06.01.2021 Aufrufe

Global Compact Deutschland 2020

Vor zwanzig Jahren wurde der Global Compact ins Leben gerufen. Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte, dass Globalisierung für alle gelingen müsse. Mit Hilfe von zehn Prinzipien drängte der Compact auf weltweit gleiche Regeln. Die aktuelle Ausgabe des deutschen Global Compact Jahrbuchs zieht Bilanz, lässt wichtige Protagonisten zu Wort kommen und beleuchtet mit vielen Praxisbeispielen die ungebrochene Aktualität der UN-Initiative. Stimmen "Die Antwort auf die Globalisierung lautet also globale Verantwortung. Zusammenarbeit auf der Grundlage der globalen Nachhaltigkeitsziele entscheidet über unser aller Zukunft: Entsprechend zukunftsweisend erweist sich verantwortungsvolle Unternehmensführung im Sinne des Global Compact. Herzlichen Dank Ihnen allen, die sich dafür stark machen." Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin "Kofi Annan war 1998 Gastredner auf dem World Economic Forum, und er war nicht sehr angetan. Er hat dann ganz klar gesagt, ich gehe da nur noch hin, wenn ich etwas Wichtiges zu sagen haben. Der Job ist auf mich gefallen, etwas Entsprechendes für ihn vorzubereiten." Georg Kell, erster Exekutivdirektor des UN Global Compact (2000-2015) "In den letzten fünf Jahren seit der Einführung der Global Goals hat sich die Agenda für nachhaltiges Wirtschaften von einer sehr spezialisierten Agenda hin zu einem Top-Thema des Managements entwickelt." Lise Kingo, Exekutivdirektorin des UN Global Compact (2015-2020) "Wir müssen bei Nachhaltigkeitsthemen vorwärts kommen, und das sehen alle Seiten ein. Unsere Dialog-Formate können hier Brücken bauen, und das ist eigentlich das, was ich schon immer am DGCN gut finde." Angelika Pohlenz, Beiratsvorsitzende der Stiftung DGCN

Vor zwanzig Jahren wurde der Global Compact ins Leben gerufen. Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte, dass Globalisierung für alle gelingen müsse. Mit Hilfe von zehn Prinzipien drängte der Compact auf weltweit gleiche Regeln. Die aktuelle Ausgabe des deutschen Global Compact Jahrbuchs zieht Bilanz, lässt wichtige Protagonisten zu Wort kommen und beleuchtet mit vielen Praxisbeispielen die ungebrochene Aktualität der UN-Initiative.

Stimmen

"Die Antwort auf die Globalisierung lautet also globale Verantwortung. Zusammenarbeit auf der Grundlage der globalen Nachhaltigkeitsziele entscheidet über unser aller Zukunft: Entsprechend zukunftsweisend erweist sich verantwortungsvolle Unternehmensführung im Sinne des Global Compact. Herzlichen Dank Ihnen allen, die sich dafür stark machen."
Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin

"Kofi Annan war 1998 Gastredner auf dem World Economic Forum, und er war nicht sehr angetan. Er hat dann ganz klar gesagt, ich gehe da nur
noch hin, wenn ich etwas Wichtiges zu sagen haben. Der Job ist auf mich gefallen, etwas Entsprechendes für ihn vorzubereiten."
Georg Kell, erster Exekutivdirektor des UN Global Compact (2000-2015)

"In den letzten fünf Jahren seit der Einführung der Global Goals hat sich die Agenda für nachhaltiges Wirtschaften von einer sehr spezialisierten Agenda hin zu einem Top-Thema des Managements entwickelt."
Lise Kingo, Exekutivdirektorin des UN Global Compact (2015-2020)

"Wir müssen bei Nachhaltigkeitsthemen vorwärts kommen, und das sehen alle Seiten ein. Unsere Dialog-Formate können hier Brücken bauen, und das ist eigentlich das, was ich schon immer am DGCN gut finde."
Angelika Pohlenz, Beiratsvorsitzende der Stiftung DGCN

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JAHRBUCH <strong>2020</strong><br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Jahre<br />

und Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk


Mit freundlicher Unterstützung von:<br />

Mit Best Practices von:<br />

ALDI SÜD<br />

BASF<br />

Bosch-Gruppe<br />

CEWE<br />

CWS Gruppe<br />

Daimler<br />

Deutsche Telekom<br />

E.ON<br />

Evonik<br />

iPoint-systems<br />

ista<br />

K+S<br />

macondo publishing<br />

MAN<br />

Mazars<br />

Merck<br />

SAP<br />

SHIFT<br />

Symrise<br />

Tchibo<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

Vonovia<br />

Weidmüller<br />

Wilo<br />

Wintershall Dea


GRUSSWORT<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> wurde vor 20 Jahren vom damaligen<br />

UN-Generalsekretär Kofi Annan gegründet<br />

und ist seitdem mit über 16.000 Unterzeichnern zur<br />

weltweit größten Initiative für nachhaltige und verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung gewachsen.<br />

Als eines der ersten von rund 70 lokalen Netzwerken des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> feierte das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

im Jahr <strong>2020</strong> ebenfalls sein 20-jähriges Jubiläum. Wir freuen<br />

uns, erstmalig die Marke von 600 deutschen Unterzeichnern<br />

überschritten zu haben. Unsere Teilnehmerschaft umfasst<br />

nun mehr als 570 Unternehmen – von DAX-Unternehmen<br />

über Mittelstand bis hin zu KMUs – sowie rund 60 Organisationen<br />

aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und anderen<br />

Stakeholdergruppen.<br />

Marcel Engel, Leiter der Geschäftsstelle<br />

Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Bemerkenswert ist, dass die Teilnahme im deutschen Netzwerk<br />

seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie um über 20 Prozent<br />

weiter gestiegen ist. Wir hoffen, dies als Zeichen deuten zu können, dass das Engagement der Wirtschaft<br />

auch – oder gerade – in diesen herausfordernden Zeiten nicht nachlassen wird.<br />

Und dieses Engagement ist dringender denn je. In Anbetracht des langsamen Fortschritts bei der Umsetzung<br />

der <strong>Global</strong>en Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Agenda 2030 hat der UN-Generalsekretär António Guterres<br />

bereits Ende 2019 die Weltgemeinschaft zu einer „Dekade des Handelns“ aufgerufen. Dabei richtete er<br />

seinen Appell explizit auch an die Wirtschaft, deren Investitions- und Innovationskraft unabdingbar für<br />

die Erreichung der 17 SDGs ist.<br />

Dies gilt umso mehr infolge der gravierenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, die viele Fortschritte<br />

der letzten Jahre, insbesondere in der Verbesserung der Lebensbedingungen benachteiligter Teile der Weltbevölkerung,<br />

zu vernichten droht. Somit verstärken sich auch bestehende Ungleichheiten, die mitunter einen<br />

fruchtbaren Nährboden für wachsenden Nationalismus, Populismus und Protektionismus vielerorts schaffen.<br />

Es ist im Eigeninteresse vorausschauender Unternehmen dem entgegenzuwirken. Ob Klimawandel, planetarische<br />

Übernutzung, Menschenrechtsverstöße, Genderungleichheit oder bröckelnder gesellschaftlicher Zusammenhalt<br />

– sie alle können Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit oder gar Existenz von Unternehmen<br />

haben. Nachhaltigkeit ist daher schon lange nicht mehr optional, sondern zunehmend Kernbestandteil<br />

unternehmerischen Handelns. Entsprechende Maßnahmen werden immer mehr zu Treibern für Effizienz,<br />

Resilienz und Innovation und verhelfen somit Unternehmen, Risiken zu minimieren, ihre Akzeptanz zu<br />

steigern, innovative Produkte zu entwickeln, neue Märkte zu erschließen, den Zugang zu Kapital zu sichern<br />

sowie talentierte Arbeitskräfte zu rekrutieren.<br />

Mit dieser Überzeugung bleibt es zentrale Aufgabe des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> während der „Dekade des<br />

Handelns“, die Wirtschaft für die Gestaltung der Transformationsprozesse zu mobilisieren, die für eine<br />

inklusivere und nachhaltigere Gesellschaft gemäß der Agenda 2030 erforderlich sind.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

3


AGENDA<br />

Videobotschaft von Bundeskanzlerin<br />

Dr. Angela Merkel anlässlich des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Leaders Summit <strong>2020</strong><br />

Vor zwanzig Jahren wurde der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> ins Leben gerufen. Beim ersten<br />

High-Level Meeting des <strong>Compact</strong> sagte<br />

der damalige UN-Generalsekretär Kofi<br />

Annan: „Es wäre tragisch, wenn lokale<br />

oder nationale Gemeinschaften als<br />

Reaktion auf die Herausforderungen<br />

der <strong>Global</strong>isierung die Fehler der Geschichte<br />

wiederholen und sich auf sich<br />

selbst zurückziehen würden.“ Kofi Annan<br />

hat Recht. Nicht durch Abschottung, sondern nur durch<br />

Zusammenarbeit lässt sich die <strong>Global</strong>isierung zum Nutzen<br />

aller gestalten.<br />

Nur durch Zusammenarbeit lassen sich auch Herausforderungen<br />

meistern, wie wir sie derzeit mit der Corona-Virus<br />

Pandemie erleben. Dies gilt zum einen für die Entwicklung<br />

eines Impfstoffes. Einen solchen Impfstoff anschließend auch<br />

weltweit für alle verfügbar zu machen, erfordert das Engagement<br />

von Unternehmen, Organisationen und Staaten.<br />

<strong>Deutschland</strong> ist hierbei einer der größten bilateralen Geber.<br />

Zum anderen gilt es, den gravierenden wirtschaftlichen Folgen<br />

der Pandemie zu begegnen und dabei die so wichtigen Nachhaltigkeitsziele<br />

der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens<br />

nicht aus dem Blick zu verlieren. Wir sehen, dass viele Länder<br />

4 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


GRUSSWORT<br />

des <strong>Global</strong>en Südens besonders stark unter den wirtschaftlichen<br />

Folgen der Pandemie leiden. Entwicklungsfortschritte<br />

der letzten Jahre drohen wieder verloren zu gehen. Die internationale<br />

Gemeinschaft ist aufgefordert, dem entgegen zu<br />

wirken. Dazu haben sich die G20 und der Pariser Club auf<br />

ein Schuldenmoratorium verständigt. Es ermöglicht vielen<br />

Staaten, ihre Schulden tragfähig zu gestalten. Gemeinsam<br />

mit dem IWF, der Weltbank und anderen Partnern arbeiten<br />

wir weiter an langfristigen Lösungen.<br />

Während der deutschen G20-Präsidentschaft 2017 haben<br />

wir den „<strong>Compact</strong> with Africa“ ins Leben gerufen, um Anreize<br />

für mehr privatwirtschaftliche Investitionen und neue<br />

Arbeitsplätze zu setzen. Diese Initiative wollen wir noch<br />

stärker auf die jeweiligen Gegebenheiten der Partnerländer<br />

ausrichten, um damit auch dazu beizutragen, ihre Resilienz<br />

zu stärken. Denn nicht selten trifft die Pandemie vor Ort auf<br />

bereits bestehende Probleme und länger schwelende Konflikte.<br />

Die Antwort auf die <strong>Global</strong>isierung lautet also globale Verantwortung.<br />

Zusammenarbeit auf der Grundlage der globalen<br />

Nachhaltigkeitsziele entscheidet über unser aller Zukunft:<br />

Entsprechend zukunftsweisend erweist sich verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung im Sinne des<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Herzlichen Dank Ihnen<br />

allen, die sich dafür stark machen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

5


INHALT<br />

3<br />

4<br />

8<br />

12<br />

18<br />

22<br />

26<br />

30<br />

31<br />

32<br />

Grußwort:<br />

Marcel Engel, Leiter der Geschäftsstelle Deutsches<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Videobotschaft:<br />

Bundeskanzlerin<br />

Dr. Angela Merkel anlässlich des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Leaders Summit <strong>2020</strong><br />

20 Jahre <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und das Deutsche <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk 2000 – <strong>2020</strong><br />

Gesellschaft braucht Transformation – nachhaltig,<br />

inklusiv und konkret<br />

Unsere Dialog-Formate bauen Brücken<br />

Im Gespräch mit Angelika Pohlenz<br />

10 Prinzipien, um der <strong>Global</strong>isierung ein menschliches<br />

Gesicht zu geben<br />

Im Gespräch mit Georg Kell<br />

<strong>Global</strong> Goals sind transformativ: Sie gehören in die<br />

Geschäftsstrategie<br />

Im Gespräch mit Lise Kingo<br />

Das 10. Prinzip: Korruptionsprävention<br />

Von Dr. Angela Reitmaier, Transparency International<br />

Menschenrechte ernst nehmen<br />

Von Michael Windfuhr, Deutsches Institut für Menschenrechte<br />

Blaupause für nachhaltige Entwicklung und<br />

gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen<br />

Von Prof. Dr. habil. Elisabeth Fröhlich und Prof. Dr. Tobias Viere, PRME DACH Chapter<br />

8Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und<br />

das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

2000 – <strong>2020</strong><br />

12<br />

Gesellschaft braucht Transformation –<br />

nachhaltig, inklusiv und konkret<br />

34<br />

40<br />

46<br />

Zahlen und Fakten<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk in Zahlen<br />

