die „Mutter“ in Detmold:<br />

„Auch in Shanghai konzentrieren wir uns<br />

auf die interne und externe Wissensvermittlung,<br />

die Netzwerkarbeit zu Kunden<br />

und Partnern sowie die Ausbildung von<br />

Sozialkompetenzen speziell bei jüngeren<br />

Kolleginnen und Kollegen“, erklärt<br />

Niggemann.<br />

Dass Weidmüller mit der Umsetzung<br />

des Akademie-Konzepts das Thema Aus-,<br />

Weiter- und Fortbildung sowie die Netzwerkarbeit<br />

erfolgreich professionalisiert<br />

hat, bestätigen auch unabhängige Instanzen:<br />

in den letzten Jahren wurden<br />

gleich mehrere renommierte Preise und<br />

Auszeichnungen gewonnen, darunter die<br />

Auszeichnung als „Ort des Fortschritts“<br />

durch die Landesregierung. „Wichtiger<br />

noch als die Auszeichnung von außen<br />

ist für uns die Anerkennung <strong>im</strong> Unternehmen<br />

und in unserem Netzwerk“, gibt<br />

Eberhard Niggemann zu bedenken. „Die<br />

spüren wir vor allem dadurch, dass unsere<br />

Angebote <strong>im</strong>mer stärker nachgefragt<br />

werden und aus dem ursprünglichen<br />

Projekt Akademie in den vergangenen<br />

nunmehr elf Jahren des Bestehens eine<br />

Institution mit international hervorragendem<br />

Ruf geworden ist.“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

61


Armacell<br />

Technische Dämmstoffe mit<br />

glänzender Ökobilanz<br />

Die Dämmung technischer Anlagen ist der Schlüssel zur Steigerung der Energieeffizienz – in<br />

gewerblichen und Wohngebäuden, bei Industrieanwendungen und in der Öl- und Gasbranche.<br />

Denn wo Energie erzeugt, transportiert oder gespeichert wird, kann ein Teil der wertvollen Ressource<br />

verloren gehen, wenn die Anlagen nicht oder unzureichend gedämmt sind. Angesichts<br />

weiter steigender Energiekosten und strengerer Energiespargesetze amortisiert sich der Einsatz<br />

technischer Dämmmaterialien <strong>im</strong>mer schneller und die Anlagenisolierung ist schon heute die<br />

Energiesparmaßnahme mit dem höchsten Return on Investment (ROI). Außerdem ist sie der<br />

kostengünstigste Weg zu einem geringeren CO 2<br />

-Ausstoß.<br />

Von Nina Laumann<br />

Als ein weltweit führender Hersteller<br />

von flexiblen technischen Dämmstoffen,<br />

die in Millionen von Installationen<br />

auf der ganzen Welt eingesetzt wurden,<br />

leistet Armacell einen erheblichen Beitrag<br />

zur Reduktion von Treibhausgasen.<br />

Mit der Jahresproduktion von Armacell<br />

Dämmstoffen wird so viel Energie eingespart,<br />

wie die 200.000 Haushalte von<br />

Las Vegas in einem Jahr benötigen. Heute<br />

beschäftigt das Unternehmen mehr als<br />

2.200 Mitarbeiter auf der ganzen Welt<br />

62 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

und betreibt 20 Produktionsstandorte<br />

in 13 Ländern auf vier Kontinenten.<br />

Mit Werken in China, Thailand, Indien,<br />

Brasilien, Saudi-Arabien und jüngst in<br />

Südkorea hat Armacell früh neue geografische<br />

Märkte erschlossen und wird in<br />

aufstrebenden Märkten weiter wachsen.<br />

Armacell Produkte werden in 88 Ländern<br />

rund um den Globus vertrieben und<br />

installiert.<br />

Dämmstoffe von Armacell sparen<br />

140 Mal mehr Energie ein<br />

Dämmstoffe von Armacell zählen zu<br />

den wenigen industriell gefertigten<br />

Erzeugnissen, die <strong>im</strong> Laufe ihres Produktlebens<br />

mehr Energie einsparen<br />

als zu ihrer Herstellung benötigt wird.<br />

Bereits <strong>im</strong> Jahr 2007 hat Armacell erstmals<br />

eine umfassende Ökobilanz für<br />

seine Produkte aufgestellt. Die Ökobilanz<br />

(englisch: Life Cycle Assessment, LCA)<br />

dient der systematischen Untersuchung<br />

der Umweltauswirkungen von industriellen<br />

Erzeugnissen. Dabei wird der<br />

komplette Lebensweg eines Produkts<br />

„von der Wiege bis zur Bahre“ nachgezeichnet.<br />

Einbezogen werden dabei alle<br />

Prozesse, wie etwa die Ressourcengewinnung,<br />

Energiebereitstellung, Herstellung,<br />

Transportleistungen sowie die Nutzung<br />

und Entsorgung der Produkte. Schwerpunkt<br />

der Armacell LCA-Analyse ist eine<br />

Gegenüberstellung des Energieaufwands<br />

bei der Herstellung der Produkte zur<br />

Energieeinsparung während ihrer Lebensdauer.<br />

Das Ergebnis ist eine spezifische<br />

„Energie- und CO 2<br />

-Bilanz“.<br />

Energetische Amortisation nach nur<br />

50 Tagen<br />

Zur Produktion von Armaflex werden<br />

durchschnittlich 0,4 l Öl pro laufenden<br />

Meter Armaflex benötigt. Durch den<br />

Einsatz einer Armaflex Dämmung in<br />

einer Kälte / Kl<strong>im</strong>a- bzw. Heizungsanlage<br />

werden dagegen jährlich rund<br />

3 l Öl eingespart. Bei einer Lebensdauer<br />

von 20 Jahren können durchschnittlich<br />

65 l Öl – also das 140-Fache des Energieeinsatzes<br />

– eingespart werden. Der zur<br />

Herstellung von Armaflex notwendige<br />

Energieaufwand hat sich bereits nach<br />

nur 50 Tagen amortisiert.<br />

Auch die Kl<strong>im</strong>abilanz überzeugt: Während<br />

bei der Produktion des Elastomermaterials<br />

rund 0,5 kg CO 2<br />

pro laufenden<br />

Meter Armaflex emittieren, verhindert<br />

das Produkt durchschnittlich den Ausstoß<br />

von 80 kg CO 2<br />

bei einer Nutzungsdauer<br />

von 20 Jahren. Das bedeutet, dass<br />

Armaflex 150 Mal mehr Treibhausgas-<br />

Emissionen einspart, als während der<br />

Herstellung emittiert werden.<br />

Armaflex, die weltweit bekannteste Marke<br />

für flexible technische Dämmungen,<br />

spart 140 Mal mehr Energie ein, als für<br />

seine Produktion erforderlich ist. Fachmännisch<br />

installiert, reduziert es den<br />

Einsatz wertvoller Energieressourcen<br />

und vermindert so den Ausstoß von<br />

Treibhausgasen.<br />

Betrachtet man ausschließlich den Bereich<br />

der Heizungsapplikationen, ist<br />

die Bilanz sogar noch positiver: Auf diesen<br />

Anlagen installiert, spart Armaflex<br />

270 Mal mehr Energie und rund 500<br />

Mal mehr CO 2<br />

ein, als zur Herstellung<br />

benötigt wurde.<br />

Opt<strong>im</strong>ale Dämmung ist der<br />

Schlüssel zur Energieeffizienz<br />

Das Baugewerbe ist eine der rohstoffund<br />

energieintensivsten Industrien. Der<br />

Gebäudesektor ist die größte Einzelquelle<br />

des weltweiten Rohstoffeinsatzes und<br />

größter Verursacher von Treibhausgas-<br />

Emissionen. Rund 30 % aller Rohstoffe<br />

werden für die Errichtung und Instandhaltung<br />

von Gebäuden eingesetzt.<br />

30 bis 40 % der Treibhausgase resultieren<br />

aus dem Bau, der Nutzung oder<br />

der Entsorgung von Gebäuden. In den<br />

Industrieländern fließt viel Energie in<br />

das Verkehrswesen und die Industrie,<br />

doch der größte Teil – rund 40 % des<br />

europäischen Energieverbrauchs – entfällt<br />

auf die Gebäude. Der Großteil dieser<br />

Energie dient der Beheizung und<br />

Kühlung. In Europa entfallen derzeit<br />

rund 70 % auf die Beheizung, wobei die<br />

Kl<strong>im</strong>atisierung auf dem Vormarsch ist. Es<br />

wird prognostiziert, dass sich der Einsatz<br />

der Kl<strong>im</strong>atechnik bis 2030 verdreifacht.<br />

Energieeffizienz ist die wichtigste Energiequelle,<br />

um in Zukunft den wachsenden<br />

Energiebedarf zu decken und<br />

das Kl<strong>im</strong>a zu schützen. Der Schlüssel<br />

zur Energieeffizienz ist die Dämmung.<br />

Opt<strong>im</strong>ale technische Dämmungen sind<br />

eine der einfachsten, kostengünstigsten<br />

und am schnellsten umzusetzenden<br />

Maßnahmen, die Energieeffizienz zu<br />

steigern.<br />

Links: Die Dämmung technischer Anlagen<br />

mit Armacell Produkten steigert die<br />

Energieeffizienz und vermindert so den<br />

Ausstoß schädlicher Treibhausgase.<br />

Rechts: Armacell Dämmstoffe werden seit<br />

nunmehr 60 Jahren weltweit eingesetzt;<br />

sie schützen z. B. auch die Luftkanäle <strong>im</strong><br />

Empire State Building vor Energieverlusten.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

63


CEWE<br />

CEWE: Wo Qualität auf<br />

Verantwortung trifft<br />

Unternehmerisches Denken und Handeln sind bei CEWE von Innovationskraft und Langfristigkeit<br />

geprägt. Seit der Firmengründung vor über 50 Jahren gehen Qualitätsanspruch und Verantwortung<br />

gegenüber der Umwelt, den Mitarbeitern, den Kunden, Lieferanten und Aktionären<br />

Hand in Hand. Wir wägen sorgsam ab, was mit welchen Mitteln zu wessen Wohl geschieht und<br />

welche Auswirkungen dies auf morgen hat.<br />

Von Dr. Christine Hawighorst<br />

Im Jahr 2005 haben wir das CEWE FOTO-<br />

BUCH auf den Markt gebracht. Schnell<br />

entwickelte es sich zu Europas beliebtestem<br />

Fotobuch und dient vielen Menschen<br />

dazu, schöne Momente – wie Hochzeiten,<br />

Reisen und Geburtstage – über<br />

Generationen hinweg festzuhalten. Bei<br />

der Produktion eines CEWE FOTOBUCHs<br />

spielen Aspekte nachhaltigen Handelns<br />

eine große Rolle. Jedes Buch beginnt damit,<br />

dass unsere Kunden an Computern,<br />

Tablets oder Handys ihre Lieblingsfotos<br />

zusammenstellen und daraus ein individuelles<br />

Buch gestalten. Die Daten werden<br />

bei Handelspartnern <strong>im</strong> Geschäft oder<br />

online an uns weitergeleitetet und in<br />

unseren Rechenzentren erfasst.<br />

Bereits hier startet für uns der Umweltschutz:<br />

2011 realisierten wir unter modernsten<br />

ökologischen Aspekten der<br />

Green IT den Neubau unseres Rechenzentrums<br />

am Standort Oldenburg. 2013<br />

erhielten wir hierfür – als eines der ersten<br />

vier Rechenzentren in <strong>Deutschland</strong><br />

– den Blauen Engel. Jährlich sparen wir<br />

nun 150 t CO 2<br />

-Emissionen ein.<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz hat bei CEWE eine hohe<br />

Relevanz: Wir beteiligen uns am ertemis-<br />

Projekt (European Research and Transfer<br />

Network for Environmental Management<br />

Information Systems). Das Forschungsnetzwerk<br />

wurde ins Leben gerufen, um<br />

eine umweltgerechte Ausrichtung der IT-<br />

Infrastruktur (Green IT) in Unternehmen<br />

zu forcieren. Beteiligte Hochschulen<br />

bringen den jeweils aktuellen wissenschaftlichen<br />

Stand in das Netzwerk ein,<br />

so dass neue Erkenntnisse und kl<strong>im</strong>aschonende<br />

Ansätze frühzeitig einen Weg<br />

in die Wirtschaft finden.<br />

Papier aus nachhaltiger<br />

Forstwirtschaft<br />

Nachdem der Server die Fotobuchdaten<br />

geordnet hat, schickt er diese weiter zu<br />

unseren Druckmaschinen. Wir verwenden<br />

ausschließlich FSC®-zertifiziertes<br />

Papier. Die Regeln des Forest Stewardship<br />

Council® verlangen, dass die gesamte<br />

Verarbeitungs- und Handelskette vom<br />

Wald bis zum Großhändler lückenlos<br />

zertifiziert sein muss. Nur solche Betriebe,<br />

die den Anforderungen entsprechen,<br />

können FSC®-Produkte mit dem FSC®-<br />

Label kennzeichnen. Unsere deutschen<br />

Betriebe sind bereits seit 2010 zertifiziert,<br />

die europaweiten Standorte folgten 2011.<br />

Sicherheit am Arbeitsplatz<br />

Arbeitssicherheit gilt für uns als wichtige<br />

Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern<br />

und der Gesellschaft. Alle neu<br />

installierten Anlagen und Verfahren<br />

entsprechen den geltenden nationalen<br />

und internationalen Normen und Gesetzen<br />

und unterschreiten vorgegebene<br />

64 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

verwenden müssen. Außerdem konnten<br />

wir den Wasserverbrauch insgesamt von<br />

5,5 Liter pro qm <strong>im</strong> Jahr 2004 auf heute<br />

2,2 Liter weit mehr als halbieren. Auch<br />

das für die Fotoentwicklung benötigte<br />

Silber gewinnen wir zu 95 Prozent zurück<br />

und leisten so einen Beitrag zur<br />

Schonung wertvoller Ressourcen.<br />

uns auferlegt haben, schriftlich informiert<br />

und tragen diese in vollem Umfang mit.<br />

In den Jahren 2012 und <strong>2014</strong> haben wir<br />

in China umfangreiche Lieferantenaudits<br />

durchgeführt, und vor Ort insbesondere<br />

auf die Aspekte Menschenrechte, Arbeitsnormen,<br />

Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung<br />

geachtet.<br />

Umweltschutz be<strong>im</strong> Versand<br />

Umfassender Umweltschutz<br />

Unten: Der Nachhaltigkeitskreis um<br />

Vorstand Andreas F. L. Heydemann sorgt<br />

für Verbindlichkeit und Umsetzung des<br />

nachhaltigen Engagements.<br />

Damit die Bücher vor und während des<br />

Versandes geschützt sind, umhüllen<br />

wir sie mit einer Folie und mit einem<br />

Karton. Die Versandtasche ist ebenfalls<br />

aus Pappe. In der gesamten Verpackung<br />

An den Produktionsstandorten Oldenburg,<br />

Mönchengladbach, München und<br />

Eschbach haben wir ein Umweltmanagementsystem<br />

gemäß DIN EN ISO 14001<br />

aufgebaut, in die Praxis umgesetzt und<br />

zertifiziert. Das System beschreibt den<br />

kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

in Bezug auf alle Umweltleistungen. Wir<br />

erarbeiten stetige Fortschritte sowohl bei<br />

der Reduzierung der CO 2<br />

-Emissionen<br />

als auch bei der Verbesserung der Energiebilanz.<br />

Insgesamt konnten wir <strong>im</strong><br />

letzten Jahr durch Green IT, Logistik<br />

und durch Energieeinsparungen 1.300 t<br />

CO 2<br />

einsparen.<br />

Grenzwerte möglichst zum Wohl der<br />

Gesundheit von Mitarbeitern und der<br />

Umwelt. So werden beispielsweise Dämpfe<br />

verwendeter Klebstoffe (zum Fertigen<br />

des Buchinnenteils) sorgfältig abgesaugt<br />

und gereinigt. Alle bei der Herstellung<br />

des CEWE FOTOBUCHs eingesetzten<br />

Druckerfarben sind lebensmittelecht<br />

und frei von schädlichen Stoffen.<br />

Recyclingkreisläufe<br />

stecken nur 3 Prozent Plastik. Seit April<br />

2010 versendet CEWE deutschlandweit<br />

alle Sendungen <strong>im</strong> Bereich Mailorder<br />

mit GoGreen der Deutschen Post oder<br />

UPS Carbon Neutral. So werden unsere<br />

transportbezogenen Emissionen durch<br />

externe Kl<strong>im</strong>aschutzprojekte ausgeglichen.<br />

Verantwortung fängt bei unseren<br />

Zulieferern an<br />

Im Jahr 2013 haben über 5,8 Millionen<br />

CEWE FOTOBUCH Exemplare unsere<br />

Produktionsanlagen verlassen. Bei jedem<br />

einzelnen haben wir unsere professionelle<br />

Leidenschaft für das Thema<br />

Nachhaltigkeit an den Tag gelegt. Alle<br />

Mitarbeiter und insbesondere der Nachhaltigkeitskreis<br />

unter der Führung von<br />

Vorstand Andreas F. L. Heydemann<br />

tragen dafür Sorge, dass dies auch in<br />

Zukunft so bleibt.<br />

Wenn unsere Kunden ihr CEWE FOTO-<br />

BUCH auf echtem Fotopapier bestellen,<br />

werden die Fotos <strong>im</strong> Silberhalogenid-Verfahren<br />

entwickelt. Die hierfür benötigten<br />

Verarbeitungsbäder nutzen wir in einem<br />

ständigen Kreislauf und recyceln sie zu 89<br />

Prozent. Dadurch haben wir – gerechnet<br />

auf die Menge des eingesetzten Wassers<br />

pro Jahr – in der gesamten CEWE Gruppe<br />

weniger als drei Prozent Chemikalien<br />

Wir stellen hohe Ansprüche an unsere<br />

Lieferanten. Dort, wo es möglich ist, arbeiten<br />

wir mit lokalen Anbietern. Für die<br />

Produktion und das benötigte Material<br />

bedeutet dies, dass wir zu über 70 Prozent<br />

in <strong>Deutschland</strong> und <strong>im</strong> europäischen<br />

Wirtschaftsraum und zu unter 30 Prozent<br />

<strong>im</strong> außereuropäischen Ausland einkaufen.<br />

Sämtliche relevanten Lieferanten sind<br />

über die <strong>Compliance</strong>-Richtlinien, die wir<br />

Dr. Christine Hawighorst ist Leiterin<br />

Corporate Social Responsibility und<br />

Public Relations bei CEWE.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

65


E.ON<br />

SmartRegion Pellworm –<br />

Saubere Energie aus<br />

regionaler Erzeugung<br />

Wie die Energieversorgung der Zukunft aussehen kann, lässt sich seit September 2013 auf der<br />

Nordseeinsel Pellworm beobachten. Der Düsseldorfer Energiekonzern E.ON hat dort gemeinsam<br />

mit der Schleswig-Holstein Netz AG das erste intelligente Stromnetz in Norddeutschland<br />

in Betrieb genommen. Mit dem Projekt „SmartRegion Pellworm“ zeigen sie <strong>im</strong> Kleinen, wie die<br />

Energiewende <strong>im</strong> Großen gelingen kann.<br />

Von Ulrich Spaetling<br />

Die kleine Nordseeinsel Pellworm ist aktuell<br />

ganz weit vorn. Denn derzeit wird<br />

auf Pellworm <strong>im</strong> Kleinen erprobt, was<br />

künftig in größerem Maßstab andernorts<br />

zur Beschleunigung der Energiewende beitragen<br />

kann: Auf Pellworm läuft das erste<br />

intelligente Stromnetz Norddeutschlands.<br />

Ein Netz, mit dem getestet wird, wie man<br />

die vor Ort regenerativ erzeugte Energie<br />

auch vor Ort verwerten kann, um so<br />

die Abhängigkeiten vom überregionalen<br />

Stromtransport und den dafür notwendigen<br />

Netzausbau reduzieren zu können.<br />

Die drittgrößte der nordfriesischen Inseln<br />

birgt dafür opt<strong>im</strong>ale Voraussetzungen:<br />

HanseWerk, eine E.ON-Tochter, betreibt<br />

dort seit Mitte der 1980er Jahre ein leistungsfähiges<br />

Hybridkraftwerk. Es wurde<br />

2004 modernisiert und produziert heute<br />

in Spitzenzeiten etwas mehr als ein Megawatt<br />

Leistung aus Wind- und Sonnenkraft.<br />

Bei opt<strong>im</strong>alen Verhältnissen produzieren<br />

alle regenerativen Erzeugungsanlagen<br />

auf der Insel etwa drei Mal so viel Strom,<br />

wie die rund 600 Haushalte der Insel<br />

verbrauchen.<br />

66 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

In Zeiten hohen Energieverbrauchs<br />

mussten die Insulaner dennoch weiter<br />

Strom über zwei Seekabel vom Festland<br />

<strong>im</strong>portieren. Denn Stromproduktion und<br />

-verbrauch erfolgen nicht zeitgleich, und<br />

effektive Speichermöglichkeiten für den<br />

überschüssigen Strom fehlten bislang.<br />

War der Stromverbrauch auf der Insel<br />

dagegen gering, wurde die überschüssige<br />

Energie auf dem umgekehrten Weg<br />

ins schleswig-holsteinische Stromnetz<br />

eingespeist.<br />

Ziel: hohe Eigennutzung des<br />

erzeugten Stroms<br />

Sowohl be<strong>im</strong> Import als auch be<strong>im</strong><br />

Export von Energie über die Seekabel<br />

treten jedoch Verluste und damit Kosten<br />

auf. Mit dem Projekt „SmartRegion<br />

Pellworm“ wollen E.ON und die Schleswig-Holstein<br />

Netz AG das ändern. Unter<br />

anderem gilt es herauszufinden, wie<br />

weit sich die Abhängigkeit der Insel<br />

vom Festlandstrom senken lässt. Und<br />

zwar zu bezahlbaren Preisen und ohne<br />

Abstriche bei der Versorgungssicherheit.<br />

Die Bundesregierung hat daher die<br />

„SmartRegion Pellworm“ zu einem von<br />

sechs Leuchtturmprojekten ihrer „Förderinitiative<br />

Energiespeicher“ erkoren.<br />

Das Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Energie fördert die Modellregion.<br />

Das Investitionsvolumen liegt bei knapp<br />

zehn Millionen Euro. Geld, das zukunftsträchtig<br />

angelegt ist – und nicht nur den<br />

Einwohnern von Pellworm den Weg in<br />

eine nachhaltige Energieversorgung auf<br />

regionaler Basis ebnet.<br />

Gelingen soll das über ein sogenanntes<br />

„Smart Grid“ – ein intelligentes Stromnetz<br />

–, über das die Energieflüsse gesteuert<br />

werden. Zu dem Konzept gehören<br />

auch Möglichkeiten, Strom direkt zu<br />

speichern und zu einem späteren Zeitpunkt<br />

bedarfsgerecht wieder bereitzustellen<br />

oder ihn beispielsweise in später<br />

benötigte Wärme umzuwandeln und<br />

diese zu speichern. Das Prinzip dahinter<br />

ist schlüssig: Wird auf Pellworm viel<br />

Strom erzeugt, wird der „grüne“ Strom<br />

in leistungsstarken Batterien, Haushaltsspeichern,<br />

in Elektroautos oder über<br />

Elektrospeicherheizungen gespeichert.<br />

Gibt es kaum Wind oder Sonne, speisen<br />

die Batterien den Strom wieder ins Netz<br />

der Insel – so wird die vor Ort erzeugte<br />

Energie auch vor Ort genutzt.<br />

In der Praxis ist dies leichter gesagt als<br />

getan. Denn soll die Spannung <strong>im</strong> Stromnetz<br />

stabil bleiben, müssen Stromerzeugung<br />

und -verbrauch gleich groß<br />

sein. Gleichzeitig sollen Sonnen- und<br />

Windenergie aber einen möglichst hohen<br />

Ertrag liefern – wodurch das Stromnetz<br />

wiederum an die Grenzen seiner<br />

Belastbarkeit zu gelangen droht. Um<br />

Stromausfälle zu vermeiden, muss der<br />

regenerativ erzeugte Strom also möglichst<br />

opt<strong>im</strong>al verwertet werden.<br />

Intelligent vernetzt: Energieerzeuger,<br />

-verbraucher und -speicher<br />

Auf Pellworm geschieht dies über ein<br />

integriertes System, das Energieerzeuger,<br />

-verbraucher und -speicher auf der Insel<br />

über Datenleitungen miteinander vernetzt<br />

und die Energieflüsse intelligent<br />

steuert. Die vorhandene Strominfrastruktur<br />

auf der Insel wurde dafür durch<br />

mehrere hochmoderne Komponenten<br />

ergänzt.<br />

Namhafte Partner aus Wissenschaft<br />

und Industrie bringen sich dabei mit<br />

ihrer Expertise ein, darunter die RWTH<br />

Aachen, die FH Westküste, das Fraunhofer-Anwendungszentrum<br />

Systemtechnik<br />

und der Nürnberger Batteriespezialist<br />

Saft Batterien.<br />

Letzterer produziert die Lithium-Ionen-<br />

Batterien, die mit einer Speicherkapazität<br />

von 560 Kilowattstunden ein zentraler<br />

Baustein des Projekts sind. Die<br />

Hochleistungsspeicher lassen sich binnen<br />

kürzester Zeit laden und entladen<br />

und taugen dadurch als Kurzzeitspeicher<br />

für die auf Pellworm erzeugte Energie.<br />

Sie ergänzen die sogenannte Redox-<br />

Flow-Batterie, die als Langzeitspeicher<br />

fungiert.<br />

Wind- und Sonnenstrom, der nicht direkt<br />

verbraucht wird, kann durch Kombination<br />

dieser innovativen Energietechnologien<br />

für wind- und sonnenarme Zeiten<br />

gespeichert werden, was in dieser Form<br />

neu ist. Auch mit dem Einsatz von zwei<br />

regelbaren Ortsnetz-Transformatoren<br />

betreten die Projektbeteiligten Neuland.<br />

Die Trafos zählen zu den ersten dieser<br />

Art in Schleswig-Holstein und regeln<br />

die Spannung <strong>im</strong> Netz automatisch,<br />

gewährleisten so eine stabile und sichere<br />

Stromversorgung der Insel mit grüner<br />

Energie.<br />

Smarte Region, smarte Technik<br />

Für Stabilität sorgt zudem die Leistungselektronik<br />

des bayerischen Spezialausrüsters<br />

Gustav Klein. Sie bildet die<br />

Schnittstelle zwischen den Lithium-<br />

Ionen-Batterien und dem Netz und<br />

wandelt den Wechselstrom aus dem<br />

Netz in Gleichstrom um, damit dieser<br />

in Batterien gespeichert werden kann.<br />

Be<strong>im</strong> Entladen stellt das System sicher,<br />

dass der Gleichstrom aus der Batterie in<br />

Wechselstrom gewandelt wird.<br />

Opt<strong>im</strong>iert wird das Zusammenspiel der<br />

einzelnen Bausteine durch ein von Fraunhofer-Forschern<br />

entwickeltes Energiemanagementsystem.<br />

Das sammelt permanent<br />

Daten wie Sonneneinstrahlung,<br />

Windgeschwindigkeit, Temperatur und<br />

weiß um die aktuellen Verbrauchsund<br />

Erzeugungswerte auf der Insel.<br />

Auf dieser Grundlage sorgt es für eine<br />

ständige Balance zwischen Energieerzeugung<br />

und -verbrauch. Selbst Feiertage<br />

oder Veranstaltungen und die damit<br />

einhergehenden Änderungen <strong>im</strong> Stromverbrauch<br />

fließen in die Prognose ein.<br />

<strong>2014</strong> startete das Projekt in den Testbetrieb.<br />

Diese Demonstrationsphase wird<br />

zeigen, wie die einzelnen Bausteine<br />

zusammenspielen, wie die Energiespeicher<br />

opt<strong>im</strong>al mit den Erzeugungsanlagen<br />

verknüpft werden können und wo<br />

eventuell nachgesteuert werden muss.<br />

Außerdem wird sich <strong>im</strong> Testbetrieb<br />

zeigen, inwieweit die schwankende<br />

Einspeisung erneuerbarer Energien<br />

auf Pellworm abgefedert und deren<br />

Verwertung vor Ort verbessert werden<br />

kann – und inwieweit dies auch in<br />

anderen Regionen <strong>Deutschland</strong>s oder<br />

Europas möglich sein wird.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

67


MAN<br />

Diese Entwicklungen stellen nicht nur<br />

eine politische Herausforderung dar –<br />

auch die Transport- und Logistikbranche<br />

ist gefragt: Lkw und Busse sollen<br />

möglichst wenig CO 2<br />

-Emissionen ausstoßen<br />

und hohe Sicherheitsstandards<br />

erfüllen. Und auch von Schiffen wird<br />

zunehmend gefordert, dass sie Güter<br />

möglichst schadstofffrei von A nach B<br />

bringen. Neue Anforderungen, die uns<br />

bei MAN zu Höchstleistungen antreiben.<br />

Effizienz in der Nutzungsphase<br />

Eigenschaften wie Effizienz, Kl<strong>im</strong>afreundlichkeit<br />

und Sicherheit spielen<br />

eine zentrale Rolle in der Produktentwicklung<br />

von MAN. Dabei konzentrieren<br />

wir uns auf den Bereich, in dem wir das<br />

größte Opt<strong>im</strong>ierungspotenzial sehen –<br />

die Nutzungsphase. Unsere Produkte<br />

sind oftmals mehrere Jahrzehnte <strong>im</strong><br />

Einsatz, womit bis zu über 90 Prozent der<br />

entstehenden Treibhausgasemissionen<br />

auf ihre Nutzung entfallen.<br />

MAN kann Zukunft<br />

Wie erfolgreich die Teilkonzerne MAN<br />

Truck & Bus und MAN Diesel & Turbo<br />

darin sind, effiziente und nachhaltige<br />

Produkte für Fernverkehr und Schifffahrt<br />

zu entwickeln, konnten wir jüngst<br />

auf den wichtigsten Leitmessen unserer<br />

beiden Geschäftsbereiche beweisen: der<br />

IAA Nutzfahrzeuge und der SMM für die<br />

marit<strong>im</strong>e Industrie.<br />

IAA: Bus überzeugt Jury<br />

Nutzfahrzeuge und Schiffsantriebe müssen nicht mehr nur<br />

leistungsfähig und sicher sein, sondern auch strengen<br />

Umweltanforderungen entsprechen: spätestens damit sind<br />

Megatrends wie Kl<strong>im</strong>awandel und Urbanisierung in der<br />

Nutzfahrzeug- und Maschinenbau-Branche angekommen.<br />

Effizienz und umweltfreundlichere Antriebe stehen damit<br />

zunehmend <strong>im</strong> Vordergrund bei der Produktentwicklung.<br />

Auf den zwei wichtigsten Leitmessen für Nutzfahrzeuge und<br />

Schifffahrt präsentierte MAN zukunftsweisende Transportund<br />

Energielösungen.<br />

Mit einem breiten Spektrum effizienter<br />

Lkw und Busse konnte MAN auf der<br />

IAA Nutzfahrzeuge <strong>2014</strong> in Hannover<br />

überzeugen: Einen Blick in die Zukunft<br />

des Fernverkehrs gewährte das MAN<br />

Konzeptfahrzeug TGX Hybrid (siehe Foto<br />

links), das auf der Messe Publikumspremiere<br />

feierte. Der Hybridantrieb ermöglicht<br />

es, Bremsenergie zurückzugewin-<br />

IAA<br />

Nutzfahrzeuge<br />

Von Yvonne Benkert<br />

Die Mobilität von morgen erfordert neue<br />

Ideen: Bis 2030 rechnet das Bundesministerium<br />

für Verkehr und digitale<br />

Infrastruktur mit einer Zunahme des<br />

Transportaufkommens <strong>im</strong> Straßengüterverkehr<br />

in <strong>Deutschland</strong> um 17 Prozent<br />

gegenüber 2010 – in der Binnenschifffahrt<br />

sogar um 20 Prozent. Auch der<br />

Personenverkehr wird mit der Urbanisierung<br />

weiter steigen.<br />

Die IAA Nutzfahrzeuge ist die<br />

Weltleitmesse für Mobilität,<br />

Transport und Logistik. Unter<br />

dem Motto „Zukunft bewegen“<br />

präsentierten Ende September<br />

<strong>2014</strong> 2066 Aussteller aus 45<br />

Ländern. MAN Truck & Bus war<br />

mit einem breiten Spektrum effizienter<br />

Lkw und Busse auf rund<br />

10.000 Quadratmetern vertreten.<br />

68 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

nen, zu speichern und wieder zu nutzen.<br />

Das spart rund acht Prozent Kraftstoff<br />

und damit auch ebenso viel CO 2<br />

ein.<br />

Besonders punkten konnten wir mit<br />

unserem Lion’s City GL CNG, der auf der<br />

IAA Nutzfahrzeuge zum „Bus of the Year<br />

2015“ gekürt wurde. Der 18,75 Meter lange<br />

Gelenkbus wird mit Erdgas betrieben<br />

und liefert eine extrem schadstoffarme<br />

Lösung für die zunehmend verstopften<br />

Straßen großer Städte: Mit Biogas oder<br />

E-Gas betankt, fährt er annähernd CO 2<br />

-<br />

neutral. Die Auszeichnung signalisiert<br />

uns, dass MAN bei der Entwicklung nachhaltiger<br />

Fahrzeuge ganz vorne dabei ist.<br />

Dabei ist Nachhaltigkeit in unserem<br />

Unternehmen nicht nur zentral bei der<br />

Entwicklung neuer Produkte, sondern<br />

auch bei Fahrzeugen, die bereits <strong>im</strong><br />

Einsatz sind – wie die Produktlinie<br />

„MAN Originalteile ecoline“ zeigt. Mit<br />

ihr werden Altteile nach strengen Qualitätskriterien<br />

auf bereitet und erhalten<br />

so die Qualität eines Neuteils. Durch<br />

die Wiederverwendung schonen wir<br />

Ressourcen und sparen Energie. Und<br />

weil weniger Neuteile produziert werden<br />

müssen, wird auch der Emissionsausstoß<br />

gesenkt. Zugleich profitieren unsere<br />

Kunden: Die Kosten eines wieder auf bereiteten<br />

Altteils liegen durchschnittlich<br />

30 Prozent unter denen eines Neuteils.<br />

SMM: Lösungen für die Schifffahrt<br />

Auch in der Schifffahrt ist es das erklärte<br />

Ziel von MAN Diesel & Turbo, umweltschonende<br />

und kundengerechte Produkte<br />

zu entwickeln, die den Anforderungen<br />

der Zukunft gerecht werden. So bieten<br />

wir mit dem neuen High-Speed-Aggregat<br />

MAN 175D (siehe Foto rechts) den über<br />

den gesamten Lebenszyklus bislang effizientesten<br />

Motor auf dem Markt an.<br />

Die auf der SMM erstmals vorgestellte<br />

12-Zylinder-Version ist für den Antrieb<br />

von Fähren, Offshore-Versorgungsschiffen,<br />

Schleppern und Arbeitsbooten<br />

opt<strong>im</strong>iert und wird bereits 2015 an erste<br />

Pilotkunden geliefert.<br />

SMM<br />

Die SMM ist die weltweit führende<br />

Branchenveranstaltung der marit<strong>im</strong>en<br />

Wirtschaft. Im September<br />

<strong>2014</strong> fand sie mit mehr als 2100<br />

Ausstellern aus 67 Ländern unter<br />

dem Motto „Innovationen“ statt.<br />

Darunter fielen Themen wie marit<strong>im</strong>er<br />

Umweltschutz und marit<strong>im</strong>e<br />

Sicherheit. Auf 450 Quadratmetern<br />

präsentierte MAN Diesel & Turbo<br />

moderne Motoren für die Seefahrt<br />

und lud Besucher in die Eco Technology<br />

Lounge ein.<br />

Ein weiteres Highlight des MAN Messeauftritts<br />

war die Eco Technology Lounge,<br />

in der interessierten Besuchern MAN Dual-<br />

Fuel-Motoren und Abgasnachbehandlungstechnologien<br />

vorgestellt wurden:<br />

Der Einsatz von Erdgas als Brennstoff<br />

in den Mehrstoffmotoren hält CO 2<br />

- und<br />

Stickstoffemissionen von vorneherein<br />

niedrig. Durch die Abgasnachbehandlungstechnologien<br />

erreichen alle MAN<br />

Motoren die Abgasnormen der Internationalen<br />

Marit<strong>im</strong>e Organisation.<br />

Zwei Bereiche, ein Ansatz<br />

Ob <strong>im</strong> Fernverkehr oder in der Schifffahrt:<br />

Nicht nur die Leistungs-, sondern<br />

auch die Umweltanforderungen an die<br />

Produkte steigen. MAN antwortet mit<br />

effizienten Antrieben, die weniger CO 2<br />

-<br />

und Schadstoffemissionen freisetzen<br />

und damit auch Kosten einsparen. Dafür<br />

ist ein umfassendes Verständnis von<br />

Produktverantwortung zentral: MAN<br />

betrachtet den gesamten Produktlebenszyklus<br />

und berücksichtigt neben<br />

Umweltauswirkungen auch Faktoren<br />

wie Sicherheit, Gesundheit und gesellschaftspolitische<br />

Aspekte.<br />

In Zukunft wollen wir noch einen entscheidenden<br />

Schritt weitergehen und die<br />

Betrachtung unserer Produkte um zusätzliche<br />

Umweltauswirkungen ergänzen. So<br />

nehmen wir beispielsweise Versauerung,<br />

Sommersmog, Überdüngung und Ozonabbau<br />

in unsere Analysen auf. Denn wir<br />

sind überzeugt: Nur mit einem wirklich<br />

umfassenden Produktverständnis werden<br />

wir unserem Anspruch gerecht, auch<br />

weiterhin die Zukunft einer nachhaltigen<br />

Mobilität mitzugestalten.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

69


Miele<br />

Betrieblicher Umweltschutz bei Miele:<br />

Effizienz und Energiebedarf<br />

<strong>im</strong> Fokus<br />

Nicht nur bei den Geräten selbst, sondern auch in der Produktion der langlebigen Haus- und Gewerbegeräte<br />