16 Jahrbücher – 436 Best Practice-Beispiele<br />

Initiativen und Publikationen<br />

Die Dekade zum Handeln ist jetzt – Die Themen,<br />

Initiativen und Publikationen auf einen Blick<br />

34<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

in Zahlen


Best Practice<br />

66<br />

68<br />

70<br />

Umwelt & Klimaschutz<br />

ALDI SÜD<br />

ALDI SÜD setzt sich ehrgeizige Klimaziele<br />

Bosch-Gruppe<br />

Klimaschutz über Unternehmensgrenzen<br />

hinweg<br />

CEWE<br />

Nachhaltige Produktentwicklung bei CEWE<br />

94<br />

96<br />

98<br />

K+S<br />

Product Value Impacting: Auswirkungen von<br />

Produkten aufzeigen<br />

SHIFT<br />

SHIFT happens<br />

Symrise<br />

Symrise: Nachhaltig und erfolgreich in die Zukunft<br />

72<br />

74<br />

Daimler<br />

Mit Blick auf die Zukunft<br />

Deutsche Telekom<br />

Sprint auf die Null<br />

100<br />

Inclusive Business<br />

BASF<br />

Was wir aus den Herausforderungen der Pandemie<br />

lernen<br />

76<br />

78<br />

80<br />

82<br />

84<br />

E.ON<br />

Grüne Energie für die Industrie: E.ON liefert<br />

Evonik<br />

Konsequentes Engagement für den Klimaschutz<br />

ista<br />

Klima- und Umweltschutz bei ista: mit gutem Beispiel<br />

vorangehen<br />

MAN<br />

MAN bringt CO 2<br />

-freie Mobilität auf die Straße<br />

Tchibo<br />

Klimaschutz – die Überlebensfrage der Menschheit<br />

102<br />

104<br />

106<br />

Merck<br />

Wirtschaftliches Potenzial von Frauen: Initiativen<br />

ebnen den Weg<br />

Wilo<br />

Smart Urban Areas: zukunftsfähige Städte mit<br />

Lösungen von Wilo<br />

Wintershall Dea<br />

„Demokratische Werte sind unsterblich“ – warum wir<br />

Haltung zeigen<br />

Digitalisierung<br />

86<br />

Vonovia<br />

Vonovia investiert in innovative Energy-Systeme<br />

108<br />

SAP<br />

Digitale Lösungen für eine bessere Zukunft<br />

88<br />

Weidmüller<br />

Elektromobilität vorantreiben<br />

110<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

: Mit Digitalisierung zur<br />

Klimaneutralität<br />

90<br />

92<br />

Wertschöpfungskette<br />

CWS Gruppe<br />

CWS Gruppe: Hauptsache nachhaltig<br />

iPoint-systems<br />

Due Diligence: Französisches Gesetz als Vorbild für<br />

<strong>Deutschland</strong> und die EU?<br />

112<br />

114<br />

Reporting<br />

macondo publishing<br />

ESG-Stresstest: Wie resilient sind Ihre Lieferketten?<br />

Mazars<br />

ESG-Fragen gehören ins Risikomanagement


AGENDA<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und<br />

2000 – <strong>2020</strong><br />

2000 • 2001 • 2003<br />

2004<br />

Der United Nations <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> ist die weltweit größte<br />

und wichtigste Initiative für nachhaltige<br />

und verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung. Die Vision<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist eine<br />

inklusive und nachhaltige Weltwirtschaft<br />

auf der Grundlage seiner<br />

zehn universellen Prinzipien und der<br />

nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs)<br />

– heute und in Zukunft.<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) ist eines der größten der rund<br />

70 lokalen Netzwerke des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>. Es umfasst derzeit mehr als<br />

630 Unterzeichnende. Mit dem Ziel, Veränderungsprozesse<br />

in Unternehmen<br />

anzustoßen und Nachhaltigkeit strategisch<br />

zu verankern, orientiert sich<br />

das DGCN an den Themen Wirtschaft<br />

& Menschenrechte, Umwelt & Klima,<br />

Korruptionsprävention sowie Reporting<br />

und den SDGs.<br />

2004<br />

Die internationale Vernetzung nimmt<br />

Fahrt auf: Nach der Gründung im Jahr<br />

2000 findet im Sommer 2004 der<br />

erste große „Leaders Summit“ mit<br />

fast 500 teilnehmenden Vorständen<br />

statt. Im gleichen Jahr übernimmt<br />

Jörg Hartmann die Leitung des<br />

Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks.<br />

Im Herbst erscheint das erste deutsche<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Jahrbuch.<br />

2010<br />

Das DGCN entstand auf Initiative deutscher<br />

Unternehmen im Jahr 2000 als eine<br />

der ersten nationalen Plattformen. Als<br />

offizielles lokales Netzwerk sind seine<br />

Aufgaben und Pflichten in einem Memorandum<br />

of Understanding mit dem<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> definiert. Mit vielfältigen<br />

Lern- & Dialogformaten fördern<br />

der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und das DGCN<br />

den Dialog und Wissensaustausch. Ziel<br />

ist es, Unternehmen bei der Umsetzung<br />

sozialer und ökologischer Standards<br />

zu unterstützen und deren Beitrag zur<br />

Verwirklichung der SDGs zu fördern.<br />

2005 • 2006 • 2007 • 2008 • 2009<br />

8 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

2015<br />

Mit der Verabschiedung der UN<br />

Entwicklungsziele (SDGs) sowie des<br />

Pariser Klimaabkommens werden<br />

2015 historische Weichen gestellt.<br />

Das DGCN veranstaltet mit der<br />

„GC+15 Europe“-Tagung erstmals<br />

eine große internationale Konferenz.<br />

Die Leitung des deutschen Netzwerks<br />

liegt zwischen 2013 – 2016<br />

bei Dr. Jürgen Janssen.<br />

2015<br />

2010<br />

Zum Ende der ersten Dekade kündigt der damalige<br />

UN Generalsekretär Ban Ki-moon auf dem Jubiläums-<br />

Summit 2010 eine neue Ära der Nachhaltigkeit an.<br />

Dabei ist von Tipping Points die Rede, damit das<br />

Thema Nachhaltigkeit aus der Nische herauskommt.<br />

Dr. Wolfram Heger (Daimler) schreibt im deutschen<br />

GC-Jahrbuch: „Das CSR-Dach steht – hat aber noch<br />

Löcher, wo es reinregnet. Sie zu schließen bleibt<br />

Herausforderung genug für die nächsten Jahre.“<br />

2011 • 2012 • 2013 • 2014<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

9


AGENDA<br />

2016<br />

2016<br />

Im April 2016 übernimmt Marcel Engel<br />

die Leitung des Deutschen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerks. In New York stellt<br />

die neue UNGC Generalsekretärin<br />

Lise Kingo beim dortigen Summit ihre<br />

„Making <strong>Global</strong> Goals Local Business“-<br />

Strategie vor. Die Frage, wie die SDGs<br />

umgesetzt werden können, bestimmte<br />

auch das Programm des „Berliner<br />

Forums“, einer gemeinsamen Konferenz<br />

des DGCN und econsense mit mehr als<br />

350 Gästen.<br />

2017 • 2018<br />

10 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

2019<br />

2019<br />

10 Jahre bleiben noch zur Umsetzung der<br />

Agenda 2030 und der globalen Nachhaltigkeitsziele,<br />

der SDGs. Aus diesem Anlass luden das<br />

DGCN und die macondo foundation im Oktober<br />

2019 zum <strong>Global</strong> Goals Forum / DGCN Teilnehmerkonferenz<br />

ein. Das Forum zog eine Bilanz<br />

über die Fortschritte und den Handlungsbedarf<br />

in der Umsetzung der SDGs vier Jahre nach ihrer<br />

Verabschiedung durch die Weltgemeinschaft.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

11


AGENDA<br />

Rückblick der hybriden DGCN Jubiläumskonferenz<br />

„Decade of Action: Business Leadership in<br />

Challenging Times“ am 30. September <strong>2020</strong> im<br />

Allianz Forum und Livestream<br />

Gesellschaft braucht<br />

Transformation – nachhaltig,<br />

inklusiv und konkret<br />

<strong>2020</strong><br />

Die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, mehr<br />

Klimaschutz und Regeln für eine gerechtere Gesellschaft –<br />

diese Themen standen im Fokus der international besetzten<br />

Konferenz anlässlich des 20-jährigen Bestehens des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerks. An der hybriden Konferenz im Allianz Forum in<br />

Berlin und im Livestream beteiligten sich insgesamt mehr<br />

als 1.000 Zuschauer*innen und Gäste.<br />

12 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

Das 20-jährige Jubiläum des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> (UNGC)<br />

und des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks (DGCN)<br />

fällt zusammen mit einer der gravierendsten Krisen<br />

der letzten Jahrzehnte, der COVID-19-Pandemie. Unternehmen<br />

sind hier in besonderem Maße gefordert, die Welt nachhaltig<br />

zu verändern. Dabei bieten die Nachhaltigen Entwicklungsziele<br />

der Vereinten Nationen (SDGs) in herausfordernden Zeiten ein<br />

wichtiges Leitbild zur Orientierung.<br />

Die Frage, ob Unternehmen in Anbetracht der sich anbahnenden<br />

Rezession Nachhaltigkeitsthemen zurückstellen dürfen,<br />

um sich dringenderen ökonomischem Prioritäten widmen zu<br />

können, stellt sich uns nicht, da wir diese immer als einen<br />

zentralen Bestandteil des Kerngeschäfts betrachten und nicht als<br />

freiwilliges Anhängsel. Verantwortung ist nicht verhandelbar.<br />

Vielmehr ist zu erwarten, dass Themen wie Gerechtigkeit und<br />

Resilienz – von Unternehmen, aber auch ihren Wertschöpfungsketten<br />

sowie den Märkten und Gesellschaften, in denen<br />

sie operieren – in der Bewältigung der Folgen der Krise eine<br />

noch zentralere Rolle spielen.<br />

Vorausschauendes und nachhaltiges Wirtschaften sollte daher<br />

mehr denn je eine Grundlage geschäftlichen Handels werden,<br />

sowohl wenn es darum geht, Risiken und Herausforderungen<br />

zu managen, wie auch neue Chancen in sich wandelnden<br />

Märkten zu nutzen. Dabei bieten die Agenda 2030 und die<br />

SDGs in turbulenten Zeiten ein wichtiges Leitbild zur Orientierung<br />

für Unternehmen.<br />

Marcel Engel, Leiter der DGCN-Geschäftsstelle, betonte zu<br />

Beginn der Konferenz, dass zahlreiche weitere deutsche Unternehmen<br />

dem UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> seit Ausbruch der Pandemie<br />

beigetreten sind. Dies deutet darauf hin, dass Nachhaltigkeitsthemen<br />

nicht an ihrer Relevanz für die Wirtschaft in diesen<br />

herausfordernden Zeiten einbüßt haben.<br />

Thorsten Pinkepank, Vorsitzender des DGCN-Lenkungskreises,<br />

umriss in seiner Einführung den zentralen Rahmen und die<br />

damit verbundenen Fragen der Konferenz: „Multikrisen brauchen<br />

Multistakeholder. Wir brauchen Transformation. Das ist<br />

unstrittig. Aber wohin? Wie schnell? Und wie können wir auf<br />

dem Weg Auseinandersetzungen in Dialoge überführen?“ >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

13


AGENDA<br />

Marcel Engel<br />

Thorsten Pinkepank<br />

Sanda Ojiambo<br />

Lise Kingo<br />

Auch Sanda Ojiambo, neue Exekutivdirektorin<br />

und CEO des UNGC, bestätigte<br />

diese Sichtweise: „Business as usual“ sei<br />

nicht länger eine Option. „Die Pandemie<br />

zeigt, dass wir widerstandsfähiger werden<br />

müssen.“ Eine Schlüsselrolle kommt<br />

dabei den Vorstandsetagen zu. Lise Kingo,<br />

ehemalige CEO des UNGC und in Berlin<br />

vor Ort, betonte deshalb in ihrer Keynote:<br />

„Nachhaltig wirtschaften ist heute eine<br />

strategische Entscheidung. Das Thema<br />

ist deshalb vom Untergeschoss der Abteilungen<br />

an die Spitze der Unternehmen,<br />

in die Vorstandszimmer, gerückt.“<br />

Für ihre Leistungen als Leiterin des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in den Jahren 2015 bis<br />