von Miele spielen Energieeffizienz und Ressourcenschonung wichtige Rollen. Dies<br />

gilt <strong>im</strong> Unternehmen seit Jahrzehnten. Für die hohe Kontinuität seiner Nachhaltigkeitsstrategie<br />

erhielt Miele Ende vergangenen Jahres den Deutschen Nachhaltigkeitspreis.<br />

Energieeffizienz in der<br />

Infrastruktur<br />

Seit dem Geschäftsjahr 2012 / 2013 bis<br />

zum Geschäftsjahr 2013 / <strong>2014</strong> gelang eine<br />

Reduzierung des absoluten Energiebedarfs<br />

in Produktion und Infrastruktur um 8,1<br />

Prozent. Insgesamt um 18,4 Prozent wurde<br />

der Energieverbrauch <strong>im</strong> Unternehmen<br />

seit dem Jahr 2000 gemindert. Auch der<br />

spezifische Energiebedarf (Energieverbrauch<br />

pro Tonne Produkt) konnte <strong>im</strong><br />

Geschäftsjahr 2013 / <strong>2014</strong> von 1.368 Kilowattstunden<br />

(kWh) pro Tonne Produkt<br />

(2012 / 2013) um 6,8 Prozent auf 1.275<br />

kWh / Tonne Produkt reduziert werden.<br />

Sanierungsmaßnahmen in den Miele-<br />

Werken bildeten einen wichtigen Schwerpunkt<br />

<strong>im</strong> Jahr <strong>2014</strong> – einige Beispiele:<br />

Von Ursula Wilms<br />

Der konzernweite Umweltschutz ist ein<br />

zentrales Handlungsfeld der Miele Nachhaltigkeitsstrategie.<br />

Ein gut aufgestelltes<br />

Umweltmanagement trägt zur Erreichung<br />

der Ziele bei. Alle Produktionsstandorte<br />

weltweit sind nach dem Umweltmanagementsystem<br />

ISO 14001 zertifiziert, alle<br />

europäischen Werkstandorte nach der<br />

Energiemanagementnorm ISO 50001.<br />

Die konsequente Effizienzsteigerung und<br />

Energieeinsparung in der Produktion und<br />

in der Gebäudeinfrastruktur sind erklärte<br />

Ziele. Dazu erfolgte <strong>im</strong> Geschäftsjahr<br />

2012 / 2013 an allen Werkstandorten eine<br />

Potenzialanalyse der Infrastrukturanlagen<br />

wie etwa der Heizungen und Lüftungen.<br />

Ziel dabei war es, mögliche Effizienzsteigerungen<br />

und Einsparmöglichkeiten zu<br />

identifizieren. Resultat der Analyse: ein<br />

Einsparpotenzial von rund 10 Million<br />

Kilowattstunden. Daraufhin analysierte<br />

das etwa 18-köpfige, werkübergreifende<br />

Energiemanagementteam sukzessive, welche<br />

Maßnahmen sich zur Ausnutzung<br />

dieses Potenzials eignen und begann mit<br />

der Arbeit. Seitdem sind bereits zahlreiche<br />

Projekte erfolgreich durchgeführt worden,<br />

sodass Miele seinen Energiebedarf weiter<br />

senken konnte.<br />

Im Gütersloher Stammwerk, in dem Geräte<br />

zur Wäschepflege entwickelt und<br />

hergestellt werden, realisierte Miele <strong>im</strong><br />

ersten von vier Bauabschnitten einen<br />

neuen Bürokomplex mit ca. 3.500 m²<br />

Nutzfläche. Die neuen Gebäude sind<br />

mit modernster, energieeffizienter und<br />

vernetzter Gebäudetechnik ausgestattet.<br />

Wesentliches Merkmal ist eine Betonkernaktivierung<br />

für das Heizungs- und<br />

Kühlsystem, die mit Strahlungswärme die<br />

konventionellen Heizkörper ersetzt. Das<br />

System steuert Heizung, Beleuchtung und<br />

die Jalousien zentral und automatisch<br />

– in Abhängigkeit von der Wetterlage.<br />

Wie in Gütersloh geht auch an den anderen<br />

Werkstandorten der größte Teil<br />

70 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

der Wärmeenergie auf das Konto der<br />

Raumwärme. In den Werken Bielefeld,<br />

Euskirchen, Lehrte und Warendorf lag<br />

daher der Schwerpunkt auf Verbesserungen<br />

der Gebäudesubstanz und Wärmedämmung.<br />

Die Energieeinsparung dieser<br />

Maßnahmen beträgt 2.860.000 kWh pro<br />

Jahr. Das führt zu einer CO 2<br />

-Reduzierung<br />

von 535.000 Kilogramm jährlich (kg/a).<br />

Die Energiekonzepte in den Werken Bünde<br />

und Oelde sind heute komplett neu<br />

aufgestellt. So wurde <strong>im</strong> Bünder Kompetenzwerk<br />

für Dampfgarer, Kochfelder und<br />

Wärmeschubladen ein Blockheizkraftwerk<br />

mit modularer Kraft-Wärme-Kälte-<br />

Kopplung eingerichtet, dessen Abwärme<br />

für die Beheizung der Gebäude und zum<br />

Betrieb der Adsorptionskälteanlagen genutzt<br />

wird.<br />

Im Werk Oelde wurden die Kälteanlagen<br />

gegen eine moderne und effizientere<br />

Anlage ausgetauscht. Dabei kam ein<br />

neues Antriebs- und Regelungskonzept<br />

zum Einsatz, das es nun ermöglicht, die<br />

Abwärme vollständig zu nutzen. Die umgesetzten<br />

Maßnahmen führen zu einer<br />

Energieeinsparung von über einer Million<br />

kWh/a sowie zu einer CO 2<br />

-Reduzierung<br />

von 221.000 kg/a.<br />

Das sanierte Werk <strong>im</strong> österreichischen<br />

Bürmoos (Salzburger Land) kann nach<br />

Abschluss der Arbeiten eine durchschnittliche<br />

Senkung des Heizbedarfs um<br />

40 Prozent verzeichnen, obgleich sich<br />

die beheizte Fläche <strong>im</strong> Zuge der Standorterweiterung<br />

um rund 20 Prozent vergrößert<br />

hat.<br />

Links: Das neue Blockheizkraftwerk zur<br />

Kraft-Wärme-Kopplung <strong>im</strong> Werk Bünde<br />

reduziert den Ausstoß von CO 2<br />

erheblich.<br />

Oben: Fachbesucher <strong>im</strong> Werk Gütersloh<br />

lassen sich die Funktion einer Druckluftanlage<br />

mit Abwärmenutzung erklären.<br />

Weitere Schwerpunkte der Energieeffizienzprojekte<br />

konzentrierten sich auf die<br />

Modernisierung der Beleuchtung und<br />

der Druckluftanlagen. Dies geschah <strong>im</strong><br />

Werk Bielefeld, Kompetenzzentrum für<br />

Geschirrspüler und Staubsauger, und <strong>im</strong><br />

Dunstabzugshaubenwerk in Arnsberg. In<br />

Bielefeld konnten knapp 862.000 kWh/a<br />

Energie eingespart werden, die CO 2<br />

-Reduzierung<br />

beläuft sich dort auf 176.700 kg/a.<br />

In Arnsberg betrug die Energieeinsparung<br />

43.500 kWh/a, es ergab sich eine CO 2<br />

-<br />

Reduzierung von fast 9.000 kg/a.<br />

Auch die Fertigungsanlagen selbst unterliegen<br />

einer kontinuierlichen Überprüfung<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf Verbesserungspotenzial.<br />

So ließ sich <strong>im</strong> Kunststoffteilewerk<br />

am Standort Warendorf die Energieeffizienz<br />

durch die Anschaffung neuer<br />

Kunststoffspritzmaschinen verbessern.<br />

Eine andere Maßnahme zur Reduzierung<br />

des Energiebedarfes <strong>im</strong> Werk ist die<br />

Neuanschaffung einer Kompressorenanlage,<br />

bei der die entstehende Abwärme<br />

genutzt wird, um das Kunststoffgranulat<br />

zu trocknen.<br />

Selbst in den noch recht jungen Werken<br />

<strong>im</strong> rumänischen Braşov (Elektronik) und<br />

<strong>im</strong> tschechischen Uničov (Trockner), die<br />

auf dem aktuellen Stand der Technik<br />

sind, führte eine Überarbeitung und Erneuerung<br />

der Beleuchtung zu Energieeinsparungen.<br />

Die Planung von Anlagen und Prozessen<br />

bei Miele basiert auf der Strategie des<br />

Vermeidens, Verringerns und Verwertens.<br />

Dazu werden die besten verfügbaren Technologien<br />

eingesetzt. Unterstützend wirkt<br />

die in der Branche außergewöhnlich hohe<br />

Fertigungstiefe von fast 50 Prozent. Sie<br />

ermöglicht es Miele, den Umweltschutz<br />

für einen Großteil der Wertschöpfung aus<br />

eigener Kraft und mit eigenem Know-how<br />

sicherzustellen und reduziert zudem den<br />

Logistikaufwand.<br />

Maßnahmen zur Abfallreduzierung und<br />

zur Senkung des Wasserverbrauchs senken<br />

zusätzlich die umweltrelevanten<br />

Auswirkungen. Zudem gibt es bei Miele<br />

regelmäßig Projekte zur Motivation der<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />

sich wiederum be<strong>im</strong> Betrieblichen Vorschlagswesen<br />

einbringen. Im Geschäftsjahr<br />

2013 / <strong>2014</strong> betrafen 7 Prozent der<br />

über 2.000 Vorschläge in <strong>Deutschland</strong> den<br />

Bereich Umwelt, Energie und Ressourcen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

71


RWE<br />

Der Smart Operator ist ein taschenbuchgroßes<br />

Modul, vergleichbar mit einem<br />

kleinen Computer.<br />

Smart Grid, aufgebaut. Neu ist die zentrale<br />

Steuerungseinheit „Smart Operator“,<br />

die es erlaubt, Stromproduzenten und<br />

-verbraucher zu vernetzen. Das könnte<br />

ein wichtiger Schlüssel zur Versorgungssicherheit<br />

bei der Energiewende werden.<br />

Smart Operator:<br />

Schrittmacher für<br />

die Energiewende<br />

Bis zum Jahr 2050 wollen wir die Energiewende in <strong>Deutschland</strong><br />

geschafft haben. Dann soll die Energieversorgung pr<strong>im</strong>är aus erneuerbaren<br />

Energiequellen gespeist werden. Das bedeutet einen<br />

grundlegenden Umbau der Stromnetze. Floss früher der Strom<br />

stets in eine Richtung vom Kraftwerk zum Verbraucher, so gibt es<br />

künftig <strong>im</strong>mer mehr „Gegenverkehr“. Private Haushalte verbrauchen<br />

nicht nur Strom, sie produzieren ihn auch. Um die Versorgung<br />

sicherzustellen und die Verteilung zu managen, setzt RWE<br />

auf intelligente Netzsteuerung wie etwa den Smart Operator.<br />

Die Gegend verfügt über ideale Voraussetzungen<br />

für einen solchen Feldversuch:<br />

Aktuell sind rund 60.000 EEG-Anlagen<br />

<strong>im</strong> LEW-Netzgebiet angeschlossen, davon<br />

überwiegend Photovoltaikanlagen.<br />

Damit ist heute an fast jedem fünften<br />

LEW-Netzanschluss eine Erneuerbare-<br />

Energien-Anlage angeschlossen.<br />

Das stellt die Energieversorger vor tägliche<br />

Herausforderungen. Das weiß<br />

auch Stefan Willing, der für RWE das<br />

Projekt leitet: „Mehr als 90 Prozent allen<br />

Stroms aus erneuerbarer Energie<br />

wird dezentral erzeugt und fließt von<br />

dort ins Verteilnetz. Doch wir können<br />

nicht exakt kalkulieren, wann wie viel<br />

Strom aus diesen Quellen zur Verfügung<br />

steht und wie viel gebraucht wird. All<br />

das führt zu stärkeren Schwankungen<br />

zwischen Stromangebot und Stromverbrauch<br />

– eine Herausforderung für<br />

die Spannungsqualität vor allem <strong>im</strong><br />

ländlichen Verteilnetz.“<br />

Netzinfrastruktur mit intelligenter<br />

Steuerung<br />

Von Dr. Matthias Kussin<br />

Alleine an das 343.000 Kilometer lange<br />

Verteilnetz von RWE sind aktuell über<br />

320.000 dezentrale Erzeugungsanlagen<br />

angeschlossen, die vor allem Wind- und<br />

Solarenergie erzeugen. All diese Anlagen<br />

sind naturbedingt wetterabhängig,<br />

und damit fängt das Problem der<br />

Planbarkeit und Versorgungssicherheit<br />

an. Um jederzeit Stromversorgung zu<br />

gewährleisten, ist eine Option der bundesweite<br />

Ausbau der Verteilnetze. Das<br />

stößt in der Praxis häufig auf massive<br />

Widerstände. Eine Alternative ist die<br />

bessere Nutzung bestehender Netze<br />

mithilfe intelligenter Hausgeräte und<br />

Netzkomponenten.<br />

In Schwabmünchen bei Augsburg wird<br />

derzeit eine solche Zukunft der Energieversorgung<br />

getestet. Der örtliche Versorger<br />

Lechwerke und RWE haben dazu ein<br />

intelligentes Stromnetz, ein sogenanntes<br />

Der in den Ortsnetz-Trafo eingebaute<br />

Smart Operator n<strong>im</strong>mt diese Herausforderung<br />

an. Der Smart Operator ist ein<br />

taschenbuchgroßes Modul, vergleichbar<br />

mit einem kleinen Computer. Im Kern<br />

sorgt er für den Ausgleich von auftretenden<br />

Stromschwankungen in einer dezentralen<br />

Stromversorgung. Dazu erfasst<br />

er Einspeisungen, Aufnahmefähigkeit,<br />

Lasten und Speichermöglichkeiten <strong>im</strong><br />

Stromnetz und best<strong>im</strong>mt daraus das<br />

Verhältnis von Angebot und Nachfrage<br />

<strong>im</strong> Netz. Zudem verarbeitet er Wetterdaten<br />

und Lastprognosen.<br />

72 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

Photovoltaik<br />

Haushaltsgeräte<br />

Smart<br />

Operator<br />

Home Energy<br />

Controller<br />

Warmwasser<br />

Batterie<br />

Intelligenter<br />

Stromzähler<br />

Stromnetz<br />

Informationsnetz<br />

Grundlage ist ein Steuerungsalgorithmus,<br />

der gemeinsam mit Wissenschaftlern<br />

der RWTH Aachen entwickelt wurde.<br />

Claas Matrose, Teamleiter bei der Uni<br />

Aachen, erklärt: „Dieser Minicomputer<br />

muss lernen, das Netz zu verstehen. Der<br />

Algorithmus hilft, um unter den Millionen<br />

von Optionen, die angezeigt werden,<br />

die opt<strong>im</strong>ale auszuwählen.“ Der Smart<br />

Operator nutzt damit das Potenzial von<br />

erneuerbaren Energien effizient: Er sorgt<br />

dafür, dass möglichst viel des in der<br />

Siedlung erzeugten Stroms auch vor Ort<br />

genutzt wird.<br />

„Wir untersuchen in den Smart-Operator-<br />

Projekten, wie der Betrieb der Ortsnetze<br />

durch den Einsatz künstlicher Intelligenz<br />

opt<strong>im</strong>iert werden kann. Ziel ist,<br />

die lokale Netzinfrastruktur durch eine<br />

intelligente Steuerung mit neuartigen<br />

Komponenten effizienter zu nutzen.<br />

Damit gehen wir einen großen Schritt<br />

in Richtung Energiezukunft“, sagt<br />

Dr. Joach<strong>im</strong> Schneider, der <strong>im</strong> Vorstand<br />

der RWE <strong>Deutschland</strong> das Ressort Technik<br />

verantwortet.<br />

Smarte Haushalte sind die<br />

Voraussetzung<br />

Das Smart-Operator-Projekt in Schwabmünchen<br />

und in zwei weiteren Modellregionen<br />

in Rheinland-Pfalz ist <strong>im</strong> Juni 2012<br />

gestartet. Voraussetzung vor Ort ist dabei<br />

u.a. auch eine hochmoderne Internet-<br />

Infrastruktur. In Schwabmünchen hat das<br />

LEW-Tochterunternehmen LEW TelNet<br />

daher die Breitbandanbindung neu aufgebaut.<br />

An das Netz sind alle teilnehmenden<br />

Haushalte direkt angeschlossen und die<br />

intelligenten Bausteine kommunizieren<br />

darüber. Die Teilnehmer profitieren außerdem<br />

von leistungsfähigen Breitbandinternetanschlüssen,<br />

die ihnen über das<br />

Glasfasernetz zur Verfügung stehen.<br />

Roland Dölzer, bei den Lechwerken zuständig<br />

für das Smart-Operator-Projekt,<br />

sagt dazu: „Bei dem Projekt handelt es<br />

sich um eine der umfassendsten Smart-<br />

Grid-Installationen überhaupt. Die Entwicklung<br />

und technische Abst<strong>im</strong>mung<br />

der Bausteine, ihre Einbindung ins Netz<br />

und der laufende Betrieb des komplexen<br />

Gesamtsystems sind echte Herausforderungen.“<br />

In der zweiten Projektphase wurde das<br />

Netz daher um intelligente Bausteine<br />

wie Energiespeicher, Wärmepumpen und<br />

intelligente Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen,<br />

Geschirrspüler oder Wäschetrockner<br />

erweitert. Neben dem zentralen<br />

Batteriespeicher wurde auch eine Ladesäule<br />

für Elektroautos in Betrieb genommen.<br />

Den Projektteilnehmern werden Elektroautos<br />

zum Testen zur Verfügung gestellt.<br />

Das ist insofern eine wichtige Komponente,<br />

weil die Batterie der Fahrzeuge auch als<br />

Zwischenspeicher für überschüssige Energie<br />

genutzt werden kann.<br />

Stefan Willing erläutert: „Damit der<br />

Smart Operator seine volle Wirkung<br />

entfalten kann, installieren wir <strong>im</strong> Haushalt<br />

intelligente Stromzähler, also „Smart<br />

Meter“. Diese erfassen minutengenau,<br />

wie viel Strom <strong>im</strong> Haushalt verbraucht<br />

oder selbst erzeugt wird. Mit einem weiteren<br />

Gerät, dem „Home Energy Controller“,<br />

können wir den Energieverbrauch<br />

eines Haushaltes opt<strong>im</strong>ieren und nicht<br />

benötigte Strommengen an den Smart<br />

Operator übermitteln.“<br />

Die Projektleitung für das Smart-Operator-Gesamtprogramm<br />

liegt bei RWE<br />

<strong>Deutschland</strong>, die Lechwerke verantworten<br />

die Umsetzung des Projekts in<br />

Schwabmünchen. Weitere Modellregion<br />

sind die Ortsgemeinde Kisselbach <strong>im</strong><br />

Hunsrück und Wincheringen in der<br />

Pfalz. In das Projekt mit einer Laufzeit bis<br />

Ende 2015 fließen rund 8 Millionen Euro<br />

an Entwicklungskosten. Projektpartner<br />

sind die RWTH Aachen, die Universität<br />

Twente (Niederlande) und mehrere Unternehmen:<br />

PSI, Hoppecke, Maschinenfabrik<br />

Reinhausen, Horlemann sowie<br />

Stiebel Eltron.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

73


Tchibo<br />

Weizenkörner aus echten Ähren, mahlen<br />

das Mehl in einer Getreidemühle und<br />

kneten gemeinsam den Teig. Die Kinder<br />

erleben, woraus eine Pizza besteht und<br />

dass viele Zutaten <strong>im</strong> eigenen Garten<br />

angebaut werden können. So entwickeln<br />

sie ganz nebenbei eine Wertschätzung<br />

für Lebensmittel.<br />

Kitas als Lernorte für nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

Kinder lernen<br />

spielerisch<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

Tchibo ist auf dem Weg zu einer 100 Prozent nachhaltigen<br />

Geschäftstätigkeit. Ein zentrales Anliegen ist der kontinuierliche<br />

Ausbau des Kl<strong>im</strong>aschutzes. Seit 2010 bietet Tchibo<br />

daher seinen Kunden Ökostrom und kl<strong>im</strong>aschonendes Gas an.<br />

Daraus entstehen für den Kunden nicht nur ökologische Vorteile.<br />

Sie sind damit auch Teil der KINDERGIEWENDE, die von<br />

Tchibo und der S.O.F. Save Our Future - Umweltstiftung ins<br />

Leben gerufen wurde. So unterstützen sie Bildungsprojekte<br />

zu Nachhaltigkeit, Energie und Kl<strong>im</strong>aschutz in Kitas. Bei diesen<br />

können die Kinder zeigen, wie einfach Energiesparen und<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz sein können und dass die Großen viel von den<br />

Kleinen lernen können.<br />

Von Karina Schneider<br />

Auf dem Speiseplan der Kindertagesstätte<br />

Heidberg steht heute ein Leibgericht der<br />

Kinder: knusprige Pizza aus dem eigenen<br />

Feldbackofen. Statt auf ein Fertigprodukt<br />

aus dem Supermarkt zurückzugreifen,<br />

helfen die Kinder tatkräftig mit. Sie ernten<br />

Tomaten und Kräuter, die sie <strong>im</strong> Kita-<br />

Garten selbst angebaut haben, gewinnen<br />

Kinder sind neugierig, wissbegierig und<br />

entdeckungsfreudig. In Bildungsprojekten<br />

zu zukunftsrelevanten Themen,<br />

wie Ernährung, Energie, Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

oder Abfallvermeidung erschließen sie<br />

sich Zusammenhänge und entwickeln<br />

viele tolle Ideen für einen bewussteren<br />

Umgang mit unseren Ressourcen. Ziel<br />

der KINDERGIEWENDE ist es, dieses Umweltbewusstsein<br />

bereits <strong>im</strong> frühen Alter<br />

auf spielerische Art und Weise zu fördern<br />

und die zahlreichen kreativen Einfälle<br />

der Kinder sichtbar zu machen. Hierzu<br />

unterstützt Tchibo Energie den Ausbau<br />

der Bildungsinitiative „KITA21“ der S.O.F.<br />

Save Our Future - Umweltstiftung und<br />

trägt so dazu bei, dass <strong>im</strong>mer mehr Kindertageseinrichtungen<br />

zu einem Lernort<br />

für nachhaltige Entwicklung werden<br />

und Kinder erleben, dass sie mit ihrem<br />

Handeln die Umwelt beeinflussen und<br />

etwas bewirken können.<br />

Im Rahmen der mehrfach ausgezeichneten<br />

Bildungsinitiative werden pädagogische<br />

Fachkräfte mit dem Angebot<br />

von Fortbildung, Beratung und Materialien<br />

bei der Gestaltung lebendiger<br />

Bildungsprojekte unterstützt und für<br />

ihr Engagement in der Bildung für eine<br />

nachhaltige Entwicklung als „KITA21“<br />

ausgezeichnet. Bildungsträger wie die<br />

Kita Heidberg beteiligen sich daher an<br />

der KINDERGIEWENDE. Die Unterstützung<br />

beinhaltet die Fortbildung und<br />

Beratung der pädagogischen Fachkräfte<br />

und die Bereitstellung von Materialien.<br />

Der Ablauf des Auszeichnungsverfahrens<br />

zu einer „KITA21“ dauert ca. ein<br />

Jahr: von der Anmeldung der Kita mit<br />

einem Projekt zum Thema Nachhaltigkeit<br />

über die Schulungen der Fachkräfte<br />

und die Dokumentation der Entwicklung<br />

bis zur Auszeichnung. „Mit der<br />

Hilfe von Tchibo Energie und seinen<br />

Kunden wollen wir unsere Bildungsinitiative<br />

nach Möglichkeit über die ganze<br />

Bundesrepublik ausweiten – bisher<br />

74 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

hatten wir den Schwerpunkt in Norddeutschland“,<br />

erklärt Geschäftsführer<br />

der Stiftung Ralf Thielebein.<br />

Kleine Zukunftsgestalter<br />

Bislang konnten bereits 30 Kitas aus ganz<br />

<strong>Deutschland</strong> <strong>im</strong> Rahmen der KINDERGIE-<br />

WENDE gefördert werden. Sie alle haben<br />

sich das Ziel gesetzt, Bildungsarbeit zu<br />

zukunftsrelevanten Themen zu gestalten<br />

und zu einem Lernort nachhaltiger Entwicklung<br />

zu werden. Die Kita Heidberg<br />

mit ihrem Ernährungsprojekt ist eine<br />

davon. Andere haben Themen, wie Abfallvermeidung,<br />

bewusster Umgang mit<br />

der Ressource Wasser oder den eigenen<br />

Stromverbrauch in den Mittelpunkt ihrer<br />

Bildungsarbeit gestellt.<br />

So erforschten die „Kleinen Energiesparfüchse“<br />

der Hamburger Kita Eddelbüttelstraße<br />

ganz konkret, wo in ihrer<br />

Kita Energie genutzt wird und wie der<br />

Verbrauch reduziert werden kann. Heizungen<br />

und Lichtschalter wurden mit<br />

Sparfuchs-Aufklebern versehen, damit<br />

jeder an das Ausschalten erinnert wird.<br />

Die Kinder des Kindergartens „Die kleinen<br />

Strolche“ aus Hamburg Barmbek<br />

wiederum liehen sich ein Energie-Erlebnis-Fahrrad<br />

aus und erfuhren so am<br />

eigenen Leib, wie viel Kraft und Ausdauer<br />

nötig ist, um Energie für Licht oder warmes<br />

Wasser selbst zu erzeugen.<br />

Die vielen unterschiedlichen Projektbeispiele<br />

zeigen, dass die Auseinandersetzung<br />

mit Nachhaltigkeit, Energie und<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz Spaß machen kann. Und oft<br />

genug bleibt die Wirkung auch nicht nur<br />

auf die Kita beschränkt. Denn die Kinder<br />

tragen die Themen in die Familien und<br />

sorgen so dafür, dass sich auch die Eltern<br />

mit Fragestellungen einer nachhaltigen<br />

Entwicklung auseinandersetzen und für<br />

die zukunftsrelevante Themen sensibilisiert<br />

werden. Auf diese Weise unterstützt<br />

die KINDERGIEWENDE der Kleinen auch<br />

die Energiewende der Großen.<br />

Mit der KINDERGIEWENDE wollen<br />

Tchibo und die S.O.F. - Umweltstiftung<br />

aber nicht nur Kindertagesstätten erreichen.<br />

Um auch Vorschulen und Schulen<br />

für die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit,<br />

Energie und Kl<strong>im</strong>aschutz zu<br />

motivieren, haben Tchibo und S.O.F.<br />

<strong>im</strong> September <strong>2014</strong> einen bundesweiten<br />

Kindergie-Wettbewerb ausgerufen.<br />

Gesucht werden die Energiespar-Tipps<br />

als Hits. Die besten Energiesparsongs<br />

werden in einem Publikums-Voting<br />

ausgewählt und mit einem Preisgeld<br />

von insgesamt 30.000,- Euro prämiert.<br />

100 Prozent nachhaltig<br />

„Tchibo ist auf dem Weg zu einer 100<br />

Prozent nachhaltigen Geschäftstätigkeit.<br />

Daher unterstützen wir die Bildungsarbeit<br />

von S.O.F. zu zukunftsrelevanten<br />

Themen in Kitas <strong>im</strong> Rahmen der<br />

KINDERGIEWENDE gern“, sagt Ach<strong>im</strong><br />

Lohrie, Leiter Unternehmensverantwortung<br />

bei Tchibo. Für seinen Beitrag<br />

zur Verankerung von Umweltschutz<br />

und Sozialverantwortung als zentrale<br />

Bestandteile in der Geschäftsstrategie<br />

des Unternehmens wurden Tchibo und<br />

Ach<strong>im</strong> Lohrie <strong>2014</strong> mit dem B.A.U.M.<br />

Umweltpreis ausgezeichnet.<br />

Tchibo hat sich zum Ziel gesetzt, in<br />

allen Geschäftsprozessen das Kl<strong>im</strong>a zu<br />

schützen und Ressourcen zu schonen.<br />

Seit vielen Jahren setzt das Unternehmen<br />

Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen<br />

an allen Tchibo Standorten in<br />

<strong>Deutschland</strong> ein. Der Strom aus norwegischer<br />

Wasserkraft ist vom ok-power<br />

Label und dem TÜV NORD zertifiziert<br />

worden.<br />

Im gemeinsamen Engagement mit seinen<br />

Kunden will Tchibo <strong>im</strong>mer mehr<br />

Kindern die Möglichkeit bieten, von<br />

dem Bildungsangebot in Schulen und<br />

Kitas zu profitieren. Daher spendet das<br />

Unternehmen seit April <strong>2014</strong> für jeden<br />

Neukunden, der zum Tchibo Tarif mit<br />

Ökostrom und kl<strong>im</strong>aschonendem Gas<br />

wechselt, zehn Euro an die S.O.F. - Umweltstiftung.<br />

So wird die KINDERGIE-<br />

WENDE ermöglicht.<br />

Die Ideen der „Kleinen“ für die<br />

Energiewende der „Großen“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

75


BoscH<br />

Grundsätze rechtmäßigen<br />

Verhaltens<br />

Unternehmen engagieren sich sehr stark dafür, dass aus geschriebenen Leitsätzen und Wertesystemen<br />

gelebte Praxis wird. Dabei geht es beispielsweise um Kundenorientierung, Offenheit,<br />

Respekt und Ehrlichkeit. Sie werden nur dann zu Orientierungen in der Alltagspraxis, wenn sie<br />

über Leitlinien, Verfahren, Anreizsysteme und andere organisatorische Maßnahmen <strong>im</strong>plementiert<br />

und routinisiert werden. Aber das ist nur der erste Schritt. Entscheidend ist das Führungsverhalten,<br />

das Vorbild des Top Managements und klare Kommunikation der Wertekultur.<br />

Von Bernhard Schwager und Remigiusz Skiba<br />

Die Bosch-Gruppe hat sich von seinen<br />

bescheidenen Anfängen als „Werkstätte<br />

für Feinmechanik und Elektrotechnik“,<br />

die 1886 von Robert Bosch gegründet<br />

wurde, zu einem international führenden<br />

Technologie- und Dienstleistungsunternehmen<br />

entwickelt. Während seiner<br />

gesamten Entwicklung folgte das Unternehmen<br />

den Werten und ethischen<br />

Prinzipien seines Gründers. Zu diesen<br />

Grundsätzen gehört insbesondere auch<br />

das Legalitätsprinzip. Robert Bosch selbst<br />

schrieb 1921: „Eine anständige Art der<br />

Geschäftsführung ist auf die Dauer das<br />

Einträglichste, und die Geschäftswelt<br />

schätzt eine solche viel höher ein, als<br />

man glauben sollte.“ In diesen Worten<br />

zeigt sich unsere noch heute gültige<br />

Überzeugung, dass Zuverlässigkeit,<br />

Glaubwürdigkeit und Legalität wesentliche<br />

Bausteine unseres geschäftlichen<br />

Erfolgs sind.<br />

Dieses klare Bekenntnis verbindet alle<br />

Mitarbeiter von Bosch weltweit über<br />

Ländergrenzen und Kulturen hinweg.<br />

Legalität ist dabei eines der tragenden<br />

Werte des Unternehmens und für die<br />

Geschäftsführung von herausragender<br />

Bedeutung. Von allen Mitarbeitern wird<br />

erwartet, dass sie die gesetzlichen Anforderungen<br />

jederzeit strikt einhalten.<br />

Verstöße gegen geltendes Recht werden<br />

bei Bosch nicht geduldet, hierzu gibt es<br />

keine Ausnahmen.<br />

Um die Bedeutung dieses Grundsatzes zu<br />

unterstreichen, ist <strong>im</strong> „Code of Business<br />

Conduct“ die Haltung des Unternehmens<br />

hinsichtlich gesetzlicher Anforderungen<br />

und ethischer Fragen formuliert.<br />

Der „Code of Business Conduct“ steht<br />

76 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Anti-Korruption<br />

allen Mitarbeitern als Leitfaden für ihr<br />

Verhalten zur Verfügung und skizziert<br />

grundlegende Standards, an die wir uns<br />

als Bosch halten wollen. Der Kodex und<br />

die Bosch-Werte bieten ein hervorragendes<br />

Fundament, um das Vertrauen zu<br />

schaffen, das für den Geschäftserfolg<br />

so wichtig ist.<br />

<strong>Compliance</strong> bei Bosch<br />

Bosch hat sich den Prinzipien des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und damit ebenfalls<br />

der Korruptionsvermeidung und -bekämpfung<br />

verpflichtet. <strong>Compliance</strong> bei<br />

Bosch bedeutet, dass alle geschäftlichen<br />

Aktivitäten der Bosch-Gruppe und ihrer<br />

Mitarbeiter <strong>im</strong> Einklang mit den gesetzlichen<br />

Regelungen, dem Code of Business<br />

Conduct sowie den weitergehenden<br />

internen Regelungen stehen müssen<br />

(„<strong>Compliance</strong>-Gebot“). Jeder Mitarbeiter<br />

ist verantwortlich dafür, dass er das<br />

<strong>Compliance</strong>-Gebot einhält. Die Führungskräfte<br />

sind verpflichtet, Maßnahmen<br />

zur organisatorischen Absicherung des<br />

<strong>Compliance</strong>-Gebots innerhalb ihres Verantwortungsbereiches<br />

zu ergreifen. Sie<br />

haben insbesondere sicherzustellen, dass<br />

ihre Mitarbeiter die Regelungen kennen<br />

und einhalten. Gesetzesverstöße werden<br />

missbilligt und führen ungeachtet der<br />

hierarchischen Stellung <strong>im</strong> Unternehmen<br />

zu disziplinarischen Konsequenzen.<br />

Neben der Einhaltung des Legalitätsgrundsatzes<br />

hat es Bosch sich ebenfalls<br />

zur Aufgabe gemacht, Gefährdungen für<br />

Menschen und Umwelt zu vermeiden,<br />

Einwirkungen auf die Umwelt gering zu<br />

halten und mit Ressourcen sparsam umzugehen.<br />

Prozesse, Betriebsstätten und<br />

Betriebsmittel müssen den anwendbaren<br />

gesetzlichen und internen Vorgaben zu<br />

Arbeitssicherheit sowie Gesundheits-,<br />

Brand- und Umweltschutz entsprechen.<br />

Darüber hinaus n<strong>im</strong>mt der Schutz unserer<br />

eigenen Mitarbeiter eine sehr wichtige<br />

Rolle ein. Wir respektieren und schützen<br />

die persönliche Würde jedes Einzelnen<br />

und tolerieren keine unzulässige Diskr<strong>im</strong>inierung.<br />

Wir lehnen Kinderarbeit<br />

innerhalb der Bosch-Organisation und<br />

bei unseren Geschäftspartnern strikt ab.<br />

Meldung von <strong>Compliance</strong>-Vorgängen<br />

Neben den Vorgesetzten ist jeder Mitarbeiter<br />

genauso wie jeder Geschäftspartner<br />

von Bosch aufgerufen, mögliche Verstöße<br />

gegen das <strong>Compliance</strong>-Gebot zu melden<br />

und auf diese Weise dazu beizutragen,<br />

dass die Folgen solcher Verstöße begrenzt<br />

werden und ein vergleichbares Fehlverhalten<br />

in der Zukunft vermieden wird.<br />

Meldungen sind dabei insbesondere an<br />

• den Vorgesetzten,<br />

• den lokalen <strong>Compliance</strong> Officer,<br />

• die Bosch <strong>Compliance</strong>-Hotline<br />

• oder direkt an die <strong>Compliance</strong>-<br />

Abteilung möglich.<br />

Meldungen an den <strong>Compliance</strong> Officer<br />

bzw. die Bosch <strong>Compliance</strong> Hotline können<br />

insbesondere abgegeben werden,<br />

wenn der Hinweisgeber seinen Vorgesetzten<br />

nicht einbinden möchte. Die<br />

<strong>Compliance</strong> Officer stehen hierzu in den<br />

Regionen bzw. Ländern als neutrale Ansprechpartner<br />

zur Verfügung. Hinweisgeber,<br />

die mögliche <strong>Compliance</strong>-Fälle nach<br />

bestem Wissen und in gutem Glauben<br />

melden, haben keine für sie nachteiligen<br />

Maßnahmen seitens des Unternehmens<br />

infolge der Meldung zu befürchten. Will<br />

der Hinweisgeber dennoch unerkannt<br />

bleiben, weil er durch die Meldung persönliche<br />

Nachteile fürchtet, kann er einen<br />

möglichen Verstoß gegen das <strong>Compliance</strong>-Gebot<br />

auch anonym, z. B. über die<br />

Bosch <strong>Compliance</strong> Hotline melden.<br />

Die eingegangen Meldungen werden unverzüglich<br />

an den zuständigen <strong>Compliance</strong><br />

Officer in der betroffenen Region bzw.<br />

dem Land zur Bearbeitung weitergeleitet.<br />

Im Rahmen der Untersuchungen kann der<br />

<strong>Compliance</strong> Officer dabei weitere Fachabteilungen<br />

von Bosch einbinden. Nach<br />

Abschluss der Untersuchungen werden<br />

bei Bedarf entsprechende Maßnahmen<br />

eingeleitet, um den Verstoß abzustellen.<br />

Training<br />

Den Mitarbeitern steht ein breites Portfolio<br />

an internen Trainingsmaßnahmen<br />

in Form von Web-basierten Schulungen<br />

sowie Präsenzschulungen zur Verfügung.<br />

Die angebotenen Trainings sind dabei für<br />

best<strong>im</strong>mte Mitarbeitergruppen verpflichtend<br />

und regelmäßig zu wiederholen.<br />

Zu den Web-basierten Pflichtschulungen<br />

<strong>im</strong> Rahmen des Trainingskonzepts<br />

<strong>Compliance</strong> zählen beispielsweise die<br />

Themenbereiche:<br />

• Kartellrecht<br />

• Produkthaftung<br />

• Exportkontrolle<br />

• Code of Business Conduct<br />

Überprüfung und<br />

Kontrollmechanismen<br />

Ein Kernbestandteil des Bosch Risiko Management<br />

Systems ist ebenfalls die Interne<br />

Revision. Sie fördert das Risikobewusstsein<br />

sowie die Min<strong>im</strong>ierung von Risiken. Sie<br />

unterstützt die Geschäftsführung weltweit<br />

als unabhängiger Auditor bei der<br />

Wahrnehmung ihrer Leitungs- und Überwachungsfunktion<br />

mit dem Schwerpunkt<br />

auf Legalität, Ordnungsmäßigkeit und<br />

Wirtschaftlichkeit von Geschäftsprozessen.<br />

Hierbei werden weltweit gültige Standards<br />

unter Berücksichtigung regionaler rechtlicher<br />

und kultureller sowie Bosch-spezifischer<br />

Bedarfe für interne Auditprozesse<br />

genutzt und ständig verbessert.<br />

Im operativen Geschäftsbetrieb sind unter<br />

anderem folgende Kontrollmechanismen<br />

<strong>im</strong>plementiert:<br />

• Vier-Augen-Prinzip<br />

• Personalrotation in sensiblen<br />

Bereichen<br />

• Trennung von Handlungs- und<br />

Überprüfungsfunktionen<br />

Bosch Werte<br />

• Zukunfts- und<br />

Ertragsorientierung<br />

• Verantwortung und<br />

Nachhaltigkeit<br />

• Initiative und Konsequenz<br />

• Offenheit und Vertrauen<br />

• Fairness<br />

• Zuverlässigkeit,<br />

Glaubwürdigkeit, Legalität<br />

• Vielfalt<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

77


MERCK<br />

Prozess für die Auswahl<br />

von Geschäftspartnern<br />

Mit der Einführung der neuen Business Partner Risk Management Policy hat Merck seit 2013<br />

große Fortschritte bei der Auswahl und Bewertung von Geschäftspartnern gemacht. Bis jetzt<br />

haben über 1.000 Unternehmen den <strong>Compliance</strong>-Prozess durchlaufen. Ziel des neuen Instruments<br />

ist es, die Gefahr von Rechts-, Reputations- oder finanziellen Risiken für das Unternehmen weiter<br />

zu min<strong>im</strong>ieren.<br />

Von Maria Schaad<br />

Verantwortungsvolles unternehmerisches<br />

Handeln heißt für Merck, weltweit<br />

nach gültigem Recht und <strong>im</strong> Einklang<br />

mit den Unternehmenswerten zu arbeiten.<br />

Verstöße gegen geltende Gesetze<br />

können nicht nur Strafverfolgung nach<br />

sich ziehen, sondern das Ansehen des<br />

Unternehmens als Geschäftspartner oder<br />

Arbeitgeber beschädigen. Als Mitglied<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> verpflichtet<br />

sich Merck unter anderem, Bestechung<br />

und Korruption weltweit zu bekämpfen.<br />

Dieser Anspruch bezieht sich auch auf<br />

die Geschäftspartner von Merck, welche<br />

Dritte zugunsten von Merck beeinflussen<br />

könnten. Während das Lieferantenmanagement<br />

das regelkonforme Handeln<br />

der Zulieferer sicherstellt, organisiert<br />

das Business Partner Risk Management<br />

die Beziehungen zu vertriebsnahen Geschäftspartnern<br />

wie Distributoren oder<br />

Großhändlern.<br />

Dabei folgt das <strong>Compliance</strong>-Instrument<br />

dem Prinzip: „Je größer das Risiko in<br />

Bezug auf ein best<strong>im</strong>mtes Land, eine<br />

Region oder die Art der Dienstleistung<br />

eingeschätzt wird, desto umfangreicher<br />

und sorgfältiger ist die Prüfung des Geschäftspartners<br />

vor der Aufnahme einer<br />

Geschäftsbeziehung“, erklärt Jan-Ulrich<br />

Lange, Leiter <strong>Compliance</strong>-Kontrollen<br />

bei Merck. „Mit diesem systematischen<br />

Prozess min<strong>im</strong>ieren wir einerseits unser<br />

Risiko und tragen andererseits auch<br />

veränderten Anforderungen Rechnung,<br />

die sich aus der neuen Gesetzgebung wie<br />

dem UK Bribery Act von 2010 ergeben.“<br />

So führt die Umsetzung der Business<br />

Partner Risk Management Policy zu einem<br />

überprüf baren Auswahlprozess<br />

der neuen Geschäftspartner, inklusive<br />

einer systematischen Dokumentation<br />

relevanter Informationen, der Genehmigung<br />

und Bewertung.<br />

78 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Anti-Korruption<br />

Überprüfung mittels<br />

„Extended Selection Process“<br />

Die Richtlinie ist konzernweit verbindlich<br />

und umfasst acht Prinzipien. Diese müssen<br />

zwingend bei der Auswahl neuer Geschäftspartner<br />

berücksichtigt werden und<br />

gelten auch für bestehende Geschäftsverbindungen.<br />

So dürfen Geschäftsbeziehungen<br />

nur mit Partnern eingegangen werden,<br />

die rechtskonform handeln, Bestechung<br />

und Diskr<strong>im</strong>inierung ablehnen sowie<br />

Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien<br />

befolgen. Außerdem fordert<br />

Merck das Bekenntnis zu international<br />

anerkannten Menschenrechts- und Arbeitsstandards.<br />

Geschäftspartner müssen<br />

diese Prinzipien akzeptieren und befolgen,<br />

wenn sie eine Geschäftsbeziehung mit<br />

Merck eingehen möchten.<br />

Eine systematische <strong>Compliance</strong>-Prüfung<br />

gewährleistet dabei die Durchsetzung der<br />

Richtlinie: „Best<strong>im</strong>mte Geschäftspartner<br />

müssen dazu eine erweiterte Prüfung<br />

durchlaufen, bevor wir einen Vertrag<br />

mit ihnen abschließen“, führt Lange weiter<br />

aus. Bei dieser Prüfung beantwortet<br />

der Geschäftspartner einen Fragebogen,<br />

außerdem werden weitere Hintergrundinformationen<br />

eingeholt und es werden<br />

internationale Sanktions-, Embargo- und<br />

Terrorlisten geprüft. Diese Informationen<br />

werden durch den zuständigen <strong>Compliance</strong><br />

Officer sowie den Merck-Mitarbeiter,<br />

der in Verhandlung mit dem Partner steht,<br />

bewertet. Der Prozess schließt mit einer<br />

quantitativen Risikobewertung des potenziellen<br />

Geschäftspartners ab. Befindet sich<br />

das Ergebnis unterhalb einer best<strong>im</strong>mten<br />

Stufe oder wurden äußerst kritische Punkte<br />

ermittelt, wird der Partner abgelehnt.<br />

Ausschlaggebende Kriterien<br />

für die Eignungsprüfung<br />

Merck hat Geschäftspartner, die diese<br />

erweiterte <strong>Compliance</strong>-Prüfung durchlaufen<br />

müssen, abhängig von verschiedenen<br />

Risikofaktoren in Gruppen unterteilt. In<br />

die erste Gruppe fallen Geschäftspartner,<br />

die vertriebsnahe Leistungen in Ländern<br />

anbieten, in denen Merck keine eigene<br />

Vertriebsniederlassung hat. Dazu zählen<br />

etwa Distributoren, die Produkte von<br />

Merck <strong>im</strong>portieren und <strong>im</strong> eigenen Namen<br />

weiter vertreiben. Diese Partner<br />

durchlaufen den erweiterten Prüfungsprozess<br />

in jedem Fall. Zur zweiten Gruppe<br />

zählen Geschäftspartner, die vertriebsnahe<br />

Leistungen in Ländern anbieten, in<br />

denen Merck durch eine eigene Niederlassung<br />

vertreten ist. Sie absolvieren den<br />

Prozess, wenn folgende Punkte zutreffen:<br />

• der von Transparency International<br />

erhobene Korruptionswahrnehmungsindex<br />

für dieses Land bei 70 Punkten<br />

oder niedriger liegt und<br />

• der veranschlagte Nettoumsatz der<br />

Geschäftsbeziehungen eine best<strong>im</strong>mte<br />

Schwelle überschreitet<br />

• unabhängig von dem monetären Wert<br />

der Geschäftsbeziehungen der Partner<br />

als Berater für vertriebsnahe Leistungen<br />

fungiert und dadurch Dritte zugunsten<br />

von Merck beeinflussen könnte. Das betrifft<br />

alle Berater, die auf Veranlassung<br />

des Unternehmens mit Behörden und<br />

deren Vertretern verhandeln und Leistungen,<br />

die mit Produktregistrierung,<br />

Marketingforschung, Marketing und<br />

Verkauf zusammenhängen.<br />

Zu einer dritten Gruppe werden Geschäftspartner<br />

aufgrund einer aktuellen Risikobewertung<br />

zugeordnet. Hierzu zählen<br />

Geschäftspartner, die keine vertriebsnahen<br />

Aufgaben erfüllen, wie beispielsweise<br />

Reiseagenturen, Kommunikationsagenturen<br />

oder Beratungsfirmen, die dann<br />

der erweiterten <strong>Compliance</strong>-Prüfung<br />

unterzogen werden.<br />

Auch wenn das Augenmerk auf der Überprüfung<br />

neuer Geschäftspartner liegt, gilt<br />

generell der Grundsatz, „dass jederzeit alle<br />

Geschäftspartner diesen Prozess durchlaufen<br />

müssen, sollte dies <strong>im</strong> Ermessen<br />

des zuständigen Managements oder des<br />

<strong>Compliance</strong> Officers liegen“, sagt Lange.<br />

Auch bei bereits bestehenden Geschäftsbeziehungen<br />

wird die Prüfung durchgeführt,<br />

meist wenn eine Vertragsverlängerung ansteht.<br />

Nur in seltenen Fällen kommt es bei<br />

identifizierten Problemen (sogenannten<br />

„Red Flags“) wirklich zu einer Auflösung<br />

der Geschäftsbeziehung, weil die Partner<br />

<strong>im</strong> Fall von Problemen die eigenen Strukturen<br />

meist bereitwillig ändern und den<br />

gestiegenen <strong>Compliance</strong>-Anforderungen<br />

anpassen. Seit Einführung des Prozesses<br />

haben bereits mehr als 1.000 Geschäftspartner<br />

eine Prüfung durchlaufen.<br />

Grundsätze für<br />

Geschäftsbeziehungen<br />

zu Geschäftspartnern<br />

Merck strebt die Zusammenarbeit<br />

mit Geschäftspartnern an,<br />

1. die dort, wo sie tätig sind, sämtliche<br />

geltenden Gesetze und<br />

Vorschriften einhalten;<br />

2. die sich in keiner Weise auf Bestechung<br />

einlassen;<br />

3. die sich nicht an illegalen Aktivitäten<br />

oder Vorgängen beteiligen<br />

oder diese dulden;<br />

4. die verantwortungsbewusste<br />

Richtlinien und Vorgehensweisen<br />

in den Bereichen Umweltschutz,<br />

Gesundheit und Sicherheit anwenden;<br />

5. die sich nicht auf rechtswidrige<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung oder Belästigung<br />

einlassen oder rechtswidrige<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung oder Belästigung<br />

am Arbeitsplatz zulassen;<br />

6. die sich den universell anerkannten<br />

Menschenrechten und<br />

Freiheiten verpflichtet haben<br />

und keine Kinder, Zwangsarbeiter<br />

oder illegale Immigranten<br />

<strong>im</strong> Sinne der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation (ILO) beschäftigen<br />

oder seelischen bzw.<br />

physischen Zwang ausüben;<br />

7. die die Grundsätze akzeptieren,<br />

die Merck in seinem Verhaltenskodex<br />

für Beziehungen zu<br />

anderen Geschäftspartnern, zu<br />

Behörden und Amtsträgern<br />

festgehalten hat, oder die über<br />

eigene Verhaltensrichtlinien mit<br />

vergleichbaren <strong>Compliance</strong>-<br />

Standards verfügen;<br />

8. die darüber hinaus diese oder<br />

vergleichbare <strong>Compliance</strong>-<br />

Prinzipien bei ihren Geschäftspartnern<br />

einfordern.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

79


Good Practice<br />

Darüber hinaus verfolgt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

zwei sich ergänzende Ziele:<br />

80 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Finanzmärkte<br />

82<br />

HypoVereinsbank<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

84<br />

86<br />

88<br />

90<br />

92<br />

BASF<br />

Bayer<br />

DAW<br />

Deutsche Post DHL<br />

TÜV Rheinland<br />

<strong>Compliance</strong> & Reporting<br />

94<br />

96<br />

98<br />

EY<br />

macondo publishing<br />

Mazars<br />

Datability<br />

100<br />

102<br />

104<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Da<strong>im</strong>ler<br />

Deutsche Telekom<br />

1) Die zehn Prinzipien sollen zu einer Selbstverständlichkeit<br />

innerhalb von Geschäftstätigkeiten auf der ganzen Welt<br />

werden.<br />

2) Entwicklung von Maßnahmen zur Unterstützung darüber<br />

hinausgehender UN-Ziele wie etwa die Millenniums-<br />

Entwicklungsziele (MDGs)<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

81


HypoVereinsbank<br />

HypoVereinsbank fördert<br />

Finanzwissen<br />

Seine eigenen finanziellen Angelegenheiten verstehen und souveräne Entscheidungen treffen<br />

– das fällt vielen Menschen schwer. Wer selbstbest<strong>im</strong>mt lebt, sollte jedoch die Folgen persönlicher<br />

Finanzentscheidungen abschätzen und mögliche Risiken erkennen können. In seinem<br />

eigenen Interesse, aber auch, weil kundenseitiges Finanzwissen einen Beitrag zur Stabilität der<br />

Finanzmärkte leistet. Die HypoVereinsbank – seit 12 Jahren die nachhaltigste Geschäftsbank<br />

<strong>Deutschland</strong>s – hat deshalb die HVB Finanzwissensinitiative ins Leben gerufen. Die Bank nutzt<br />

so ihre Kernkompetenz als Finanzdienstleister, um die finanzielle Allgemeinbildung in der<br />

Öffentlichkeit zu verbessern.<br />

Von Stefan Löbbert<br />

Der richtige Umgang mit Geld und Finanzdienstleistungen<br />

ist unerlässlich,<br />

doch vielen Menschen fehlen die dafür<br />

notwendigen Grundkenntnisse. Wie liest<br />

man eine Rechnung oder einen Kontoauszug<br />

Worauf muss ich be<strong>im</strong> Bezahlen <strong>im</strong><br />

Internet achten Wie setzt sich eine gute<br />

Altersvorsorge zusammen Oder: Wie<br />

berechnen sich eigentlich die Kosten für<br />

einen Kredit einschließlich der Zinsen<br />

Das sind Fragen, die sich viele Menschen<br />

insgehe<strong>im</strong> stellen, ohne zu wissen, wo sie<br />

die dazugehörigen Antworten finden können.<br />

Studien belegen, dass ein Großteil<br />

der Deutschen be<strong>im</strong> Thema Finanzwissen<br />

eher schlecht abschneidet. So ergab eine<br />

Befragung des Markforschungsinstituts<br />

Ipsos <strong>im</strong> August 2013, dass nicht einmal<br />

jeder zweite Deutsche in Berührung mit<br />

Finanzbildung kommt. Und selbst wenn<br />

in der Schule das Thema auf dem Lehrplan<br />

steht, bedeutet das nicht automatisch<br />

eine Steigerung von Finanzkompetenzen.<br />

Die OECD kommt in ihrer jüngsten Pisa-<br />

Studie erneut zu ernüchternden Ergebnissen:<br />

Nur jeder zehnte Schüler kann<br />

komplexere Finanzaufgaben lösen.<br />

Dabei ist der Bedarf an Finanzwissen<br />

heute größer denn je. So verlockt beispielsweise<br />

das Internet zu schnellen<br />

Vertragsabschlüssen mit oftmals verheerenden<br />

Folgen: Die Zahl junger Menschen,<br />

die sich überschulden, ist laut Schuldenatlas<br />

zwischen 2004 und <strong>2014</strong> um das<br />

Vierfache gestiegen.<br />

82 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Finanzen<br />

Angesichts dieser „Bildungslücke“ hat<br />

die HypoVereinsbank die HVB Finanzwissensinitiative<br />

gestartet. Sie will darüber<br />

informieren, wie Wirtschaft und<br />

vor allem Finanzprodukte funktionieren.<br />

Das Angebot richtet sich an alle Altersgruppen,<br />

insbesondere an Schüler ab<br />

16 Jahren und Berufseinsteiger. Das Ziel<br />

ist ein Dialog auf Augenhöhe, damit<br />

die Bankkunden informierte Entscheidungen<br />

treffen können. Dabei soll die<br />

Verantwortung nicht abgewälzt werden –<br />

gute, transparente und ehrliche Beratung<br />

wird nie ersetzt werden können. Jedoch<br />

verlangt es für nachhaltige Entscheidungen<br />

Wissen auf beiden Seiten, wie die<br />

Finanzkrise eindrücklich gezeigt hat. Mit<br />

der Förderung von Finanzwissen möchte<br />

die Bank einen Beitrag dazu leisten,<br />

dass Menschen jeden Alters und unterschiedlicher<br />

Vorbildung ihre Finanzangelegenheiten<br />

besser verstehen und<br />

damit vorausschauend steuern können.<br />

Das Finanzwissensportal euro.de<br />

Das HVB Finanzwissensportal euro.de<br />

vermittelt umfangreiche Grundlagen<br />

zum Thema Finanzwissen. Besonderes<br />

Augenmerk wird dabei auf einen übersichtlichen<br />

Auf bau gelegt sowie auf<br />

anschauliche Infografiken, die komplexe<br />

Inhalte bildhaft darstellen. „Sie stellen<br />

die Frage, wir geben die Antwort“ –<br />

unter diesem Motto lädt das Portal zu<br />

einem unkomplizierten Umgang mit<br />

Finanzfragen ein, der bis zum persönlichen<br />

Dialog reicht. Zudem wurde die<br />

Website „gut zugänglich“ beziehungsweise<br />

barrierefrei gestaltet, um auch<br />

Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen<br />

den Zugang zu Finanzwissen<br />

zu ermöglichen.<br />

euro.de umfasst sechs Themenbereiche:<br />

Finanzwelt, Bezahlen, Anlegen, Vorsorgen,<br />

Kredite und Immobilien. Die Inhalte<br />

sind mult<strong>im</strong>edial auf bereitet. So wird<br />

das Wissen nicht nur auf Textseiten<br />

vermittelt, sondern auch über kurze<br />

Lehrfilme und Infografiken. Ein Glossar<br />

bringt die wichtigsten Begriffe auf<br />

den Punkt. Anhand eines interaktiven<br />

Rechners kann der User errechnen, wie<br />

viel Geld ihm überhaupt monatlich für<br />

Investitionen oder Anlagen jeder Art<br />

zur Verfügung steht. Hinzu kommen<br />

Ratschläge von Experten, etwa zum<br />

Bezahlen <strong>im</strong> Internet oder zu Kriterien,<br />

die be<strong>im</strong> Abschluss eines Kredits zu<br />

beachten sind.<br />

Das Kapitel „Kredite“ beispielsweise erklärt,<br />

wie ein zukünftiger Kreditnehmer<br />

eine Selbsteinschätzung durchführt,<br />

welche Stolperfallen er berücksichtigen<br />

muss und wie er mit dem Kreditgeber<br />

verhandelt. Außerdem werden verschiedene<br />

Formen von Krediten beschrieben.<br />

Das Glossar schließlich hilft durch den<br />

Begriffsdschungel der Finanzsprache.<br />

Über 100 regionale<br />

Finanzworkshops<br />

Das Finanzwissensportal euro.de ist<br />

eine von insgesamt drei Maßnahmen<br />

zur Verbesserung der Finanzkompetenz.<br />

Regelmäßige Finanzworkshops<br />

vor Ort, angeboten von Mitarbeitern der<br />

HypoVereinsbank, ergänzen das Online-<br />

Angebot. Die Workshops sind wertungsfrei<br />

und produktneutral und ermöglichen<br />

einen direkten Dialog mit den<br />

Finanzexperten der Bank, was ihren großen<br />

Zuspruch erklärt: Bislang fanden<br />

bundesweit mehr als 100 Workshops<br />

vor Ort mit über 2.200 Teilnehmern<br />

statt, viele Veranstaltungen sind ausgebucht.<br />

Drittes Instrument der HVB Finanzwissensinitiative<br />

ist schließlich die aktive<br />

Einbeziehung der Social-Media-Kanäle<br />

der Bank. Dazu zählt vor allem der Corporate<br />

Blog der HypoVereinsbank, auf<br />

dem regelmäßig Finanzthemen ansprechend<br />

und leicht verständlich aufbereitet<br />

werden.<br />

Finanzkompetenz bei nachhaltigen<br />

Geldanlagen als Ziel<br />

Die HVB Finanzwissensinitiative setzt bewusst<br />

bei den Grundlagen an. Doch dabei<br />

soll es perspektivisch nicht bleiben. Für<br />

Unternehmenskunden bietet die Bank<br />

mit dem Format „HVB@Webinar“ bereits<br />

sehr erfolgreich Online-Workshops zu<br />

Spezialthemen wie z. B. die Umstellung<br />

auf SEPA an.<br />

Und auch für die breite Öffentlichkeit<br />

ist <strong>im</strong> Rahmen der Finanzwissensinitiative<br />

ein neues Modul in Arbeit, das sich<br />

speziell mit nachhaltigen Geldanlagen<br />

befasst. Denn gerade bei diesem Thema<br />

gibt es viele Meinungen– oft ohne eine<br />

verlässliche Faktenbasis. So kann die Vermittlung<br />

von Finanzkompetenzen auch<br />

als Hebel dienen, um die Nachfrage nach<br />

nachhaltigen Geldanlagen zu steigern.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

83


BASF<br />

Aktive Steuerung des<br />

Produktportfolios in<br />

Richtung Nachhaltigkeit<br />

Mit dem Unternehmenszweck „We create chemistry for a sustainable future“ setzt BASF auf<br />

Innovationen aus der Chemie, die bei unseren Kunden und für die Gesellschaft zu einer nachhaltigen<br />

Zukunft beitragen. Mit innovativen Produkten und Lösungen mit einem besonderen Beitrag<br />

zur Nachhaltigkeit erzielt BASF heute bereits mehr als 20 Prozent des relevanten Umsatzes.<br />

Um die Bedürfnisse von Kunden und Gesellschaft zukünftig noch besser erfüllen zu können und<br />

den Unternehmenserfolg langfristig zu sichern, hat sich BASF das Ziel gesetzt, den Umsatz mit<br />

nachhaltigen Lösungen weiter auszubauen. Dazu wurde das gesamte Produktportfolio auf Nachhaltigkeit<br />

untersucht und bewertet.<br />

Von Dr. Dirk Voeste und Annette Höllebrand<br />

BASF hat sich schon früh<br />

globale Ziele gesteckt<br />

BASF hat sich schon früh langfristige<br />

globale Ziele in den Bereichen Ökonomie,<br />

Umwelt und Gesellschaft sowie Sicherheit<br />

ihrer Mitarbeiter gesetzt. Energieversorgung<br />

und Energieeffizienz sind<br />

für BASF zentrale Elemente zum Schutz<br />

des Kl<strong>im</strong>as. Ein wichtiger Baustein in<br />

unserem Energieeffizienzkonzept ist<br />

das Verbundsystem: Die bei der Produktion<br />

entstehende Wärme eines Betriebs<br />

nutzen andere Betriebe als Energie.<br />

So haben wir allein 2013 rund 17 Millionen<br />

MWh eingespart – das entspricht<br />

einer Umweltentlastung von 3,5 Millionen<br />

Tonnen CO 2<br />

.<br />

Für BASF bedeutet nachhaltige Entwicklung,<br />

langfristig angelegten wirtschaftlichen Erfolg<br />

mit dem Schutz der Umwelt und gesellschaftlicher<br />

Verantwortung zu verbinden.<br />

Die Nachfrage der Konsumenten und<br />

unserer Kunden nach umweltfreundlichen<br />

und sozial verträglichen Produkten<br />

steigt kontinuierlich und über alle Branchen<br />

und Märkte hinweg. Gleichzeitig<br />

werden Themen wie die <strong>im</strong>mer knapper<br />

werdenden Ressourcen oder der Wunsch<br />

nach individueller Lebensqualität als<br />

globale Herausforderungen der Zukunft<br />

<strong>im</strong>mer wichtiger. So ist der stark wachsende<br />

Energiebedarf eine der wichtigsten<br />

globalen Problemstellungen. Zudem<br />

werden der Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />

und der effiziente Umgang mit<br />

Ressourcen entscheidender. BASF sieht<br />

auf diesen Feldern zum einen enorme<br />

globale Herausforderungen, zum anderen<br />

aber viele Chancen, insbesondere für<br />

die Chemieindustrie.<br />

84 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

Um unsere Kunden noch besser dabei<br />

zu unterstützen, wirtschaftliche, ökologische<br />

und gesellschaftliche Aspekte zu<br />

verbinden, hat BASF ein Managementsystem<br />

zur Steuerung des Portfolios anhand<br />

von Nachhaltigkeitskriterien eingeführt<br />

– das Sustainable Solution Steering. Die<br />

rund 50.000 Produktanwendungen des<br />

Portfolios werden mit dem Verfahren<br />

systematisch auf Nachhaltigkeitsaspekte<br />

untersucht und bewertet – ein wichtiger<br />

Schritt, um Geschäftschancen frühzeitig<br />

zu erkennen und Risiken zu reduzieren.<br />

Ziel ist, die Zahl und den Umsatz der<br />

nachhaltigen Lösungen kontinuierlich<br />

zu erhöhen. Bereits heute machen Lösungen<br />

mit einem besonderen Beitrag<br />

zur Nachhaltigkeit mehr als 20 Prozent<br />

des Umsatzes aus.<br />

Sustainable Solution Steering –<br />

Die Methode<br />

Mit der Methode „Sustainable Solution Steering“ werden rund 50.000 relevante Produktanwendungen<br />

des Portfolios der BASF systematisch auf Nachhaltigkeitsaspekte untersucht<br />

und in vier Kategorien eingeteilt.<br />

BASF möchte ihren Kunden Produkte<br />

anbieten, die über den gesamten Lebenszyklus<br />

hinweg ihren Nachhaltigkeitsbedürfnissen<br />

entsprechen. Für die Entwicklung<br />

entsprechender Produkte ist eine<br />

wesentliche Voraussetzung, den Beitrag<br />

zur Nachhaltigkeit zu kennen. Mit dem<br />

extern validierten Verfahren „Sustainable<br />

Solution Steering“ ist es möglich, den<br />

Beitrag der Produkte zur Nachhaltigkeit<br />

in den verschiedenen Märkten und Industrien<br />

zu messen und durch gezielte<br />

Maßnahmen zu erhöhen.<br />

Im Rahmen der Untersuchung wird beispielsweise<br />

betrachtet, welchen Beitrag<br />

ein Produkt zu Kosteneffizienz, Ressourcenschonung<br />

sowie zu Gesundheit und<br />

Sicherheit leistet. Die konkreten Nachhaltigkeitsbedürfnisse<br />

der verschiedenen<br />

Kundenindustrien werden dabei ebenso<br />

einbezogen wie regionale Unterschiede.<br />

Die Produkte werden in der Anwendung<br />

betrachtet und entsprechend ihres<br />

Nachhaltigkeitsbeitrags einer von vier<br />

Kategorien (s. Infografik) zugeordnet:<br />

• Accelerator leisten einen besonderen<br />

Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette.<br />

• Performer sind Lösungen, die Standard-Anforderungen<br />

des Marktes hinsichtlich<br />

Nachhaltigkeit voll und ganz<br />

erfüllen.<br />

• Für Transitioner wurden spezifische<br />

Nachhaltigkeitsherausforderungen<br />

erkannt und konkrete Aktionspläne<br />

definiert. Diese Handlungsempfehlungen<br />

werden bereits umgesetzt.<br />

• Anwendungen, die maßgebliche Nachhaltigkeitskriterien<br />

nicht ausreichend<br />

erfüllen, werden als Challenged bezeichnet.<br />

Für diese Produkte entwickelt<br />

BASF Aktionspläne, um verbesserte<br />

Lösungen zu finden.<br />

Branchenspezifische Lösungen<br />

Mit Dämmstoffen, Kunststoff bauteilen<br />

für die Automobilindustrie und Materialien<br />

für Windräder unterstützt BASF ihre<br />

Kunden bei einem verantwortungsvollen<br />

Umgang mit der Umwelt. Etwa für die<br />

Automobilindustrie bietet das Unternehmen<br />

eine breite Palette nachhaltiger<br />

Lösungen an:<br />

• Leichtbaukunststoffe zur Verringerung<br />

des Gewichts von Kraftfahrzeugen und<br />

somit Erhöhung der Kraftstoffeffizienz<br />

• Katalysatoren zur Reduzierung von<br />

Abgasemissionen führen zu einer Verbesserung<br />

der Luftqualität<br />

• Innovative Treibstoffadditivpakete, die<br />

die Motorventile sauber halten und<br />

dadurch den Kraftstoffverbrauch und<br />

die Abgasemissionen reduzieren<br />

• Integrierte Prozesse der BASF verkürzen<br />

die Fahrzeuglackierung, da sie Prozessschritte<br />

reduzieren. Sie bieten somit<br />

klare Vorteile bei Energieverbrauch sowie<br />

Treibhausgas- und VOC-Emissionen<br />

(Volatile Organic Compound)<br />

Ein weiteres Beispiel sind nachhaltige<br />

Verpackungslösungen der BASF. Dazu<br />

gehören:<br />

• Polyamidfolien für flexible Verpackungen,<br />

die einen geringeren Materialeinsatz<br />

als starre Verpackungen ermöglichen<br />

• Wasserbasierte Harze für den flexiblen<br />

Verpackungsdruck, die Luftemissionen<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu lösungsmittelbasierten<br />

Technologien verringern<br />

• Biobasierte oder bioabbaubare Materialien,<br />

die bei Papier- und Kunststoffverpackungen<br />

eine bessere Umweltleistung<br />

ermöglichen.<br />

Nachhaltige Lösungen für<br />

langfristigen Geschäftserfolg<br />

Die detaillierte Untersuchung und transparente<br />

Klassifizierung ermöglichen es<br />

BASF, mit innovativen Lösungen die<br />

Nachhaltigkeitsbedürfnisse der Kunden<br />

noch besser zu erfüllen und gleichzeitig<br />

das gesamte Produktportfolio zu einem<br />

verstärkten Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />

zu steuern. Durch die konsequente und<br />

systematische Anwendung dieser Methode<br />

integriert BASF Nachhaltigkeit<br />

noch stärker in die strategischen sowie<br />

Forschungs- und Entwicklungsprozesse.<br />

Diese Faktoren tragen dazu bei, den<br />

langfristigen Geschäftserfolg zu sichern<br />

– ein wesentlicher Teil der “We create<br />

chemistry“-Strategie.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

85


Bayer<br />

Standards für nachhaltige<br />

Beziehungen:<br />

das Lieferantenmanagement<br />

von Bayer<br />

Die Einhaltung von Nachhaltigkeits-Anforderungen in der Lieferkette ist ein wesentlicher<br />

Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie von Bayer. Hierfür hat sich der Konzern klare Ziele<br />

gesetzt und verpflichtet seine Zulieferer neben ökonomischen auf soziale, ethische und<br />

ökologische Standards.<br />

Von Thomas Udesen<br />

Durch sein Einkaufsvolumen übt unser<br />

Unternehmen einen beträchtlichen<br />

Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt<br />

aus. Es belief sich <strong>im</strong> Jahr 2013 auf circa<br />

18,7 Mrd. EUR. Wir bezogen Waren<br />

und Dienstleistungen von rund 107.000<br />

Lieferanten aus 138 Ländern.<br />

Dabei betrug das Einkaufsvolumen in<br />

<strong>Deutschland</strong>, den USA und Japan 2013<br />

knapp 67 % der Ausgaben in den OECD-<br />

Staaten (Organisation for Economic<br />

Cooperation and Development). Dies<br />

entspricht ca. 54 % des weltweiten Beschaffungsvolumens<br />

<strong>im</strong> Konzern. Die<br />

drei Länder Brasilien, Indien und China<br />

machten etwa 72 % der Ausgaben in<br />

Nicht-OECD-Staaten und rund 14 % der<br />

Gesamtausgaben aus.<br />

Es ist unser Ziel, gemeinsam mit unseren<br />

Lieferanten Risiken für Gesellschaft und<br />

Umwelt zu min<strong>im</strong>ieren und stabile, langfristige<br />

Beziehungen zu etablieren. Daher<br />

werden bei der Auswahl potenzieller<br />

und bestehender Lieferanten neben wirtschaftlichen<br />

auch Umwelt-, Sozial- und<br />

Corporate-Governance (ESG)-Standards<br />

angewendet. Diese sind in unserem Verhaltenskodex<br />

für Lieferanten definiert,<br />

der die Basis für unsere Zusammenarbeit<br />

darstellt. Er ist konzernweit in die elektronischen<br />

Bestellsysteme und Verträge<br />

rechtsverbindlich integriert und beruht<br />

auf den Prinzipien des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und unserer Menschenrechtsposition.<br />