<strong>2020</strong> erhielt die Dänin den erstmalig<br />

vom DGCN verliehenen „SDG Bär“ als<br />

Auszeichnung.<br />

Transformation als Chance und<br />

Herausforderung<br />

Die Bedeutung, aber auch die Stolpersteine<br />

der Transformation hin zu einer<br />

nachhaltigen Wirtschaft diskutierte das<br />

erste Podium zu „Business Leadership<br />

for Sustainable Development in the<br />

<strong>2020</strong>s: Performance with Purpose”. Dr.<br />

Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender<br />

der BASF, betonte, dass heutige<br />

Manager mehr Herausforderungen<br />

gleichzeitig anpacken müssten als jemals<br />

zuvor. „Wir hatten noch nie so viele<br />

Themen gleichzeitig, die wir teilweise<br />

auch gegeneinander ausbalancieren<br />

müssen. Vielleicht müssen wir uns auch<br />

ehrlich fragen, ob wir das denn auch<br />

alles gleichzeitig bewältigen können<br />

oder wo wir priorisieren müssen.“ BASF<br />

fokussiert sich beispielsweise auf das<br />

Thema Klimaschutz. Die Ludwigshafener<br />

wollen deshalb bis Ende 2021 für<br />

jedes ihrer Produkte einen „Product<br />

Carbon Footprint“ vorle-gen. Dadurch<br />

werde der Impact auf das Weltklima<br />

transparent. Dieser soll schrittweise<br />

in Richtung CO 2<br />

-Neutralität bis 2030<br />

gesenkt werden. Zugleich gab Brudermüller<br />

zu bedenken, dass solche<br />

Transformationen nur mit und durch<br />

gesunde Unternehmen umsetzbar seien.<br />

Je länger die COVID-19 Pandemie<br />

anhalte, desto mehr Firmen würden in<br />

eine Situation gedrängt, in der sie um<br />

das Überleben kämpfen und weder Zeit<br />

noch Ressourcen für Transformationsprozesse<br />

hätten.<br />

Für einen drastischeren Kurswechsel<br />

warb Prof. Dr. Maja Göpel: „Adaptive<br />

Denkweise, die nur auf Verbrauchsreduktion<br />

schaut, reicht nicht mehr.<br />

Wir erkennen, dass die Reboundeffekte<br />

das Gewonnene meist wieder zu Nichte<br />

machen. Wir brauchen deshalb echte<br />

Transformation.“ Die Generalsekretärin<br />

des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung<br />

<strong>Global</strong>e Umweltveränderungen<br />

rief zu einer „großen Trendwende<br />

bei der Art, Dinge zu betrachten“ auf. Es<br />

sei keine Zeit mehr für Silodenken, sondern<br />

„Zeit für Ehrlichkeit“. Dazu gehört<br />

für Maja Göpel, dass die Ziele bereits klar<br />

formuliert seien. Darüber bräuchte man<br />

nicht mehr zu verhandeln. Jetzt gehe es<br />

vielmehr um die Frage, warum das alles<br />

noch nicht erreicht sei. „Warum haben<br />

wir so viel Zeit vergeudet?“, fragte sie<br />

rhetorisch in die Runde.<br />

Das griff Antje von Dewitz zustimmend<br />

auf: „Merkwürdig, dass es in unserer<br />

Gesellschaft so viel schwerer ist, Verantwortung<br />

zu übernehmen als keine<br />

Verantwortung zu zeigen.“ Von Dewitz<br />

ist Geschäftsführerin des Outdoor-Ausrüsters<br />

Vaude. Das schwäbische Unternehmen<br />

hat sich in der Textilbranche<br />

als Vorreiter für Nachhaltigkeit einen<br />

Namen gemacht. Sie gibt anderen Unternehmen<br />

den Rat, eine Betriebskultur<br />

zu schaffen, die den konstruktiven und<br />

transparenten Umgang mit Zielkonflikten<br />

erlaube.<br />

Als Vertreter der Zivilgesellschaft stimmte<br />

Klaus Milke dem zu und erweiterte den<br />

Blick. Zielkonflikte gebe es ja nicht nur<br />

im Unternehmen, sondern vor allem zwischen<br />

Anspruchsgruppen. Milke ist Ehrenvorsitzender<br />

der NGO Germanwatch<br />

und Vorsitzender der Stiftungsplattform<br />

Foundations 20 (F20), einer Allianz für<br />

mehr Klimaschutz. Konflikte, so Milke,<br />

dürften nicht ausgelassen werden, aber<br />

nur mit gemeinsamem Handeln könnten<br />

die bestehenden und kommenden<br />

Herausforderungen gemeistert werden.<br />

Dabei spiele die Wirtschaft eine große<br />

14 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

Dr. Martin Brudermüller


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

Rolle, aber die Politik müsse die Entscheidungen<br />

treffen. Milke: „Wir dürfen<br />

Politik nicht aus der Verantwortung<br />

lassen. Wir brauchen ihre Guidance und<br />

ihre Regelungen.“ Zugleich warnte er<br />

davor, dass die „Räume, in denen die Zivilgesellschaft<br />

noch gehört wird und frei<br />

sprechen darf, immer kleiner werden.“<br />

Auf dem Weg in eine CO 2<br />

-arme Welt<br />

Einen passenden Brückenschlag von<br />

der aktuellen Coronakrise zur drängenden<br />

Klimakrise schlug Patricia Espinosa,<br />

Generalsekretärin des UN Klimarates<br />

(UN Framework Convention on Climate<br />

Change). In ihrer Keynote unter dem<br />

Titel „A net zero future in a post-corona<br />

world” betonte die frühere mexikanische<br />

Außenministerin: „COVID-19 ist<br />

die dringendste Bedrohung, mit der die<br />

Menschheit heute konfrontiert ist, aber<br />

der Klimawandel ist die größte Bedrohung,<br />

der die Menschheit auf lange Sicht<br />

ausgesetzt ist. Führungspersönlichkeiten<br />

müssen sich fragen: Wie können wir zu<br />

einem proaktiveren und langfristigeren<br />

Modell übergehen?“<br />

Prof. Dr. Dirk Messner, Präsident des<br />

Umweltbundesamtes, betonte im Rahmen<br />

der zweiten Paneldiskussion die<br />

Dringlichkeit der globalen Erwärmung.<br />

Derzeit bewege sich diese auf einem 3,5<br />

Grad-Pfad. Wolle man die im Pariser<br />

Abkommen völkerrechtlich vereinbarten<br />

1,5 bis 2 Grad erreichen, müsse der CO 2<br />

-<br />

Ausstoß bis 2030 um 50 Prozent reduziert<br />

werden. Das sei ein ambitioniertes, aber<br />

notwendiges Ziel. Wird dieses durch die<br />

Corona-Pandemie gefährdet? Das glaubt<br />

Messner nicht. Positiv sei die veränderte<br />

Einstellung vieler Menschen. Vor allem<br />

bei jungen Menschen gebe es ein verstärktes<br />

grünes Bewusstsein. Messner<br />

verglich es mit dem „Washington Consensus“<br />

vor 30 Jahren, als sich die Welt<br />

auf die Liberalisierung der Märkte und<br />

Privatisierung als gängigen Lösungsweg<br />

einigte. Heute könne Nachhaltigkeit<br />

diesen Grundkonsens bilden. Zugleich<br />

warnte der Präsident des Umweltbundesamtes<br />

davor, die Perspektive des globalen<br />

Südens zu vernachlässigen. Anders als<br />

bei der Finanzkrise 2008 / 2009 würden<br />

viele Wiederaufbaupläne nach COVID-19<br />

nicht die Realität der Entwicklungsländer<br />

mitdenken. „Aber das meiste davon<br />

wird nur in Kooperation mit dem Süden<br />

wahr werden.“<br />

In der weiteren Diskussion ergänzten Dr.<br />

Maria Mendiluce, Wioletta Rosolowska<br />

und Georg Weber ihre Positionen. Mendiluce<br />

ist CEO der „We Mean Business“-<br />

Coalition. Dabei handelt es sich um einen<br />

Zusammenschluss von gemeinnützigen<br />

Organisationen, die mit den einflussreichsten<br />

Unternehmen der Welt zusammenarbeiten,<br />

um Maßnahmen gegen den<br />

Klimawandel zu ergreifen. Sie findet:<br />

„Die Ansprüche an Vorreiter*innen im<br />

Klimabereich sind deutlich gestiegen.<br />

Wir sehen viele Unternehmen, die sich<br />

für einen grünen Aufschwung einsetzen.“<br />

Wioletta Rosolowska ist Geschäftsführerin<br />

von L‘Oréal Österreich und <strong>Deutschland</strong>.<br />

<strong>Deutschland</strong> sei ein strategisch<br />

wichtiges Land und nach Umsatz der<br />

viertgrößte Markt der L‘Oréal Gruppe. Sie<br />

findet, die eigenen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter seien intrinsisch motiviert,<br />

das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben,<br />

und das Unternehmen unterstütze<br />

das, indem diese Ziele mittlerweile auch<br />

Teil der internen Gratifikations- und<br />

Entlohnungssysteme seien.<br />

Georg Weber ist Technikvorstand der<br />

Wilo Group. Der Konzern mit Hauptsitz<br />

in Dortmund ist ein weltweit führender<br />

Hersteller von Pumpen und Pumpensystemen.<br />

Weber zeigte in der Diskussion<br />

ganz praxisnah auf, wie Modernisierung<br />

sowohl ökonomisch als auch<br />

ökologisch nützt: Der Mittelständler<br />

biete effizientere Produkte an, die 90<br />

Prozent weniger Energie verbrauchen.<br />

Würde man weltweit solche Pumpen<br />

verwenden, könnten bis zu 80 Kohlekraftwerke<br />

eingespart werden. Weber<br />

betont die Notwendigkeit von gesetzlichen<br />

Regulierungen wie die europäische<br />

Ökodesign-Richtlinie, um Unternehmen<br />

zu energieeffizienten Investitionen zu<br />

motivieren, die etwa 10 bis 20 Prozent<br />

teurer seien. Ohne Gesetze und Regulierungen<br />

würden Unternehmen nicht<br />

schnell genug handeln.<br />

>><br />

Prof. Dr. Maja Göpel<br />

Patricia Espinosa<br />

Prof. Dr. Dirk Messner<br />

Dr. Helge Braun<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

Achim Steiner<br />

15


AGENDA<br />

Prof. Dr. Jutta Allmendinger<br />

Dr. Sigrid Nikutta<br />

Mario Mehren<br />

Gunther Beger<br />

Wie zahlt das in die deutsche<br />

Nachhaltigkeitsstrategie ein?<br />

Kanzleramtschef Helge Braun betonte<br />

in seiner eröffnenden Keynote am Nachmittag,<br />

dass wir in einer Zeit leben, „in<br />

der Nachhaltigkeit eine exponentielle<br />

Bedeutung bekommen hat“. Braun sieht<br />

<strong>Deutschland</strong> international als „Vorbild<br />

und Vorreiter“ bei der Vereinbarung<br />

von Wohlstand und Nachhaltigkeit. Die<br />

COVID-19-Pandemie sei kein Grund,<br />

von anderen Pfaden, etwa beim Klimaschutz,<br />

abzuweichen. In der Krise<br />

müsse man vielmehr die Anstrengungen<br />

gleichzeitig angehen und verstärken.<br />

Das gelte auch für das in Arbeit befindliche<br />

Sorgfaltspflichtengesetz (auch<br />

als Lieferkettengesetz bekannt). Braun<br />

versprach den anwesenden Unternehmensvertreterinnen<br />

und -vertretern in<br />

Berlin zugleich, dass der Gesetzgeber<br />

keine unverhältnismäßigen Belastungen<br />

plane. „Es darf auf keinen Fall ein<br />

Bürokratiemonster werden.“<br />

Achim Steiner, Leiter des UN Entwicklungsprogramms<br />

(UNDP), ergänzte per<br />

Videobotschaft die Zusammenhänge<br />

zwischen Entwicklung, Digitalisierung<br />

und Innovation. Noch immer lassen<br />

sich globale Probleme nämlich nicht<br />

allein durch eine veränderte Einstellung,<br />

sondern vielmehr durch verändertes<br />

Handeln unterstützt durch neue Technologien<br />

lösen.<br />

Verantwortung entlang der Wertschöpfungskette<br />

war eines der zentralen Themen<br />

im abschließenden Panel „Wirtschaften<br />

im Sinne einer gerechteren<br />

Gesellschaft”. Mario Mehren, Geschäftsführer<br />

des Gas- und Ölunternehmens<br />

Wintershall DEA, wusste vor allem aus<br />

schwierigen Geschäftsumfeldern wie<br />

etwa Nordafrika zu berichten. Gunther<br />

Beger, Abteilungsleiter im Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ),<br />

erzählte von seinen Erfahrungen in<br />

der Textilbranche. Dort seien die Lieferketten<br />

vieler Betriebe transparent,<br />

die zahlreicher anderer aber nicht.<br />

Die Gesetzesinitiative wolle deshalb<br />

Standards festlegen, die für alle gelten.<br />

Provokativ fragte er: „Warum gibt es<br />

strengere Regeln für Produktsicherheit<br />

als für Menschenrechte?“<br />

Auch Prof. Dr. Jutta Allmendinger warb<br />

für gesetzliche Regeln. Die Präsidentin<br />

des Wissenschaftszentrums Berlin sagte:<br />

„Bei Freiwilligkeit stagnieren wir immer<br />

bei 50 Prozent. Wollen wir auch die anderen<br />

50 Prozent in Bewegung bringen,<br />

braucht es dafür mehr Regeln und mehr<br />

Bürokratie.“<br />

Dr. Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende<br />

der DB Cargo, wies darauf hin, dass die<br />

Wertschöpfungskette auch die Transportkette<br />

beinhalte und betonte die<br />

Notwendigkeit, menschenrechtliche<br />

Auswirkungen in Transportketten auch<br />

in <strong>Deutschland</strong> im Blick zu behalten.<br />

Weiterhin sieht sie in den Bereichen<br />

Chancengerechtigkeit und vor allem<br />

bei Geschlechtergleichheit nach wie vor<br />

großen Handlungsbedarf in deutschen<br />

Unternehmen.<br />

Auch Dr. Jutta Allmendinger sieht bei<br />

Gendergerechtigkeit großen Handlungsbedarf<br />

und bestätigte die Anmerkung<br />

von Gunther Beger, dass bei derzeitigem<br />

Tempo weitere 100 Jahre, und in der<br />

Wirtschaft sogar 250 Jahre notwendig<br />

sind, um Chancengleichheit zu erreichen.<br />

Im Hinblick auf die Verteilungsgerechtigkeit<br />

betonte sie zudem: „Je geringer die<br />

Ungleichheit, also der Abstand zwischen<br />

den Einkommen, desto größer ist die<br />

Zufriedenheit im Leben allgemein und<br />

in Krisen“.<br />

Abschließend dankten Thorsten<br />

Pinkepank und Marcel Engel im Namen<br />

des DGCN allen Panellist*innen und<br />

Unterstützenden, insbesondere der Allianz<br />

SE, dem Bundesministerium für<br />

wirtschaftlichen Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung (BMZ) und der Stiftung<br />

des DGCN sowie Conny Czymoch für<br />

die Moderation durch die Veranstaltung.<br />

Möchten Sie mehr über das DGCN erfahren?<br />

Dann kontaktieren Sie uns oder abonnieren<br />

Sie unseren Newsletter.<br />

www.globalcompact.de/de/newsletter<br />

16 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

Conny Czymoch


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

17


AGENDA<br />

18 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


„<br />

Angelika Pohlenz hat als<br />

Generalsekretärin der<br />

Internationalen Handelskammer<br />

ICC in <strong>Deutschland</strong><br />

die Entstehung des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> von Anfang an<br />

miterlebt. Bis heute begleitet<br />

sie aktiv das Deutsche<br />

Netzwerk, mittlerweile als<br />

Beiratsvorsitzende der<br />

Stiftung DGCN.<br />

Frau Pohlenz, Sie waren von Anfang an dabei,<br />

wie ist der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> entstanden?<br />

Angelika Pohlenz: Die Idee entstand<br />

nach dem Aufruf von Kofi Annan im<br />

Jahr 1999. Treiber war die International<br />

Chamber of Commerce ICC, deren damalige<br />

Generalsekretärin lange das World<br />

Economic Forum in Davos mitorganisiert<br />

hat und dementsprechend Kofi Annan<br />

persönlich kannte. Damals hat die ICC<br />

im Laufe des Jahres 50 Firmen weltweit<br />

gewonnen, sich an der Initiative zu beteiligen,<br />

und da bin ich sehr stolz darauf,<br />

dass 13 davon deutsche Firmen waren.<br />

Anfangs gab es auf Seiten der UN viele Bedenken<br />

gegenüber einer Kooperation mit der<br />

Wirtschaft. Da war von „UN For Sale“ die Rede,<br />

und das Thema Public Private Partnership<br />

stand noch am Anfang. Wie ist das bei Ihnen<br />

als Unternehmensvertreterin angekommen?<br />

Es gab zwei Schwierigkeiten: Die eine<br />

Schwierigkeit waren Public Private<br />

Partnerships, die immer ein bisschen<br />

beäugt wurden, weil die UNO mit jemand<br />

zusammenarbeiten musste, der<br />

eben keine Nation ist. Aber das war Kofi<br />

Annan egal, weil er sagte: „Ich brauche<br />

die Wirtschaft.“ Die andere Schwierigkeit<br />

waren grundsätzliche Widerstände in<br />

der UNO selbst.<br />

Das müssen Sie uns näher erläutern!<br />

Als der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> im Juni 2000<br />

gegründet wurde, gab es aus der UNO<br />

erheblichen Widerstand, weil manche<br />

20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

Unsere Dialog-Formate<br />

bauen<br />

Brücken<br />

entschieden dagegen waren, dass der<br />

Generalsekretär im Alleingang eine Initiative<br />

startet und diese bei sich direkt<br />

ansiedelt. Der richtige Weg sei es doch,<br />

den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> entweder hier oder<br />

dort bei einer der UN-Organisationen anzudocken,<br />

mit einem üblichen Direktor<br />

etc. Das wollte Kofi Annan aber nicht<br />

und bekam dabei auch Unterstützung<br />

vom Auswärtigen Amt. Die Abstimmung<br />

darüber stand dann bei der nächsten<br />

Vollversammlung, und der Antrag, dass<br />

Annan das so machen darf, kam vom<br />

Auswärtigen Amt. Und so wurde beschlossen,<br />

dass ein UN-Generalsekretär<br />

eine Initiative starten darf, die dann zum<br />

Teil von der UNO finanziert wird und<br />

zum anderen Teil von Geber-Ländern.<br />

Wie war das Verhältnis des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

zu den nachfolgenden UN-Generalsekretären?<br />

Sie haben ja auch die Initiative „mitgeerbt“,<br />

wenn man das so sagen kann.<br />

Ich denke mal, dass es Hand in Hand weitergereicht<br />

worden ist. Wie Ban Ki-moon<br />

sich dafür eingesetzt hat, weiß ich nicht.<br />

Bei António Guterres habe ich schon das<br />

Gefühl, dass er den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> gut<br />

findet und diesen mit Ansprachen und<br />

Auftritten unterstützt.<br />

Zurück nach <strong>Deutschland</strong>! Die German Friends<br />

waren, anders als das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk (DGCN), ja keine Multi-Stakeholder-<br />

Plattform. War das Absicht?<br />

Das allererste Treffen fand bei der GIZ<br />

statt. Danach ging es reihum, zum >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

19


AGENDA<br />

Wenn es Länder<br />

gibt, wo unsere<br />

Firmen und ihre<br />

Lieferanten Probleme<br />

mit der Einhaltung<br />

der Menschenrechte<br />

haben, dann sind<br />

wir auf euch von<br />

Amnesty angewiesen,<br />

uns zu sagen, was da<br />

los ist und was wir<br />

machen sollen.<br />

Dadurch werden<br />

„Kritiker zu Partnern.<br />

Beispiel bei der Lufthansa in Frankfurt,<br />

bei der BASF in Ludwigshafen oder bei<br />

SAP in Berlin. In der Anfangsphase war<br />

es sehr wichtig, dass die Unternehmen<br />

sich intern trafen, um sich überhaupt<br />

mal auszutauschen. Die anfangs neun<br />

Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> waren für<br />

alle neu. Da stellten sich viele Fragen:<br />

Wie gehen wir das an? Was umfasst<br />

das alles? Und worum müssen wir uns<br />

als erstes kümmern? Nehmen Sie das<br />

Beispiel Menschenrechte: Die Unternehmensvertreter<br />

haben da anfangs gesagt,<br />

das sei kein Problem, da doch niemand<br />

absichtlich Menschenrechte verletze.<br />

Wenn man dann aber auf die Einzelheiten<br />

und die Unterpunkte – gerade in<br />

den Lieferketten – näher einging, dann<br />

hat schon der eine oder andere Firmenvertreter<br />

gezuckt. Diese Lernkurve war<br />

ohne NGO-Vertreter leichter, denn jeder<br />

konnte frei reden.<br />

Vom UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> aus New York gab es<br />

neben Hilfe auch immer wieder neue Initiativen.<br />

Wie hilfreich war das?<br />

Leider kam New York relativ schnell mit<br />

der Idee, man könne jedes Jahr neue<br />

Projekte machen. Da sind einige Unternehmen<br />

schon ein bisschen ausgeflippt.<br />

Sie haben zu recht darauf hingewiesen,<br />

dass die Umsetzung der einzelnen<br />

Prinzipien in alle Unternehmensebenen<br />

sehr viel Zeit und Aufwand kostet. Für<br />

Neues bleibt da wenig Spielraum. Wir<br />

haben uns dann auch gegenüber dem<br />

UNGC durchgesetzt, dass es eigentlich<br />

die Vertiefung ist, die die Unternehmen<br />

brauchen und nicht immer wieder ein<br />

neues Projekt.<br />

Sie haben sich dann aber doch bewusst für den<br />

Dialog mit anderen Stakeholdern geöffnet…<br />

Wir haben dann relativ schnell gesagt:<br />

Okay, jetzt haben wir uns ein paar Mal<br />

intern getroffen, jetzt laden wir auch mal<br />

NGOs und die Gewerkschaft zu den Treffen<br />

ein. Das war anfangs schon schwierig.<br />

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft war<br />

damals noch ein ziemliches Fremdwort.<br />

Aber das galt es für alle zu lernen! Ich<br />

erinnere mich an ein Treffen, an dem<br />

auch Amnesty International teilnahm,<br />

da habe ich gesagt: Wenn es Länder<br />

gibt, wo unsere Firmen und ihre Lieferanten<br />

Probleme mit der Einhaltung<br />

der Menschenrechte haben, dann sind<br />

wir auf euch von Amnesty angewiesen,<br />

uns zu sagen, was da los ist und was wir<br />

machen sollen. Dadurch werden Kritiker<br />

zu Partnern. Das passte nicht jeder NGO.<br />

Und so haben sich letztendlich auch nur<br />

relativ wenige NGOs bereit erklärt, im<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> mitzuarbeiten. Mit der<br />

Zeit haben beide Seiten aber die Vorteile<br />

einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />

schätzen gelernt.<br />

Wie funktioniert heute aus Ihrer Sicht das<br />

Zusammenspiel zwischen Geschäftsstelle, Lenkungskreis<br />

und Stiftung in der Praxis?<br />

Der Lenkungskreis bestimmt die Strategie.<br />

Die wird dann in der jeweiligen<br />

Mitgliederversammlung beschlossen.<br />

Und dann gibt es zur Umsetzung der<br />

Strategie natürlich entsprechende Veranstaltungen,<br />

Formate und so weiter.<br />

Die Stiftung bezahlt all diese Veranstaltung,<br />

wenn Sie so wollen. Über die GIZ<br />

wiederum werden das Personal und die<br />

Büroräumlichkeiten der Geschäftsstelle<br />

finanziert.<br />

Um das alles finanzieren zu können,<br />

haben wir damals über eine Stiftung<br />

nachgedacht, und dann hatte der damalige<br />

CEO des TÜV Rheinland, Bruno Braun,<br />

das Geld für die Gründung gestiftet. Die<br />

Stiftung hat drei Beiratsmitglieder: Das<br />

sind derzeit Katharina Riese als Mitarbeiterin<br />

des Stifters, also TÜV Rheinland,<br />

Elke Siehl von der GIZ, weil das DGCN<br />

hier ansässig ist, und das bin ich. Das<br />

läuft wunderbar. Ich habe es nicht einmal<br />

erlebt, dass wir nicht einstimmig<br />

entschieden hätten. Aber das heißt nicht,<br />

dass wir nicht nachfragen.<br />

Stichwort Geld: Das hat sich ja auch ein wenig<br />

geändert, seitdem Beiträge direkt an New York<br />

gezahlt werden müssen!<br />

Früher haben wir über die Stiftung die<br />

Spenden eingesammelt. Der übliche<br />

Beitrag, den die meisten gezahlt haben,<br />

ging an die Stiftung, und wir hatten die<br />

Absprache, dass wir von den Geldern<br />

30 Prozent behalten und 70 Prozent an<br />

New York abführen. Das war natürlich<br />

für das eine oder andere Unternehmen<br />

hierzulande wesentlich einfacher, weil<br />

wir als deutsche Stiftung eine Spendenbescheinigung<br />

ausstellen können,<br />

20 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

während eine Spendenbescheinigung<br />

aus New York gar nichts nützt, denn<br />

Spenden ins außereuropäische Ausland<br />

sind steuerlich nicht absetzbar. Insofern<br />

haben das alle geschätzt. Heute läuft es<br />

andersrum: Jetzt zahlen die Großen oder<br />

Mittleren Unternehmen an New York,<br />

und wir kriegen inzwischen 45 Prozent<br />

davon, so dass wir unterm Strich mehr<br />

Geld zur Verfügung haben als vorher.<br />

Die Teilnehmerzahl hierzulande ist seit der<br />

Gründung rasant gestiegen, von einer Handvoll<br />

auf heute mehr als 600. Wie stellen Sie<br />

eigentlich sicher, dass da keine Trittbrettfahrer<br />

aufspringen?<br />

Das können wir nicht. Die einzige Möglichkeit<br />

das sicherzustellen, sind die<br />

jährlichen Fortschrittsberichte. Unternehmen,<br />

die einfach aufspringen, merken<br />

schnell, dass sie tatsächlich auch<br />

etwas dafür tun müssen und sind dann<br />

irgendwann auch wieder weg.<br />

In der neuen Strategie will sich das DGCN<br />

künftig stärker als Dialog-Plattform und neutraler<br />

Mittler von Meinungen positionieren.<br />

Was heißt das?<br />

Wenn wir uns als eine Multi-Stakeholder-<br />

Plattform verstehen, dann kann es sich<br />

die Geschäftsleitung nicht erlauben,<br />

Meinung zu machen. Es geht vielmehr<br />

darum, über strittige Punkte zu reden<br />

und Argumente auszutauschen. Mittels<br />

der Chatham House Rule kann man<br />

Strittiges auch diskret behandelt. Dann<br />

können die Leute wirklich sagen, was sie<br />

denken, ohne dass es gleich am nächsten<br />

Tag in der Presse steht. Wir müssen<br />

bei Nachhaltigkeitsthemen vorwärts<br />

kommen, und das sehen alle Seiten<br />

ein. Aber mit Hammer und Brecheisen<br />

funktioniert das nicht. Da haben wir<br />

zu viele Egos auf beiden Seiten, die sich<br />

niemals eine Blöße geben würden, von<br />

dem Wort, das sie gestern gesagt haben,<br />

abzuweichen. Unsere Dialog-Formate<br />

können hier Brücken bauen, und das<br />

ist eigentlich das, was ich schon immer<br />

am DGCN gut finde.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

Wir müssen bei<br />

Nachhaltigkeitsthemen<br />

vorwärts<br />

kommen, und das<br />

sehen alle Seiten ein.„<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

21


AGENDA<br />

22 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


„<br />

Georg Kell war von 2000 bis<br />

2015 der erste Exekutivdirektor<br />

des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> und hat dort<br />

Grundlagen und Wesensmerkmale<br />

geschaffen, die bis<br />

heute wirken. Seitdem widmet<br />

er sich vor allem dem Thema<br />

des nachhaltigen Investments<br />

und ist ein international<br />

geschätzter Gastautor.<br />

Blicken wir zurück auf das Jahr 2000: Die<br />

Vereinten Nationen hatten die Millennium<br />

Development Goals ins Leben gerufen, <strong>Global</strong>isierung<br />

und Marktöffnung waren damals<br />

auf dem Höhepunkt und damit aber auch das<br />

Gefühl eines immer ungleicheren Wettbewerbs<br />

und der Ruf nach einem level playing field.<br />

In dem Kontext fand 1999 die Rede von Kofi<br />

Annan in Davos statt und im Jahr darauf die<br />

Gründung des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Wie kam es<br />