Bewertung, Überprüfung und Dialog<br />

mit Lieferanten<br />

Die Einhaltung unseres Verhaltenskodex<br />

verfolgen wir durch Überprüfungen der<br />

Nachhaltigkeitsleistungen von Lieferanten.<br />

Dies geschieht sowohl durch Online-<br />

Lieferanten-Bewertungen als auch durch<br />

Audits bei Lieferanten vor Ort. Bei den<br />

Online-Bewertungen arbeiten wir mit<br />

einem führenden Anbieter einer webbasierten<br />

Plattform zur Nachhaltigkeitsbewertung<br />

zusammen. Die Bewertung<br />

erfolgt mithilfe eines vom Lieferanten<br />

auszufüllenden, modularen Fragebogens<br />

mit begleitenden Belegdokumenten<br />

sowie eines 360-Grad-Screenings. Die<br />

zu bewertenden Lieferanten wählen<br />

wir dafür auf Basis einer Kombination<br />

von Länder- und Materialrisiko sowie<br />

strategischer Bedeutung aus. Die Nachhaltigkeits-Audits<br />

führen wir zusammen<br />

mit externen, unabhängigen Auditoren<br />

durch. In Ergänzung dazu nehmen<br />

Bayer-Auditoren Überprüfungen mit<br />

Schwerpunkt auf Gesundheit, Sicherheit,<br />

Umweltschutz und Nachhaltigkeit vor.<br />

Um Synergien bei der Überprüfung der<br />

Nachhaltigkeitsleistung von Lieferanten<br />

zu nutzen, tauschen wir <strong>im</strong> Rahmen<br />

der Industrie-Initiativen Pharmaceutical<br />

Supply Chain Initiative (PSCI) und Together<br />

for Sustainability (TfS) die Ergebnisse<br />

mit anderen Unternehmen aus.<br />

Hierbei fokussieren wir uns auf die<br />

Standardisierung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

in den relevanten Industrien.<br />

Alle Bewertungs- und Auditergebnisse<br />

werden ausführlich analysiert und<br />

dokumentiert. Bei Mängeln werden<br />

seitens der Einkaufsorganisation von<br />

Bayer gemeinsam mit den Lieferanten<br />

Aktionspläne entwickelt, um die zukünftige<br />

Einhaltung der Sozial-, Ethik- und<br />

Umweltkriterien zu gewährleisten.<br />

Zusätzlich ist die Teilnahme an Trainings<br />

zu Nachhaltigkeit <strong>im</strong> Einkauf und unserem<br />

Verhaltenskodex fester Bestandteil<br />

der Qualifikation für die Einkäufer <strong>im</strong><br />

Bayer-Konzern weltweit. Auch unseren<br />

Lieferanten bieten wir Schulungen an,<br />

86 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

Schule statt Feldarbeit: Die Schülerin Chandra<br />

Kalar (11 Jahre) auf dem Weg zur Dorfschule<br />

Balala Vedika in Armagidda, einem Dorf <strong>im</strong><br />

Bundesstaat Andhra Pradesh, Indien.<br />

die wir in den Industrie-Initiativen mit<br />

entwickeln. Darüber hinaus organisieren<br />

wir regelmäßig Dialog-Veranstaltungen<br />

mit unseren Lieferanten.<br />

Bekämpfung der Kinderarbeit in der<br />

Lieferkette<br />

Unsere Position zum Thema Menschenrechte<br />

beinhaltet unter anderem ein<br />

striktes Verbot von Kinderarbeit, das sich<br />

auch auf die Lieferkette erstreckt. Wir<br />

verpflichten unsere Lieferanten, konsequent<br />

auf Kinderarbeit zu verzichten.<br />

Wir achten besonders auf den Verzicht<br />

auf Kinderarbeit in solchen Entwicklungsund<br />

Schwellenländern, wo Kinderarbeit<br />

noch weit verbreitet ist.<br />

So engagiert sich unser Teilkonzern<br />

CropScience seit Jahren in Indien mit<br />

seinem Child Care Program systematisch<br />

gegen Kinderarbeit in der Saatgut-Zulieferkette.<br />

Bayer-Teams besuchen die Felder<br />

der Baumwoll-Saatgutproduktion mindestens<br />

sechs Mal pro Anbausaison, um<br />

das Alter der angetroffenen Arbeitskräfte<br />

festzustellen. Dafür ist eine eigene Organisationseinheit<br />

verantwortlich. Dank<br />

dieses strikten Kontrollsystems haben wir<br />

nur noch eine sehr geringe Anzahl von<br />

Kinderarbeitsfällen bei unseren Kontraktoren<br />

feststellen können, die wir intensiv<br />

nachverfolgen. Systematisches Feldmonitoring<br />

führen wir seit 2009 in Indien<br />

auch in der Gemüse-Saatgutproduktion<br />

und seit 2010 ebenfalls in unserer Saatgutproduktion<br />

für Hybridreis durch.<br />

Das Child Care Program findet in der Öffentlichkeit<br />

breite Anerkennung und ist<br />

eine Querschnittsaufgabe von Management,<br />

den Spezialisten des Child Care<br />

Program-Teams und der Unternehmenskommunikation,<br />

die gemeinsam mit den<br />

Saatgut-Lieferanten einen wesentlichen<br />

Beitrag zur Schärfung des Problembewusstseins<br />

bei eben diesen Zulieferern<br />

und in der Öffentlichkeit leisten.<br />

Zukunftsperspektiven<br />

Nachhaltigkeit und Transparenz in<br />

der Lieferkette gehören zu den großen<br />

Themen international agierender Unternehmen.<br />

Ihre Bedeutung wird in<br />

den nächsten Jahren weiter zunehmen.<br />

Strategische Kooperationen sowohl mit<br />

anderen Unternehmen innerhalb best<strong>im</strong>mter<br />

Branchen als auch mit den<br />

Schlüssellieferanten sind ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor, um die Herausforderungen<br />

dauerhaft meistern zu können.<br />

Im Jahr 2013 haben wir bei Bayer mit<br />

unseren Bewertungs- und Überprüfungsmaßnahmen<br />

34 % unseres gesamten<br />

Einkaufsvolumens unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten<br />

evaluiert sowie<br />

51 % aus Risikobereichen. Bis 2017 streben<br />

wir die Bewertung aller strategisch<br />

bedeutenden Lieferanten an und bis zum<br />

Jahr 2020 die Bewertung aller potenziell<br />

risikobehafteten Lieferanten mit signifikantem<br />

Liefervolumen.<br />

Thomas Udesen ist Einkaufsleiter von<br />

Bayer HealthCare und Vorsitzender des<br />

Bayer Procurement Committee.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

87


DAW<br />

Neue Wege für mehr<br />

Nachhaltigkeit<br />

Für die Zukunft sieht die DAW SE einer zunehmenden Orientierung der gesellschaftlichen Ansprüche<br />

am Leitbild der Nachhaltigkeit mit Freude entgegen. Der Beitritt zum <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

mit seinen zehn Grundwerten bekräftigt diese Unternehmenshaltung. Mit unserem Engagement<br />

möchten wir uns aktiv für die Umsetzung dieses weltweit anerkannten Nachhaltigkeitsstandards<br />

einsetzen und einen Beitrag für ein Plus an Lebensqualität leisten.<br />

Von Bettina Klump-Bickert<br />

Die DAW-Firmengruppe entwickelt, produziert<br />

und vertreibt Farben, Lacke, Putze,<br />

Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS)<br />

und Produkte für den Bautenschutz. Als<br />

unabhängiges Familienunternehmen in<br />

fünfter Generation ist die DAW SE heute<br />

der drittgrößte Hersteller von Baufarben<br />

in Europa sowie Marktführer in <strong>Deutschland</strong>,<br />

Österreich und der Türkei.<br />

Mit einem Gesamtumsatz von rund 1,2<br />

Mrd. Euro und mehr als 5.000 Mitarbeitern<br />

<strong>im</strong> In- und Ausland ist die DAW SE in<br />

über 40 Ländern mit 29 Produktionsstandorten<br />

vertreten. Die bekanntesten Marken<br />

sind Caparol und Alpina – mit Europas<br />

meistgekaufter Innenfarbe: Alpinaweiß.<br />

Lebensqualität – ein ganzheitlicher<br />

Ansatz der DAW<br />

Als Farbenhersteller ist es uns ein besonders<br />

Anliegen, die Lebensräume von<br />

Menschen behaglich und ästhetisch zu<br />

gestalten. Farbe ist ein Wohlfühlfaktor,<br />

daher prägt dieser zentrale Gedanke auch<br />

unsere Innovationen und Produktpolitik.<br />

Wo man hinblickt – Farben begleiten<br />

uns durch unser Lebens- und Arbeitsumfeld<br />

– vom Kindergarten über Büro- und<br />

Wohngebäude bis hin zum öffentlichen<br />

Raum in einer Stadt.<br />

Doch nicht nur unsere Produkte sollen<br />

dazu beitragen, den Menschen ein Plus<br />

an Lebensqualität zu geben, vielmehr<br />

möchten wir als gesamtes Unternehmen<br />

unseren Kunden ein sorgenfreies<br />

„gutes Gefühl“ bei der Verwirklichung<br />

ihrer Vorstellungen von nachhaltigem<br />

Bauen und Sanieren geben. Daher hat<br />

die DAW SE eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie<br />

aufgebaut, die das gesamte<br />

Unternehmen umfasst. Denn ein Plus an<br />

Lebensqualität für unsere Kunden fängt<br />

bei uns <strong>im</strong> Unternehmen an.<br />

DAW-Nachhaltigkeitsstrategie<br />

Im Einklang mit den Prinzipien des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> stellen wir mit der DAW-<br />

Nachhaltigkeitsstrategie sicher, dass alle<br />

Unternehmensbereiche wirtschaftlichen,<br />

ökologischen und sozialen Erwartungen<br />

entsprechen.<br />

„Die DAW möchte mit einem nachhaltig<br />

geführten Unternehmen nachhaltige<br />

Produkte herstellten, die es Kunden ermöglichen,<br />

ihre Vorstellungen und Ideen<br />

von nachhaltig gestalteten Gebäuden verwirklichen<br />

zu können. Zugleich ist es ein<br />

ganz besonderes Anliegen, einen Beitrag<br />

zur Werterhaltung von Immobilien und<br />

deren Baukultur zu leisten.“<br />

88 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

Ein gutes Gefühl geben –<br />

Beschichtungen für Lebens- und<br />

Arbeitswelten<br />

Nachhaltiges Wirtschaften hat bei der<br />

DAW SE eine hohe Bedeutung und lange<br />

Tradition. Seit der Unternehmensgründung<br />

1895 konzentrieren wir uns auf die<br />

Erforschung, Herstellung und Vermarktung<br />

qualitativ hochwertiger, innovativer<br />

Beschichtungssysteme, die für Themen<br />

wie Umweltschutz, Wohngesundheit,<br />

Energieeffizienz und Werterhaltung der<br />

Gebäude stehen.<br />

Integriertes Managementsystem<br />

Zertifizierte Nachhaltigkeit an den großen DAW-Standorten in <strong>Deutschland</strong><br />

bestehend aus den Bausteinen:<br />

• Qualitätsmanagement (ISO 9000)<br />

• Umweltmanagement (ISO 14001)<br />

• Arbeitssicherheit (OHSAS)<br />

• Energiemanagement (ISO 50001)<br />

Auch <strong>im</strong> eigenen Unternehmen gehen wir<br />

neue Wege für mehr Nachhaltigkeit. So<br />

war die DAW SE das erste Unternehmen<br />

der Branche, das ein zertifiziertes Energiemanagementsystem<br />

nach ISO 500001<br />

eingeführt hat. Es umfasst die Planung<br />

und den Betrieb unserer energietechnischen<br />

Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten.<br />

Das Ziel bis 2015 lautet, 15 Prozent<br />

Energie einzusparen (kWh auf Basis der<br />

Daten von 2009). Im Vordergrund stehen<br />

für uns hierbei die Schonung von<br />

Ressourcen, der Kl<strong>im</strong>aschutz und die<br />

Möglichkeit von Kostensenkungen.<br />

Offen und ehrlich –<br />

„DAW Stakeholder-Dialog: Zukunft<br />

Wärmedämmung“<br />

Über die Senkung des Energieverbrauches<br />

und Verringerung der Treibhausgase besteht<br />

gesellschaftlicher Konsens – ebenso<br />

wie das energetische Opt<strong>im</strong>ieren der<br />

Gebäude unstrittig ist. Dennoch gibt es<br />

eine zunehmend kontroverse Diskussion<br />

über den Sinn und den Nutzen von<br />

Wärmedämmung. Dies hat die DAW<br />

dazu bewogen, den aktiven und offenen<br />

Dialog mit Befürwortern und Kritikern<br />

von Dämm-Maßnahmen zu suchen.<br />

Ende 2013 haben wir als erstes Unternehmen<br />

der Branche den „DAW Stakeholder-<br />

Dialog: Zukunft Wärmedämmung“ ins<br />

Leben gerufen, der mit sechs aufeinander<br />

auf bauenden Workshops bis ins Jahr<br />

2015 hineinreichen wird.<br />

Für ein gutes Arbeitsumfeld sorgen<br />

Als mittelständisches Unternehmen sind<br />

wir heute mehr denn je auf kompetente<br />

und begeisterungsfähige Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter angewiesen. Wir freuen<br />

uns, dass sich die kulturelle Vielfalt der<br />

Gesellschaft auch in unserem Unternehmen<br />

widerspiegelt. Eine Unternehmenskultur,<br />

die von gegenseitigem Respekt<br />

und Wertschätzung jedes Einzelnen geprägt<br />

ist, ist conditio sine qua non und in<br />

ein entsprechendes Umfeld eingebunden.<br />

Auch die Erweiterung und Sanierung der<br />

DAW-Firmenzentrale in Ober-Ramstadt<br />

ist an Nachhaltigkeit ausgerichtet. Dafür<br />

haben wir das DGNB-Vorzertifikat in<br />

Silber erhalten. Viele Produkte aus dem<br />

DAW-Portfolio werden bei diesem Bauprojekt<br />

verarbeitet. Farbe als gestalterisches<br />

Medium spielt an den Arbeitsplätzen in<br />

puncto Behaglichkeit und Wohlfühlen<br />

eine große Rolle. Das Konzept hierzu<br />

wurde von den Planern gemeinsam mit<br />

dem firmeneigenen FarbDesignStudio<br />

entwickelt.<br />

Lebensfreude:<br />

der Bauernhof Eichhof<br />

Die auf Nachhaltigkeit ausgerichtete DAW-<br />

Unternehmensphilosophie spiegelt sich<br />

auch in dem kleinen landwirtschaftlichen<br />

Betrieb Eichhof in unmittelbarer Nähe des<br />

DAW-Firmengeländes wider. Der <strong>im</strong> Besitz<br />

der Inhaberfamilie geführte Bauernhof<br />

gilt als beispielhaft für nachhaltigen Umwelt-<br />

und Naturschutz. Die Produkte des<br />

Eichhofs werden alle auf entsprechende<br />

Art und Weise erzeugt und können in<br />

einem eigenen Hofladen gekauft werden.<br />

Für die Zukunft:<br />

Kinderkrippe „Rüsselbande“<br />

In das Gelände des Bauernhofs ist die<br />

betriebseigene Kinderkrippe „Rüsselbande“<br />

für Kinder unserer Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter unter drei Jahren<br />

integriert. Die Kinder lernen auf diese<br />

Weise, wie Hühner Eier legen und Kühe,<br />

Kälber, Ziegen, Schafe, Schweine und Esel<br />

ein friedliches Leben führen. Auch der<br />

Bauerngarten, in dem alle Sorten von<br />

Kräutern, Obst und Gemüse wachsen,<br />

bietet den Kindern einen Einblick in die<br />

Natur, wie sie ihn heute nur noch selten<br />

so erleben können.<br />

Bettina Klump-Bickert verantwortet seit<br />

2010 das Nachhaltigkeitsmanagement der<br />

DAW SE.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

89


Deutsche Post DHL<br />

Nachhaltig Wert schaffen<br />

durch intensivere<br />

Stakeholder-Beziehungen<br />

Wir erleben eine Zeit, in der sich – in nur<br />

wenigen Jahren – die unternehmerischen<br />

Erfolgsbedingungen markant gewandelt<br />

haben. Die Hauptrolle hierbei spielt eine<br />

<strong>im</strong>mer tiefere gegenseitige Durchdringung<br />

der unternehmerischen und der gesellschaftlichen<br />

Sphäre. Die Folgen dieser<br />

Entwicklung wirken bis in den Kernbereich<br />

unternehmerischer Entscheidungen hinein.<br />

In den Führungsetagen vieler Unternehmen<br />

hat ein Umdenken stattgefunden. Anstatt<br />

sich pr<strong>im</strong>är auf die Interessen der Anteilseigner<br />

zu konzentrieren, erkennen viele<br />

Unternehmen heute die Notwendigkeit,<br />

auf die Bedürfnisse und Wünsche vieler<br />

Anspruchsgruppen einzugehen. Das Konzept<br />

des „Shareholder Value“ wird abgelöst<br />

vom „Stakeholder Value“.<br />

Von Prof. Dr. Christof E. Ehrhart<br />

Die meisten Unternehmen kommunizieren<br />

heute ganz selbstverständlich und<br />

proaktiv mit ihren Kunden, Mitarbeitern,<br />

Lieferanten, gesellschaftlichen Gruppen<br />

und NGOs. Auch die Erkenntnis, dass Unternehmen<br />

durch engere Stakeholder-Beziehungen<br />

nicht nur ihre gesellschaftliche<br />

Akzeptanz („licence to operate“) sichern,<br />

sondern auch ihre Leistungsfähigkeit<br />

dauerhaft verbessern können, setzt sich<br />

zunehmend durch. Dennoch findet die<br />

Auseinandersetzung der Unternehmen<br />

mit ihren Anspruchsgruppen häufig noch<br />

auf einer informellen und wenig strukturierten<br />

Ebene statt. Vielfach verlassen<br />

sich die handelnden Personen in den<br />

Unternehmen auf ihre Intuition. Auch<br />

die Verzahnung der eigenen Geschäftsund<br />

Nachhaltigkeitsaktivitäten mit den<br />

Ansprüchen der Stakeholder findet allzu<br />

oft nur punktuell und ad hoc statt. Be<strong>im</strong><br />

Stakeholder-Management, bei der systematischen,<br />

geplanten und umfassenden<br />

Beziehungspflege mit Anspruchsgruppen,<br />

stehen oft selbst internationale Großunternehmen<br />

noch am Anfang.<br />

Bedeutung von Dialog<br />

Um sich in einer grundsätzlichen, wissenschaftlich<br />

fundierten Weise mit der<br />

zunehmenden Bedeutung von Stakeholdern<br />

auseinanderzusetzen, initiierte<br />

Deutsche Post DHL eine umfassende<br />

Studie. Diese erschien <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Schriftenreihe „Delivering Tomorrow“,<br />

die sich mit wichtigen Zukunftstrends<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft befasst.<br />

Die <strong>im</strong> September <strong>2014</strong> veröffentlichte<br />

Schrift mit dem Titel „Zuhören, gestalten,<br />

Wert schaffen: Erfolgsfaktor Stakeholder-<br />

Management“ beleuchtet und begründet<br />

die unternehmerische Notwendigkeit<br />

hinter intensiveren Stakeholder-Beziehungen<br />

und geht der Frage nach, wie<br />

alle Beteiligten von diesem Austausch<br />

nachhaltig profitieren können. Zu den<br />

Autoren in der Studie zählen unter an-<br />

90 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

derem Professor R. Edward Freeman<br />

(University of Virginia), der als einer<br />

der Begründer des Stakeholder-Ansatzes<br />

gilt, sowie Professor Peter Ulrich, der mit<br />

dem Institut für Wirtschaftsethik an der<br />

Universität St. Gallen die erste Institution<br />

ihrer Art <strong>im</strong> deutschsprachigen Raum<br />

gegründet und über Jahrzehnte geleitet<br />

hat. Ebenfalls mit einem Beitrag vertreten<br />

ist Mark Kramer, der gemeinsam mit dem<br />

Ökonomen Michael Porter den vieldiskutierten<br />

„Shared-Value“-Ansatz begründet<br />

hat. Zusätzlich wurde <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Studie eine internationale Umfrage unter<br />

Meinungsführern aus sechs Schlüsselmärkten<br />

durchgeführt. Komplettiert wird<br />

die Untersuchung durch Praxisbeispiele<br />

der Stakeholder-Aktivitäten des Konzerns<br />

Deutsche Post DHL, der durch seine Stellung<br />

als weltgrößtes Logistikunternehmen<br />

mit einer Vielzahl verschiedener<br />

Anspruchsgruppen in Kontakt steht.<br />

Ergebnisse der Befragung<br />

Die bereits genannte Befragung von<br />

Meinungsführern untermauert die Erkenntnis,<br />

dass ein auf verschiedene Interessengruppen<br />

und Interessenlagen<br />

austariertes Geschäftsmodell ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor ist. So spricht sich<br />

eine überwältigende Mehrheit von 87<br />

Prozent der Umfrageteilnehmer dafür<br />

aus, dass Unternehmen ihr Handeln nicht<br />

einseitig auf ihre Anteilseigner ausrichten,<br />

sondern unterschiedliche Interessenlagen<br />

ihrer Stakeholder berücksichtigen sollten.<br />

Über 70 Prozent der Befragten bevorzugen<br />

diejenigen Unternehmen, die mit<br />

ihren Anspruchsgruppen <strong>im</strong> offenen<br />

Austausch stehen. Drei Viertel der Befragten<br />

würden am liebsten für ein Unternehmen<br />

arbeiten, das einen offenen<br />

Umgang mit Interessengruppen pflegt<br />

und sich auch kritischen Fragen stellt.<br />

Allerdings stellt sich die Wirklichkeit aus<br />

Sicht der Befragten heute noch anders<br />

dar: Nur 44 Prozent sehen bereits jetzt,<br />

dass neben den Interessen der Kapitalseite<br />

auch die Anliegen von Kunden,<br />

Mitarbeitern und anderen Stakeholdern<br />

hinreichend einbezogen werden.<br />

Trotz dieses Befunds erkennen fast 80<br />

Prozent der Befragten in den vergangenen<br />

Jahren deutliche positive Entwicklungen.<br />

Auch mit Blick auf den Nutzen<br />

von Stakeholder-Management herrscht<br />

mehrheitlich erkennbar Opt<strong>im</strong>ismus.<br />

Neuer Nachhaltigkeitsansatz<br />

Die neue Studie von Deutsche Post DHL<br />

adressiert Kernfragen des Stakeholder-<br />

Managements und dokumentiert den<br />

Sachstand und die künftigen Herausforderungen<br />

mit Blick auf Stakeholder-<br />

Beziehungen. Darüber hinaus untermauert<br />

sie auch die Bedeutung eines<br />

neuen, ganzheitlichen Verständnisses<br />

unternehmerischer Verantwortung.<br />

Gefordert ist ein Ansatz, der insbesondere<br />

drei D<strong>im</strong>ensionen berücksichtigt.<br />

Er ist<br />

1. partizipativ, weil er auf kontinuierlichen<br />

Dialog mit den eigenen Stakeholdern<br />

setzt, eine Vielzahl von Einflüssen<br />

aufn<strong>im</strong>mt und die eigene Wirkung am<br />

Puls des gesellschaftlichen Umfelds<br />

misst. Durch Offenheit für externe<br />

Perspektiven sorgt er für Innovations<strong>im</strong>pulse<br />

und bewirkt eine geschärfte<br />

Selbstwahrnehmung sowie größere<br />

Anpassungsfähigkeit.<br />

2. integrativ, weil er sich nicht auf ein<br />

Agieren <strong>im</strong> eigenen fachlichen Silo begrenzen<br />

lässt, sondern das unternehmerische<br />

Handeln in allen Stufen der<br />

Wertschöpfungskette in den Blick<br />

n<strong>im</strong>mt. Damit stellt er die Weichen<br />

für eine in jeder D<strong>im</strong>ension nachhaltigere<br />

Geschäftstätigkeit.<br />

3. inspirativ, weil er Unternehmen erkennen<br />

hilft, wie sie mit ihren eigenen<br />

Fähigkeiten nicht nur Kundenbedürfnisse<br />

erfüllen, sondern gleichzeitig zu<br />

sozialem und ökologischem Fortschritt<br />

beitragen können.<br />

Der bei Deutsche Post DHL in den vergangenen<br />

Jahren kontinuierlich weiter-<br />

entwickelte Nachhaltigkeitsansatz berücksichtigt<br />

diese D<strong>im</strong>ensionen. Mit<br />

Hilfe eines mehrstufigen Managementprozesses<br />

stellt er unter anderem sicher,<br />

dass wir die Impulse von Stakeholdern<br />

systematisch aufnehmen und in unserem<br />

Handeln berücksichtigen.<br />

Erklärtes Ziel ist es, durch den intensiv<br />

und systematisch gepflegten Austausch<br />

mit den Stakeholdern die Erfahrungsbasis<br />

permanent zu verbreitern. Auch<br />

wenn der Dialog sicher nicht alle Interessenlagen<br />

harmonisieren und sämtliche<br />

Widersprüche auflösen kann, trägt er<br />

doch dazu bei, Vertrauen und gegenseitiges<br />

Verständnis zu schaffen. Wir<br />

haben auf dieser Grundlage überaus<br />

erfreuliche Erfahrungen <strong>im</strong> Austausch<br />

mit unseren Stakeholdern gemacht.<br />

Voraussetzung ist allerdings stets die<br />

Bereitschaft, zuzuhören, gelegentlich<br />

auch unbequemen Positionen Raum<br />

zu geben – und am Ende die richtigen<br />

Schlüsse für das eigene Handeln<br />

zu ziehen. Ich bin überzeugt, dass es<br />

Deutsche Post DHL auf Grundlage dieser<br />

Ausrichtung in Zukunft noch besser<br />

gelingen wird, die wirtschaftliche und<br />

die gesellschaftliche Leistungsfähigkeit<br />

des Unternehmens zu stärken.<br />

Die Studie und Begleitmaterialien finden Sie auf<br />

www.delivering-tomorrow.com/de<br />

Prof. Dr. Christof E. Ehrhart leitet als<br />

Executive Vice President den Zentralbereich<br />

Konzernkommunikation und Unternehmensverantwortung<br />

bei Deutsche Post DHL.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

91


TÜV Rheinland<br />

Von links nach rechts:<br />

Prof. Bruno O. Braun, Prof. Edda Müller,<br />

Dr. Manfred Hennecke, Kölner OB Jürgen<br />

Roters; Preis: „<strong>Global</strong> Gutenberg Galaxy“<br />

von Ákos Matzon<br />

Ein weltweit<br />

einzigartiger Preis<br />

Welche Verantwortung haben Unternehmen Welche Rolle<br />

spielen die Prinzipen des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>im</strong> Alltag Wie kann<br />

gemeinsam zu einer nachhaltigen Entwicklung beigetragen<br />

werden Fragen, die rund um die Preisverleihung des 3. Internationalen<br />

TÜV Rheinland <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Award in zahlreichen<br />

Gesprächen von den Teilnehmern aufgegriffen wurden. Mit dem<br />

Internationalen TÜV Rheinland <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Award unterstützt<br />

die TÜV Rheinland Stiftung die Ziele des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

– durch Würdigung herausragender Persönlichkeiten und Verbreitung<br />

der gemeinsamen Idee. Preisträgerin in diesem Jahr:<br />

Professor Edda Müller, Transparency International <strong>Deutschland</strong>.<br />

Von Katharina Riese<br />

Unternehmen haben viele Möglichkeiten,<br />

den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten<br />

Nationen zu unterstützen. Zuallererst<br />

natürlich, indem sie dessen Prinzipien<br />

konsequent in ihrem unternehmerischen<br />

Handeln umsetzen. Doch es ist auch wichtig,<br />

nach außen Zeichen zu setzen und bei<br />

den gesellschaftlichen Interessengruppen<br />

für diese wichtige Initiative zu werben.<br />

Denn je bekannter der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

ist und je höher seine Akzeptanz, desto<br />

mehr steigen die Anforderungen an die<br />

Akteure, sich zu den zehn Prinzipien des<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen und die<br />

darin festgeschriebenen sozialen und<br />

ökologischen Grundsätze einzuhalten.<br />

Nachhaltiges Engagement ehren<br />

Die TÜV Rheinland Stiftung hat daher<br />

2008 mit Unterstützung der Vereinten Nationen<br />

einen weltweit einzigartigen Preis<br />

ins Leben gerufen: den Internationalen<br />

TÜV Rheinland <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Award.<br />

Diesen Preis verleiht die Stiftung alle drei<br />

Jahre an herausragende Persönlichkeiten,<br />

die mit ihrer Arbeit die Ziele des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> unterstützen. Bei der Auswahl<br />

der Preisträger setzt das Kuratorium der<br />

Stiftung jeweils unterschiedliche Schwerpunkte,<br />

um so die Bandbreite der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>-Prinzipien aufzugreifen: 2008<br />

wurde der ehemalige Bundesforschungsminister<br />

Volker Hauff für seine Leistung<br />

geehrt, den Nachhaltigkeitsgedanken<br />

voranzutreiben und das Thema in der<br />

Politik zu verankern. 2011 dann erhielt<br />

der Unternehmer Michael Otto die mit<br />

25.000 Euro dotierte Auszeichnung für<br />

sein langjähriges vorbildliches Engagement<br />

für soziale und ökologische Themen<br />

sowohl in seinem Unternehmen als auch<br />

darüber hinaus.<br />

In diesem Jahr schließlich nahm Professor<br />

Edda Müller, Vorsitzende von<br />

Transparency International <strong>Deutschland</strong>,<br />

die Auszeichnung entgegen – für<br />

ihr starkes Engagement gegen Korruption,<br />

unethisches Verhalten und für den<br />

Umweltschutz. Denn die Leitthemen<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – Menschenrechte,<br />

Arbeitsstandards, Umweltschutz und<br />

Korruptionsbekämpfung – spiegeln<br />

sich in ihrem Jahrzehnte währenden<br />

Kampf für eine gerechtere Welt wider.<br />

Hierfür setzte sie sich unter anderem<br />

als Umweltministerin in Schleswig-<br />

Holstein, Vizedirektorin der europäischen<br />

Umweltagentur in Kopenhagen,<br />

als Vorsitzende des Bundesverbandes<br />

92 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>CSR</strong> Management<br />

der Verbraucherzentrale und seit 2010<br />

als Vorsitzende von Transparency International<br />

<strong>Deutschland</strong> ein. Transparency<br />

International <strong>Deutschland</strong> engagiert sich<br />

seit mehr als 20 Jahren gegen Korruption<br />

in <strong>Deutschland</strong> und weltweit.<br />

Ein neuer Zeitgeist<br />

In ihrer Dankesrede zeigte die Politikwissenschaftlerin<br />

Professor Müller auf,<br />

welche Rolle freiwillige Instrumente wie<br />

der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> spielen können, um<br />

eine Welt zu schaffen, in der Gerechtigkeit,<br />

der Respekt der Menschenrechte<br />

und die Solidarität mit den Schwachen,<br />

die Rücksicht auf Natur und Umwelt,<br />

der sorgsame Umgang mit endlichen<br />

Ressourcen und nicht zuletzt die Ächtung<br />

der Korruption zu Max<strong>im</strong>en des Handelns<br />

werden. So sei es zum einen entscheidend,<br />

diese Prinzipien wirklich <strong>im</strong> Wertekanon<br />

von Unternehmen zu verankern: „Werte<br />

und Überzeugungen spielen in der Unternehmenswelt<br />

zunehmend eine Rolle. So<br />

stellen Personalmanager fest, dass wertekonformes<br />

Handeln ihrer Führungskräfte<br />

die Identifikation der Mitarbeiter mit dem<br />

Unternehmen stärkt. Ein neuer Zeitgeist<br />

scheint zu wirken“, sagte Edda Müller.<br />

Zum anderen „sind Glaubwürdigkeit und<br />

Vertrauen seitens der Öffentlichkeit die<br />

Grundvoraussetzung, um freiwilligen<br />

Vereinbarungen wie dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

zum Erfolg zu verhelfen“, betonte Müller.<br />

Solange es keine gesetzlichen Vorschriften<br />

zur Kennzeichnung der „inneren<br />

Werte“ von Produkten gibt, ist freiwilliges<br />

gesellschaftliches Engagement von<br />

Unternehmen jedoch darauf angewiesen,<br />

die „guten Taten“ den Kunden durch<br />

Labels und Zertifikate zu vermitteln, so<br />

die Vorsitzende von Transparency International<br />

<strong>Deutschland</strong>. Dazu müssten die<br />

Unternehmen sich Vertrauen leihen – je<br />

TÜV Rheinland Stiftung<br />

unabhängiger und renommierter desto<br />

besser. „Es ist daher nicht zuletzt für<br />

die Wirksamkeit freiwilliger Initiativen<br />

wie des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> wichtig, das<br />

Vertrauen in die Marke ‚TÜV-geprüft‘ zu<br />

erhalten“, lautete der Appell von Edda<br />

Müller bei der Preisverleihung.<br />

TÜV Rheinland selbst ist seit 2006<br />

Unterstützer des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und<br />

überzeugt, dass für den langfristigen<br />

Unternehmenserfolg ökonomische,<br />

soziale und ökologische Faktoren eng<br />

miteinander verbunden sind. Daher veröffentlicht<br />

TÜV Rheinland seit 2010 das<br />

eigene Nachhaltigkeitsengagement zusammen<br />

mit den Finanzdaten in einem<br />

Unternehmensbericht.<br />

Die gemeinnützige TÜV Rheinland Stiftung engagiert sich insbesondere<br />

auf dem Gebiet der Sicherheits- und Energietechnik, des Umweltschutzes,<br />

der Entwicklungszusammenarbeit sowie der Verbesserung von Bildung und<br />

Ausbildung. Neben der Verleihung des Internationalen TÜV Rheinland <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Award, welcher aus dem bereits seit 1974 verliehenen Internationalen<br />

Rheinland-Preis für Umweltschutz hervorgegangen ist, fördert die<br />

TÜV Rheinland Stiftung Projekte in den genannten Bereichen.<br />

Stifter: TÜV Rheinland Berlin Brandenburg Pfalz e.V.<br />

Vorstand: Prof. Bruno O. Braun (Vorsitz); Prof. h.c. Ralf Wilde, PhD<br />

Kuratorium: Das Kuratorium, bestehend aus sechs Persönlichkeiten aus Wirtschaft<br />

und Gesellschaft, begleitet die Arbeit der Stiftung und entscheidet über<br />

den Preisträger des Internationalen TÜV Rheinland <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Award.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

93


EY<br />

<strong>Global</strong>es Integritätsmanagement<br />

in der Praxis<br />

Von Dr. Stefan Heißner und Christian Muth<br />

Der Wertewandel lässt sich auf eine einzige Formel reduzieren:<br />

Unternehmen sollen ihre gesellschaftliche Verantwortung<br />

ernst nehmen, ihre Manager und Mitarbeiter „integer“ sein.<br />

Aber was bedeutet Integrität in der globalisierten Wirtschaftswelt<br />

Wie misst man sie Und vor allem: Kann integer auch<br />

gleichzeitig erfolgreich sein<br />

Nur um es gleich vorweg zu sagen: Wer<br />

heutzutage noch davon ausgeht, dass<br />

eine Unternehmensführung vorbei an<br />

Menschenrechten, Arbeitsnormen, Umweltschutz<br />

und Korruptionsbekämpfung<br />

zukunftsfähig ist, der irrt. „Business Integrity“<br />

ist schon lange keine Kür mehr.<br />

Sie ist allgemein eingeforderte Schuldigkeit<br />

und Grundlage jedes geschäftlichen<br />

Erfolges.<br />

Nicht nur weil global gültige Gesetze es<br />

vorschreiben, sondern vor allem weil<br />

wirtschaftliches Handeln abseits des<br />

Wertekanons der globalen Gesellschaft<br />

auf lange Sicht schlichtweg nicht mehr<br />

möglich ist. Denn die Lizenz zu agieren<br />

– die „License to operate“ – basiert auf<br />

gesellschaftlicher Akzeptanz des eigenen<br />

unternehmerischen Handelns. Und das<br />

auf der ganzen Welt. Das Wichtigste<br />

dabei: Diese Lizenz kann nicht formal<br />

erworben werden. Sie muss durch globales<br />

Integritätsmanagement verdient<br />

werden.<br />

Wer von Integrität in der Wirtschaft<br />

redet, redet in der Regel auch von <strong>Compliance</strong>.<br />

Das ist auch gut und richtig. Ist<br />

<strong>Compliance</strong> doch in den letzten Jahren<br />

zum Sammelbegriff für all die Initiativen<br />

geworden, die Unternehmen und ihre<br />

handelnden Akteure vor Schäden durch<br />

Korruption, Betrug, Untreue und sonstige<br />

Gesetzesverstöße schützen sollen.<br />

Ein erster großer regulatorischer Impuls<br />

ging ganz sicher von den Korruptionsskandalen<br />

der 1970er-Jahre aus,<br />

der letztlich 1977 <strong>im</strong> Foreign Corrupt<br />

Practices Act (FCPA) des amerikanischen<br />

Justizministeriums mündete. Besonders<br />

daran: Obwohl es sich um ein US-amerikanisches<br />

Bundesgesetz handelt, können<br />

Verstöße praktisch auf der ganzen Welt<br />

geahndet werden.<br />

Gleiches gilt für den Sarbanes-Oxley-Act<br />

(SOX) von 2002, den Dodd Frank Act von<br />

2007 sowie den UK Bribery Act von 2010.<br />

Neben ihrem globalen Wirkungsbereich<br />

haben all diese Gesetze – in gewissen<br />

Abstufungen – eine weitere Gemeinsamkeit:<br />

Sie schreiben eine Pflicht zu systematischem<br />

<strong>Compliance</strong>-Management vor.<br />

<strong>Compliance</strong> <strong>im</strong> Paradigmenwechsel<br />

Wir wollen an dieser Stelle aber nicht<br />

noch tiefer in die spannende Geschichte<br />

der <strong>Compliance</strong>-Gesetzgebung abtauchen,<br />

sondern auf eine aktuelle Entwicklung<br />

hinweisen, die bisherige regulatorische<br />

Innovationen in eine ganz neue<br />

Beziehung setzt.<br />

Sicherlich getrieben durch die Bankenund<br />

Finanzkrise vor wenigen Jahren<br />

setzt nun deutlich spürbar der nächste<br />

große Paradigmenwechsel <strong>im</strong> Verständnis<br />

von <strong>Compliance</strong> ein: der Wandel von<br />

formaler <strong>Compliance</strong> hin zu globalem<br />

Integritätsmanagement.<br />

Aspekte des wirtschaftlichen Handelns,<br />

die lange Zeit unter Freiwilligkeit, also<br />

„Goodwill“ oder „Corporate Social Responsibility“,<br />

subsumiert wurden, erfahren<br />

eine zunehmende Verrechtlichung –<br />

oder eine Quasi-Verrechtlichung mittels<br />

gesellschaftlicher Konventionen.<br />

Ethik ist Pflicht<br />

So sind in den vergangenen Jahren diverse<br />

Standards in Kraft getreten, die global<br />

als akzeptierte Normen des verantwortungsvollen<br />

unternehmerischen Verhaltens<br />

<strong>im</strong>mer mehr Geltung erlangen: zum<br />

Beispiel die UN Guidelines for Business<br />

and Human Rights, die OECD-Leitsätze<br />

für multinationale Unternehmen oder<br />

die ISO-Norm 26 000.<br />

94 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>Compliance</strong> & Reporting<br />