dazu, und wie hast Du das erlebt?<br />

20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

10 Prinzipien,<br />

um der <strong>Global</strong>isierung<br />

ein menschliches<br />

Gesicht zu geben<br />

politisiert, und die UNO wollte ihre Prinzipien<br />

nutzen, um der <strong>Global</strong>isierung<br />

ein menschliches Gesicht zu geben. Der<br />

Ansatz mit den damals neun Prinzipien<br />

(das 10. Prinzip zur Korruptionsvermeidung<br />

wurde erst 2003 eingeführt, Anm.<br />

d. Red.) wurde sehr ernst genommen,<br />

weil sich alle Frameworks, die die UNO<br />

schon vereinbart hatte, ableiten ließen:<br />

Universal Declaration of Women‘s Rights,<br />

ILO, Human Rights usw.<br />

Georg Kell: Kofi Annan war 1998 Gastredner<br />

auf dem World Economic Forum,<br />

und er war nicht sehr angetan. Er hat<br />

dann ganz klar gesagt, ich gehe da nur<br />

noch hin, wenn ich etwas Wichtiges<br />

zu sagen haben. Der Job ist auf mich<br />

gefallen, etwas Entsprechendes für ihn<br />

vorzubereiten, und ich habe das ganze<br />

Jahr 1998 an der Rede gearbeitet.<br />

Die möglichen Themen wurden im Vorfeld<br />

mit vielen Netzwerken diskutiert,<br />

und dabei wurden es mir und John Ruggie,<br />

meinem damaligen Boss, klar, dass es<br />

Zeit sei, dass die Vereinten Nationen von<br />

der Wirtschaft mehr Verantwortlichkeit<br />

einfordern. Die Liberalisierung war da<br />

gerade auf dem Höhepunkt, und da gab<br />

es schon backlashs, Verbraucherboykotte,<br />

Kampagnen in Colleges in den USA, eine<br />

Reihe Skandale, und so kam das Thema<br />

Corporate Social Responsibility, CSR, auf.<br />

Zur gleichen Zeit liefen die Vorbereitungen<br />

für die WTO Ministerial Conference<br />

in Seattle. Viele Demonstranten waren<br />

angekündigt. Die Stimmung war hoch<br />

Als Kofi Annan die Rede damals hielt<br />

– ich erlebe noch jede Minute – ist jedes<br />

Wort beim Publikum eingesunken.<br />

Die Rede hätte übrigens beinahe nicht<br />

stattgefunden, weil der damalige Deputy<br />

Secretary General kurz vorher sagte: „Die<br />

Rede ist Scheiße. Was sollen wir denn<br />

mit so was?“ Ich hatte schon Panik, aber<br />

Kofi Annan hat es anders gesehen. Und<br />

am nächsten Tag war sie die Schlagzeile<br />

in allen großen Zeitungen – New York<br />

Times, Financial Times, überall in der<br />

Welt. Ruggie und ich dachten damals:<br />

„Wow, job well done!“ Es war herrlich.<br />

Und das reichte, um der Gründung des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> den nötigen Schub zu geben?<br />

Wir wollten damals eigentlich gar nichts<br />

weiter machen, es sollte nur eine Rede<br />

sein. Aber dann kamen zahllose Briefe<br />

von Botschaftern, Ministern; CEOs haben<br />

angerufen und gesagt: Macht mal was!<br />

Eine Rede ist schön und gut, aber da<br />

besteht echter Bedarf. Und das ganze Jahr<br />

1999 habe ich dann damit zugebracht,<br />

auch die NGOs dafür zu gewin- >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

23


AGENDA<br />

nen, damit es eine Multi-Stakeholder-<br />

Initiative wird. Das war nicht einfach:<br />

Amnesty International, Oxfam waren<br />

sehr skeptisch und fast feindlich der<br />

Wirtschaft gegenüber. Im Juni 2000 gipfelte<br />

das in einem Event bei der UNO in<br />

der ECOSOC Chamber, das eigentlich als<br />

Abschluss-Event geplant war. Nach dem<br />

Motto: Die Prinzipien sind jetzt bekannt,<br />

lass die Wirtschaft dran weiterarbeiten.<br />

Aber statt eines Endes war es der Anfang<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Es war jedem vor<br />

Ort klar, dass mehr gemacht werden<br />

muss, sei es durch Lernen, durch Dialogformate,<br />

durch Partnerschafts-Projekte,<br />

außerdem bestand ein großer Bedarf an<br />

Tools, an Guidance, Best Practices und<br />

Messmethoden.<br />

Und so hat die Arbeit eigentlich erst<br />

angefangen. Mit null Budget übrigens<br />

– und null Leuten. Ich war ganz alleine<br />

und erst mal verzweifelt: Wie machst<br />

du eine globale Initiative mit großen<br />

Erwartungshaltungen ohne jegliche Mittel?<br />

Dann kam aber schnell Hilfe. Die<br />

Schweizer Regierung hat geholfen, die<br />

Engländer, die Deutschen – sie haben<br />

gemeinsam einen Trust Fund aufgebaut.<br />

Und dann wurden Jahr für Jahr<br />

die Strukturen besser. Ich bin fast nur<br />

rumgereist damals, und wir haben 60<br />

Netzwerke aufgebaut.<br />

Ich erinnere mich, dass es anfangs gewaltigen<br />

Widerstand in der UN gegenüber dem <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> gab. „UN for sale – UN zum Verkauf“<br />

war so ein Slogan. Wie baut man die Organisation<br />

gegen so viel Gegenwind auf ?<br />

Wir hatten von Anfang an Feinde innerhalb<br />

der UN, einschließlich des besagten<br />

Deputy Secretary General. Die haben<br />

immer schon gedacht, die Wirtschaft<br />

gehört nicht in die UN. Uns war deshalb<br />

klar: Wir brauchen eine Governance.<br />

Zusammen mit John Ruggie haben wir<br />

ein Konzept erstellt mit ganz klaren und<br />

transparenten Strukturen und Aufgabenverteilungen.<br />

Es war die erste Public<br />

Private <strong>Global</strong> Local Multi-Stakeholder<br />

Governance. Auf dem 30-seitigen Papier<br />

fehlte nur die Unterschrift des UN-<br />

Generalsekretärs. Aber dann kam die<br />

„Oil for Food“-Krise (Kofi Annans Sohn<br />

wurde 2005 vorgeworfen, Bestechungsgelder<br />

im Zusammenhang mit einem<br />

UN-Hilfsprojekt angenommen zu haben.<br />

Anm. d. Red.). Ich habe dann monatelang<br />

nichts von Annan gehört. Und dann eines<br />

Tages bekam ich den Anruf „The boss is<br />

ready to see you on this thing.“ Ich war<br />

damals gerade in <strong>Deutschland</strong> und bin<br />

sofort zum nächsten Flieger gerannt. Als<br />

ich dann in seinem Büro stand, habe ich<br />

gesehen, dass er sich das Papier gar nicht<br />

angeschaut hatte. Es lag noch genauso<br />

da, wie ich es vorbereitet hatte, mit<br />

Executive Summary drauf, alles schön<br />

angerichtet. Stattdessen schaute er mich<br />

nur an und hat gefragt: „So, this is the<br />

way how it goes?“ „Yes.“ „Can you do it?“<br />

„Yes.“ „Where do I have to sign?”.<br />

Im Laufe der Jahre ist der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

auch dank der Firmenspenden immer reicher<br />

geworden. Ruft das nicht Neider auf den Plan?<br />

Mein letzter Kampf in der UNO dauerte<br />

drei Jahre, und am Ende musste ich<br />

gehen. Es gab da einen hochrangigen<br />

24 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

Mit null Budget<br />

übrigens – und null<br />

Leuten. Ich war ganz<br />

alleine und erst mal<br />

verzweifelt: Wie<br />

machst du eine<br />

globale Initiative mit<br />

großen Erwartungshaltungen<br />

ohne<br />

jegliche Mittel?<br />

„<br />

US-amerikanischen UN-Diplomaten, der<br />

die Zuwendungen und den Haushaltsetat<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sowie die Kontrolle<br />

über die Netzwerke für seine eigene<br />

Kampagnenplattform haben wollte. Der<br />

Kampf ging durch alle UN-Instanzen: 5th<br />

Committee, 2nd Committee, Advisory<br />

Committee on Administrative and Budgetary<br />

Questions (ACABQ) etc. Ban Ki-moon<br />

hat ihn übriges unterstützt. Die hatten<br />

damals schon Presseerklärungen verfasst,<br />

wo 'drin stand, dass der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

in eine andere Facility integriert wird.<br />

Doch dann kam Unterstützung für uns<br />

von China, Indien, Brasilien und anderen.<br />

Es hat auch geholfen, dass ich vorher bei<br />

UNCTAD war und die G77 in New York<br />

vertreten habe. Deswegen hatte ich wohl<br />

ein bisschen Glaubwürdigkeit bei den<br />

Entwicklungsländern. So konnten wir<br />

die Unabhängigkeit des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

sicherstellen. Aber im Gegenzug musste<br />

ich meinen Posten räumen. Das war ok.<br />

15 Jahre waren genug.<br />

Kofi Annans Grundgedanke war: Wenn <strong>Global</strong>isierung<br />

nicht für alle gut, ist sie für keinen<br />

gut. Damit hatte er schon sehr früh die<br />

Verteilungsfrage im Blick. Die <strong>Global</strong>isierung<br />

als Konzept selbst stand dagegen gar nicht so<br />

in Frage. Das ist ja heute ganz anders. Der<br />

gesellschaftliche Grundkonsens ist heute viel<br />

geringer als noch vor 20 Jahren, oder wie<br />

erlebst Du das?<br />

Ja, das macht mir große Sorge, denn<br />

Populismus und Protektionismus sind<br />

wieder Mode geworden, und es ist wieder<br />

unheimlich leicht, mit dem Finger auf<br />

andere zu zeigen. Wir laufen dabei in<br />

das Risiko, die positiven Seiten der <strong>Global</strong>isierung<br />

über Bord zu werfen. Dafür<br />

werden wir alle einen hohen Preis zahlen.<br />

Kofi Annan war ein Pragmatiker: Er hat<br />

an Effizienz geglaubt, an Wertschöpfung<br />

und die Vorteile der <strong>Global</strong>isierung<br />

wie etwa bei der Armutsbekämpfung.<br />

Studien zeigen, dass 80 Prozent der Arbeitsplätze,<br />

die verloren gehen, wegen<br />

Technologierückstand und nicht wegen<br />

Handelsbeziehungen verloren gehen.<br />

Aber es ist so viel einfacher, dem Welthandel<br />

die Schuld zu geben. Es macht<br />

mir Sorge, weil der Zusammenhang<br />

zwischen Frieden und Wirtschaft oft<br />

ignoriert wird. Ich sage immer: Hätten<br />

wir keine ausgeprägten Außenhandelsbeziehungen<br />

mit anderen Ländern, hätten<br />

wir wahrscheinlich längst wieder Krieg.<br />

„Economic interdependence“ hilft. Sie ist<br />

keine Friedensgarantie, aber erzeugt eine<br />

höhere Hemmschwelle.<br />

Reden wir über die Auswirkungen der globalen<br />

Pandemie! UN-Generalsekretär Guterres hat<br />

zwar eine „Decade of action“ ausgerufen, aber<br />

laufen wir aufgrund von Covid-19 und der<br />

globalen politischen Krise nicht eher Gefahr,<br />

dass wir ein verlorenes Jahrzehnt erleben?<br />

Auf sozialer und auf internationaler<br />

Ebene erleben wir tatsächlich einen<br />

totalen Rückschritt. Das hat vor allen<br />

Dingen damit zu tun, dass die starken<br />

Gesellschaften im Moment eigentlich<br />

dysfunktional sind. Es ist eine Schande,<br />

dass der UN-Sicherheitsrat sich während<br />

der Corona-Krise nicht mal einigen kann,<br />

einen Waffenstillstand in Konfliktgebieten<br />

zu unterstützen. Multilateralismus ist<br />

zurzeit dysfunktional, und wir können<br />

nur hoffen, dass sich das bald wieder<br />

ändern wird. Unsere derzeitige Regelbasierte<br />

Weltordnung wird unterminiert,<br />

weil sich keiner mehr daran hält, und<br />

jeder das macht, was kurzfristig als das<br />

Beste erscheint. Im Mittelpunkt steht<br />

dabei natürlich die Rivalität zwischen<br />

China und den USA. Das setzt den Ton für<br />

alle anderen. Deswegen ist es so wichtig<br />

für Europa stark zu werden, damit man<br />

nicht zerrieben wird.<br />

Es gibt aber auch Tendenzen, die mich<br />

froh stimmen: In einer Krise ist es leichter,<br />

Wandel schneller umzusetzen. Im<br />

Finanzsektor zum Beispiel hat Covid-19<br />

vielen Investoren bildlich vor Augen<br />

geführt, dass „slow moving risks“ ernst<br />

genommen werden müssen. Das gilt<br />

für Covid-19, das gilt aber auch für<br />

Klimarisiken. Das erkennen auch die<br />

Firmen. SASB und TCFD als Frameworks<br />

bei Klimafragen boomen. Ich<br />

glaube, dass TCFD für die Finanzwelt<br />

und die Science Based Targets für die<br />

Wirtschaftswelt mittelfristig das Rennen<br />

machen werden.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

25


AGENDA<br />

26 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


„<br />

Lise Kingo folgte Georg Kell<br />

auf die Position als<br />

Exekutivdirektorin des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. In ihre<br />

Amtszeit 2015 – <strong>2020</strong> fallen<br />

eine Reihe weichenstellender<br />

Entscheidungen wie die<br />

Verabschiedung der UN<br />

Entwicklungsziele (SDGs) und<br />

auch das Pariser Klimaabkommen.<br />

Unter Lise Kingos<br />

Leitung hat sich der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> sehr stark auf diese<br />

neuen Rahmenbedingungen<br />

ausgerichtet.<br />

2015 war ein hoffnungsvolles Jahr: die UN<br />

in New York beschlossen die Sustainable<br />

Development Goals, und in Paris wurde das<br />

Klimaabkommen beschlossen. Wie haben Sie<br />

das damals erlebt?<br />

Lise Kingo: Ich war absolut begeistert<br />

und hocherfreut über die Gelegenheit,<br />

gerade in diesem Moment in die Führung<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> einzutreten,<br />

denn ich hatte auch das Gefühl, dass<br />

2015 ein erstaunlich positiver Moment<br />

der Geschichte war: Alle Mitgliedsstaaten<br />

der UNO hatten gerade dem<br />

Pariser Klimaabkommen und auch der<br />

Agenda für 2030 zugestimmt. Im Grunde<br />

hatten sich also alle Mitgliedstaaten auf<br />

den Fahrplan für die Welt geeinigt und<br />

sich sogar auf einen ambitionierten Pfad<br />

mit 17 globalen Zielen und den 169 zugrunde<br />

liegenden Indikatoren geeinigt.<br />

Nachdem ich fast 30 Jahre lang im Bereich<br />

der Nachhaltigkeit im Unternehmensumfeld<br />

gearbeitet hatte, empfand<br />

ich es als eine wunderbare Gelegenheit,<br />

über den UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> an der Mobilisierung<br />

der damals mehr als 10.000<br />

Teilnehmer aus der Wirtschaft für die<br />

globalen Entwicklungsziele mitzuwirken<br />

und eine neue Strategie für <strong>2020</strong> zu<br />

entwerfen, die sich darauf konzentriert,<br />

wie die <strong>Global</strong> Goals in die Unternehmenspraxis<br />

umgesetzt werden können.<br />

Sie kannten den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> aus Ihrer<br />

früheren beruflichen Tätigkeit. Wie sind Sie<br />

die neue Aufgabe angegangen?<br />

20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

<strong>Global</strong> Goals<br />

sind transformativ:<br />

Sie gehören in die<br />

Geschäftsstrategie<br />

Mein früherer Arbeitgeber, Novo Nordisk,<br />

gehörte zu den ersten Unternehmen, die<br />

dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> beigetreten sind.<br />

Ich kannte die Initiative also recht gut<br />

und verfolgte ihr Wachstum und ihre<br />

Entwicklung. Es war damals aus meiner<br />

Sicht eine Initiative mit eher altbackenen<br />

Einstellungen. Ich fand aber, dass es toll<br />

ist, wenn man etwas Neues schafft.<br />

Haben die 17 UN-Entwicklungsziele dabei<br />

nicht die 10 Prinzipien überlagert?<br />

Es war natürlich eine große Veränderung<br />

für den UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, aber definitiv<br />

auch für alle Unternehmen. Wir<br />

haben uns deshalb als <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

zunächst mit Accenture zusammengetan<br />

und haben mit ihrer Hilfe eine große,<br />

globale Strategie für die Jahre 2015-<strong>2020</strong><br />

entwickelt. Die Strategie umfasste die<br />

gesamte Initiative, einschließlich aller<br />

lokalen Netzwerke: Darin wurde geklärt,<br />

wie der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> weiterhin die<br />

Zehn Prinzipien fördert, aber auch die<br />

neuen <strong>Global</strong> Goals als weitere Verpflichtung<br />

der Unternehmen aufgreifen kann.<br />

Das war eine große Aufgabe. Dabei half<br />

mir meine Erfahrung aus der Wirtschaft<br />

bei der Einführung neuer Produkte. Ich<br />

habe in der Einführung der <strong>Global</strong> Goals<br />

die gleiche Methode gewählt, wie man<br />

es bei der Einführung eines neuen Produkts<br />

in einer Organisation macht. Wir<br />

verwendeten also tatsächlich Modelle,<br />

bei denen wir zuerst Interesse, Wünsche<br />

und Bewusstsein dafür schaffen. >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

27


AGENDA<br />

Das ist das bekannte exploratory data<br />

analysis (EDA) Marketingmodell. Als Teil<br />

der Strategie haben wir eine globale Kampagne<br />

unter dem Titel „Making <strong>Global</strong><br />

Goals Local Business“ (<strong>Global</strong>e Ziele zu<br />

lokalen Geschäften machen) ins Leben gerufen,<br />

die von allen lokalen Netzwerken<br />

in ihren jeweiligen Ländern umgesetzt<br />

wurde. Begleitet wurde die Kampagne<br />

von verschiedenen Instrumenten für<br />

Unternehmen, die ihnen dabei helfen,<br />

die SDGs in ihre Geschäftsstrategie zu<br />

integrieren. Wie Sie schon sagten, sind<br />

die <strong>Global</strong> Goals sehr transformativ: Sie<br />

gehören in die Geschäftsstrategie.<br />

Es gibt den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in vielen Ländern,<br />

und deshalb hat er auch viele Gesichter und<br />

viele Variationen. Wie haben Sie die Vielfalt<br />

des <strong>Compact</strong> erlebt?<br />

Als ich den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> übernahm,<br />

war er die weltweit größte Initiative für<br />

nachhaltiges Wirtschaften geworden,<br />

verfügte aber nur über lose Strukturen<br />

in den 70 Ländern weltweit. Wir waren<br />

deshalb schnell mit dem Board des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> einig, dass es in der nächsten<br />

Phase darum gehen müsse, wie wir die<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Initiative in eine professionelle<br />

internationale Organisation<br />

verwandeln könnten. Und damit kam<br />

das Konzept für eine globale Strategie für<br />

das Jahr <strong>2020</strong> auf, das die Entwicklung<br />

eines neuen Geschäftsmodells beinhaltete,<br />

einschließlich einer Überarbeitung<br />

der Governance der Initiative und eines<br />

detaillierten Blicks auf das, was wir von<br />

einem teilnehmenden Unternehmen<br />

verlangen.<br />

2015 war ein großer Moment und vielleicht<br />

derjenige des letzten multilateralen Abkommens<br />

auf planetarer Ebene. Seitdem sind Nationalismus<br />

und Populismus auf dem Vormarsch.<br />

Was bedeutet das für die Nachhaltigkeit? Wie<br />

können sich die SDGs in einer Welt der „shrinking<br />

spaces“ entwickeln?<br />

In den letzten fünf Jahren ist der Unternehmensführung<br />

klar geworden, dass<br />

sich die Welt in einer so schwierigen<br />

Situation befindet, dass die Wirtschaft<br />

eine wichtige Rolle dabei spielen muss,<br />

die <strong>Global</strong> Goals voranzutreiben und<br />

dafür zu sorgen, dass niemand zurückbleibt.<br />

Der Satz von Milton Friedman<br />

„The business of business is business“ wird<br />

In den letzten fünf<br />

Jahren seit der<br />

Einführung der<br />

<strong>Global</strong> Goals hat<br />

sich die Agenda<br />

für nachhaltiges<br />

Wirtschaften<br />

von einer sehr<br />

spezialisierten<br />

Agenda hin zu<br />

einem Top-Thema<br />

des Managements<br />

„entwickelt.<br />

damit heute im Grunde genommen ad<br />

acta gelegt, weil er auch nicht mehr funktioniert.<br />

Der nachhaltige Wirtschaftstrend<br />

ist jetzt so stark geworden, dass er<br />

die Zukunft bestimmt.<br />

Und die Botschaft ist auch auf den Vorstandsetagen<br />

angekommen?<br />

Ich denke, man kann mit Fug und Recht<br />

sagen, dass es noch nie globale Entwicklungsziele<br />

der Vereinten Nationen gegeben<br />

hat, die so viel Aufmerksamkeit<br />

erregt haben und so sehr von Unternehmen<br />

in der ganzen Welt übernommen<br />

wurden, wie eben die SDGs. In dem<br />

Bericht zum 20-jährigen Jubiläum, den<br />

wir diesen Juni publiziert haben, half<br />

uns DNV GL dabei, die Auswirkungen<br />

auf den globalen Wettbewerb zusammenzutragen.<br />

Eines der Dinge, die<br />

dabei sehr deutlich hervortraten, war,<br />

dass vierundachtzig Prozent der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>-Unternehmen die SDGs kennen<br />