Integrity<br />

<strong>Compliance</strong><br />

... among other indicators:<br />

► <strong>Compliance</strong><br />

Management<br />

System<br />

► Negative<br />

Coverage<br />

► Sanction Listing<br />

► Cr<strong>im</strong>inal Records<br />

► etc.<br />

Stability<br />

... among other indicators:<br />

► Financial Data<br />

► Creditworthness<br />

► Insolvences<br />

► T<strong>im</strong>e in Market<br />

► History<br />

► Industry<br />

► etc.<br />

Sustainability<br />

... among other indicators:<br />

► Labor Law<br />

Vict<strong>im</strong>s<br />

► Enviromental<br />

Law Violations<br />

► Negative<br />

Coverage<br />

► Critical<br />

Industries<br />

► etc.<br />

Capability<br />

Existence<br />

Aber auch die „harte“ gesetzliche Regulierung<br />

treibt den Paradigmenwechsel<br />

– zum Beispiel über die Adequate<br />

Procedures des UK Bribery Act, den<br />

US Sentencing Guidelines oder den<br />

Vergabeordnungen, beispielweise der<br />

Weltbank. Der Trend ist dabei eindeutig:<br />

Die Schwerpunktsetzung bewegt sich<br />

eindeutig weg von formaljuristischer<br />

<strong>Compliance</strong>. Mehr noch: Rein formale<br />

<strong>Compliance</strong> wird nicht als ausreichende<br />

Schutzmaßnahme vor Korruption und<br />

Wirtschaftskr<strong>im</strong>inalität erachtet. Dahinter<br />

steht die zunehmende Überzeugung,<br />

dass <strong>Compliance</strong> ohne eine genuine<br />

Werteorientierung <strong>im</strong> Unternehmen<br />

(insbesondere <strong>im</strong> Management) nicht<br />

voll wirksam sein kann.<br />

Im Klartext heißt das: Ethik ist Pflicht. Sich<br />

aktiv um Integrität, Nachhaltigkeit und<br />

Umweltschutz zu kümmern ist Pflicht –<br />

und zwar entlang der gesamten Lieferkette.<br />

Das macht auch „Third Party Integrity“ zur<br />

Schlüsselvokabel eines global funktionierenden<br />

Integritätsmanagements.<br />

Wie misst man Integrität<br />

(von außen)<br />

Was die gesetzliche und quasi-gesetzliche<br />

Regulierung vorschreibt – nämlich das<br />

aktive Abprüfen und Sicherstellen von<br />

Integrität entlang der gesamten Lieferkette<br />

– ist bei EY schon seit Jahren fester<br />

Bestandteil des Beratungsprofils.<br />

Um das abstrakte Thema der Integrität<br />

– auch mit Blick von außen auf<br />

ein Unternehmen (d.h. ohne tiefergehende<br />

Innenansichten) – greif- und<br />

damit messbar zu machen, haben wir<br />

das sogenannte „CSS-Integrity Concept“<br />

(<strong>Compliance</strong>-Stability-Sustainability Integrity<br />

Concept) entwickelt.<br />

Dieses System soll vorrangig die Gesetzestreue<br />

(<strong>Compliance</strong>), wirtschaftliche<br />

Leistungsfähigkeit (Stability) sowie<br />

die Nachhaltigkeit (Sustainability) von<br />

Geschäftspartnern oder Zulieferern sicherstellen,<br />

bildet aber darüber hinaus<br />

das methodische Fundament für ein zentrales<br />

Management globaler Operationen<br />

unter Gesichtspunkten der Integrität.<br />

Eine Bewertung dieser Faktoren erfolgt<br />

mithilfe von Indikatoren wie der Existenz<br />

eines <strong>Compliance</strong>-Management-Systems,<br />

der Nennung auf Sanktionslisten, der Kreditwürdigkeit,<br />

der Historie einer Entität<br />

und Berichten über Arbeits- oder Umweltrechtsverstöße.<br />

Als Fundament dieser drei<br />

Säulen der Integrität dient aber nicht nur<br />

einerseits ihre bloße Existenz, sondern<br />

auch ihre Leistungsfähigkeit.<br />

CSS-Modell für globales<br />

Integritätsmanagement<br />

Können z. B. in öffentlichen Quellen überhaupt<br />

keine Informationen erlangt werden,<br />

kann dies nicht zuletzt in unserem<br />

Internet- und Medienzeitalter zu Zweifeln<br />

an ihrer Existenz führen. Ähnliches gilt<br />

für die Fähigkeit einer Entität, die ihr zugedachte<br />

Rolle in der Geschäftsbeziehung<br />

auszufüllen. Handelt es sich beispielsweise<br />

bei einem vorgeblich produzierenden<br />

Unternehmen nachweislich um eine Briefkastenfirma,<br />

ist deren Integrität infrage<br />

zu stellen, bis weitere Informationen<br />

vorliegen.<br />

Alle <strong>im</strong> CSS-Integrity Konzept definierten<br />

Integritätsfaktoren können durch Analysten<br />

anhand von Indikatoren bewertet<br />

werden, die in mehrstufigen Rechercheschritten<br />

nutzbar gemacht werden.<br />

Immer mit einem einzigen Ziel: Transparenz<br />

da zu schaffen, wo sie benötigt<br />

wird. Und damit zum großen Ziel beizutragen,<br />

das EY antreibt: Nämlich dazu<br />

beizutragen, die Arbeitswelt nachhaltig<br />

besser und gerechter zu machen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

95


macondo publishing<br />

<strong>CSR</strong>manager –<br />

Nachhaltigkeitsberichte<br />

einfach und effizient<br />

Die Erwartungen an Corporate Social Responsibility (<strong>CSR</strong>) steigen ständig. Vor zwanzig Jahren<br />

war <strong>CSR</strong> nur eine Idee, heute ist es ein hochkomplexer Managementansatz. Das Messen, Managen<br />

und Berichten von Kennzahlen macht dabei einen Großteil des Alltags eines <strong>CSR</strong>-Managers<br />

aus. Diese Inhalte zu erklären und mit intuitiven Instrumenten umzusetzen, hat sich macondo<br />

publishing verschrieben.<br />

Von Dr. Elmer Lenzen<br />

Die meisten Definitionen von <strong>CSR</strong> beschreiben<br />

dies als freiwilliges unternehmerisches<br />

Engagement jenseits der<br />

gesetzlichen Verpflichtungen. Das ist so<br />

heute nicht mehr korrekt. Tatsächlich<br />

sind zahlreiche Aufgaben, die wir heutzutage<br />

als <strong>CSR</strong> beschreiben, deutlich<br />

innerhalb der gesetzlichen Vorgaben.<br />

Dazu zählen beispielsweise Themen wie<br />

<strong>Compliance</strong>, Lieferketten-Management<br />

und zunehmend auch Reporting. Treiber<br />

sind neben staatlichen Regulationen die<br />

Kapitalmärkte sowie eine dank des Internets<br />

hochgradig vernetzte und kampagnenfähige<br />

Öffentlichkeit. Unternehmen<br />

können darauf nur mit Transparenz und<br />

glaubwürdigen Kennzahlen antworten.<br />

In <strong>im</strong>mer stärkerem Maße helfen hierbei<br />

Software-basierte Lösungen. So schreibt<br />

etwa Robert Prengel von pwc in Berlin<br />

dazu <strong>im</strong> Internet: „Jeder Bericht gewinnt<br />

an Glaubwürdigkeit, wenn die enthaltenen<br />

Informationen ohne großen Aufwand<br />

belegbar sind, sich also zum ‚Ursprungsbeleg‘<br />

zurückverfolgen lassen. Dies wird<br />

in aller Regel einfacher durch eine Software-Lösung,<br />

die die Berichtsprozesse<br />

automatisiert unterstützt.“<br />

Ein weiterer Trend am Markt, der hier<br />

hineinspielt, ist die Tendenz, Software<br />

zu mieten statt zu kaufen. Dieses sogenannte<br />

„Application Service Providing“<br />

(ASP) verspricht den Unternehmen eine<br />

drastische Reduzierung ihrer IT-Kosten<br />

bei gleichzeitig maßgeschneiderten, stark<br />

individualisierbaren Lösungen. Firmen<br />

sparen sich auf diese Art nicht nur Anschaffungs-,<br />

sondern auch Wartungs- und<br />

Personalkosten und senken die Anforderungen<br />

an die eigene Hardware, da die<br />

Rechenzentren ausgelagert sind.<br />

<strong>CSR</strong>-Reporting leicht gemacht<br />

Auf diese Entwicklungen – Berichterstattungspflicht,<br />

Software-basierte Lösungen<br />

sowie Miet-IT – geht macondo publishing<br />

ein: Die 2015 erstmals vorgestellte Anwendung<br />

“<strong>CSR</strong>manager“ ist eine professionelle<br />

96 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>Compliance</strong> & Reporting<br />

Software, mit der Unternehmen ihr Nachhaltigkeitsengagement<br />

managen, messen<br />

und nach internationalen Standards reporten<br />

können. Das Produkt wendet sich<br />

insbesondere an kleinere und mittlere Unternehmen.<br />

<strong>CSR</strong>manager beinhaltet neben<br />

der intuitiv bedienbaren und übersichtlich<br />

gestalteten Software auch den Premium-<br />

Zugang zur “<strong>CSR</strong>-Academy”, einem umfassenden,<br />

maßgeschneiderten Aus- und<br />

Weiterbildungsportal zu diesen Themen.<br />

<strong>CSR</strong>manager ist eine sogenannte Software-as-a-Service<br />

(SaaS) Lösung, d.h. das<br />

Programm wird nicht lokal installiert,<br />

sondern die Nutzer haben jederzeit und<br />

von jedem Ort bequem über das Internet<br />

Zugriff.<br />

Im Fokus von <strong>CSR</strong>manager liegen Materialität<br />

und Wesentlichkeit. Anders als bei<br />

der bisherigen Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

geht es heute bei zentralen<br />

Standards wie G4 der <strong>Global</strong> Reporting<br />

Initiative (GRI) und auch der Fortschrittsberichte<br />

(CoPs) des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> nicht<br />

darum, viel zu sagen, sondern das Richtige<br />

zu sagen. Das trägt den oftmals zeitlich<br />

begrenzten Ressourcen der Stakeholder<br />

Rechnung. Außerdem gewinnen Berichte<br />

durch die Fokussierung auf wenige Aussagen<br />

automatisch an Profil und Kanten.<br />

Das führt unweigerlich zu Diskussionen,<br />

und genau das ist ja letztendlich, sofern<br />

konstruktiv geführt, auch eine der Intentionen<br />

eines Nachhaltigkeitsberichtes.<br />

Die Qualität einer Anwendung hängt<br />

neben der Funktionalität ganz entscheidend<br />

davon ab, welche Standards bei<br />

der Entwicklung berücksichtigt wurden.<br />

Das gilt bei <strong>CSR</strong>-Themen umso mehr.<br />

<strong>CSR</strong>manager berücksichtigt dazu Standards,<br />

Guidelines und Empfehlungen von<br />

insgesamt acht Organisationen. Damit<br />

sind sie eine nützliche Handlungsempfehlung<br />

– gerade für unerfahrenere<br />

<strong>CSR</strong>-Akteure. Dennoch kann und muss<br />

der Nutzer <strong>im</strong> Rahmen seiner persönlichen<br />

Materialitätsbewertung selbst entscheiden,<br />

welche er davon übern<strong>im</strong>mt.<br />

Die Inputs stammen von der <strong>Global</strong><br />

Reporting Initiative, den CoP-Anforderungen<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, der ISO<br />

26.000, dem Greenhouse Gas Protocol,<br />

den <strong>CSR</strong>-Empfehlungen der EU-Kommission,<br />

Scope 1 der Key Performance<br />

Indicators (ESG-KPI) der europäischen<br />

Vereinigung für Finanzanalyse und Asset<br />

Management EFFAS, den OECD Leitlinien<br />

für multinationale Konzerne sowie den<br />

Branchenrisiken nach RobecoSam, dem<br />

Mitherausgeber der Dow Jones Sustainability<br />

Indices (DJSI).<br />

Produktvarianten für jeden Bedarf<br />

<strong>CSR</strong>manager gibt es in zwei Produktvarianten:<br />

Ausgangspunkt ist die bereits fertige<br />

Anwendung, die sich an alle wendet,<br />

die kostengünstig einen standardisierten<br />

Nachhaltigkeitsbericht erstellen wollen.<br />

Hierzu haben sie GRI und CoP in jeweils<br />

drei Variationen zur Auswahl, wobei<br />

diese sich durch wachsende Komplexität<br />

unterscheiden: GRI G4 Standard in den<br />

Formaten Basic, Core und Comprehensive<br />

sowie CoP-Berichterstattung in den<br />

Formaten Learner, Active und Advanced.<br />

Die zweite Möglichkeit ist die Entwicklung<br />

einer individuellen, maßgeschneiderten<br />

Plattform <strong>im</strong> Design des Kunden,<br />

mit auf die Branche angepassten Kriterien,<br />

mehrsprachig, revisionssicher und<br />

mit Datenanbindung an die hauseigene<br />

<strong>CSR</strong>-Software. Diese Lösung wendet sich<br />

daher vor allem an die Lieferkette von<br />

Großunternehmen. Diese erhalten automatisiert<br />

die wichtigen KPIs ihrer Lieferanten,<br />

und die Lieferanten wiederum<br />

können ihrerseits automatisiert den Verpflichtungen<br />

gegenüber verschiedenen<br />

Abnehmern nachkommen. So entstehen<br />

für beide Seiten Win-win-Situationen.<br />

Beitrag zur Nachhaltigkeitsdebatte<br />

macondo publishing versteht <strong>CSR</strong>manager<br />

als einen konstruktiven Beitrag zur Verbesserung<br />

der Qualität <strong>im</strong> <strong>CSR</strong>-Management.<br />

Aufgrund eines moderaten Preises und der<br />

geplanten Einführung weiterer Sprachvarianten<br />

bietet die Software-Lösung vor<br />

allem mittelständischen Unternehmen<br />

die Chance, Transparenz und Glaubwürdigkeit<br />

<strong>im</strong> Nachhaltigkeitsbereich zu belegen.<br />

Das ist nämlich oft keine Frage<br />

des fehlenden Willens als vielmehr der<br />

fachlichen, personellen und sprachlichen<br />

Ressourcen. <strong>CSR</strong>manager ist daher eine<br />

praktische Lösung, um den Ausschluss<br />

sogenannter „non-communicating Participants“<br />

aus dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> auf<br />

jene Unternehmen zu reduzieren, die<br />

wirklich aufhören wollen.<br />

macondo publishing begleitet darüber<br />

hinaus das Software-Angebot mit seinem<br />

umfangreichen Verlagsangebot zum Thema<br />

<strong>CSR</strong>. Vor allem die für Nutzer der<br />

Software kostenfreie <strong>CSR</strong>-Academy bietet<br />

ein umfangreiches Weiterbildungs- und<br />

Qualifizierungsangebot. Das ermöglicht<br />

auch Einsteigern in die <strong>CSR</strong>-Landschaft,<br />

für sich selbst Grundlagen zu schaffen<br />

und das Erlernte <strong>im</strong> eigenen Unternehmen<br />

anzuwenden. Nur so wird aus Pflichtberichterstattung<br />

gelebte Nachhaltigkeit.<br />

Welche Vorteile bietet Nachhaltigkeits-Software<br />

Berücksichtigte Standards<br />

• Kein Wirrwarr mehr zwischen unterschiedlichen<br />

Dokumentformaten.<br />

• Alle Nutzer sind <strong>im</strong>mer auf dem<br />

gleichen Stand. Das verbessert und<br />

beschleunigt die Zusammenarbeit.<br />

• Die Software wird zentral gesichert,<br />

gewartet und ist stets auf dem<br />

neuesten Stand.<br />

• Die Bearbeitung ist stets nachvollziehbar<br />

und revisionssicher.<br />

• Software-Anwendungen können<br />

automatisiert an weiterführende<br />

Programme angebunden werden,<br />

um z. B. Kennzahlen zu übermitteln.<br />

• Programme sind in beliebig viele<br />

Sprachen übertragbar und ermöglichen<br />

so direkte Vergleiche.<br />

• Das alles sorgt dafür, dass Unternehmen<br />

deutlich interne und externe<br />

Personal- und Beraterkosten<br />

einsparen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

97


Mazars<br />

<strong>Compliance</strong>, Governance<br />

und Nachhaltigkeit –<br />

Herausforderungen für den<br />

Mittelstand<br />

Mit der wachsenden Bedeutung von Corporate Governance steigen auch die Anforderungen an<br />

Unternehmen. Insbesondere das Thema Corporate Responsibility (CR) wird in den kommenden<br />

Jahren stärker in den Vordergrund rücken. Ein entscheidender Erfolgsfaktor einer ganzheitlichen<br />

Corporate Governance wird hierbei die enge und reibungslose Verknüpfung zwischen CR und den<br />

bestehenden Qualitäts-, <strong>Compliance</strong>- und Risikomanagementsystemen sowie deren Integration<br />

in die Unternehmensorganisation sein.<br />

Von Kai M. Beckmann<br />

Spätestens seitdem Banken und zentrale<br />

Marktakteure – zum Beispiel Konzerne,<br />

die an der Spitze einer Lieferkette stehen<br />

– das Thema Corporate Responsibility<br />

für sich entdeckt haben, können sich<br />

Unternehmen dem Thema nicht mehr<br />

entziehen. Gleichzeitig erkennen <strong>im</strong>mer<br />

mehr Unternehmen die Chancen. CR ist<br />

zum einen ein wirksames Instrument<br />

zur Marktdifferenzierung. Zum anderen<br />

ermöglicht der regelmäßige Diskurs, z. B.<br />

mit Stakeholdern, schon früh Einblicke<br />

in Trends oder zu erwartende Restriktionen,<br />

die den Kurs des Unternehmens<br />

beeinflussen.<br />

In Diskussion mit NGO-Vertretern lernen<br />

wir bei MAZARS <strong>im</strong>mer wieder, dass<br />

diese weniger auf Leuchtturmprojekte<br />

achten, sondern vielmehr darauf, wie<br />

die Geschäftsführung grundsätzlich zu<br />

dem Thema steht. Bewertet wird, wie<br />

systematisch CR umgesetzt wird und<br />

welchen Effekt das Engagement auf das<br />

Kerngeschäft des Unternehmens hat. Ist<br />

ein Unternehmen auf dem richtigen<br />

Weg und offensichtlich für das Thema<br />

begeistert, dann steigt auch das Vertrauen<br />

Externer in sein Handeln. Ein<br />

Umstand, der <strong>im</strong> Fall einer Corporate-<br />

Responsibility-Krise darüber entscheiden<br />

kann, ob das Unternehmen zur medialen<br />

Zielscheibe wird oder nicht.<br />

Verantwortung für vorgelagerte<br />

Lieferketten<br />

Ob Dow Jones Sustainability Index (DJSI),<br />

das Carbon Disclosure Project oder der<br />

G4 Standard der <strong>Global</strong> Reporting Initiative:<br />

Von Unternehmen wird verlangt,<br />

dass sie Transparenz hinsichtlich ihrer<br />

Lieferketten herstellen und die Managementinstrumente<br />

angepasst haben. Nicht<br />

nur das – sie sollen auch wesentliche<br />

Kennzahlen über die Lieferkette hinweg<br />

erfassen und möglichst aktiv steuern.<br />

Viele Geschäftsführer, gerade mittelständischer<br />

Unternehmen, reagieren auf<br />

diese Entwicklung allerdings kritisch.<br />

Wir bei MAZARS haben, durch unsere<br />

Fokussierung auf den internationalen<br />

Mittelstand sowie durch unsere Erfahrung<br />

in internationalen Projekten, viele<br />

Unternehmen <strong>im</strong> Umgang mit diesen<br />

neuen Herausforderungen pragmatisch<br />

und reibungslos unterstützen können.<br />

In Gesprächen wird uns <strong>im</strong>mer wieder<br />

gesagt: „Der DJSI und ähnliche Standards<br />

sind für uns nicht relevant – wir sind<br />

doch als Unternehmen viel zu klein!“<br />

Diese Haltung ist verständlich, allerdings<br />

zu kurz gedacht. Schließlich sind gerade<br />

die mittelständischen Unternehmen<br />

häufig Teil globaler Lieferketten und<br />

MAZARS ist als Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft<br />

ein etablierter Dienstleister und Partner<br />

für den internationalen deutschen Mittelstand.<br />

Harald Nikutta leitet die Entwicklung der globalen<br />

Mittelstandsaktivitäten von MAZARS aus <strong>Deutschland</strong><br />

heraus. Sprechen Sie ihn an!<br />

98 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

<strong>Compliance</strong> & Reporting<br />

somit genauso betroffen wie die „Köpfe“<br />

der Lieferkette, nur eben mit zeitlicher<br />

Verzögerung.<br />

Die Vorfälle in der Textilindustrie nach<br />

den Brandkatastrophen in Produktionsbetrieben<br />

in Bangladesch haben das<br />

anschaulich verdeutlicht. Sie hatten<br />

sogar zu Boykottaufrufen gegen Unternehmen<br />

in <strong>Deutschland</strong> geführt und<br />

eine politische Debatte angestoßen, die<br />

in letzter Konsequenz zu mehr Regulierung<br />

führen kann. Vergleichbares ist<br />

auch in anderen Industrien zu erwarten.<br />

Ein weiterer, unserer Erfahrung nach<br />

häufig unterschätzter Aspekt ist der der<br />

Auskunftsfähigkeit <strong>im</strong> Krisenfall. Viele<br />

Unternehmen kennen die Teilnehmer<br />

der vorgelagerten Lieferkette überhaupt<br />

nicht. Anfang <strong>2014</strong> bekamen wir von<br />

einem Unternehmen folgende Anfrage:<br />

„Kann MAZARS kurzfristig Vorwürfe in<br />

Zusammenhang mit fehlenden Sicherheitsstandards<br />

bei einem asiatischen<br />

Zulieferbetrieb prüfen“ Wir konnten<br />

und haben kurzfristig ein lokales Team<br />

vor Ort in Bewegung gesetzt, das die<br />

Anschuldigungen schnell und glaubwürdig<br />

entkräften konnte. In diesem<br />

Fall war eine schnelle Reaktion wichtig,<br />

denn auch der Auftraggeber, ein<br />

Automobilkonzern, fing bereits an, die<br />

Geschäftsbeziehung infrage zu stellen.<br />

<strong>Compliance</strong> und CR – oft noch<br />

unterschiedliche Welten<br />

Selbstverpflichtungen und freiwillige<br />

Standards sind für viele Unternehmen<br />

eine Grauzone, für manche eher ein<br />

Marketinginstrument. Eine Selbstverpflichtung<br />

ist schnell unterschrieben. An<br />

der Umsetzung mangelt es oft, was auch<br />

daran liegt, dass die Berücksichtigung<br />

sozialer Standards nicht Teil der Zielvereinbarungen<br />

der Führungskräfte ist!<br />

Die Realität in vielen Unternehmen<br />

sieht heute so aus, dass sich <strong>Compliance</strong><br />

auf gesetzliche Regelungen und<br />

interne Richtlinien konzentriert und<br />

die Bewertung von Situationen sowie<br />

die Implementierung von Maßnahmen<br />

ohne Einbezug von CR-Experten erfolgt.<br />

Reicht das für eine wirksame Corporate<br />

Governance aus Kaum, denn nicht alles,<br />

was legal ist, ist auch legit<strong>im</strong>! Die<br />

Vorfälle rund um die Meyer Werft von<br />

2013 sind ein prominentes Beispiel. Nach<br />

einem Brand in der Unterkunft von<br />

Werkvertragsarbeitern standen plötzlich<br />

die Arbeitsbedingungen sowie die<br />

Wohn- und Lebenssituation der über<br />

Werkverträge Beschäftigten <strong>im</strong> Fokus von<br />

Medien und Politik. Auch hier war formal<br />

alles korrekt, doch ist kaum davon<br />

auszugehen, dass die Auftraggeber der<br />

Meyer Werft, die in Papenburg luxuriöse<br />

Passagierschiffe fertigen lassen, derartige<br />

Vorgänge akzeptieren. Und genau<br />

dieser Mechanismus greift auch zunehmend<br />

in anderen Branchen wie Chemie,<br />

Automotive oder Retail & Consumer!<br />

Fazit<br />

Corporate Governance generiert Mehrwert.<br />

Damit ein CR-Ansatz hierbei wirksam<br />

und effizient sein kann, muss er<br />

systematisch und konsequent in allen<br />

Unternehmensbereichen umgesetzt und<br />

gelebt werden. Dabei sollten aus unserer<br />

Sicht Lösungen entwickelt werden,<br />

die zur Unternehmenskultur passen<br />

und sowohl seitens des Unternehmens<br />

als auch der externen Stakeholder auf<br />

Akzeptanz stoßen.<br />

Integration von Corporate Governance<br />

in die Unternehmensbereiche<br />

Transformation<br />

Corporate<br />

Responsibility<br />

<strong>Compliance</strong><br />

Risikomanagement<br />

I. Strategie<br />

- Zieldefinition und Abgleich mit der Unternehmensstrategie<br />

- Im Einklang mit Leitbild und Wertesystem<br />

- Zieldefinition<br />

- Anforderungen an das Management-Reporting<br />

II. Organisation<br />

- Governance-Modell<br />

- Abgleich Erwartungsprofil und Schnittstellen u.a. Qualitäts-, <strong>Compliance</strong>-,<br />

Risiko- und Corporate Responsibility-Management<br />

- Tool-Box (Stakeholder-Management, Risk Assessment, ...)<br />

III. Mitarbeiter<br />

- Kompetenzaufbau und Schulungen<br />

- Anpassung der Zielerreichungs- und Bewertungsmodelle<br />

IV. Prozess<br />

- Integration in Kern- sowie relevante Unterstützungsprozesse<br />

- Standardisierung, Steuerung und Kontrolle von Prozessen<br />

- Einführung eines Maßnahmencontrolling<br />

V. Systeme<br />

- Erweiterung bestehender Systeme<br />

- Integration neuer Lösungen<br />

(z. B. Stakeholder-Management, Assessments, ...)<br />

Strategie<br />

Organisation<br />

Mitarbeiter<br />

Prozess<br />

Systeme<br />

Integration<br />

Einkauf<br />

Personal<br />

Entwicklung<br />

Vertrieb<br />

Produktion<br />

...<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

99


BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Mein Backofen –<br />

Meine Daten<br />

Chancen und Herausforderungen<br />

vernetzter Hausgeräte<br />

Das Internet der Dinge eröffnet <strong>im</strong> Haushalt neue Möglichkeiten, die Lebensqualität zu erhöhen.<br />

Ob sich auch vernetzte Kühlschränke und Geschirrspüler durchsetzen, hängt nicht zuletzt von<br />

einem gewissenhaften Umgang mit Daten und dem Vertrauen der Verbraucher in die Lösungen der<br />

Hersteller ab. In einer repräsentativen Umfrage hat die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH<br />

Verbraucher nach ihren Bedenken und Anforderungen gefragt. Die Ergebnisse sind für die BSH<br />

ein Auftrag, bei allem Streben nach Innovation das Thema Verantwortung konsequent in den<br />

Mittelpunkt zu rücken.<br />

Von Dorthe Heermann<br />

Die Rechenleistung des Bordcomputers<br />

der Saturn-Rakete, mit der Neil Armstrong<br />

und Buzz Aldrin auf dem Mond<br />

landeten, tragen wir heute in der Hosentasche:<br />

Smartphones sind leistungsstarke<br />

mobile Computer und werden dank<br />

eines schier grenzenlosen Angebots an<br />

Apps zur Schaltzentrale unseres Lebens.<br />

Besonders <strong>im</strong> Trend liegt die Vernetzung<br />

von Alltagsgegenständen mittels<br />

Internet.<br />

In die he<strong>im</strong>ischen vier Wände ziehen<br />

<strong>im</strong>mer mehr vernetzte Geräte ein: Lichtund<br />

Alarmanlagen, Heizungen und Rollläden<br />

sowie Mult<strong>im</strong>edia-Geräte werden<br />

per Fingerstreich via Smartphone und<br />

Tablet gesteuert. So wird das Zuhause<br />

zum Smart Home. Ein Herd, der Rezeptvorschläge<br />

unterbreitet, und eine<br />

Waschmaschine, die automatisch die<br />

passenden Programme liefert, sind da<br />

nur die logischen nächsten Schritte –<br />

und längst keine Fiktion mehr. Um diese<br />

Services in vollem Umfang nutzen zu<br />

können, muss der Verbraucher jedoch<br />

bereit sein, eigene Daten anzugeben.<br />

Angesichts von Datenmissbrauch-<br />

Skandalen und Überwachung reagieren<br />

Verbraucher mit einer begründeten<br />

Skepsis auf Big Data – der Sammlung<br />

von großen Datenmengen. Die Sorge<br />

besteht, durch Aktivitäten <strong>im</strong> Netz zum<br />

gläsernen Konsumenten zu werden.<br />

Für Hersteller von Smart Home Produkten<br />

ist es unerlässlich, die Bedenken und<br />

Wünsche der Verbraucher zu kennen<br />

und ernst zu nehmen. Die BSH hat deshalb<br />

aktuell eine repräsentative Umfrage<br />

unter Online-Nutzern in <strong>Deutschland</strong><br />

und Österreich durchgeführt. Im Mittelpunkt<br />

stand deren Einstellung zu<br />

vernetzten Hausgeräten mit besonderem<br />

Blick auf das Thema Datenschutz.<br />

Individueller Nutzen<br />

und Transparenz<br />

Digitaler Fortschritt contra Datenschutz<br />

Die Umfrage belegt, dass Konsumenten<br />

dieser Problematik heute aufgeklärt<br />

begegnen. Als mündige Verbraucher<br />

hinterfragen sie digitale Anwendungen<br />

100 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Datability<br />

jedes Mal aufs Neue hinsichtlich des persönlichen<br />

Mehrwerts und der Datenabfrage.<br />

Erkennt der Konsument beispielsweise<br />

in den Funktionen einer App einen für<br />

sich relevanten Nutzen, ist er auch bereit,<br />

zusätzliche persönliche Daten anzugeben.<br />

Praktische Tipps zur Senkung des<br />

Energieverbrauchs oder der Hinweis,<br />

dass der Klarspüler nachgefüllt werden<br />

muss, findet zum Beispiel fast die Hälfte<br />

der Befragten in <strong>Deutschland</strong> interessant,<br />

in Österreich sind es sogar knapp<br />

60 Prozent. Mehr als jeder vierte der Befragten<br />

in <strong>Deutschland</strong> findet zudem die<br />

Vorstellung interessant, dass Hausgerät<br />

und Kundendienst bei Problemen direkt<br />

miteinander kommunizieren können.<br />

Welche Informationen der Konsument<br />

aber letztlich weitergibt, hängt entscheidend<br />

davon ab, welche Daten für welche<br />

App-Funktionen wichtig sind. Bei der<br />

Bestellung von Ersatzteilen oder der<br />

Kommunikation mit dem Kundendienst<br />

ist es für die Mehrheit der Befragten<br />

unproblematisch, Adressdaten anzugeben.<br />

Werden hingegen Rezeptideen<br />

auf das Smartphone geschickt, fragen<br />

die Konsumenten nach, warum für die<br />

Nutzung dieser Funktion die Mitteilung<br />

von Adressdaten relevant sein könnte.<br />

Angaben zu etwaigen Allergien oder<br />

Krankheiten würden sie in diesem Fall<br />

eher machen.<br />

Schutz von sensiblen Daten<br />

Die Studie zeigt auch, dass die Konsumenten<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf den Datenschutz<br />

unterschiedliche Maßstäbe anlegen – je<br />

nachdem welche Funktionen die jeweiligen<br />

Apps haben. Bei Spiele-Apps sind<br />

die Anforderungen der Konsumenten an<br />

den Datenschutz niedrig, aber auch die<br />

Bereitschaft, persönliche Daten anzugeben.<br />

Besonders hohe Sicherheitsanforderungen<br />

stellen die Befragten hingegen<br />

an Banking-Apps. Interessanterweise<br />

beurteilen die Befragten in <strong>Deutschland</strong><br />

und Österreich Banking-Apps und Smart-<br />

Home-Apps recht ähnlich. Das zeigt, wie<br />

sensibel die Daten, die zur Nutzung von<br />

Smart-Home-Apps erforderlich sind, von<br />

den Verbrauchern eingestuft werden<br />

und welch hohe Sicherheitsstandards sie<br />

hier fordern. So sieht die Mehrzahl der<br />

Befragten Qualitätssiegel von unabhängigen<br />

Organisationen bei Banking- und<br />

Smart-Home-Apps als wichtig an.<br />

Datensicherheit hat<br />

oberste Priorität<br />

Die Entwicklung von vernetzten Hausgeräten<br />

schreitet rasant voran. Die Entscheidung<br />

darüber, welche Applikationen<br />

letztlich in den Markt kommen, treffen<br />

bei der BSH jedoch die Konsumenten.<br />

Sie unterziehen diese Lösungen einem<br />

Realitätscheck. Für den führenden Hausgerätehersteller<br />

Europas bedeutet das:<br />

Be<strong>im</strong> Streben nach Innovation und Fortschritt<br />

muss das Thema Verantwortung<br />

konsequent in den Mittelpunkt gerückt<br />

werden. Und zwar <strong>im</strong> ständigen Dialog<br />

mit den Konsumenten. Denn die Ergebnisse<br />

sind nicht nur bloße Antworten,<br />

sie sind vor allem ein Auftrag an die<br />

gesamte Branche. Die BSH begreift das<br />

Thema Datenschutz und Datensicherheit<br />

daher als Chefsache – und arbeitet<br />

eng mit namhaften Experten zusammen.<br />

So hat das Unternehmen für die<br />

offene Plattform Home Connect, die<br />

die markenübergreifende Vernetzung<br />

von Hausgeräten ermöglicht, vor dessen<br />

Einführung Ende <strong>2014</strong> ein umfassendes<br />

Sicherheitskonzept erstellt und umgesetzt.<br />

Dazu gehören auch Überprüfungen<br />

des Systems von professionellen Hackern.<br />

Home Connect setzt auf den Status quo<br />

der Verschlüsselungstechnik und lässt<br />

das System auch von unabhängigen<br />

Experten auf Herz und Nieren prüfen.<br />

Zudem wurde die zugehörige App mit<br />

dem TÜV IT-Siegel ausgezeichnet. Nur<br />

so können sichere Lösungen entwickelt<br />

werden, die perfekt auf die Bedürfnisse<br />

der Kunden einzahlen.<br />

Die Ergebnisse der Studie können Sie anfragen unter<br />

corporate.communications@bshg.com.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