und damit arbeiten. In 64 Prozent<br />

dieser Unternehmen ist es der CEO, der<br />

Nachhaltigkeitsthemen persönlich vorantreibt,<br />

weil sie eindeutig eine strategische<br />

Priorität darstellen.<br />

Sie erwähnten gerade die Rolle der Vorstände<br />

und Aufsichtsräte. Was haben Sie genau im<br />

Sinn?<br />

In den letzten fünf Jahren seit der Einführung<br />

der <strong>Global</strong> Goals hat sich die<br />

Agenda für nachhaltiges Wirtschaften<br />

von einer sehr spezialisierten Agenda<br />

hin zu einem Top-Thema des Managements<br />

entwickelt. Sie ist heute fester<br />

Bestandteil der Tagesordnung des Vorstands.<br />

Zusätzlicher Druck kommt auch<br />

dadurch zustande, dass immer mehr<br />

Aktionärsaktivisten die Entscheidungen<br />

in den Unternehmen beeinflussen. Wir<br />

wissen, dass in mehr als der Hälfte der<br />

Fälle, in denen Aktionäre Fragen an<br />

Unternehmen stellen, diese mit ESG-<br />

Themen zu tun haben.<br />

Dafür muss aber auch das wirtschaftliche Umfeld<br />

stimmen! Ich habe heute Morgen in einer<br />

Umfrage gelesen, dass fast 25 Prozent der deutschen<br />

Unternehmen aufgrund der COVID-19-<br />

Pandemie ihre Nachhaltigkeitsinvestitionen<br />

oder -initiativen aufschieben. Ich weiß nicht,<br />

ob dies repräsentativ ist, aber es zeigt eine<br />

Richtung auf. Welche Auswirkungen hat die<br />

Pandemie auf Fragen der Nachhaltigkeit?<br />

Ich würde sagen, dass sich die Pandemie<br />

negativ auf das Vorankommen jedes der<br />

Ziele ausgewirkt hat. Wir sind um fünf<br />

bis zehn Jahre zurückgeworfen worden.<br />

Viele Unternehmen haben heute damit<br />

zu kämpfen, wie sie das Kerngeschäft<br />

wieder zum Laufen bringen. Und es ist<br />

wahrscheinlich, dass einige Unternehmen<br />

Investitionen zurückhalten – im<br />

Nachhaltigkeits- wie auch in anderen<br />

Bereichen.<br />

Wir alle lernen gerade auf eine neue und<br />

höchstpersönliche Art und Weise, dass<br />

wir unsere Lebensweise ändern müssen.<br />

Wir müssen auf andere Art reisen. Wir<br />

müssen auf unterschiedliche Art und<br />

Weise arbeiten. Wir müssen auf unterschiedliche<br />

Art und Weise konsumieren.<br />

Und dieses Denken steht im Einklang<br />

28 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

mit den globalen Entwicklungszielen.<br />

Die Pandemie verändert daher unser<br />

Verständnis für die Art von Transformation,<br />

die nachhaltiges Wirtschaften<br />

einschließt.<br />

Ich erinnere mich an ein Interview, in dem Sie<br />

sagten: Lasst uns alle Aktivisten werden. Was<br />

haben wir davon?<br />

Ich mag die Idee, dass CEOs und vielleicht<br />

auch Aufsichtsräte ihre eigenen<br />

Aktivisten sind. Anstatt unter dem Druck<br />

anderer reagieren zu müssen, sollten sie<br />

diese Schritte selbst proaktiv unternehmen.<br />

Wir leben in einer Welt, in der wir<br />

darüber nachdenken müssen, wie wir<br />

Risiken in Chancen verwandeln können.<br />

Und dabei ist es jetzt wichtig, dass sowohl<br />

der CEO als auch die Aufsichtsräte nachhaltiges<br />

Wirtschaften in ihre Denk- und<br />

Handlungsweise einbeziehen, es in eine<br />

Chance verwandeln, es zu einem Teil<br />

ihrer Risikobewertung machen, indem<br />

sie begreifen, dass ESG-Kriterien zur<br />

treuhänderischen Pflicht eines jeden<br />

Unternehmers gehören.<br />

Einige Experten glauben, dass Standards und<br />

Metriken für Unternehmen nicht ausreichen<br />

werden, um wirklich hin zu mehr Nachhaltigkeit<br />

zu kommen. Was muss sich aus Ihrer Sicht<br />

in der Berichterstattungslandschaft ändern?<br />

Wir sind mit dem Konzept der integrierten<br />

Berichterstattung recht weit<br />

gekommen. Und jetzt, wo die Finanzwelt<br />

in dieses Konzept einsteigt, brauchen wir<br />

mehr Klarheit darüber, welche Daten<br />

wesentlich sind, wie sie sich zusammensetzen,<br />

und wie wir diese Daten<br />

besser vergleichen können. Und genau<br />

darum geht es zum Beispiel bei der<br />

TCFD-Initiative in Klimafragen. Es ist<br />

geplant, andere Bereiche wie etwa soziale<br />

Aspekte nach der gleichen Methodik<br />

einzubeziehen. Ich denke, das ist eine<br />

sehr gute Entwicklung, denn was man<br />

nicht messen kann, kann man auch<br />

nicht managen.<br />

Was das Unternehmen letztlich antreibt, ist<br />

die Gewinnerzielung. Müssen wir also nicht<br />

den Begriff des Gewinns – und was Profit<br />

bedeutet – erweitern?<br />

Lassen Sie mich in Bezug zu dem, was<br />

Friedman sagte, antworten, dass es darum<br />

geht zu definieren, was ein Geschäft<br />

ist. Wir sollten meiner Meinung nach<br />

alle Unternehmen dazu bringen, einen<br />

soliden Gewinn zu erzielen. Aber es gibt<br />

viele Möglichkeiten, das zu erreichen.<br />

Wir müssen heute sicherstellen, dass wir<br />

gute Gewinne erzielen, aber in Harmonie<br />

mit dem Planeten. Wenn man sich die<br />

Wünsche der Millennials und sogar der<br />

noch jüngeren Generationen anschaut,<br />

dann sehen Sie, dass 70 Prozent von ihnen<br />

nur für ein Unternehmen arbeiten<br />

wollen, das einen soliden, nachhaltigen<br />

Geschäftsansatz hat. Sie wollen nur von<br />

Unternehmen mit einem solchen Profil<br />

Produkte kaufen, und sie wollen nur in<br />

Unternehmen mit einer verantwortungsvollen<br />

Strategie investieren. Ich denke,<br />

jedes vernünftige Unternehmen, das in<br />

Zukunft erfolgreich sein will, sollte auf<br />

diese Forderungen seiner Kunden, seiner<br />

Investoren und seiner zukünftigen<br />

Mitarbeiter hören.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

29


AGENDA<br />

Von Dr. Angela Reitmaier<br />

„Das 10. Prinzip:<br />

Korruptionsprävention<br />

Korruptionsprävention ist erst auf dem<br />

ersten <strong>Global</strong> Leaders Summit im Juni<br />

2004 als 10. Prinzip dem UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> hinzugefügt worden: „Unternehmen<br />

sollen gegen alle Arten der<br />

Korruption eintreten, einschließlich<br />

Erpressung und Bestechung”. UN-Generalsekretär<br />

Kofi Annan sagte damals<br />

zu den versammelten Unternehmensvertretern:<br />

„You felt, and I agreed, that<br />

corruption so profoundly corrodes sound<br />

business practice and good governance,<br />

and thus our ability to realize the other<br />

nine principles, that it uniquely deserved<br />

to be added to the commitments<br />

on which our <strong>Compact</strong> is founded.”<br />

Vorangegangen war am 9. Dezember<br />

2003 die Unterzeichnung der UN-Konvention<br />

gegen Korruption. Transparency<br />

International ist aktiv für die Hinzufügung<br />

des 10. Prinzips eingetreten und<br />

hat 2009 einen Leitfaden mit herausgegeben,<br />

den die Unternehmen bei ihrer<br />

jährlichen Berichterstattung zum<br />

10. Prinzip zu Rate ziehen können. Diese<br />

„Communication on Progress“ zu den<br />

zehn Prinzipien wird inhaltlich nicht<br />

geprüft, führt aber zum Ausschluß des<br />

Unternehmens, wenn sie zwei Jahre<br />

unterbleibt.<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) hat sich zum Ziel gesetzt, Unternehmen<br />

dabei zu unterstützen, Korruptionsprävention<br />

in der Betriebspraxis<br />

umzusetzen. So hat das DGCN in<br />

Zusammenarbeit mit Industrie- und<br />

Handelskammern eine deutschlandweite<br />

Trainingsreihe veranstaltet, Broschüren<br />

herausgegeben und auch neue Formate<br />

wie Webinare oder speziellere Themen<br />

wie Sponsoring aufgegriffen. Das DGCN<br />

kooperiert mit dem Deutschen Institut<br />

für Compliance (DICO), um fachliche<br />

Unterstützung zu erhalten, und mit der<br />

Allianz für Integrität (AfIn), um Korruption<br />

nicht nur im Unternehmen selbst,<br />

sondern auch zusammen mit anderen<br />

durch „collective action“ zu bekämpfen.<br />

Sogenannte „Themenpaten“ aus<br />

dem Kreise der Unternehmen und der<br />

Zivilgesellschaft sprechen die Angebote<br />

inhaltlich ab. Durch die Verbindung<br />

der Bereiche Menschenrechte, Arbeitsnormen,<br />

Umweltschutz und Korruptionsprävention<br />

kann erreicht werden,<br />

dass einzelne Bereiche nicht wie Silos<br />

behandelt werden. Gerade für Korruptionsprävention<br />

ist dies wichtig, denn<br />

sie ist nicht nur für sich bedeutsam,<br />

sondern trägt auch zur Verhinderung<br />

von Verletzungen von Menschenrechten<br />

und Umweltstandards bei. So konnte<br />

das DGCN im Laufe der Zeit ein breites<br />

Spektrum an Dialog- und Lernformaten<br />

mit dem Schwerpunkt auf dem „wie“ der<br />

Umsetzung des 10. Prinzips aufstellen.<br />

Aber auch neue Themen werden angepackt,<br />

zum Beispiel Korruptionsprävention<br />

in Lieferketten. Mit dem Bündnis<br />

für nachhaltige Textilien (BnT) ist hier<br />

in <strong>Deutschland</strong> eine Initiative ins Leben<br />

gerufen worden, die zur Verbesserung<br />

der sozialen, ökologischen und ökonomischen<br />

Bedingungen entlang der<br />

gesamten Textil-Lieferkette beitragen<br />

möchte. Zu den ökonomischen Bedingungen<br />

zählt vor allem das Verbot von<br />

Korruption. Wie dies in der Lieferkette<br />

umzusetzen ist, hat das Textilbündnis<br />

in Zusammenarbeit mit dem DGCN und<br />

der AfIn entwickelt, ein Beispiel für die<br />

Relevanz der Arbeit des DGCN im Bereich<br />

der Korruptionsprävention.<br />

Zu der wichtigen Thematik der nachhaltigen<br />

Entwicklungsziele hat der UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> dargestellt, wie eng diese<br />

Ziele mit den zehn Prinzipien zusammenhängen,<br />

und den Beitrag, den die<br />

Unternehmen zu ihrer Erreichung leisten<br />

können, mit dem Aufruf umschrieben:<br />

„act responsibly“ and „find opportunities“.<br />

Unternehmen sollen also potenzielle<br />

negative Auswirkungen minimieren<br />

und die Chancen für positive Beiträge<br />

maximieren.<br />

Verantwortungsvolles Handeln von Unternehmen<br />

steht auch im Mittelpunkt der<br />

derzeitigen Diskussion um ein Lieferkettengesetz,<br />

hier nicht lediglich als Aufruf,<br />

sondern als verbindliche Sorgfaltspflicht,<br />

zunächst – wegen des Zusammenhangs<br />

mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft<br />

und Menschenrechte – in Bezug<br />

auf Menschenrechte. Und wegen der<br />

Bedeutung der Umwelt vielleicht auch<br />

in Bezug auf die Umwelt oder sogar in<br />

Bezug auf Korruptionsprävention? Die<br />

Geschichte des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zeigt,<br />

dass Korruptionsprävention hinzugefügt<br />

werden kann, wie als 10. Prinzip,<br />

so vielleicht auch als selbstständiger<br />

Bereich von Sorgfaltspflichten neben<br />

Menschenrechten und Umwelt. Aber<br />

wird die Geschichte des DGCN auch zeigen,<br />

dass sich die Unternehmen für eine<br />

solche gesetzliche Regelung aussprechen,<br />

weil sie bereit sind, sich verbindlichen<br />

und nicht nur freiwilligen Regelungen<br />

zu unterwerfen?<br />

30 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Menschenrechte„<br />

Von Michael Windfuhr<br />

20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

ernst nehmen<br />

Die Debatte über die Verantwortung von<br />

Unternehmen entlang ihrer Liefer- und<br />

Wertschöpfungsketten hat in den letzten<br />

Jahren rasch an Bedeutung gewonnen.<br />

Für die Umsetzung von Menschenrechten<br />

sind die Rahmenbedingungen in der Wirtschaft,<br />

die formellen Arbeitsbeziehungen,<br />

aber auch die Rohstoffgewinnung sowohl<br />

im Bergbau wie in der Landwirtschaft in<br />

vielen Ländern zentrale Themen. Beim<br />

Nachdenken über die Transformation<br />

hin zu einer ökologischen, sozialen und<br />

menschenrechtlichen Wirtschaftsordnung<br />

kommt der nachhaltigen und gerechten<br />

Gestaltung globaler Lieferketten<br />

eine besondere Relevanz und damit dem<br />

Einfluss der Unternehmen dabei ein wichtiger<br />

Anteil zu.<br />

Die schnelle <strong>Global</strong>isierung, die die<br />

Entwicklung der Weltwirtschaft seit<br />

Anfang der 90er Jahre geprägt hat und<br />

der Entwicklung langer und komplexer<br />

Lieferketten bzw. Liefernetzwerke Vorschub<br />

geleistet hat, wurde vorangetrieben<br />

durch handelspolitische Entscheidungen<br />

Anfang der 90er Jahre, wie der Schaffung<br />

des EU-Binnenmarkts (1992), der<br />

Nordamerikanischen Freihandelszone<br />

(NAFTA 1994) und der Gründung der<br />

Welthandelsorganisation WTO (1994).<br />

Während der Verhandlungsrunde, die<br />

zur Gründung der WTO führte, gab es<br />

immer wieder die Forderung, soziale Standards<br />

in das Handelsrecht aufzunehmen.<br />

Dies scheiterte 1994 beim Abschluss der<br />

Uruguay-Runde jedoch, als sich vor allem<br />

Länder des <strong>Global</strong>en Südens dagegen<br />

zur Wehr setzten, da sie die Gefahr von<br />

Handelshemmnissen seitens der Industrieländer<br />

fürchteten.<br />

In Reaktion auf das Scheitern der Aufnahme<br />

von sozialen Standards in das<br />

Handelsrecht entstanden Ende der 1990er<br />

Jahre vermehrt Aktivitäten, um über<br />

Möglichkeiten der besseren Durchsetzung<br />

sozialer und menschenrechtlicher<br />

Standards auf internationaler Ebene nachzudenken.<br />

Die Internationale Arbeitsorganisation<br />

(ILO) bekräftigte 1998 die<br />

zentralen Kernarbeitsnormen erneut in<br />

einer feierlichen Erklärung. Der damalige<br />

UN-Generalsekretär, Kofi Annan, wandte<br />

sich beim Weltwirtschaftsforum 1999<br />

in Davos direkt an die Verantwortung<br />

von multinationalen Unternehmen und<br />

initiierte die Gründung des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>. Dieser fordert Unternehmen<br />

auf, sich an zehn Nachhaltigkeitszielen,<br />

zu denen neben den Kernarbeitsnormen<br />

und Menschenrechten auch ökologische<br />

Standards gehören, zu orientieren.<br />

Die Initiative wurde allerdings vom<br />

Start an von der Zivilgesellschaft auch<br />

mit Skepsis begleitet, da für den <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> keine eigene Überwachungsstruktur<br />

oder Nachweispflicht seitens<br />

der Unternehmen geschaffen wurde.<br />

Die Idee zum UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> hatte<br />

der Politikwissenschaftler John Ruggie,<br />

ein Berater von Kofi Annan. Sein Grundgedanke<br />

war es, Unternehmen und<br />

Wirtschaftslenker*innen dazu zu bewegen,<br />

sich zu den Nachhaltigkeitszielen<br />

zu bekennen und sich Schritt für Schritt<br />

in diese Richtung zu entwickeln. Die<br />

niedrigen Aufnahmebarrieren (nur ein<br />

Bericht zur Umsetzung) können dazu<br />

führen, dass auch Unternehmen beitreten,<br />

die möglicherweise auch gegen<br />

einzelne Leitprinzipien verstoßen. Die<br />

Skepsis, dass der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> von<br />