101


Da<strong>im</strong>ler<br />

Vernetztes Fahren<br />

und Datenschutz<br />

Der Blick ins Cockpit eines Fahrzeugs zeigt, wohin die Reise<br />

geht: auch bei Fahrzeugen sind wir längst <strong>im</strong> digitalen Zeitalter<br />

angekommen. In der kommenden Dekade werden die<br />

Telekommunikations- und die Fahrzeugtechnik weiter zusammenwachsen.<br />

Diese Perspektive stellt den Datenschutz<br />

in Automobilunternehmen vor neue Herausforderungen.<br />

Bei Da<strong>im</strong>ler sehen wir darin aber auch viele Chancen.<br />

Von Dr. Joach<strong>im</strong> Rieß<br />

Auf dem Weg zum unfallfreien Fahren<br />

spielt die Vernetzung des Automobils<br />

mit seiner Umwelt eine wichtige Rolle.<br />

Dadurch lässt sich der Verkehr sicherer<br />

steuern und Unfälle können reduziert<br />

werden. Die Vernetzung <strong>im</strong> Fahrzeug<br />

trifft aber auch den Zeitgeist. Unsere<br />

Kunden möchten „always on“ sein und<br />

erwarten, dass sie ihre mobilen Geräte<br />

<strong>im</strong> Fahrzeug genauso nutzen können<br />

wie zu Hause.<br />

und Kunden zu schützen, trägt er heute<br />

auch Sorge dafür, dass Daten von Produkten<br />

und Dienstleistungen sicher sind.<br />

Bei Da<strong>im</strong>ler ist der Datenschutz deshalb<br />

bereits bei der Entwicklung vernetzter<br />

Fahrzeuge und neuer Fahrzeugfunktionen,<br />

wie „Live Traffic“, bei dem Fahrzeuge untereinander<br />

Verkehrsinformationen austauschen,<br />

sowie bei der Konzeption von<br />

Dienstleistungen wie „car2go“ involviert<br />

(„Privacy by Design“). Gemeinsam mit dem<br />

Forschungs- und Entwicklungsbereich<br />

werden technische Lösungen entwickelt,<br />

um Kundendaten gegen Manipulation,<br />

vor Verlust und gegen den Zugriff unberechtigter<br />

Personen zu schützen. Eine<br />

entscheidende Rolle spielt dabei das Da<strong>im</strong>ler<br />

Vehicle Backend, ein Server, der eine<br />

sichere Verbindung zwischen Fahrzeug<br />

und Internet gewährleistet.<br />

Unbestritten ist, das vernetzte Automobil<br />

bietet großen Mehrwert, aber es stellt<br />

uns auch vor ganz neue gesellschaftliche<br />

Fragen: Welche Daten benötigen<br />

Assistenzsysteme wie die automatische<br />

Fußgängererkennung, Infotainmentsysteme<br />

und Online-Dienste Wem gehören<br />

die Fahrzeugdaten Wer darf über<br />

sie verfügen<br />

An erster Stelle steht für Da<strong>im</strong>ler,<br />

sichere Autos zu bauen. Dies gilt für die<br />

Technik, aber auch für die Daten, die<br />

das vernetzte Fahrzeug erzeugt. Deshalb<br />

gilt unsere Prämisse stärker denn je:<br />

Datenschutz ist Kundenschutz. Nur<br />

durch einen verantwortungsvollen Umgang<br />

mit personenbezogenen Daten wahren<br />

wir die Persönlichkeitsrechte von<br />

Fahrern, Fahrzeughaltern und Insassen.<br />

Um diesen Anspruch erfüllen zu können,<br />

kommt dem Datenschutz bei Da<strong>im</strong>ler ein<br />

neuer Stellenwert zu: War es früher die<br />

klassische Aufgabe des Datenschutzbeauftragten,<br />

die Daten von Arbeitnehmern<br />

Sicherheit der Kundendaten<br />

Kom-Box<br />

Das Vehicle Backend ist ein spezieller Server, über den eine sichere Verbindung<br />

zwischen Fahrzeug und Internet hergestellt wird. Es sorgt dafür, dass die<br />

Kommunikationsschnittstelle <strong>im</strong> Fahrzeug gesichert ist. Dafür reglementiert<br />

und überwacht es die Verbindungen zu allen Internet-Diensten und übern<strong>im</strong>mt<br />

Funktionen wie Autorisierung und Authentifizierung.<br />

Datensicherheit durch das Da<strong>im</strong>ler Vehicle Backend<br />

102 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Datability<br />

Als Maßstab für den Schutz von Daten<br />

haben wir als drei zentrale Grundsätze<br />

„Transparenz“, „Selbstbest<strong>im</strong>mung“ und<br />

„Datensicherheit“ definiert. Diese Prinzipien<br />

wenden wir bei unseren Produkten und<br />

Dienstleistungen an – angefangen bei der<br />

Entwicklung, über die Vertragsgestaltung<br />

bis zum Umgang mit Kundendaten.<br />

Die Weiterentwicklung der Kommunikationstechnologien<br />

schafft neue Möglichkeiten<br />

für die Kunden, aber auch neuen<br />

Regulierungsbedarf für den Gesetzgeber.<br />

Services, wie der zukünftig EU-weit gesetzlich<br />

vorgeschriebene Notrufdienst<br />

eCall, oder die Wünsche der Kunden,<br />

über digitale Dienste permanent verfügen<br />

zu können, werden <strong>im</strong>mer wieder<br />

Fragen zum Datenschutz aufwerfen.<br />

Eine aktuelle Herausforderung ist zum<br />

Beispiel die Klärung der Datenverantwortung.<br />

Daten werden <strong>im</strong>mer häufiger<br />

– vom Fahrzeughersteller, von Plattformbetreibern<br />

und App-Diensten – erhoben.<br />

Mit der Vernetzung erhöhen sich auch<br />

die Anforderungen an die Sicherheitsvorkehrungen.<br />

Die Sicherungssysteme<br />

müssen in der Entwicklung <strong>im</strong>mer einen<br />

Schritt weiter sein, um Daten vor Missbrauch<br />

und Hackerangriffen zu schützen.<br />

Solche Fragestellungen lassen sich nur<br />

<strong>im</strong> offenen Dialog mit den Stakeholdern<br />

beantworten. Deshalb suchen wir den<br />

Austausch mit anderen Unternehmen,<br />

Wissenschaftlern, Politikern, NGOs, Behörden,<br />

Verbänden und Verbraucherschützern.<br />

Im Verband der Deutschen Automobilindustrie<br />

haben wir uns für ein ganzheitliches<br />

Konzept und Standards der<br />

Datenverarbeitung eingesetzt und gemeinsame<br />

Prinzipien zum Datenschutz<br />

<strong>im</strong> vernetzten Fahrzeug erarbeitet. Wichtige<br />

Aspekte sind u. a. Transparenz der<br />

Datenverarbeitung, Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />

des Kunden und Datensicherheit. In den<br />

USA unterzeichnete Da<strong>im</strong>ler zusammen<br />

mit anderen Herstellern die „Consumer<br />

Privacy Protection Principles for Vehicle<br />

Technologies and Services“ der Auto<br />

Alliance und der <strong>Global</strong> Automakers,<br />

die Hersteller auf gemeinsame Datenschutzprinzipen<br />

verpflichten.<br />

Das Thema Datenschutz und Fahrzeug<br />

ist auch eine Säule bei dem Sustainability<br />

Dialogue von Da<strong>im</strong>ler, bei dem sich<br />

regelmäßig Vertreter aller Stakeholder-<br />

Datenschutzgrundsätze<br />

Transparenz<br />

Der Kunde muss wissen, welche Daten gesammelt werden und was mit diesen<br />

Daten passiert. In den Verkaufsinformationen, der Vehicle Homepage, der<br />

Betriebsanleitung und in den Nutzungsbedingungen wird der Kunde über die<br />

Datenverarbeitung umfassend informiert.<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />

Der Kunde entscheidet, welche Dienste er tatsächlich nutzen und welche Daten<br />

er weitergeben möchte – entweder per Einwilligung, per Vertrag oder per<br />

Knopfdruck. Es werden Dienste nur aktiviert, wenn der Kunde dies wünscht und<br />

dieser vorher den Nutzungsbedingungen zugest<strong>im</strong>mt hat.<br />

Datensicherheit<br />

Der Kunde erwartet, dass seine Daten auf einem hohen technischen Sicherheitsniveau<br />

vor Missbrauch und Manipulation geschützt sind. Deshalb wird die<br />

Sicherheit der Daten bei vernetzten Fahrzeugen ständig weiterentwickelt und<br />

der fortschreitenden IT-technischen Entwicklung angepasst. Da<strong>im</strong>ler erarbeitet<br />

dafür Soft- und Hardwarearchitekturen sowie Standards für Remote-Zugriffe<br />

von Telekommunikationsnetzen auf das Fahrzeug. Außerdem werden geeignete<br />

Verschlüsselungstechnologien eingesetzt.<br />

Mercedes-Benz Notrufsystem<br />

Notrufzentrale<br />

Weiterleitung<br />

der Meldung<br />

Gruppen treffen, um aktuelle Fragen<br />

zur Nachhaltigkeit zu diskutieren und<br />

gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Als<br />

weitere Plattform hat Da<strong>im</strong>ler <strong>2014</strong> zu<br />

einer Fachtagung zum Datenschutz eingeladen.<br />

Wir möchten damit dazu beitragen,<br />

die gesellschaftliche Diskussion zu<br />

dem Zukunftsthema „Vernetztes Fahren<br />

und Datenschutz“ voranzutreiben und<br />

gemeinsam Antworten zu wichtigen<br />

Fragen rund um das vernetzte Fahren<br />

zu entwickeln.<br />

Gezielte und schnellere Hilfe<br />

am Unfallort<br />

Vereinfachte Darstellung des Notrufdienstes eCall, mit dem automatisch ein Notruf abgesendet<br />

wird und so schneller Hilfe zum Unfallort gelangt.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

103


Deutsche Telekom<br />

Datensicherheit und Digitale<br />

Bildung als Eckpfeiler<br />

einer verantwortungsvollen<br />

Mediennutzung<br />

Datenschutz und Datensicherheit sind die Basis einer sicheren Nutzung digitaler Medien. Effiziente<br />

Maßnahmen zur Vermeidung von Datendiebstahl und Datenmissbrauch haben für die Deutsche<br />

Telekom daher einen ganz besonderen Stellenwert. Aber auch der versierte Umgang mit diesen<br />

Medien wird <strong>im</strong>mer mehr zu einer Schlüsselkompetenz für die aktive Teilhabe an der Informationsund<br />

Wissensgesellschaft. Die Deutsche Telekom setzt sich hier in vielen Initiativen und Projekten<br />

für den Ausbau der Medienkompetenz insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ein.<br />

Von Gabriele Kotulla und Vera Heyes<br />

Millionen Kunden vertrauen der Deutschen<br />

Telekom täglich ihre Daten an.<br />

Vor diesem Hintergrund haben Datenschutz<br />

und Datensicherheit konzernweit<br />

Priorität. Auch bei der Neu- und Weiterentwicklung<br />

von Produkten und Dienstleistungen<br />

hat dies höchsten Stellenwert,<br />

etwa bei „E-Mail made in Germany“ und<br />

der Verbesserung des Abhörschutzes <strong>im</strong><br />

Mobilfunk.<br />

„E-Mail made in Germany“<br />

Im August 2013 wurde die Brancheninitiative<br />

„E-Mail made in Germany“ als<br />

Reaktion auf die NSA-Spähaffäre gegründet.<br />

Hier konnte unter anderem ein<br />

neuer Sicherheitsstandard <strong>im</strong>plementiert<br />

werden, der durch eine automatische<br />

Verschlüsselung den E-Mail-Austausch<br />

zwischen den Nutzern und den teilnehmenden<br />

Providern sicherer macht.<br />

Verbesserung des Abhörschutzes <strong>im</strong> Mobilfunk<br />

Als erster Netzbetreiber setzt die Deutsche<br />

Telekom seit 2013 den Verschlüsselungsstandard<br />

A5/3 ein. Damit sind Gespräche<br />

auch <strong>im</strong> GSM-Mobilfunknetz besser gegen<br />

mögliches Abhören geschützt. Für<br />

UMTS- und LTE-Netze wird bereits ein<br />

ähnlich starker Verschlüsselungsstandard<br />

eingesetzt.<br />

Ebenfalls wird großer Wert darauf gelegt,<br />

die Datenschutzmaßnahmen für die<br />

Öffentlichkeit transparent zu machen.<br />

Als erstes der DAX-30-Unternehmen veröffentlicht<br />

die Deutsche Telekom seit<br />

2009 einen Datenschutzbericht, seit 2011<br />

jährlich einen integrierten Datenschutzund<br />

Datensicherheitsbericht.<br />

Datenschutz und Datensicherheit sind für<br />

die Deutsche Telekom Grundvoraussetzung<br />

für eine risikomin<strong>im</strong>ierte Nutzung<br />

„Cyber Security Summit for Kids“: Telekom-<br />

Vorstandsvorsitzender T<strong>im</strong>otheus Höttges<br />

mit zwei der 200 jungen Gäste.<br />

der digitalen Medien. Aber auch das richtige<br />

Surfen, Chatten und Recherchieren will<br />

gelernt sein. „Der sichere und kompetente<br />

Umgang mit digitalen Medien ist notwendig,<br />

um die virtuelle Welt zu verstehen<br />

104 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Good Practice<br />

Datability<br />

und eigenverantwortlich mitgestalten<br />

zu können“, sagt Birgit Klesper, Senior<br />

Vice President Group Transformational<br />

Change and Corporate Responsibility bei<br />

der Deutschen Telekom. Insbesondere<br />

für Kinder und Jugendliche ist es oft<br />

nicht einfach, in der digitalen Welt den<br />

Überblick zu wahren und diese sicher zu<br />

beherrschen. Hier ist Medienkompetenz<br />

gefragt. Deren Stärkung ist bei der Deutschen<br />

Telekom ein Kernthema. Eines der<br />

drei zentralen Handlungsfelder der Corporate-Responsibility-Strategie<br />

des Konzerns<br />

lautet „Connect the Unconnected“. Ziel<br />

ist es, durch vielfältige Initiativen allen<br />

Kindern und Jugendlichen, unabhängig<br />

vom Elternhaus, eine chancengleiche und<br />

aktive Teilhabe zu eröffnen und hilfreiches<br />

Medien-Know-how zu erwerben. Die<br />

folgenden Beispiele stellen exemplarisch<br />

einen Ausschnitt aus den umfangreichen<br />

Medienkompetenzprogrammen der<br />

Deutschen Telekom dar:<br />

Lehren und Lernen mit digitalen<br />

Medien – Teachtoday<br />

Im Mai <strong>2014</strong> hat die Telekom die als<br />

EU-Projekt in 2008 gestartete Initiative<br />

„Teachtoday“ in <strong>Deutschland</strong> in ihre<br />

Verantwortung übernommen. Ziel der<br />

Initiative ist es, alltags- und praxisnah<br />

die Potenziale und Herausforderungen<br />

des kompetenzorientierten Lehrens und<br />

Lernens mit digitalen Medien aufzuzeigen.<br />

Zukunftsweisend gibt das Portal<br />

teachtoday.de Lehrkäften, Eltern und<br />

Pädagogen Hilfestellung für einen mediengestützten<br />

Unterricht, stets mit dem<br />

Blick auf die Förderung von Medienkompetenz<br />

als Alltagskompetenz und eine<br />

verantwortungsvolle Mediennutzung.<br />

Mithilfe qualitativ hochwertiger Unterrichtsmaterialien,<br />

Online-Lernmodulen<br />

oder Schüler-Workshops werden Themen<br />

wie Social Media, Schutz der Privatsphäre<br />

oder Mobbing didaktisch auf bereitet.<br />

Viele Lehrkräfte und Einrichtungen in<br />

ganz <strong>Deutschland</strong> leisten bereits einen<br />

wichtigen Beitrag zur Medienkompetenzförderung.<br />

Was oft fehlt, ist Sichtbarkeit<br />

und Anerkennung. Mit dem Wettbewerb<br />

„Medien, aber sicher!“ hat die Deutsche<br />

Telekom von Schulen umgesetzte Projekte<br />

ausgezeichnet und ihnen eine öffentliche<br />

Plattform gegeben. Damit können<br />

sie anderen Interessierten als Vorbild<br />

und Orientierung dienen. Aus allen Bundesländern<br />

wurden vielfältige Projekte<br />

eingereicht, deren Themenspektrum vom<br />

Verhalten in sozialen Netzwerken über<br />

Chancen und Risiken be<strong>im</strong> Chatten bis<br />

hin zu Urheberrechtsfragen reichten.<br />

Zum ersten Mal veranstaltete die Telekom<br />

den „Cyber Security Summit for Kids“.<br />

Das Ziel: Kinder fit machen für den<br />

Umgang mit moderner Kommunikationstechnologie.<br />

Der Cyber Security<br />

Summit for Kids fand einen Tag nach<br />

dem Cyber Security Summit statt, zu<br />

dem die Münchner Sicherheitskonferenz<br />

und die Telekom bereits zum dritten Mal<br />

nach Bonn eingeladen hatten. Telekom-<br />

Vorstandsvorsitzender T<strong>im</strong>otheus Höttges<br />

stellte sich den Fragen der jungen<br />

Gäste. Der Kongress für Kinder nutzte<br />

dieselben Räumlichkeiten, in denen<br />

am Vortag ranghohe Politiker und Unternehmenslenker<br />

getagt hatten und<br />

setzte auch damit ein Zeichen für die<br />

besondere Relevanz des Themas.<br />

Geschützter Surfraum für Kinder –<br />

„Ein Netz für Kinder“<br />

Die Initiative „Ein Netz für Kinder“ bietet<br />

jungen Web-Surfern einen sicheren<br />

Raum, um das Internet spielerisch<br />

zu entdecken. Über die Internetseite<br />

fragFINN.de können 8- bis 12-Jährige das<br />

Netz nach ihren Interessen erkunden,<br />

ohne auf Seiten mit bedenklichen Inhalten<br />

zu gelangen. Die fragFINN-Whitelist,<br />

die Liste altersgerechter Internetseiten,<br />

wurde auch in die kostenlose Kinderschutzsoftware<br />

der Deutschen Telekom<br />

integriert. Im Rahmen dieser Initiative<br />

arbeitet die Telekom eng mit dem Jugendmedienschutz<br />

und Vertretern aus<br />

Politik und Wirtschaft zusammen.<br />

Infrastrukturprojekt<br />

„Telekom@School“<br />

Bereits seit dem Jahr 2000 unterstützt<br />

die Deutsche Telekom bundesweit alle<br />

34.000 allgemein- und berufsbildenden<br />

Schulen mit entgeltfreien Internet-<br />

Zugängen. Ziel des Engagements ist, die<br />

Möglichkeit zu geben, <strong>im</strong> Unterricht<br />

mit digitalen Medien zu arbeiten, um<br />

so Chancen und Perspektiven neuer<br />

Technologien zu eröffnen.<br />

Mit Datenschutz und Datensicherheit<br />

sowie Medienkompetenzprogrammen<br />

fördert die Deutsche Telekom die chancengleiche<br />

Teilhabe an der Informations-<br />

und Wissensgesellschaft. So ist sie<br />

zuverlässiger Begleiter auf dem Weg in<br />

eine zukunftsorientierte Gesellschaft.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.telekom.com/verantwortung<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

105


Agenda<br />

10 Jahre<br />

106 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

107


Agenda<br />

2004 – <strong>2014</strong>: Eine Dekade<br />

Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk<br />

Für das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN) war <strong>2014</strong> das Jahr seines zehnjährigen<br />

Bestehens als sogenanntes formales Netzwerk. Zuvor hatten sich die ersten deutschen Unterzeichner<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bereits 2001, also drei Jahre vor der formellen Gründung, als<br />

„Freunde des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“ in <strong>Deutschland</strong> zusammen-gefunden. Mit der Formalisierung<br />

und Einrichtung eines Sekretariats, das <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ) GmbH getragen wird, kann das DGCN seit 2004 seine Teilnehmer wesentlich effektiver bei<br />

der Umsetzung der 10 Prinzipien unterstützen und die Ziele des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> fördern.<br />

Von Dr. Jürgen Janssen<br />

In den vergangen zehn Jahren hat sich auch das Selbstverständnis<br />

des DGCN <strong>im</strong> Zuge intensiver Diskussionen in Lenkungskreis<br />

und Teilnehmerversammlung <strong>im</strong>mer weiter konkretisiert.<br />

Dabei ist die freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen<br />

und Stakeholdern damals wie heute die Grundlage des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> international und in <strong>Deutschland</strong>. Unternehmen<br />

und Stakeholder verpflichten sich freiwillig und<br />

explizit, universelle Grundregeln, die vielfach <strong>im</strong> nationalen<br />

Recht verankert sind, auch dort zu achten und zu fördern, wo<br />

diese nicht oder nicht vollständig umgesetzt werden.<br />

Das deutsche Netzwerk versteht sich in diesem Kontext als<br />

unabhängiges, offenes und transparentes Multi-Stakeholder-<br />

Forum, in dem sich die deutschen Teilnehmer am UN <strong>Global</strong><br />

Meilensteine des UNGC und des DGCN<br />

26.7.2000<br />

2002<br />

Gründung des<br />

United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> (UNGC)<br />

durch den damaligen<br />

UN-Generalsekretär Kofi Annan<br />

„German Friends of<br />

the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“<br />

konstituieren sich<br />

als Gruppe.<br />

Der WSSD-Gipfel in Johannesburg<br />

(Rio+10) rückt den UNGC erstmals<br />

ins Bewusstsein einer breiten Fach-<br />

Öffentlichkeit.<br />

108 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

<strong>Compact</strong> aus den Sektoren Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft<br />

auf Augenhöhe freiwillig für die Umsetzung und breite<br />

Förderung der 10 Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und der<br />

Ziele der Vereinten Nationen in <strong>Deutschland</strong> und weltweit<br />

engagieren. Als umsetzungsorientierte Lern- und Dialogplattform<br />

stellt das DGCN Informationen und Instrumente zur<br />

Verfügung, fördert die Verbreitung guter Beispiele und bietet<br />

einen Rahmen für vertrauensvollen Austausch zwischen den<br />

Teilnehmern. Seit 2013 kann es auch politische Diskussionen<br />

und Prozesse begleiten, die für die Umsetzung und Förderung<br />

der 10 Prinzipien relevant sind.<br />

Die Legit<strong>im</strong>ation über die Anbindung an das UN-System, die<br />

10 Prinzipien als anerkannte Grundlage nachhaltiger und<br />

verantwortungsvoller Unternehmensführung weltweit, die<br />

grundsätzliche Offenheit für alle Unternehmen und Stakeholder,<br />

die sich die Selbstverpflichtung auferlegen, und der ausgeprägte<br />

Multi-Stakeholder-Charakter sind die Alleinstellungsmerkmale<br />

und begründen Glaubwürdigkeit und Ansehen des DGCN.<br />

Auf dieser Basis hat sich das DGCN in den letzten Jahren auch<br />

organisatorisch weiterentwickelt. Mittelweile besteht das Netzwerk<br />

aus Teilnehmerversammlung, Lenkungskreis, Geschäftsstelle<br />

(„Focal Point“) und seit 2009 der Stiftung Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk. Mit der Gründung der Stiftung DGCN haben<br />

die deutschen Unternehmen <strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> die Voraussetzung<br />

geschaffen, die Aktivitäten zur Umsetzung und Förderung<br />

der 10 Prinzipien und übergeordneter Ziele der Vereinten<br />

Nationen in <strong>Deutschland</strong> und weltweit mit Spendengeldern<br />

zu unterstützen.<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und DGCN<br />

Als Netzwerk der deutschen Unterzeichner des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> schließt das DGCN jährlich ein Memorandum of<br />

Understanding mit dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office (GCO) in New<br />

York. In diesem sind Anforderungen des GCO an Struktur,<br />

In 2004 begannen die Netzwerktreffen am Reichpietschufer.<br />

Teilnehmer des ersten Treffens waren u.a. Georg Kell, Peter Eigen,<br />

Claudia Roth sowie die damaligen Bundesminister Walter Riester<br />

und Heidemarie Wieczorek-Zeul.<br />

Prozesse und Aktivitäten eines lokalen Netzwerks definiert.<br />

Es bildet die Grundlage für die Beziehung zwischen DGCN<br />

und GCO, die insbesondere durch die Vereinbarung zwischen<br />

DGCN und der Foundation for the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> über eine<br />

abgest<strong>im</strong>mte Kommunikation und Spendenpolitik eine neue<br />

Qualität erreicht hat. Dieser kooperative Ansatz wird in 2015<br />

fortgeführt. Der Lenkungskreis des DGCN legt daher allen<br />

deutschen Unternehmen <strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> nahe, mit >><br />

2003<br />

Einführung des<br />

10. Prinzips zur<br />

Korruptionsvermeidung<br />

2004<br />

Gründung des Deutschen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes<br />

(DGCN)<br />

Erstes <strong>Jahrbuch</strong><br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

erscheint.<br />

2005<br />

Einführung der<br />

CoP-Berichtserstattungspflicht<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

109


Agenda<br />

für die Erreichung vorgesehen sind, anhand welcher Indikatoren<br />

die Zielerreichung gemessen und wer auf welche Weise<br />

in die Umsetzung einbezogen werden soll, kann der mögliche<br />

Beitrag von Unternehmen zur Erreichung der Ziele konkretisiert<br />

werden. Erst dann wird auch das DGCN die Thematik wieder<br />

breiter aufgreifen. Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> liefert hier bereits<br />

vorab in Form seiner Business Engagement Architecture sowie<br />

den erwähnten Executive Briefs erste Anhaltspunkte.<br />

Gemeinsames Fachgespräch von DGCN und Deutschem <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> <strong>Jahrbuch</strong> in 2011 zum Thema Konfliktmineralien.<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> hat mittlerweile eine ganze Reihe thematischer<br />

Arbeitsgruppen und Plattformen ins Leben gerufen.<br />

Hier engagiert sich das DGCN über die Geschäftsstelle weiterhin<br />

in den Arbeitsgruppen zu Menschenrechten & Arbeitsnormen,<br />

zum 10. Prinzip und bei „Business 4 Peace“. Unterzeichner aus<br />

<strong>Deutschland</strong> sind darüber hinaus aktiv bei Caring for Cl<strong>im</strong>ate,<br />

dem CEO Water Mandate, in der Advisory Group on Supply<br />

Chain Sustainability, <strong>im</strong> Rahmen der Women Empowerment<br />

Principles sowie bei <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> LEAD.<br />

DGCN <strong>im</strong> internationalen Umfeld<br />

einer Spende an die Stiftung DGCN zugleich den UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> und das deutsche Netzwerk zu fördern.<br />

Die Diskussionen um die sogenannte Post-2015 Agenda und<br />

die Rolle von Unternehmen bei der Formulierung und späteren<br />

Umsetzung globaler Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele,<br />

die in 2013 breiten Raum in der Arbeit des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und auch des DGCN eingenommen haben, mündeten in der<br />

Formulierung von Empfehlungen, die das GCO Anfang <strong>2014</strong> in<br />

den „Executive Briefs“ zusammengefasst hat. Diese sollen neben<br />

einer ganzen Reihe weiterer Inputs in den nun laufenden politischen<br />

Verhandlungsprozess einfließen, der <strong>im</strong> September 2015<br />

voraussichtlich in einen Beschluss der UN Generalversammlung<br />

über die künftigen Sustainable Development Goals (SDG) mündet.<br />

Erst wenn feststeht, wie die SDGs aussehen, welche Zeiträume<br />

Als Teil der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Familie mit Netzwerken in fast<br />

100 Ländern will das DGCN die Umsetzung der 10 Prinzipien<br />

und den Beitrag von Unternehmen zu einer nachhaltigen<br />

Entwicklung in <strong>Deutschland</strong> und weltweit fördern. Gut eingespielt<br />

ist in diesem Kontext die Zusammenarbeit mit den<br />

Netzwerken in Österreich und der Schweiz, mit denen u. a.<br />

die deutschsprachigen Publikationen abgest<strong>im</strong>mt werden<br />

und gemeinsam zu Veranstaltungen – etwa den Coachings<br />

– eingeladen wird. Auf europäischer Ebene kooperiert das<br />

DGCN ferner mit Spanien (CoP-Berichterstattung) und UK<br />

(Menschenrechtscoaching, Webinare zur Korruptionsprävention).<br />

Darüber hinaus wurde die 2013 begonnene Zusammenarbeit<br />

mit Lateinamerikanischen Netzwerken <strong>im</strong> Bereich der<br />

Korruptionsprävention vertieft und durch die Einbeziehung<br />

einiger deutscher Auslandshandelskammern auf eine breitere<br />

Basis gestellt. Kern dieser Kooperationen ist die auf den jewei-<br />

2006<br />

Gründung der<br />

UNGC Foundation<br />

2007<br />

Der UNGC Leaders Summit in Genf<br />

unter Vorsitz des neuen UN Generalsekretärs<br />

Ban ki-Moon bringt Anstöße<br />

zu den Initiativen C4C, PRI und PRME.<br />

2008<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk etabliert eigene<br />

Internet-Plattform unter<br />

www.globalcompact.de.<br />

110 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

ligen Länderkontext angepasste Nutzung von in <strong>Deutschland</strong><br />

entwickelten und <strong>im</strong> DGCN umgesetzten Lern- und Dialogformaten,<br />

wobei das Interesse aus dem Ausland in <strong>2014</strong> weit<br />

über die Möglichkeiten des deutschen Netzwerks hinausging.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Aktivitäten wurde das DGCN<br />

vom <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office in den vergangenen Jahren drei<br />

Mal in Folge mit einem Local Network Award ausgezeichnet.<br />

In eine ähnliche Richtung wie die Kooperationen mit anderen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerken zielt die Zusammenarbeit<br />

mit dem Business and Human Rights Ressource Center<br />

(business-humanrights.org). So wurde dort u. a. mit Unterstützung<br />

des BMZ das in der Menschenrechtslerngruppe des<br />

DGCN entwickelte OCAI (Organizational Capacity Assessment<br />

Instrument) in die wichtigsten Sprachen übersetzt und weltweit<br />

zugänglich gemacht.<br />

Auch mit dem Pendant <strong>im</strong> Bereich Korruptionsprävention, dem<br />

Business Anti-Corruption Portal (business-anti-corruption.de),<br />

besteht eine Kooperation. Die dort mit Förderung des BMZ<br />

eingerichtete deutschsprachige Seite wird seit Ende <strong>2014</strong> um<br />

das DGCN-Onlinetraining „Korruptionsprävention“ ergänzt.<br />

Damit wird erreicht, dass das aktuelle, schlanke Trainingsformat<br />

des DGCN allgemein zugänglich gemacht und in den<br />

breiten Kontext der internationalen Anti-Korruptionsdebatte<br />

eingebettet wird.<br />

Wissen und Kapazitäten des neuen Vorhabens nutzen können.<br />

Aus dem Management der AfIn wird sich das Netzwerk aber<br />

zurückziehen.<br />

DGCN in <strong>Deutschland</strong><br />

Die Aktivitäten des DGCN <strong>im</strong> Rahmen des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und die Kooperationen mit anderen internationalen Akteuren<br />

bilden nur einen kleinen Teil der täglichen Netzwerkarbeit. Hier<br />

stehen die Organisation von Lern- und Dialogveranstaltungen,<br />

die Entwicklung von Tools und Informationsmaterialien und<br />

die Umsetzung von Trainingsmaßnahmen für und mit den<br />

mittlerweile über 350 Unterzeichnern in <strong>Deutschland</strong> klar<br />

<strong>im</strong> Vordergrund.<br />

>><br />

Netzwerktreffen heute: Arbeitsgruppen und Plenum bieten Raum für<br />

Vernetzung und Diskussion.<br />

Neben den Kooperationsprojekten hat sich das DGCN bereits<br />

2013 mit der Allianz für Integrität (AfIn, allianceforintegrity.org)<br />

in den Bereich Collective Action vorgewagt. In <strong>2014</strong> hat sich<br />

die Initiative mit Unterstützung des BMZ mit ihren Trainingsund<br />

Dialogveranstaltungen sowie umfassenden Informationen<br />

zu konkreten Integritätsaspekten zunächst in Indien<br />

so erfolgreich entwickelt, dass sie Anfang 2015 in ein eigenständiges,<br />

BMZ-gefördertes Vorhaben mit Multi-Stakeholder<br />

Steuerungsstruktur überführt werden kann. Als Mitinitiator<br />

wird das DGCN weiterhin eng mit der AfIn kooperieren und<br />

Annual Local<br />

Network Forum<br />

tagt in Bonn.<br />

Erstmals werden Unternehmen,<br />

die keinen CoP einreichen,<br />

vom <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

ausgeschlossen.<br />

2009<br />

Das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

International Yearbook<br />

erscheint.<br />

Gründung der Stiftung<br />

Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

111


Agenda<br />

Inhaltlich liegen die Schwerpunkte weiterhin auf der Umsetzung<br />

der UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte<br />

in und durch Unternehmen, der Korruptionsprävention sowie<br />

der Nachhaltigkeitsberichterstattung. In diesem Kontext hat<br />

das DGCN mit verschiedenen Partnern drei Praxis-Handbücher<br />

für Unternehmen veröffentlicht. Diese sowie weitere aktuelle<br />

Publikationen stehen auf der Webseite des DGCN frei zur<br />

Verfügung:<br />

• Verbindungen schaffen – Nutzung der GRI G4 Leitlinien zur<br />

Berichterstattung über die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien (Übersetzung<br />

der englischen Originalfassung von GRI und UNGC)<br />

• Ergebnisse der Untersuchung „Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht“<br />

von DGCN und econsense<br />

• Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen „Fortschrittsberichterstattung<br />

kleiner und mittlerer Unternehmen <strong>im</strong><br />

DGCN <strong>2014</strong>“ von DGCN und sneep e.V.<br />

• Untersuchungsergebnisse „Integrating the UN Guiding<br />

Principles – Assessing Organizational Capacity“ von DGCN<br />

und twentyfifty Ltd.<br />

• Outputpaper der Reporting 3.0 Transition Labs von DGCN,<br />

GIZ und BSD Germany<br />

Ausblick 2015<br />

Das zehnjährige Bestehen des DGCN wird zwar in diesem<br />

<strong>Jahrbuch</strong>, wurde aber nicht auf den Veranstaltungen des<br />

Netzwerks in <strong>2014</strong> aufgegriffen. Der Grund ist das bevorstehende<br />

15-jährige Jubiläum des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, das<br />

das DGCN <strong>im</strong> Herbst 2015 <strong>im</strong> Rahmen des dann in Berlin<br />

stattfindenden European Local Networks Forum entsprechend<br />

würdigen wird. Hier plant das DGCN eine größere<br />

Netzwerkkonferenz mit europäischer Ausrichtung, die u. a.<br />

die dann vorliegenden Ergebnisse der Verhandlungen um<br />

die Sustainable Development Goals beleuchten und einen<br />

Ausblick auf die Ende 2015 in Paris stattfindende Kl<strong>im</strong>akonferenz<br />

geben soll.<br />

In diesem Kontext wird das Netzwerk seine Ansprache potenzieller<br />

Unterzeichner des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> insbesondere in<br />

der Gruppe stark international orientierter mittelständischer<br />

Unternehmen intensivieren. Diese sollen eingeladen und Teil<br />

des Netzwerks werden und damit signalisieren, dass auch sie<br />

für die 10 weltweit anerkannten UN-Prinzipien stehen, die<br />

heute und in Zukunft die Grundlage für moralisch anständiges<br />

unternehmerisches Handeln bilden.<br />

Thematisch wird das DGCN die laufenden Arbeitsprogramme<br />

„Wirtschaft und Menschenrechte“ sowie „Korruptionsprävention“<br />

weiterentwickeln. Zusätzlich greift das Netzwerk das Thema<br />

„Management von Treibhausgasemissionen“ auf und setzt dieses<br />

mit Kooperationspartnern um. Ein besonderer Schwerpunkt<br />

wird bei der Themenbearbeitung generell auf das Management<br />

der entsprechenden Auswirkungen in der Lieferkette gelegt.<br />

Im Bereich Reporting / CoP geht Anfang 2015 ein neues cloudbasiertes<br />

Tool inklusive eines Lernprogrammes online und<br />

wird das bisherige CoP-Tool des DGCN ersetzen. Der angepasste<br />

CR-Kompass richtet sich vornehmlich an kleine und mittelständische<br />

Unternehmen und kann die Anforderungen der<br />

wichtigsten Reportingleitsätze (<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> CoP, GRI G4<br />

Core, DNK) erfüllen.<br />

Über den Autor<br />

Dr. Jürgen Janssen,<br />

Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

2010<br />

10. Jahrestag des UNGC<br />

und bis dahin größter<br />

Leaders Summit in<br />

New York<br />

2011<br />

John Ruggie veröffentlicht „Guiding Principles<br />

on Business and Human Rights: Implementing<br />

the United Nations ‚Protect, Respect and Remedy‘<br />

Framework“.<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> LEAD<br />

wird gegründet.<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

LEAD<br />

112 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

Erfolgreiche Arbeitsformate<br />

DGCN-Arbeitstreffen<br />

Regelmäßig kommen <strong>im</strong> GIZ Haus Berlin Unternehmensvertreter<br />

sowie Repräsentanten staatlicher und nicht-staatlicher<br />

Organisationen zum Thema Unternehmensverantwortung<br />

zusammen. Diese Arbeitstreffen finden in der Regel zwei Mal<br />

<strong>im</strong> Jahr statt und werden als aktionsorientierte Lern- und<br />

Dialogplattform verstanden und genutzt.<br />

Es werden konkrete Erfahrungen und Instrumente zur Umsetzung<br />

der zehn <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien sowie verwandte<br />

Fragestellungen vorgestellt und diskutiert.<br />

Coachings<br />

Neben den Arbeitstreffen bietet das DGCN seit einiger Zeit<br />

auch Unternehmens-Coachings an. Hier haben die Teilnehmer<br />

die Möglichkeit, in einer Gruppe von max<strong>im</strong>al 15 Teilnehmern,<br />

ein Thema gezielt zu bearbeiten.<br />

Gemeinsam mit anerkannten Experten in den jeweiligen Bereichen<br />

haben die Teilnehmer so Gelegenheit, sich zu informieren,<br />

den Bezug zur eigenen Unternehmenspraxis herzustellen sowie<br />

Instrumente und Strategien gezielt anzuwenden.<br />

Webinare<br />

Sowohl das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office als auch das Deutsche<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN) bieten regelmäßig Webinare<br />

an. Die Teilnehmer haben so die Möglichkeit, über das Internet<br />

an meist einstündigen Seminaren zu best<strong>im</strong>mten Themen<br />

teilzunehmen. Informationen werden kompakt vermittelt und<br />

die Teilnehmer können sich mit den Referenten und anderen<br />

Teilnehmern aktiv virtuell austauschen. Das DGCN bietet<br />

regelmäßig Webinare in deutscher Sprache zu den zentralen<br />

Themen des Netzwerks an:<br />

• Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

• Wirtschaft und Menschenrechte<br />

• Korruptionsbekämpfung und <strong>Compliance</strong><br />

Jahrbücher<br />

Das <strong>Jahrbuch</strong> „<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong>“ erscheint seit<br />

2004 in Kooperation mit dem Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk. Darin werden anschauliche Beispiele von Unternehmen<br />

präsentiert, die die zehn Prinzipien des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> erfolgreich in ihre Praxis integriert haben. Daneben<br />

bietet das <strong>Jahrbuch</strong> einen umfangreichen Mantelteil, der<br />

aktuelle, lokale sowie globale Entwicklungen und Ereignisse<br />

behandelt. Beiträge und Interviews von führenden Experten<br />

der Nachhaltigkeitsbranche bereichern zudem Qualität und<br />

Informationsgehalt der Bücher. Herausgeber ist die macondo<br />

publishing GmbH.<br />

2012<br />

Rio+20 Konferenz in<br />

Rio de Janeiro endet ohne<br />

klares Bekenntnis zu nachhaltigen<br />

Strukturreformen.<br />

2013<br />

Leaders Summit<br />

„Architects of a<br />

better World“<br />

in New York<br />

<strong>2014</strong><br />

EU-Kommission empfiehlt<br />

UNGC Fortschrittsbericht (CoP) als einen<br />

möglichen Reportingstandard für die geplante<br />

EU-weite <strong>CSR</strong>-Berichterstattungspflicht.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

113


Agenda<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Teilnehmer<br />

Politik<br />

Forschung<br />

Verbände<br />

2 Sitze<br />

DGCN<br />

Geschäftsstelle<br />

„Focal Point“<br />

2 Sitze<br />

NGOs<br />

DGCN<br />

Lenkungskreis<br />

DGCN<br />

Stiftung<br />

4 Sitze<br />

Unternehmen<br />

114<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 JaHre<br />

Working Groups,<br />

Initiativen, Tools,<br />

Publikationen u.v.m.<br />

Annual Local Network<br />

Forum (ALNF)<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Advisory Board<br />

Executive<br />

Director<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office<br />

New York<br />

Foundation<br />

for the <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong><br />

CEO Leaders<br />

Summit<br />

(alle 3 Jahre)<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

LEAD<br />

Legende:<br />

unterstützt n<strong>im</strong>mt teil berät<br />

Quelle: macondo publishing GmbH<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

115


Agenda<br />

An den<br />

Kernproblemen<br />

arbeiten<br />

Angelika Pohlenz war Generalsekretär der Internationalen Handelskammer (ICC) <strong>Deutschland</strong>.<br />

Heute leitet sie den Beirat der Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk. Bis zur Gründung<br />

des DGCN koordinierte Pohlenz den informellen Zusammenschluss der „German Friends of the<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> startete hierzulande <strong>im</strong> Jahr 2000 unter dem<br />

Namen „German Friends of the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“. Das waren ja am<br />

Anfang nur eine Handvoll Unternehmen. Vieles war dadurch auch<br />

int<strong>im</strong>er und direkter. Rückblickend betrachtet: Welche Freiheiten<br />

hatten die German Friends, die das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) heute vielleicht nicht mehr so hat, und was kann das<br />

Netzwerk heute besser<br />

Angelika Pohlenz: Was wir eine Weile gemacht haben, bis die<br />

Teilnehmerzahl dann einfach zu groß wurde, waren Meetings<br />

der teilnehmenden Unternehmen, in denen man sich über<br />

seine Erfahrungen und Probleme austauschen konnte. Da<br />

wurde dann auch wirklich „Tacheles“ gesprochen. Da gab es<br />

z. B. keine Fragen, wie wir uns finanzieren, sondern das war<br />

relativ einfach: Jeder finanzierte sich selbst. Es gab aber auch<br />

keine Meetings mit NGOs. Das haben wir zwar versucht, aber<br />

das war in der Anfangsphase schon ein bisschen schwierig.<br />

Inwieweit hat sich die Diskussionskultur aus Ihrer Sicht über die<br />

Zeit verändert<br />

Pohlenz: Zu der damaligen Zeit war das Verhältnis zwischen<br />

NGOs und Unternehmen sehr viel problematischer als heute.<br />

Die Unternehmen wurden von Vertretern der Zivilgesellschaft<br />

regelmäßig „geprügelt“, selbst wenn sie bereit waren zu erklären,<br />

zuzuhören und zu lernen. Da gab es beispielsweise<br />

Gespräche, bei denen ausdrücklich Vertraulichkeit abgemacht<br />

war, die trotzdem am nächsten Tag in der Zeitung nachzulesen<br />

waren. Deshalb war das Misstrauen sehr groß und zum<br />

Teil auch berechtigt. Das hat sich heute, glaube ich, doch<br />

geändert. Es gibt natürlich <strong>im</strong>mer noch Akteure, die können<br />

das nicht lassen, aber die meisten pflegen eine gute Dialogkultur.<br />

Ich denke, dass das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk auch<br />

dazu beigetragen hat.<br />

Wie erleben Sie die Rolle der deutschen Unternehmen bei der Unterstützung<br />

der UN-Ziele wie etwa den Millenniumgoals<br />

Pohlenz: Ich bin jetzt mal ganz eingebildet und sage: So gut,<br />

wie wir sie hier in <strong>Deutschland</strong> unterstützen, sollten sich<br />

andere eine Scheibe davon abschneiden. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

ist ursprünglich entstanden, um Kofi Annan dabei zu helfen,<br />

die Millenniumsziele zu erreichen, und das schafft man nicht<br />

ohne Hilfe der Wirtschaft.<br />

Politik kann wahnsinnig viel Entwicklungshilfe finanzieren,<br />

aber das hilft auf Dauer keinem Land weiter. Man muss<br />

schauen, dass die Wirtschaft wächst und die Leute in Lohn<br />

und Arbeit kommen. Wenn das langfristig nicht klappt, dann<br />

bekommt kein Land die Bekämpfung der Armut wirklich in<br />

den Griff. Nur funktioniert das leider in etlichen Ländern<br />

sehr, sehr schlecht. Das war natürlich der Wunsch, dass die<br />

Wirtschaft in genau diesen Ländern mit dazu beiträgt, a) gute<br />

Regierungsführung einzufordern und b) sich zumindest als<br />

Unternehmen selbst anständig zu benehmen. Ich finde, hier<br />

sind deutsche Unternehmen in vielen Bereichen Vorbild.<br />

Wie kann man <strong>CSR</strong>-Standards weltweit voranbringen<br />

Pohlenz: Das ist ein sehr langsamer Prozess. Aber gerade<br />

große Unternehmen, die ja global fast überall vertreten sind,<br />

können hier Zeichen setzen, indem sie etwa sagen: „Freunde,<br />

wir machen das in <strong>Deutschland</strong> so und so.“ Wir setzen sogar<br />

in der Regel bereits deutsche Standards ein, was dann in<br />

vielen Fällen in anderen Ländern Unverständnis hervorruft.<br />

Typisch deutsch ist, dass wir unsere Ordnungswut bei vielen<br />

Sachen einfach übertreiben. Aber es ist andererseits gut, in<br />

best<strong>im</strong>mten Ländern westliche Mindeststandards einzubringen<br />

und auch darauf zu bestehen.<br />

116<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

TESTIMONIALS<br />

Welche Impulse kann und soll dabei die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Zentrale in<br />

New York geben<br />

Pohlenz: Ich würde mir wünschen, dass das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Office in New York ein bisschen mehr Konsistenz zeigt, also<br />

nicht jedes Jahr drei neue Themen auf bringt. Das kann kein<br />

Mitgliedsunternehmen bewältigen. Man sollte sich auf die<br />

wesentlichen Themen zu den zehn Prinzipien konzentrieren<br />

und dazu Coachings, Schulungen, Tools und andere Instrumente<br />

anbieten. Unternehmen, die sich am <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

beteiligen, wissen nach einer gewissen Einarbeitungszeit,<br />

was zu tun und vor allem, was zu lassen ist. Und das muss<br />

man <strong>im</strong>mer wieder einüben. Alles andere überfordert die<br />

Unternehmen bei der Durchführung dessen, was sie eigentlich<br />

machen müssen: Sie sollen nämlich die zehn Prinzipien in<br />

ihre Unternehmen aufnehmen und umsetzen. Das ist sowieso<br />

schon ein schwieriger und sehr umfangreicher Prozess. Da<br />

muss ich nicht noch nebenher weitere Themen bearbeiten.<br />

Das zu verstehen, ist für das Office in New York schwierig, weil<br />

es natürlich <strong>im</strong>mer von allen Seiten Anregungen bekommt,<br />

um was es sich nicht alles kümmern soll.<br />

Heute kümmern Sie sich um die Stiftungsarbeit. Warum war die<br />

Gründung der Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Stiftung wichtig<br />

Pohlenz: Es gab damals die klare Aufforderung der Ministerien,<br />

dass sich die Wirtschaft an den Kosten beteiligen soll, und<br />

zwar mit einer wesentlich größeren Regelmäßigkeit, als das<br />

bis dahin der Fall war. Vorher hatte der Focal Point <strong>im</strong>mer nur<br />

einzelne Unternehmen angesprochen, ob sie ein Sponsoring<br />

für dieses oder jenes machen können. Das war dann aus Sicht<br />

der Regierung nicht ausreichend, was ich auch nachvollziehen<br />

kann. Auf der anderen Seite wollte man aus der Wirtschaft<br />

heraus nicht einfach eine Regierungsstelle fördern. Daraufhin<br />

hat man sich geeinigt, dass die Personalkosten – also der<br />

Focal Point – weiter von der Regierung finanziert wird. An<br />

den Sachkosten wiederum beteiligt sich die Wirtschaft. Das<br />

erfolgt über den Weg einer Stiftung, die dank einer Spende<br />

des TÜV Rheinland gegründet wurde.<br />

Damals wurde ich gefragt, ob ich den Vorsitz übernehmen<br />

wolle, mit dem Stifter als einem Beiratsmitglied und dem<br />

Focal Point als zweitem Beiratsmitglied. Derzeit besteht der<br />

Stiftungsbeirat daher aus Carsten Schmidt-Hoffmann für<br />

die GIZ, mir und nach wie vor einem Vertreter bzw. jetzt<br />

einer Vertreterin vom TÜV Rheinland, nämlich Katharina<br />

Riese, weil es schon wünschenswert ist, dass der Initiator und<br />

Gründungsstifter dort mit vertreten ist. Das funktioniert recht<br />

ordentlich, muss ich sagen.<br />

Was hat sich die Stiftung für 2015 vorgenommen<br />

Pohlenz: Was uns in 2015 finanziell vor der Brust liegt, ist das<br />

15-jährige Jubiläum des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Hier möchten wir<br />

gerne die Netzwerkkonferenz und auch die Jubiläumsfeier als<br />

solche in <strong>Deutschland</strong> ausrichten. Dafür wird die Stiftung kräftig<br />

in die Tasche greifen, um das auch umsetzen zu können.<br />

Dieses und die folgenden Interviews führte Dr. Elmer Lenzen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

117


Agenda<br />

Neutralität als Prinzip<br />

Jörg Hartmann war der erste Leiter des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks. Unter seiner<br />

Regie entstanden Formate, die bis heute mit dem <strong>Compact</strong> assoziiert werden und für die man<br />

die Initiative schätzt.<br />

Die Unternehmerinitiative „German Friends of the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“<br />

hat sich vor zehn Jahren in das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) transformiert. Wie kam es dazu Was waren die damit<br />

verbundenen Erwartungen<br />

Jörg Hartmann: Es gab mehrere Faktoren. Ausschlaggebend<br />

war, dass die beteiligten Unternehmen nach einigen Jahren<br />

der informellen Zusammenarbeit erkannten, dass sich das<br />

Potenzial des <strong>Compact</strong>s mit einer festen nationalen Struktur<br />

besser nutzen ließ. Außerdem gab es ein attraktives Angebot der<br />

Bundesregierung, die über das Entwicklungshilfeministerium<br />

(BMZ) eine Koordination des Netzwerks durch die damalige<br />

GTZ sicherstellte und durch das Auswärtige Amt die Arbeit bei<br />

den Vereinten Nationen unterstützte. Auch Georg Kell, der mit<br />

ungeheurer Energie die Initiative global vorantrieb, drängte<br />

auf eine Formalisierung der Zusammenarbeit auf Länderebene.<br />

Die war nötig, weil sich das New Yorker Sekretariat schon bald<br />

nicht mehr um alle Mitglieder individuell kümmern konnte<br />

und sich gleichzeitig dem Vorwurf ausgesetzt sah, der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> sei ein formloser und unverbindlicher Papiertiger,<br />

der Unternehmen zwar die Möglichkeit zur Selbstdarstellung<br />

böte, aber kein echtes Engagement einfordere.<br />

Als erster Focal Point hatten Sie keine Fußstapfen, in die Sie hineintreten<br />

konnten. Wie haben Sie daher die Rolle definiert und interpretiert<br />

Hartmann: Mein Ziel war, den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> als „neutralen<br />

Boden“ zwischen Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft zu<br />

etablieren – als ein Forum, das allen offen steht, das aber<br />

von keinem Lager dominiert wird. Ich glaube, wir wären<br />

nicht weit gekommen, wenn wir das Netzwerk als eine Art<br />

Wirtschaftsverband, als Regierungsveranstaltung oder als Entwicklungsinitiative<br />

gestaltet hätten. Davon gab es schon genug.<br />

Wir haben versucht, zwischen den Akteuren zu übersetzen,<br />

die gemeinsamen Interessen und Fragen zu betonen und allen<br />

zu vermitteln: „Ohne euch geht hier nichts – aber ohne die<br />

anderen auch nicht“. Wir wollten deutlich machen, dass es<br />

für Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Staat interessanter war,<br />

den <strong>Compact</strong> in einer annähernd neutralen Mitte zu stärken,<br />

als ihn ins eigene Lager hinüberzuziehen.<br />

Was macht denn ein „gutes Mitglied“ <strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> aus<br />

Hartmann: Ein „gutes Mitglied“ sorgt sich nicht nur tätig um<br />

den eigenen Erfolg, sondern auch um seinen Beitrag zu den<br />

Rahmenbedingungen, die diesen Erfolg langfristig und global<br />

ermöglichen – mit viel unternehmerischem Opt<strong>im</strong>ismus und<br />

einer guten Portion Selbstkritik.<br />

Inwieweit hat sich der „deutsche Weg“ von den Netzwerken in anderen<br />

Ländern unterschieden<br />

Hartmann: Keines der Netzwerke in den Ländern gleicht<br />

dem anderen. In <strong>Deutschland</strong> hatten wir Glück, dass die<br />

Bundesregierung den <strong>Compact</strong> sehr geduldig, kontinuierlich<br />

und klug begleitet hat. Mit den Entwicklungspartnerschaften<br />

der Bundesregierung, die seit einigen Jahren <strong>im</strong> Programm<br />

„develoPPP.de“ zusammengefasst sind, hatten wir ein erstklassiges<br />

Instrument, um Ansätze <strong>im</strong> Sinne des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

in konkrete Projekte umzusetzen. Und mit den Arbeitstreffen<br />

des Netzwerks gab es ein Format, um Ergebnisse aus solchen<br />

Projekten vorzustellen und gemeinsam zu reflektieren.<br />

Außerdem haben wir von Anfang an weniger Wert auf die<br />

Präsenz von Ministern, Vorstandsvorsitzenden und CEOs gelegt,<br />

sondern versucht, den Praktikern auf der mittleren Ebene in<br />

den Unternehmen, Initiativen und Ministerien einen Mehrwert<br />

für ihren täglichen Job zu bieten. Uns ging es von Anfang an<br />

um fachlich substantielle Arbeit an den richtigen Themen und<br />

nicht um repräsentative Feierstunden mit großem Aufgebot.<br />

Die Arbeitstreffen sind damals wie heute ein zentrales Format des<br />

Netzwerkes. Wie wurden damals Inhalte entwickelt, diskutiert und<br />

letztendlich auch <strong>im</strong>plementiert<br />

Hartmann: Voneinander Lernen stand <strong>im</strong> Vordergrund. Wir<br />

hatten einen großen Wissens- und Erfahrungsfundus aus<br />

118<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

TESTIMONIALS<br />

Auswirkungen der Geschäftstätigkeit unserer Unternehmen<br />

auf die Nachhaltige Entwicklung von Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern. Und dazu ist das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk nach wie vor die erste Adresse <strong>im</strong> Land.<br />

Inwieweit beeinflusst die Entwicklung hin zu mehr Verpflichtung den<br />

Charakter von <strong>CSR</strong><br />

den erwähnten Entwicklungspartnerschaften und haben viel<br />

mit Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Stakeholdern<br />

gesprochen, um an den aktuellen Themen dranzubleiben.<br />

Außerdem hat das Entwicklungshilfeministerium BMZ ein<br />

aktives Wissensmanagement zu den Themen des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> finanziert. Und wir hatten Glück, dass Menschen<br />

wie Paula Hildebrandt, Constanze Helmchen und Ann-Ulrike<br />

Henning bei der GTZ; Aiko Bode, Lothar Meinzer, Wolfram<br />

Heger und Angelika Pohlenz bei den Unternehmen; Mathias<br />

John und Kristina Steenbrock bei den NGOs und Otto Lampe,<br />

Nico von der Goltz und Fritz Jung aufseiten der Bundesregierung<br />

mitgeplant und mitgedacht haben – Leute, die über den<br />

eigenen Tellerrand hinausgedacht und nicht nur die Sprache<br />

ihres engeren Umfeldes gesprochen haben.<br />

Sie beobachten den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> seit einigen Jahren mit mehr<br />

Abstand. Wie erleben Sie seine Rolle, aber auch die Debatte um <strong>CSR</strong><br />

in <strong>Deutschland</strong><br />

Hartmann: Das Thema Nachhaltigkeit ist nun zum Glück<br />

schon seit einigen Jahren „mainstream“ in den Unternehmen<br />

– das war in der Anfangszeit der <strong>CSR</strong>-Debatte nicht so. Die<br />

Zahl der echten und sogenannten Expertinnen und Experten<br />

ist explodiert, es gibt enorme Fortschritte zu einzelnen Sachfragen.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in <strong>Deutschland</strong> hat sich dabei<br />

früh auf einen konkreten Themenbereich konzentriert: Die<br />

Hartmann: Ich finde, da muss man nach wie vor genau hinschauen<br />

und unterscheiden. Ich teile zwar einerseits eine gewisse<br />

Skepsis gegenüber der weiter zunehmenden Regulierungsdichte<br />

zu „klassischen“ <strong>CSR</strong>-Themen in OECD-Staaten. Aber andererseits<br />

gilt heute noch dasselbe wie vor zehn Jahren: Wenn Unternehmen<br />

aus OECD-Ländern in Schwellen- und Entwicklungsländern auf<br />

ähnlich moderne und konsequent <strong>im</strong>plementierte Gesetze wie in<br />

ihren He<strong>im</strong>atländern träfen, dann hätten sie einige der großen<br />

Probleme weniger, an denen sie sich jetzt mühsam unter dem<br />

Stichwort <strong>CSR</strong> abarbeiten müssen. Das bei uns übliche Unternehmenslamento<br />

über echte oder vermeintliche Überregulierung<br />

ist in vielen afrikanischen Staaten nicht zu hören.<br />

Der UNGC wird in 2015 einen neuen Executive Director erhalten.<br />

Wohin soll er oder sie die Organisation hinsteuern<br />

Hartmann: Der oder die Neue muss eine eigene Agenda<br />

entwickeln, kann aber viel von Georg Kell lernen. Das unermüdliche<br />

Auf bauen von und Werben um Vertrauen etwa.<br />

Oder den Einsatz gegen das <strong>im</strong>mer noch latent drohende Blueund<br />

Greenwashing mancher Unternehmen und die Versuche<br />

mancher UN-Organisationen, die GC-Firmen als zusätzliche<br />

Finanzierungsquellen ihrer Projekte einzuspannen. Vor allem<br />

werden Nachfolger oder Nachfolgerin gut daran tun, den<br />

ursprünglichen Grundgedanken hochzuhalten: Neben den<br />

souveränen Staaten und der Zivilgesellschaft müssen auch<br />

die international tätigen Unternehmen irgendwie an dem<br />

Tisch Platz finden, an dem die Nachhaltige Entwicklung<br />

dieses Planeten gestaltet werden soll. Nicht, weil sie etwa in<br />

besonderem Maße dazu legit<strong>im</strong>iert wären – sondern schlicht,<br />

weil es ohne sie nicht gehen wird.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

119


Agenda<br />

Peters Prinzip<br />

Prof. Dr. Peter Eigen war Gründer und lange Jahre Vorsitzender von Transparency International,<br />

der weltweit führenden Nichtregierungsorganisation zum Thema Korruptionsvermeidung. 2004<br />

war Peter Eigen maßgeblich an der Einführung des 10. Prinzips des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> beteiligt.<br />

Sie waren Anfang Dezember <strong>2014</strong> in New York, um dort an den Feiern<br />

zum 10. Geburtstag des Antikorruptionsprinzips teilzunehmen. Das<br />

ist hier mal eine gute Gelegenheit, ein Zwischenfazit zu ziehen. Wie<br />

zufrieden sind Sie denn mit dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Prof. Dr. Peter Eigen: Ich habe diese Idee von Anfang sehr<br />

unterstützt und geglaubt, dass der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> eine enorme<br />

Kraft entwickeln kann. Eine Kraft auch in Bereichen, in<br />

denen verbindliche Regeln, insbesondere von Staaten ausgehende<br />

Konventionen, nicht so ohne Weiteres erreichbar sind.<br />

Diese normative Kraft des Faktischen, die dort entsteht, habe<br />

ich begrüßt. Nach meinem Rücktritt als Vorsitzender von<br />

Transparency International habe ich dann allerdings etwas<br />

den Kontakt verloren, weshalb ich das Ganze seitdem eher<br />

aus der Entfernung beobachte. In <strong>Deutschland</strong> habe ich das<br />

weiter verfolgt, und da hat es mir eigentlich jedes Mal sehr gut<br />

gefallen, dass die Leute sehr ernsthaft ihre Ideen einbringen<br />

und ich das Gefühl habe, dass das sehr gut läuft.<br />

Ich erinnere mich an die Debatte 2003 zur Einführung des 10. Prinzips<br />

zur Korruptionsvermeidung. Die wurde ja zum Teil recht hitzig geführt,<br />

gerade vor dem Hintergrund, dass manche Sorge hatten, da kommt<br />

noch ein elftes und zwölftes Prinzip dazu. Wie haben Sie das erlebt<br />

Eigen: Am Anfang war das in der Tat so, dass verschiedene<br />

Beteiligte, insbesondere auch John Ruggie und Georg Kell,<br />

zunächst wenig über Korruption gesagt haben. Zunächst<br />

ging es „nur“ um Menschenrechte, um Arbeitsbedingungen<br />

und Umwelt. Die Begründung dafür war, dass es eben<br />

keine entsprechende UN-Konventionen gab und deswegen<br />

keine wirklich legit<strong>im</strong>e Grundlage, die Korruptionsfragen<br />

anzupacken. Das hat mich jedes Mal geärgert, und ich war<br />

so ein bisschen wie Cato der Ältere früher <strong>im</strong> Senat in Rom,<br />

der <strong>im</strong>mer gesagt hat: „Ceterum censeo Carthaginem esse<br />

delendam“. Und ich bin den Leuten <strong>im</strong>mer so auf den Wecker<br />

gefallen damit, dass Kofi Annan schließlich das zehnte<br />

Prinzip be<strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> aufgenommen hat. Das hat er<br />

zum Spaß das „Peter Principle“ genannt. Das war ja in der<br />

Tat ziemlich komisch, weil das Peter Principle ja eine ganz<br />

andere Bedeutung hat. Jedenfalls hat sich dieses Prinzip dann<br />

sehr schnell durchgesetzt, und soweit ich das beobachten<br />

konnte, haben sich viele Aktivitäten entwickelt: Im Büro in<br />

New York, aber auch in den einzelnen Länderarbeitsgruppen.<br />

Insofern bin ich ganz zufrieden.<br />

Wenn Sie nach vorne schauen. Wie glauben Sie, wird sich der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> weiterentwickeln Gibt es best<strong>im</strong>mte Trends oder Blickwinkel,<br />

die stärker in den Vordergrund rücken werden<br />

Eigen: Man sollte den Weg so weitergehen wie bisher. Man<br />

sollte nicht versuchen, den Mitgliedern zu viel Verbindliches<br />

aufzuerlegen. Aber man sollte andererseits ganz rigoros<br />

darauf achten, dass die Regeln der Veröffentlichungen auch<br />

eingehalten werden. Das heißt dann auch, Fälle von falschem<br />

Verhalten deutlicher anzuprangern. Das wird die Menschen<br />

auf der Straße interessieren: Wenn eine Firma sich zwar stolz<br />

damit brüstet, dass sie be<strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> dabei ist, aber in<br />

Wirklichkeit irgendwo in Peru die Arbeiter misshandelt oder<br />

die Flüsse mit Quecksilber vergiftet oder ähnliche Sachen<br />

macht, dann muss man das an die ganz große Glocke hängen.<br />

Das Reputationsrisiko sollte aus meiner Sicht erhöht werden.<br />

Hat der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> für solche Anforderungen überhaupt die<br />

passende Governance-Struktur<br />

120<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

TESTIMONIALS<br />

Eignen sich so sperrige Themen wie <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und Corporate<br />

Social Responsibility, um am Ende des Tages wirklich auch in so<br />

einen Dialog mit Verbrauchern reinzugehen, oder bleibt das eher<br />

auf einer Fachebene<br />

Eigen: Ich bin ja fest davon überzeugt, dass durch den <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> eine bessere Welt entstehen kann, wenn auch seine<br />

„Governance Struktur“ nicht direkt für Sanktionsentscheidungen<br />

kunstruiert wurde. Ich erlebe in anderen Initiativen, die<br />

ich seitdem betrieben habe, wie wichtig es ist, dass man eine<br />

wirkliche, auch leidenschaftliche Beteiligung der verschiedenen<br />

Stakeholder zustande bekommt. Und das scheint be<strong>im</strong><br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Fall zu sein. Insbesondere die internationalen<br />

Unternehmen kommen <strong>im</strong>mer mehr unter Druck<br />

und müssen <strong>im</strong>mer mehr Risiken fürchten, dass sie wegen<br />

des Fehlverhaltens ihrer Angestellten plötzlich Reputationsverluste<br />

hinnehmen müssen. Deshalb ist die Einbindung<br />

der Stakeholder, insbesondere der Regierungen, die das mit<br />

unterstützen, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft,<br />

so wichtig.<br />

Ich bin derzeit zum Beispiel dabei, eine Garment Industries<br />

Transparency Initiative auf den Weg zu bringen. Wir wollen<br />

versuchen, die verschiedenen Beteiligten – Fabrikeigentümer,<br />

Einkäufer, Verbände, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft,<br />

die International Labour Organisation und die Regierungen<br />

zusammenzubringen, damit sie gemeinsam Verträge und<br />

messfähige Berichte schreiben, wie das so ähnlich auch bei<br />

EITI der Fall ist. Wenn wir das erreichen, können wir in vielen<br />

Ländern Südostasiens eine ganze Menge tun für tausende,<br />

vielleicht hunderttausende von Arbeitern, die <strong>im</strong> Augenblick<br />

da ein ziemlich miserables Leben führen.<br />

Eigen: Das kommt natürlich ein bisschen darauf an, von<br />

welchem Sektor man redet. Aber viele Dinge können Sie<br />

schon kommunizieren, wenn auch nicht unbedingt durch<br />

Reklame oder Werbung. Ich denke eher an Fälle, die aufgedeckt<br />

werden, oder wenn Unternehmen aus dem <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> ausgeschlossen werden. Um die aktive Beteiligung<br />

aller Stakeholder am Leben zu halten, sollte der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> durchaus seine Öffentlichkeitsarbeit verstärken.<br />

Ich finde, man hört ein bisschen wenig von dem <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>. Also andere Organisationen wie <strong>Global</strong> Witness<br />

oder Amnesty International oder Human Rights Watch sind<br />

viel präsenter <strong>im</strong> internationalen Bewusstsein.<br />

An was denken Sie konkret<br />

Eigen: Mehr Öffentlichkeit könnte zum Beispiel so eine Art<br />

Index sein, ähnlich wie der Corruption Perceptions Index von<br />

Transparency International. Der Index könnte die Umsetzung<br />

der 10 Prinzipien in eine Rangfolge unter den beteiligten<br />

Unternehmen stellen. Wenn dann plötzlich Unternehmen<br />

herausfinden, dass sie zwar Mitglied be<strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

sind, aber sie in der Rangliste nur Nr. 175 und nicht Nr. 10<br />

sind, dann hat das schon einen Effekt.<br />

Solche Ideen sollte man sich vielleicht mehr einfallen lassen,<br />

um der Initiative noch mehr „Traction“ zu geben, so wie die<br />

Amerikaner sagen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

121


Agenda<br />

Resonanzboden<br />

für Stakeholder<br />

Prof. Dr. Josef Wieland ist Vorsitzender des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik (DNWE)<br />

und Mitglieds des nationalen <strong>CSR</strong>-Forums. Wie kaum ein anderer hierzulande kennt und analysiert<br />

er die Entwicklung des <strong>CSR</strong>-Themas. Am <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> schätzt Wieland, dass es zu den<br />

wenigen globalen Institutionen zählt, die notwendige Diskussions-Impulse geben können.<br />

Die Idee von <strong>CSR</strong> hat sich von den ersten Modellen – sei es von<br />

John Elkington oder Archie Carroll – bis heute zu einem komplexen<br />

Management-Ansatz entwickelt. Wohin geht in Zukunft die Reise<br />

Wo sehen Sie künftige thematische Schwerpunkte<br />

Prof. Dr. Josef Wieland: Wir werden eine Differenzierung der<br />

Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung sehen. Da<br />

sind zunächst die Themen, die aktuell auf die Tagesordnung<br />

gelangen, wie etwa das Engagement in best<strong>im</strong>mten Fragen<br />

auf kommunaler Ebene. Dann ist da der Bereich gesellschaftlicher<br />

Herausforderungen, die einen direkten Einfluss auf das<br />

Kerngeschäft haben. Ein Beispiel ist hier der demografische<br />

Wandel und der Fachkräftemangel <strong>im</strong> Mittelstand. Schließlich<br />

gibt es das Thema des Innovationsmanagements. Dazu<br />

zählen etwa Fragen der Gestaltung der Wertschöpfungskette,<br />

der Realisierung der Energiewende auf Unternehmensebene,<br />

zum CO 2<br />

-Fußabdruck, Urbanität als Wachstumsmotor und<br />

so weiter. Hier sind die Unternehmen gefordert, negative<br />

externe Effekte direkt in ihre standarisierten Kernprozesse zu<br />

internalisieren und in Produkt- und Verfahrensinnovationen<br />

umzusetzen. Daraus entsteht ein völlig neuartiger Typus von<br />

Innovationsmanagement mit dem Ziel, Prozesse und Produkte<br />

zu entwickeln, die der gesellschaftlichen Verantwortung des<br />

Unternehmens gerecht werden.<br />

Ist das nicht zum Teil nur alter Wein in neuen Schläuchen Innovativ<br />

waren Unternehmen früher auch.<br />

Wieland: Ja, der Unterschied ist der, dass die Unternehmen bei<br />

der Definition des Problems und seiner Lösung nicht alleine<br />

agieren und entscheiden. Vielmehr verläuft die Diskussion<br />

dessen, was die Lösung beziehungsweise was das Problem<br />

überhaupt ist, heute in Multi-Stakeholder Dialogen. Der zentrale<br />

Unterschied heute ist, dass Innovationen in dem hier<br />

angesprochenen Sektor nur noch <strong>im</strong> Dialog mit der Gesellschaft<br />

entwickelt werden können, weil die Unternehmen weder<br />

alleine das Wissen noch die Legit<strong>im</strong>ität haben, dies zu tun.<br />

Das Nachhaltigkeitsthema ist naturgemäß kompliziert, das merken<br />

wir schon an den Stichworten, die Sie erwähnt haben. Aber haben wir<br />

vielleicht auch die Anwendung zu kompliziert werden lassen, sodass<br />

wir deshalb viele Unternehmen, vor allem mittelständische, nicht<br />

richtig ansprechen und mitnehmen<br />

Wieland: Ich denke schon. Das oft als Problem zitierte Thema<br />

„<strong>CSR</strong> <strong>im</strong> Mittelstand“ ist zunächst einmal sicher ein Vermittlungs-<br />

und Kommunikationsproblem. Das längst vorhandene<br />

Engagement wird einfach nicht angemessen und über die<br />

Region hinaus sichtbar. Das wird allgemein zugegeben. Das<br />

Problem besteht aber sicherlich auch darin, dass Sichtbarmachung<br />

der Ressourcen und der Anstrengungen auf einer<br />

Vernetzung derselben basiert, die sicherlich noch verbessert<br />

werden kann. Wenn Großunternehmen relevante Summen in<br />

die Hand nehmen, sich um ein best<strong>im</strong>mtes Problem kümmern,<br />

erfährt die Öffentlichkeit auch davon. Das ist bei nicht vernetzten<br />

mittelständischen Unternehmen sehr viel schwieriger,<br />

obwohl <strong>CSR</strong> dort traditionell mit viel Engagement verbunden ist.<br />

Das <strong>CSR</strong>-Thema wird häufig als Pflicht und Ballast empfunden. Sie<br />

forschen dezidiert auch an den Chancen, etwa be<strong>im</strong> Thema Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Was raten Sie Unternehmern<br />

Wieland: Das hängt eng mit den Themen zusammen, die wir<br />

eben besprochen haben. Das Stichwort hierzu heißt „Shared<br />

Value“. Unternehmen müssen heute zeigen, dass sie nicht<br />

nur Wohlstand für den Eigentümer und den Anteilseigner<br />

herstellen, sondern für alle involivierten Stakeholder, letztlich<br />

für die gesamte Gesellschaft. Daher kommt ja auch die<br />

122<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

TESTIMONIALS<br />

Bundesregierung geschaffen. Sie sind in diesem Gremium. Welche<br />

Akzente hat das Forum gesetzt und welche wird es noch setzen Und<br />

welche sollte die Bundesregierung setzen<br />

Diskussion über das Non-Financial-Reporting. Ich glaube, dass<br />

sich auch dieser Bereich sehr stark weiterentwickeln wird,<br />

um die unternehmerischen Handlungen nachvollziehbar<br />

zu machen.<br />

Das Engagement für Shared Value, das aus meiner Sicht kein<br />

Marketing- sondern ein Produktionskonzept ist, sollte in diesem<br />

Sinne auf der Managementebene besser vermittelt werden.<br />

Manager sollten in der Lage sein zu erkennen, welche Interessen,<br />

Ziele und Wertvorstellungen ihre Stakeholder haben. Wir<br />

nennen das an meinem Institut die Fähigkeit, intersektorales<br />

Management zu betreiben. Das heißt, sie müssen verstehen,<br />

was die Entscheidungs- und Wahrnehmungslogiken verschiedener<br />

Bereiche der Gesellschaft sind, sei es Politik, Zivilgesellschaft,<br />

Recht oder Ökonomie. Nur dann sind sie auch in der<br />

Lage, daraus ihre Schlüsse für eine erfolgreiche private und<br />

gesellschaftliche Wertschöpfung zu ziehen.<br />

Diese Art von intersektoralem Management, und damit einhergehend<br />

auch die Kommunikation darüber, ist sicherlich<br />

eine Herausforderungen, die die Forderung nach <strong>CSR</strong> auf die<br />

Agenda gesetzt hat.<br />

Nach der Finanzkrise 2008 haben viele ein stärkeres Einmischen der<br />

Politik, als eine der Anspruchsgruppen gefordert. Bis jetzt kommen<br />

die Antworten der Politiker in fast allen Ländern eher zögerlich.<br />

Hierzulande wurde unter anderem darauf hin das <strong>CSR</strong>-Forum der<br />

Wieland: Was das <strong>CSR</strong>-Forum unter anderem erreicht hat, ist die<br />

Sichtbarkeit und Bündelung des Themas als eine Art „Sounding<br />

Board“ für alle beteiligten Stakeholdergruppen in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Das ist ein großes Verdienst. Der zweite wesentliche Punkt ist<br />

die Entwicklung und Ausarbeitung der Elemente des <strong>CSR</strong>-Aktionsplans<br />

der Bundesregierung. Drittens gibt es den <strong>CSR</strong>-Preis<br />

der Bundesregierung, der meiner Meinung nach heute eine<br />

anerkannte Auszeichnung ist. Die Bewerberzahlen und auch<br />

die Qualität der Bewerbungen steigen. Viertens sind Fachgruppen<br />

– etwa zu Menschenrechten und Wertschöpfungskettenmanagement<br />

– gegründet worden, die eine Relevanz sowohl<br />

für die Meinungsbildung innerhalb der Forums und auch<br />

innerhalb der verschiedenen involvierten Ministerien haben.<br />

Für die Zukunft erwarte ich eine Kontinuität und Vertiefung<br />

dieser Entwicklung, etwa bei den Themen Sozialstandards<br />

in globalen Wertschöpfungsketten und der Umsetzung von<br />

Menschenrechtsfragen in diesen.<br />

Sie sagten vorhin, dass Unternehmen sich auch mit <strong>CSR</strong> auseinandersetzen<br />

müssen, weil Regeln nicht mehr alleine nur von ihnen gesetzt,<br />

sondern zunehmend auch von Politik und Zivilgesellschaft formuliert<br />

werden. Kommen da die Regeln der Politik klar genug rüber Nehmen<br />

wir als Beispiel die Kl<strong>im</strong>apolitik: Hier sind Regierungen ja nicht<br />

unbedingt Treiber der Entwicklung oder gar Hilfen für langfristige<br />

Investitionsentscheidungen.<br />

Wieland: Diese Diskussion muss geführt werden, aber meiner<br />

Meinung nach wird die Diskussion gelegentlich zu technisch<br />

geführt. Es geht häufig um best<strong>im</strong>mte Prozentzahlen und >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

123


Agenda<br />

Grenzwerte, die erreicht werden sollen oder nicht überschritten<br />

werden dürfen. Ich glaube nicht, dass diese Expertendiskussion<br />

gesellschaftlich zu gewinnen ist, solange nicht klar ist,<br />

welche akzeptierten Implikationen dies hat für die Frage der<br />

Lebensführung, der Moral und dem Konzept von Wirtschaft<br />

und Gesellschaft. Das ist aber eine Diskussion, die nicht <strong>im</strong>mer<br />

ausreichend <strong>im</strong> Zusammenhang von Grenzwerten und<br />

Risikoszenarien geführt wird.<br />

Reden wir in <strong>Deutschland</strong> nicht ständig über Moral und die Frage,<br />

was richtig oder falsch ist Ich denke da an zahllose Talkshows über<br />

Moral in der Wirtschaft oder an populärwissenschaftliche Ratgeber,<br />

wonach der Ehrliche der Dumme ist. Wie erleben Sie die Debatte<br />

Wieland: Die von Ihnen angesprochene Diskussion drückt<br />

aus, dass das Ethik-Thema in der Gesellschaft eine best<strong>im</strong>mte<br />

Bedeutung erlangt hat: Die Menschen machen sich Sorgen,<br />

nicht zuletzt auch über die Werteorientierung der Führungseliten.<br />

In den entsprechenden Talkshows werden diese Sorgen<br />

formuliert und inszeniert. Ob sie etwas beitragen können zur<br />

weiteren Diskussion oder gar zur Lösung dieser Probleme, das<br />

kann wohl bezweifelt werden.<br />

Welche Aufgabe kommt einer auf Normen basierenden Initiative wie<br />

dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu<br />

Wieland: Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> kann ein „Sounding Board“<br />

sein, das allen angesprochenen gesellschaftlichen Gruppen<br />

dazu dient, ihre Interessen zu formulieren und miteinander<br />

in den Dialog zu bringen. Diese Scharnierfunktion zwischen<br />

der Umsetzung von inhaltlichen Konzepten in Politik und der<br />

Umsetzung in den Unternehmen selbst ist wesentlich.<br />

Was diskutieren wir dann <strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>: Ein letztendlich<br />

unerreichbares Ideal von Weltgemeinschaft und Wirtschaft oder<br />

ein Reparaturset für eine weiterhin ressourcenfressende Wirtschaftsordnung<br />

Wieland: Ich glaube, dass solche permanenten Multistakeholder-Dialoge<br />

dann eine Chance haben, wenn es gelingt, dass<br />

die Akteure eine Vertrauensbasis zueinander auf bauen und<br />

gemeinsam Interessen oder auch Zukunftsziele einer Gesellschaft<br />

formulieren. Das ist etwas, was der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> von<br />

Anfang an – so habe ich es jedenfalls verstanden – angestrebt<br />

hat und auch einigen Erfolg damit hatte.<br />

Wenn der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> darüber hinaus aber versuchen<br />

sollte, ein Gesellschaftsideal zu entwickeln oder zu spiegeln,<br />

dann würde er daran zerbrechen, weil es hier keine Konsensfähigkeit,<br />

weder auf nationaler noch auf globaler Ebene, gibt.<br />

Wenn er wiederum nur Reparaturbetrieb sein wollte, dann<br />

wäre er überflüssig, denn da gibt es eine ganze Menge anderer<br />

Einrichtungen und Institutionen, die das mindestens genauso<br />

gut wenn nicht sogar noch besser können.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist gut beraten, Agenda Setting für das<br />

eingangs beschriebene Aktivititätenprogramm zu betreiben<br />

und dazu Diskussionen zuzulassen. Wir haben nicht genügend<br />

globale Institutionen, um Impulse für diese Diskussionen zu<br />

geben, da ist der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sehr wichtig.<br />

Wie meinen Sie das<br />

Wieland: Es geht darum, dass wir <strong>im</strong> Moment dabei sind,<br />

die ökonomischen und politischen Spielregeln für das<br />

21. Jahrhundert neu zu definieren. Das ist eine Antwort auf das<br />

institutionelle Vakuum, das die <strong>Global</strong>isierung geschaffen hat.<br />

Diese Aufgabe ist extrem wichtig, weil wir zu wenige Organisationen<br />

auf globaler Ebene haben, die dazu leg<strong>im</strong>itiert und<br />

operativ auch in der Lage wären. Wenn der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

weiterhin <strong>im</strong> Auge behält, dass er Bestandteil einer Bewegung<br />

ist, die die Spielregeln für Wirtschaft und Gesellschaft in diesem<br />

Jahrhundert zu definieren und zu <strong>im</strong>plementieren sucht,<br />

dann wird er seine Rolle sehr gut erfüllen können.<br />

Wie lange müssen wir noch warten, bis wir Ergebnisse sehen<br />

Wieland: Sie sind schon jetzt erkennbar. Zum Beispiel traut<br />

sich niemand mehr über Shareholder Value in einem anderen<br />

als kritischem Sinne zu reden. Heute reden wir über und<br />

fordern stattdessen den soeben angesprochenen Shared Value.<br />

Das kann man als reine Semantik abtun, ist es aber nicht! Da<br />

ändert sich ein Leitbild der Gesellschaft und es hat die Macht,<br />

sich durchzusetzen.<br />

Ist diese Information überall angekommen In der Finanzbranche<br />

beispielsweise hat sich doch wenig geändert.<br />

Wieland: Nein, es ist zunächst nur der Prozess der Änderung<br />

eines gesellschaftlichen Leitbilds. Dann aber sehen wir, dass<br />

es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Regulierungsbemühungen<br />

gab und gibt, die in dieser Form vor einiger Zeit<br />

so nicht vorstellbar gewesen wären. Ich denke zum Beispiel<br />

an die Transparenz <strong>im</strong> Bankenwesen, die berühmte Frage der<br />

Managergehälter oder der Bonisysteme. Da bewegt sich etwas<br />

in eine Richtung, die vor einigen Jahren gar nicht vorstellbar<br />

gewesen wäre. Dann gibt es zunehmend globale Standards<br />

als Ergebnis von Stakeholderforen. Ihr Wert besteht unter<br />

anderem darin, dass man sich hier auf eine gemeinsame Terminologie<br />

einigt, also auf eine gemeinsame Sprache, wie man<br />

über gesellschaftliche Probleme reden will. Andere wiederum<br />

arbeiten am Thema Integrity Management und <strong>Compliance</strong>.<br />

Auch da diskutieren wir mittlerweile in einer Art und Weise,<br />

die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Schauen<br />

Sie sich nur Begriffe an wie „risk-based Due Dilligence“.<br />

Der stammt ursprünglich aus den Finanzwissenschaften<br />

und heute verwenden wir ihn wie selbstverständlich auch<br />

bei Sozialstandards und bei Menschenrechten. Da bildet sich<br />

also eine Art gemeinsamer Sprache und Bedeutung, was wir<br />

etwa von Managern erwarten, nämlich dass sie die Risiken<br />

ihres Handelns, nicht zuletzt <strong>im</strong> Hinblick auf die Gesellschaft,<br />

kennen und sich entsprechend sorgfältig darauf vorbereiten,<br />

sie zu vermeiden.<br />

Es gibt viele solcher Bewegungen oder einzelnen Anzeichen,<br />

aber zusammen ergeben sie eine Perspektive. Man sieht, dass<br />

<strong>im</strong> Grunde genommen Millionen von Menschen dabei sind,<br />

sich aktiv Gedanken darüber zu machen, wie diese sich verändernde<br />

und neue Welt aussehen soll.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

124<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

TESTIMONIALS<br />

Kontrovers,<br />

aber <strong>im</strong>mer<br />

konstruktiv<br />

Dr. Wolfram Heger ist als einer der Unternehmensvertreter Mitglied des DGCN Lenkungskreises.<br />

Dieser versteht sich als Impuls- und Taktgeber der Initiative.<br />

Wie hat das hier in <strong>Deutschland</strong> angefangen mit dem deutschen<br />

Netzwerk<br />

Dr. Wolfram Heger: Bei der Gründung des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

2000 in New York war nur eine Handvoll deutscher<br />

Unternehmen mit dabei – klar, dass man sich informell<br />

abgest<strong>im</strong>mt hat. Eine formelle „deutsche“ Struktur wollte<br />

man erst nicht. Die Themen standen <strong>im</strong> Mittelpunkt, nicht<br />

die Verwaltung. Der Charme des GC für Unternehmen ist ja,<br />

direkt und auf UN-Ebene in die Gestaltung von <strong>Global</strong>isierungsprozessen<br />

eingebunden zu werden. Diese Möglichkeit<br />

wollte man sich nicht mit zu starren Strukturen gleich<br />

wieder nehmen.<br />

Mittlerweile sind aus der Handvoll über 270 Unternehmen<br />

geworden. Somit ist die Gründung des „Deutschen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerkes“ eine logische und gute Konsequenz.<br />

Wie erleben Sie nach zehn Jahren DGCN die Rolle des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

in der deutschen <strong>CSR</strong>-Szene<br />

Heger: Die Rolle des GC ist unverändert die eines Mitgestalters.<br />

Als es ihn und die zehn Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

noch nicht gab, wurde zu globalen Governance-Fragen über<br />

die Unternehmen geredet, nicht mit ihnen. Das ist eine der<br />

größten Errungenschaften des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Wenn <strong>CSR</strong><br />

heute in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ernst genommen<br />

wird – und das wird es – hat der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> dazu einen<br />

wichtigen Beitrag geleistet. Es ist heute eine Organisation, die<br />

zu <strong>CSR</strong>-Fragen eingebunden und angehört wird. Damit einher<br />

geht aber natürlich auch eine größere Verantwortung.<br />

Sie sind als einer von vier Unternehmensvertretern Mitglied des DGCN<br />

Lenkungskreises. Können Sie die Arbeit dort beschreiben<br />

Heger: Vielfältig, vorausschauend, manchmal kontrovers,<br />

aber <strong>im</strong>mer konstruktiv. Das Besondere <strong>im</strong> Lenkungskreis<br />

ist ja, dass bei der Entwicklung von Lösungsansätzen sowohl<br />

Vertreter von Unternehmen als auch von Bundesregierung<br />

und Zivilgesellschaft am Tisch sitzen. Und das funktioniert<br />

bestens. Inhaltlich war uns dabei <strong>im</strong>mer wichtig, die >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

125


Agenda<br />

Interessen aller Unternehmen zu berücksichtigen – das gilt<br />

für Mitglieder, die gerade mit der Umsetzung der zehn Prinzipien<br />

starten ebenso wie für Unternehmen, die schon länger<br />

dabei sind. Wir haben <strong>im</strong> Lenkungskreis <strong>im</strong>mer wieder von<br />

den Zügen mit unterschiedlichen Startpositionen gesprochen.<br />

Das DGCN ist eine Plattform für beide und der Lenkungskreis<br />

muss dafür sorgen, dass beide auf der Spur bleiben und weiter<br />

Geschwindigkeit aufnehmen.<br />

Welche Möglichkeiten zur Durchsetzung von Themen hat der Lenkungskreis<br />

bzw. wie ist die Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle<br />

Heger: Der Lenkungskreis hat sich als Institution bewährt.<br />

Die deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Mitglieder setzen über ihn<br />

die inhaltlichen und organisatorischen Leitplanken. Die<br />

Mitglieder wählen den Lenkungskreis, dieser definiert die<br />

Arbeitsschwerpunkte und die Geschäftsstelle bei der GIZ<br />

setzt das dann operativ um. Mit der DGCN-Stiftung ist das<br />

auch finanziell möglich. Dabei haben wir das große Glück,<br />

in der Geschäftsstelle Kolleginnen und Kollegen zu haben,<br />

die <strong>im</strong>mer auch ihre eigenen Ideen einbringen und Themen<br />

in Abst<strong>im</strong>mung mit dem Lenkungskreis vorantreiben – also<br />

nicht nur verwalten. Insofern hat sich ein vertrauensvolles<br />

Miteinander zwischen Lenkungskreis und Geschäftsstelle<br />

eingespielt. Daher ist es kein Zufall, dass das DGCN auch<br />

international hohes Ansehen genießt.<br />

Der UNGC wird in 2015 einen neuen Executive Director erhalten.<br />

Wohin soll sie oder er die Organisation hinsteuern<br />

Heger: Zunächst einmal kann die Leistung von Georg Kell<br />

nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er hat maßgeblichen<br />

Anteil daran, dass der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> heute die weltweit<br />

bedeutendste Unternehmensinitiative zu <strong>CSR</strong> ist. Insofern<br />

liegt die Messlatte für den neuen Executive Director hoch. In<br />

der Fortführung der Arbeit besteht die Herausforderung u. a.<br />

darin, die weltweite Verbreitung des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>s – also<br />

das quantitative Wachstum – nicht auf Kosten der Arbeitsqualität<br />

voranzutreiben.<br />

Bei der Entwicklung neuer Programme sollten nationale<br />

Netzwerke wie das DGCN eine zentrale Rolle spielen. Und: Die<br />

globalen Herausforderungen zu <strong>CSR</strong> nehmen eher zu. Hier<br />

die Mitgliedsunternehmen inhaltlich zu begleiten und Hilfestellungen<br />

zu geben, wird die größte Herausforderung sein.<br />

Das <strong>CSR</strong>-Forum der Bundesregierung berät<br />

das Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

(BMAS) bei der Entwicklung und Umsetzung<br />

einer nationalen <strong>CSR</strong>-Strategie. Das deutsche<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk ist dabei ein wichtiger<br />

Akteur. Wir sprachen darüber mit Sabine<br />

Baun, Leiterin der Unterabteilung VI b, Internationale<br />

Beschäftigungs- und Sozialpolitik, BMAS.<br />

Was hat der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in <strong>Deutschland</strong> bewirkt<br />

Sabine Baun: Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> wirkt in <strong>Deutschland</strong> über<br />

die Aktivitäten des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes<br />

(DGCN), in dem neben Unternehmen unter anderem auch<br />

NGO, Kommunen, wissenschaftliche Einrichtungen und andere<br />

Organisationen engagiert sind. Diese Multistakeholder-<br />

Konstellation ist in <strong>Deutschland</strong> einzigartig und sichert eine<br />

hohe Qualität. Deshalb ist die Arbeit des DGCN <strong>im</strong> <strong>CSR</strong>-Forum<br />

der Bundesregierung so wichtig. Hier wirkte es maßgeblich an<br />

der Erarbeitung der nationalen <strong>CSR</strong>-Strategie mit und hat die<br />

Expertise seiner Mitglieder eingebracht und mit der Anbindung<br />

an das UN-System wichtige Beiträge zur Verbesserung<br />

der Rahmenbedingungen für Unternehmensverantwortung<br />

126<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


10 Jahre<br />

TESTIMONIALS<br />

Standards als<br />

Basis für fairen<br />

Wettbewerb<br />

geleistet. Ein gutes Beispiel aus jüngster Zeit ist die Entwicklung<br />

des CR-Kompasses, die <strong>im</strong> Rahmen des ESF-Programms<br />

„Gesellschaftliche Verantwortung <strong>im</strong> Mittelstand“ vom BMAS<br />

gefördert wurde. Er ermöglicht kleinen und mittelständischen<br />

Unternehmen, ihre <strong>CSR</strong>-Aktivitäten besser zu steuern und<br />

über sie zu berichten.<br />

Unternehmen profitieren seit Jahren von der Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk,<br />

gerade wenn es darum geht, Spielräume für eine nachhaltige<br />

Entwicklung zu erkennen, zu schaffen und zu nutzen.<br />

Wie geht es mit der <strong>CSR</strong>-Strategie der Bundesregierung weiter, und<br />

was sind zentrale künftige Herausforderungen<br />

Baun: Industriestaaten investieren zunehmend in Entwicklungs-<br />

und Schwellenländer. Dadurch tragen sie gemeinsam<br />

mit den multinational operierenden Unternehmen <strong>im</strong>mer<br />

mehr Mitverantwortung für die Einhaltung sozialer, ökologischer<br />

und ökonomischer Standards in den Produktions- und<br />

Lieferketten. Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch<br />

2013 hat gezeigt, was passieren kann, wenn diese<br />

fahrlässig missachtet werden. Das darf sich nicht wiederholen.<br />

Gerade <strong>Deutschland</strong> als starke Exportnation muss ein Interesse<br />

daran haben, dass anerkannte Standards auch umgesetzt<br />

werden und die Basis für einen fairen Wettbewerb bilden.<br />

Das bedeutet aber auch mehr Transparenz, Verantwortung<br />

und Verbindlichkeit bei der Achtung der Menschenrechte<br />

und der Umsetzung von Arbeits- und Sozialstandards in den<br />

Produktions- und Lieferketten – so komplex diese auch sein<br />

mögen. Wir müssen Unternehmen erreichen, die bislang zu<br />

wenig tun und diejenigen, die weit vorangeschritten sind,<br />

ermutigen, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Auch der<br />

Mittelstand muss sich künftig mehr mit den Folgen seiner<br />

Geschäftstätigkeit befassen. Bundesministerin Nahles wird<br />

diese Themen u. a. <strong>im</strong> Rahmen des <strong>CSR</strong>-Forums diskutieren<br />

und ausloten, wie Arbeits- und Sozialstandards in der Lieferkette<br />

weltweit effektiver angewandt und umgesetzt werden<br />

können. Das betrifft auch die anstehende Umsetzung der<br />

UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und<br />

der <strong>CSR</strong>-Berichterstattungsrichtlinie der EU.<br />

Welche Aktivitäten sind zu Ereignissen wie Post-2015 Agenda und<br />

dem deutschen G7-Vorsitz geplant<br />

Baun: Das BMAS wird gemeinsam mit dem BMZ <strong>im</strong> Rahmen<br />

der deutschen G7-Präsidentschaft die Umsetzung von Arbeitsund<br />

Sozialstandards in den Lieferketten thematisieren. Konkret<br />

geplant sind eine internationale Stakeholder-Konferenz am<br />

10. und 11. März 2015 sowie eine Konferenz der Arbeits- und<br />

Entwicklungsminister <strong>im</strong> Oktober. Dabei werden u. a. Aspekte<br />

wie Prävention, effektivere Entschädigungs- und Beschwerdemechanismen<br />

sowie mehr Transparenz für Verbraucher eine<br />

Rolle spielen. Unser Ziel ist es, möglichst konkrete Vereinbarungen<br />

der G7-Staaten zu erreichen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

127


Agenda<br />

Stiftung<br />

Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Mit der Stiftung hat das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) <strong>im</strong> Frühsommer 2009 ein Instrument geschaffen, über<br />

das sich die Teilnehmer auch finanziell an den kontinuierlich<br />

zunehmenden Aktivitäten des Netzwerks beteiligen können. Bis<br />

dato wurde das DGCN vor allem von der deutschen Bundesregierung<br />

aus dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert. Mit der<br />

Stiftung soll sich dies ändern: Die überwiegende Mehrheit der<br />

beteiligten Unternehmen hat zugest<strong>im</strong>mt, die gemeinsamen<br />

Aufgaben künftig zu möglichst gleichen Teilen aus privaten und<br />

öffentlichen Geldern zu finanzieren – und so dem Anspruch<br />

einer unternehmensgetriebenen Multi-Stakeholder-Initiative<br />

voll gerecht zu werden.<br />

Die Stiftung fördert die Tätigkeiten des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und des DGCN.<br />

Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige<br />

Zwecke. Die Stiftung ist weder rechtlich noch organisatorisch<br />

mit der in den USA registrierten <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation<br />

verbunden, welche das New Yorker Büro und weltweite Aktivitäten<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unterstützt. Finanzierungsentscheidungen<br />

der DGCN-Stiftung werden vom Lenkungskreis<br />

des DGCN getroffen, der auch die drei Beiratsmitglieder stellt.<br />

Rechtliche Trägerin der Stiftung ist die Macenata Management<br />

GmbH. Die Stiftung ist damit unabhängig vom Focal Point<br />

des DGCN.<br />

Deutsche Unternehmen können entscheiden, wie sie am<br />

besten den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unterstützen möchten.<br />

Sie können an die nach deutschem Recht gemeinnützige und<br />

daher steuerlich begünstigte DGCN-Stiftung spenden, die<br />

hauptsächlich die Arbeit in <strong>Deutschland</strong> fördert. Eine andere<br />

Möglichkeit ist die Unterstützung der US-amerikanischen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Foundation, welche in <strong>Deutschland</strong> steuerlich nicht<br />

begünstigt ist. Die Stiftung empfiehlt, beides zu kombinieren:<br />

Sie spenden einen Betrag in die deutsche DGCN-Stiftung<br />

und veranlassen die Stiftungsverwaltung, einen von Ihnen<br />

best<strong>im</strong>mten Teilbetrag als zweckgebundene Spende an die<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation weiterzuleiten. Auf diese Weise<br />

bedeutet Ihre Unterstützung einen min<strong>im</strong>alen administrativen<br />

Aufwand für Ihr Unternehmen.<br />

Kontoinhaber:<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Kto. Nr. 138412000<br />

BLZ: 700 303 00 (Bankhaus Reuschel)<br />

IBAN: DE75700303000138412000<br />

S.W.I.F.T-BIC: REUCDEMMXXX<br />

An der Ausrichtung und Arbeitsteilung der Arbeit <strong>im</strong> Deutschen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk ändert sich dadurch nichts: Alle<br />

inhaltlichen Entscheidungen verbleiben <strong>im</strong> Lenkungskreis<br />

mit Vertretern von Unternehmen, der Zivilgesellschaft und<br />

den Bundesministerien. Der Lenkungskreis arbeitet nach dem<br />

Konsensverfahren. Dies gilt auch für die Verabschiedung des<br />

Budgets. Darüber hinaus werden wichtige Entscheidungen<br />

<strong>im</strong> Verlauf der DGCN-Arbeitstreffen vorbereitet und diskutiert.<br />

Die operative Realisierung der Aktivitäten des DGCN,<br />

z. B. Veranstaltungen und Publikationen, verantwortet wie<br />

bisher der „Focal Point“ als Sekretariat des DGCN, der von der<br />

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gestellt<br />

wird. Aktuelle Informationen zur Stiftung und ihrem Budget<br />

finden Sie <strong>im</strong> internen Bereich der DGCN-Webseite.<br />

128<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


Impressum<br />

Verlag:<br />

macondo publishing GmbH<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel.: +49 (0) 251 – 200782-0<br />

Fax: +49 (0) 251 – 200782-22<br />

Mail: info@macondo.de<br />

URL: www.macondo.de<br />

USt-Id-Nr.: DE 292 662 536<br />

Chefredakteur:<br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Redaktion:<br />

Sonja Scheferling, Milena Strunz<br />

Bildredaktion:<br />

Marion Lenzen<br />

Gestaltung:<br />

Magnus A. Sundermann<br />

Lektorat:<br />

Marion Lenzen, Milena Strunz<br />

Kl<strong>im</strong>aneutralität:<br />

Das vorliegende Druckerzeugnis ist<br />

durch anerkannte Kl<strong>im</strong>aschutzprojekte<br />

kl<strong>im</strong>aneutral gestellt worden.<br />

(Nature Office Gold Standard Portfolio -<br />

GS, VER)<br />

kl<strong>im</strong>aneutral<br />

natureOffice.com | DE-223-342765<br />

gedruckt<br />

Papier:<br />

Plano® Art, FSC zertifiziert<br />

Grußnote:<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon,<br />

Auszug aus seiner Rede anlässlich des<br />

“Caring for cl<strong>im</strong>ate” Business Forum des<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Dezember <strong>2014</strong><br />

Autoren dieser Ausgabe<br />

(in alphabetischer Reihenfolge):<br />

Sabine Baun, Kai M. Beckmann, Yvonne<br />

Benkert, Prof. Dr. Christof E. Ehrhart,<br />

Prof. Dr. Peter Eigen, Dirk Grosche, Jörg<br />

Hartmann, Dr. Christine Hawighorst,<br />

Dorthe Heermann, Dr. Wolfram Heger,<br />

Dr. Stefan Heißner, Vera Heyes, Annette<br />

Höllebrand, Birgit Horn, Klaus Hübscher,<br />

Dr. Jürgen Janssen, Georg Kell,<br />

Christian Kind, Bettina Klump-Bickert,<br />

Gabriele Kotulla, Torsten Krumbach,<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong><br />

Dr. Matthias Kussin, Prof. Dr. Mojib<br />

Latif, Nina Laumann, Dr. Elmer Lenzen,<br />

Stefan Löbbert, Dr. Rainer Markfort,<br />

Christian Muth, Henning Osmers,<br />

Christina Panzenböck, Angelika<br />

Pohlenz, Katharina Riese, Dr. Joach<strong>im</strong><br />

Rieß, Jonas Savelsberg, Maria Schaad,<br />

Karina Schneider, Bernhard Schwager,<br />

Remigiusz Skiba, Stephanie Sonneck,<br />

Ulrich Spaetling, Milena Strunz,<br />

Dr. Peter F. Tropschuh, Thomas Udesen,<br />

Dr. Dirk Voeste, Prof. Dr. Josef Wieland,<br />

Ursula Wilms<br />

Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge geben nicht die Meinung des<br />

Herausgebers wieder.<br />

Bildnachweis:<br />

UN Photo/Mark Garten (S. 3), iStockphoto<br />

(S. 4 oben, 6/7), Thaut Images/<br />

Fotolia.com (S. 4 mitte, 29 oben),<br />

DGCN/David Ausserhofer (S. 4 unten,<br />

20, 106/107, 111 oben, 112 oben), xy/<br />

Fotolia.com (S. 8), William R. Hughes/<br />

Fotolia.com (S. 10), kantver/Fotolia.<br />

com (S. 14), fox17/Fotolia.com (S. 16),<br />

PHOTOMORPHIC PTE. LTD./Rawpixel/<br />

Fotolia.com (S. 17), Firma V/Fotolia.com<br />

(S. 18), joe/Fotolia.com (S. 21), yanlev/<br />

Fotolia.com (S. 22), CROSS DESIGN/<br />

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(S. 25), Deutsche Post DHL<br />

(S. 26, 90/91), benjaminnolte/Fotolia.<br />

com (S. 28), auryndrikson/Fotolia.com<br />

(S. 29 unten), Jsteffen/GEO-MAR<br />

Helmholtz-Zentrum (S. 31), Andrea<br />

Arnold/Fotolia.com (S. 32), gilitukha/<br />

Fotolia.com (S. 33), GC Office (S. 34,<br />

113), tsuna72/flickr.com (www.flickr.<br />

com/photos/tsuna72/5939008153/<br />

S. 37), bmwi.de/Kl<strong>im</strong>acheck-Screenshot<br />

(S. 38), Bayer HealthCare (S. 41), Pedro<br />

Becerra - STAGEVIEW.de/dena (S. 43),<br />

Rawlemon Solar Architecture (S. 45),<br />

Speick (S. 46), kamonrat/Fotolia.com<br />

(S. 47), jogyx/Fotolia.com (S. 48/49),<br />

Dmitry Kalinovsky/Fotolia.com (S. 52/53),<br />

arnoaltix/iStockphoto.com (S. 54),<br />

Mathias Ernert/ABB (S. 55), Audi (S. 56/<br />

57), Christoph Schroll/HOCHTIEF (S. 58/<br />

59), Weidmüller (S. 60/61), Armacell<br />

(S. 62), iStockphoto.com (S. 63), CEWE<br />

(S. 64/65), E.ON (S. 66), MAN Truck<br />

& Bus (S. 68/69), Frauke Schumann/<br />

Miele (S. 70/71), RWE (S. 72/73), Tchibo<br />

(S. 74), Thanasis Zovoilis/getty<strong>im</strong>ages.<br />

com (S. 75), Bosch (S. 76), Merck<br />

(S. 78), contrastwerkstatt/Fotolia.com<br />

(S. 80/81), HVB (S. 82), plainpicture.<br />

com/HVB (S. 83), BASF (S. 84), Matthias<br />

Sandmann/Bayer (S. 87 oben), Michael<br />

Rennertz/Bayer (S. 87 unten), DAW (S. 88),<br />

hannokeppel.de/DAW (S. 89), TÜV Rheinland<br />

(S. 92/93), Anatolii Babii/123rf.com/<br />

macondo (S. 96), BSH (S. 100), Siemens-<br />

Electrogeräte GmbH (S. 101), Da<strong>im</strong>ler<br />

(S. 102/103), Deutsche Telekom/Norbert<br />

Ittermann (S. 104/105), UN Photo (S. 108),<br />

UN Photo/Eskinder Debebe (S. 110 unten),<br />

UN Photo/Michael Dames (S. 112 unten),<br />

Angelika Pohlenz/ICC (S. 117), Bo Mathisen<br />

/EITI (S. 121), Prof. Dr. Josef Wieland/<br />

Zeppelin Universität (S. 123), Dr. Wolfram<br />

Heger/Da<strong>im</strong>ler (S. 125), BMAS (S. 126)<br />

sowie Marion Lenzen (S. 42, 106, 109<br />

oben, /110 oben, 119)<br />

Titelbild:<br />

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Bezugspreis:<br />

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Rechte:<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste<br />

und Internet sowie Vervielfältigung<br />

jeglicher Art nur nach vorheriger<br />

schriftlicher Zust<strong>im</strong>mung des Verlags.<br />

Für unverlangt eingeschickte<br />

Manuskripte, Fotos und Illustrationen<br />

übernehmen wir keine Gewähr.<br />

ISSN 1614-7685<br />

ISBN-13: 978-3-9813540-8-9<br />

Printed in Germany © 2015<br />

Anschrift DGCN:<br />

Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN)<br />

Deutsche Gesellschaft für<br />

Internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ) GmbH<br />

Reichpietschufer 20<br />

10785 Berlin<br />

Tel.: +49 (0) 30 72614-204<br />

Fax.: +49 (0) 30 72614-130<br />

Mail: globalcompact@giz.de<br />

URL: www.globalcompact.de<br />

129


Agenda<br />

Die 10 Prinzipien<br />

des United Nations<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Im Mittelpunkt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Initiative stehen zehn Prinzipien zu Menschenrechten,<br />

Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ruft weltweit<br />

Unternehmen dazu auf, sich zu diesen Prinzipien öffentlich zu bekennen und aktiv für ihre<br />

Umsetzung einzusetzen.<br />

Menschenrechte<br />

Prinzip 1: Unterstützung<br />

und Respektierung<br />

der internationalen<br />

Menschenrechte <strong>im</strong> eigenen<br />

Einflussbereich<br />

Prinzip 2: Sicherstellung,<br />

dass sich das eigene<br />

Unternehmen nicht an<br />

Menschenrechtsverletzungen<br />

beteiligt<br />

UmweLT<br />

Prinzip 7: Unterstützung eines<br />

vorsorgenden Ansatzes <strong>im</strong><br />

Umgang mit Umweltproblemen<br />

Prinzip 8: Ergreifung von<br />

Schritten zur Förderung einer<br />

größeren Verantwortung<br />

gegenüber der Umwelt<br />

Prinzip 9: Hinwirkung<br />

auf die Entwicklung und<br />

Verbreitung umweltfreundlicher<br />

Technologien<br />

Arbeitsnormen<br />

Prinzip 3: Wahrung der<br />

Vereinigungsfreiheit und<br />

wirksame Anerkennung<br />

des Rechts zu<br />

Kollektivverhandlungen<br />

Prinzip 4: Abschaffung jeder<br />

Art von Zwangsarbeit<br />

KORRUPTIONsbekämpfung<br />

Prinzip 10: Unternehmen sollen<br />

gegen alle Arten der Korruption<br />

eintreten, einschließlich<br />

Erpressung und Bestechung<br />

Prinzip 5: Abschaffung der<br />

Kinderarbeit<br />

Prinzip 6: Beseitigung von<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung bei Anstellung<br />

und Beschäftigung<br />

130<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2014</strong>


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Titel_2005_RZ 06.01.2006 15:02 Uhr Seite 2<br />

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20.12.2006, 20:56<br />

Bisherige Ausgaben<br />

»<br />

Let us choose to unite the power<br />

of markets with the authority of<br />

universal ideals. Let us choose to<br />

reconcile the creative forces of private<br />

entrepeneurship with the needs of the<br />

disadvantaged and the requirements<br />

of future generations.<br />

«<br />

Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25 | 30 US$<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />

global<br />

compact<br />

2005<br />

Today <strong>Deutschland</strong> it is increasingly clear<br />

that UN objectives – peace,<br />

security, development go hand-inhand<br />

with prosperity and growing<br />

markets.<br />

If societies fail, so will markets.<br />

Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25,00 EUR<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />

global<br />

compact<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

2006<br />

usiness leaders to embrace<br />

act as an organizing tool<br />

perations. Ensure that<br />

sidiaries and supply chain<br />

<strong>Compact</strong> as both a<br />

ide and a moral compass.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />

compact<br />

Ich freue mich, dass die Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />

global<strong>Deutschland</strong><br />

<strong>Jahrbuch</strong> über ihre Aktivitäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />

mehr Unternehmen anspornt, sich zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />

und diese mit Engagement umzusetzen – <strong>im</strong> eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />

Grenzen hinaus. Wir brauchen dieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich<br />

und Gerechtigkeit der internationalen Ordnung.<br />

I am pleased that the members of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />

activities in a yearbook. I hope that this book will encourage even more companies to<br />

adopt the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Principles and carry them out with commitment – in their own<br />

operations and beyond their boundaries. We need this involvement of<br />

companies for more balance and justice in the international order.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />

global<br />

compact<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Ban Ki-moon,<br />

Secretary General of the United Nations<br />

Dr. Horst Köhler,<br />

Deutscher Bundespräsident<br />

German Federal President<br />

Ich wünsche dem deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Jahrbuch</strong> einen großen Leserkreis.<br />

Möge es zu weiteren Anstrengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />

an<strong>im</strong>ieren, die der <strong>Global</strong>isierung nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />

allem deren vielfältige Chancen und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />

I wish the German <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Yearbook a large readership. May it<br />

an<strong>im</strong>ate further efforts towards creative and successful partnerships that not only give<br />

globalisation a friendly face but, above all, make it possible to experience<br />

concretely its many opportunities and positive developments.<br />

Dr. Angela Merkel,<br />

Deutsche Bundeskanzlerin<br />

German Federal Chancellor<br />

2007<br />

30,00 EUR<br />

2008<br />

2009<br />

hmerische<br />

tung muss ein<br />

werden für ethische<br />

Märkte.<br />

UN Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Durch Vorbilder und Kooperationen<br />

in Initiativen und Netzwerken können<br />

wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />

als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />

schärfen. Hierbei n<strong>im</strong>mt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />

sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />

sage ich von Herzen Dank.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2011<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

30,00 EUR<br />

2010<br />

2011


Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten Nationen<br />

(UNGC) ist eine strategische Initiative für Unternehmen,<br />

die sich verpflichten, ihre Geschäftstätigkeiten<br />

an 10 universell anerkannten Prinzipien<br />

aus den Bereichen Menschenrechte,<br />

Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung<br />

auszurichten. Heute ist der<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> mit rund 7.000 teilnehmenden<br />

Unternehmen das weltweit wohl bedeutendste<br />

Business-Netzwerk für unternehmerische Verantwortung<br />

und Corporate Social Responsibility<br />

(<strong>CSR</strong>).<br />

Deutsche Unternehmen zählen zu den Akteuren<br />

der „ersten Stunde“. Mittlerweile nehmen<br />

ca. 270 deutsche Firmen am UNGC teil – davon<br />

24 der DAX 30 sowie viele mittelständische und<br />

auch kleine Unternehmen. Gemeinsam mit rund<br />

80 Teilnehmern aus Zivilgesellschaft, Politik und<br />

Wissenschaft bilden sie das Deutsche <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN).<br />

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