Unternehmen deshalb auch missbräuchlich<br />

genutzt werden kann, ist bis heute<br />

in der Zivilgesellschaft spürbar. Auf der<br />

anderen Seite ist zu beobachten, dass das<br />

Netzwerk viele Unterstützer von Unternehmensseite<br />

bekommt, die sich mit dem<br />

Beitritt auch für die menschenrechtlichen<br />

Prinzipien ausgesprochen und sich zu<br />

ihrer Umsetzung und Beachtung bekannt<br />

haben. Dies hat das Thema Wirtschaft<br />

und Menschenrechte in vielen Unternehmen<br />

sicherlich erheblich bekannter<br />

gemacht und Möglichkeiten angeboten,<br />

sich über die Umsetzung dieser Ziele<br />

auszutauschen. In der Praxis ist auf der<br />

Grundlage des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bis heute<br />

ein Netzwerk entstanden, dem eine<br />

Vielzahl von Unternehmen und anderen<br />

Akteur*innen angehört und das besonders<br />

dem Erfahrungsaustausch zur Umsetzung<br />

der zehn Prinzipien dient.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> spricht Unternehmen<br />

in ihrer eigenen Logik an, sich für<br />

Menschenrechte zu engagieren. Er ist eine<br />

wichtige Plattform, die Unternehmen<br />

deutlich machen kann, dass die Achtung<br />

der Menschenrechte eine wesentliche<br />

Voraussetzung für die gesellschaftliche<br />

Akzeptanz der Geschäftstätigkeit und<br />

für die Begrenzung imagebezogener, betrieblicher,<br />

finanzieller und rechtlicher<br />

Risiken sein kann.Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

hat sich in diesem Sinne zu einer guten<br />

Plattform des Erfahrungsaustausches<br />

zwischen Unternehmen, aber gerade auch<br />

im Austausch mit anderen Stakeholdern<br />

entwickelt und sich damit die Basis für<br />

eine wachsende Unterstützung besonders<br />

von Unternehmen erarbeitet.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

31


AGENDA<br />

Blaupause<br />

für nachhaltige Entwicklung<br />

und gesellschaftliche<br />

Verantwortung von<br />

Unternehmen<br />

„<br />

Von Prof. Dr. habil. Elisabeth Fröhlich und Prof. Dr. Tobias Viere, PRME DACH Chapter<br />

Dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten<br />

Nationen ist es gelungen, ein globales<br />

Netzwerk von Unternehmen und vielen<br />

weiteren gesellschaftlichen Akteuren zu<br />

schaffen, die sich gemeinsam zur Einhaltung,<br />

Förderung und Berichterstattung<br />

von zehn globalen Grundprinzipien in<br />

den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen,<br />

Umweltschutz und Korruptionsprävention<br />

bekennen. Das ist bereits für<br />

sich allein genommen eine große Leistung<br />

und Kraftanstrengung, die durch<br />

die erfolgreiche Berücksichtigung und<br />

Integration der lange nach der Gründung<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> verabschiedeten<br />

Sustainable Development Goals noch<br />

weiter aufgewertet wird.<br />

Auf diesen Erfolgen kann und darf<br />

sich der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> keinesfalls<br />

ausruhen, denn in allen genannten<br />

Bereichen besteht global weiterhin großer<br />

Handlungsbedarf. Die weltweiten<br />

Anstrengungen zum Klimaschutz und<br />

zum Schutz der biologischen Vielfalt<br />

reichen beispielsweise noch nicht aus,<br />

um den Planeten aus den Risikozonen<br />

im Sinne der Planetary Boundaries heraus-<br />

oder in die 1,5- und 2-Gradziele<br />

hineinzuholen. Auch Korruption und<br />

Menschenrechtsverletzungen sind bisher<br />

ungelöste Risiken in globalen Wertschöpfungsketten.<br />

Über 12.000 Unternehmen sind weltweit<br />

Teil des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks. Viele<br />

dieser Unternehmen gelten als Vorreiter<br />

für den Wandel hin zu einem nachhaltigen<br />

Wirtschaftsverständnis. Andererseits<br />

umfasst die Branche „Wasserversorgung,<br />

Abwasser- und Abfallentsorgung und<br />

Beseitigung von Umweltverschmutzungen“<br />

laut statistischem Bundesamt in<br />

<strong>Deutschland</strong> alleine rund 12.000 Einzelunternehmen.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

hat folglich ein großes Potenzial, seine<br />

Reichweite zu vervielfachen.<br />

Neben der Reichweite ist die strategische<br />

Relevanz der Prinzipien des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> im Unternehmen essenziell. Im<br />

Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

sind in den letzten Jahren mehr und<br />

mehr CEOs und Geschäftsführerinnen<br />

aktiv geworden und unterstreichen die<br />

zentrale Rolle von Nachhaltigkeitsthemen<br />

für ihre Unternehmen. Das zeigt<br />

sich beispielsweise an Schattenpreisen<br />

für Treibhausgase oder strategischen Zielsetzungen,<br />

schon bis 2030 Klimaneutrali-<br />

32 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


20 JAHRE GLOBAL COMPACT<br />

tät zu erreichen. Nachhaltigkeitsthemen<br />

werden in einigen Unternehmen zum<br />

integralen Bestandteil der Strategien. Die<br />

Notwendigkeit einer klaren strategischen<br />

Verankerung und vollumfänglichen<br />

Integration von Nachhaltigkeit in allen<br />

Funktionsbereichen von Unternehmen<br />

ist ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld für<br />

den UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

Neben Unternehmen sind über 3.000<br />

andere Organisationen (Nichtregierungsorganisationen,<br />

Forschungseinrichtungen<br />

etc.) Teil des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und<br />

ermöglichen einen Multi-Stakeholder-<br />

Ansatz. Diese Stärke gewinnt angesichts<br />

zunehmender Spannungen innerhalb<br />

von Gesellschaften und gravierender<br />

gesellschaftlicher Veränderungen, z.B.<br />

in Folge der Digitalisierung, weiter an<br />

Bedeutung. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> kann<br />

dazu beitragen, Foren zu schaffen, die<br />

es Vertreterinnen und Vertretern aus<br />

Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft<br />

und Wirtschaft ermöglichen, in den<br />

Dialog zu treten und gemeinsam nach<br />

Lösungen zu suchen. Zugleich muss es<br />

die Aufgabe des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sein,<br />

diesen unterschiedlichen Akteuren eine<br />

Plattform zu bieten, wo sie sich ernst<br />

genommen fühlen und ihr Engagement<br />

zu Veränderungen führt.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

hat in 20 Jahren<br />

viel erreicht und<br />

Ideen und Formate<br />

entwickelt, um<br />

nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

gemeinsam mit<br />

Unternehmen und<br />

Gesellschaft<br />

„voranzutreiben.<br />

Um die zehn Prinzipien des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> und die 17 Nachhaltigkeitsziele<br />

der Vereinten Nationen in Unternehmen<br />

erfolgreich umsetzen zu können, bedarf<br />

es exzellent ausgebildeter Fach- und<br />

Führungskräfte. Entsprechend hochwertige<br />

Weiter- und Ausbildungsangebote<br />

zu schaffen, muss eine weitere<br />

Zukunftsaufgabe des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

sein. Eine enge Verzahnung des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> mit seiner Schwesterorganisation,<br />

den Principles for Responsible<br />

Management Education (PRME)<br />

der Vereinten Nationen, kann hierbei<br />

Synergien schaffen und muss zukünftig<br />

weiter ausgebaut werden. Responsible<br />

Management Education gehört zu den<br />

wichtigsten Herausforderungen von<br />

Hochschulen und Universitäten. Nicht<br />

nur die Wirtschaftswissenschaften sind<br />

von diesem Wandel betroffen, sondern<br />

jede universitäre Disziplin, die Managementaufgaben<br />

in Unternehmen beeinflusst.<br />

Gerade vor dem Hintergrund der<br />

aktuellen Pandemie wird die Bedeutung<br />

von nachhaltiger Bildung evident. Ein<br />

interdisziplinärer Ansatz im Zusammenwirken<br />

von PRME und dem UNGC<br />

kann hier als einer der wesentlichen<br />

Meilensteine der Weiterentwicklung<br />

des UNGC gesehen werden.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> hat in 20 Jahren<br />

viel erreicht und Ideen und Formate<br />

entwickelt, um nachhaltige Entwicklung<br />

gemeinsam mit Unternehmen und<br />

Gesellschaft voranzutreiben. Zugleich<br />

hat der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bisher nur eine<br />

Blaupause geschaffen. Erst wenn die<br />

Erfolgsbeispiele der letzten 20 Jahre tausendfach<br />

kopiert und weiterentwickelt<br />

werden und eine große Mehrheit der Unternehmen<br />

weltweit im Sinne der zehn<br />

Prinzipien und 17 SDGs handelt, kann<br />

der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> beginnen, seine<br />

Mission als erfolgreich zu bezeichnen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

33


AGENDA<br />

Das Deutsche<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk<br />

in Zahlen<br />

34 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ZAHLEN UND FAKTEN<br />

DGCN Teilnehmende<br />

631<br />

Unterzeichner<br />

569 |<br />

Unternehmen<br />

62<br />

Non-Business<br />

56 %<br />

der Unternehmen sind KMU<br />

80 %<br />

DAX 30 sind Unterzeichner<br />

48 %<br />

der MDAX sind Unterzeichner<br />

7.1 Mio.<br />

Arbeitnehmer*innen<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

35


AGENDA<br />

Entwicklung UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Unterzeichner in <strong>Deutschland</strong><br />

Die Teilnehmerzahl des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes hat sich kontinuierlich von Jahr zu Jahr gesteigert. Brauchte es<br />

anfangs sieben Jahre, um die Marke von über 100 Teilnehmenden zu überschreiten, so erfolgt der gleiche Zuwachs seitdem<br />

durchschnittlich innerhalb von drei Jahren. Den größten Schub erlebte das Netzwerk im letzten Jahr mit über 20 Prozent bzw.<br />

107 Neumitgliedern.<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

631<br />

524<br />

488<br />

451<br />

407<br />

391<br />

355<br />

325<br />

293<br />

240<br />

198<br />

181<br />

153<br />

120<br />

95<br />

7 10 15 28 39 57<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

2016<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

<strong>2020</strong><br />

Entwicklung Beitritt und Austritt (Delisted) beim DGCN<br />

Die Teilnahme am UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist seit 2005 mit der Pflicht verknüpft, einen jährlichen Fortschrittsbericht (CoP) zu<br />

veröffentlichen. Seit 2013 müssen auch zivilgesellschaftliche Teilnehmende einen "Communication on Engagement" (COE)<br />

veröffentlichen. Diese Pflichten sorgen bei kleineren Unternehmen und NGOs für eine kontinuierliche Zahl an Austritten.<br />

120<br />

beigetreten/joined<br />

ausgetreten/delisted<br />

111<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

38<br />

33 33<br />

26<br />

19<br />

13 11<br />

7<br />

3 5<br />

5<br />

0 0 0 0 0 1 0 1 0<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

75<br />

64<br />

67<br />

67 67<br />

55 56<br />

48<br />

47 46<br />

40<br />

39<br />

31<br />

30<br />

22<br />

23<br />

14 15 16<br />

19<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

2016<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

9<br />

<strong>2020</strong><br />

36 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ZAHLEN UND FAKTEN<br />

Aufteilung nach Stakeholdergruppen<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – und auch das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk – definiert sich ausdrücklich als Multi-Stakeholder-<br />

Plattform, an der Teilnehmende sowohl aus der Wirtschaft, der Politik, der Wissenschaft als auch der Zivilgesellschaft mitwirken.<br />

Das spiegelt auch die Aufteilung im deutschen Netzwerk wieder. Da der Grundgedanke der Initiative war, Unternehmen<br />

einzubinden, ist diese Gruppe traditionell die größte.<br />

Stiftung<br />

2<br />

Unternehmen<br />

569<br />

NGO<br />

26<br />

Wissenschaft<br />

15<br />

Wirtschaftsverband<br />

13<br />

Öffentlicher Sektor<br />

6<br />

Aufteilung nach Unternehmensgröße<br />

Der Ausgangsgedanke des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan war es, <strong>Global</strong>isierung gerecht zu gestalten. Deshalb<br />

waren zunächst vor allem große, global agierende Unternehmen eingeladen, sich an der Initiative zu beteiligen. Seitdem sind<br />

aber auch immer mehr Klein- und mittelständische Teilnehmer hinzugekommen und spiegeln heute die Vielfalt der deutschen<br />

Wirtschaft wieder.<br />

KMU/317<br />

56 %<br />

Großunternehmen/252<br />

44 %<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

37


AGENDA<br />

Anzahl der Unternehmen nach Mitarbeiter*innen<br />

Der Blick auf die Zahl der Mitarbeitenden zeigt, dass das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk die ganze Bandbreite an<br />

Unternehmen wiedergibt. Ganz kleine Unternehmen, Selbständige und kleine Handwerksbetriebe sind nach eigenem<br />

Selbstverständnis jedoch nicht Teil der Initiative und entsprechend gering vertreten.<br />

100<br />

80<br />

84<br />

77<br />

KMU<br />

56 % 44 %<br />

Großunternehmen<br />

60<br />

64<br />

40<br />

20<br />

0<br />

4<br />

0–9<br />

10–25<br />

25–50<br />

50–100<br />

47<br />

100–150<br />

22<br />

150–200<br />

19<br />

200–250<br />

38<br />

250–500<br />

31<br />

500–1.000<br />

41<br />

1.000–2.500<br />

27<br />

2.500–5.000<br />

30<br />

5.000–10.000<br />

34<br />

10.000–25.000<br />

10<br />

25.000–50.000<br />

16<br />

50.000–100.000<br />

13<br />

100.000–250.000<br />

6<br />

250.000–500.000<br />

1<br />

mehr als 500.000<br />

Großunternehmen und KMU nach Branchen<br />

Traditionell sind Unternehmen der deutschen Industrie stark vertreten. Das gilt insbesondere für die Automobilindustrie, ihre<br />

Zulieferer sowie den Maschinenbau. Aber auch Chemie- und Pharmaindustrie und Telekommunikation habe eine lange Tradition<br />

im deutschen Netzwerk.<br />

150<br />

Großunternehmen<br />

KMU<br />

92<br />

67<br />

100<br />

52<br />

19<br />

51<br />

30<br />

50<br />

0<br />

1<br />

2<br />

Immobilien<br />

5<br />

4<br />

Nahrung/<br />

Genuss<br />

6<br />

4<br />

Werkstoffe/<br />

Werkstoffverarbeitung<br />

6<br />

4<br />

Tourismus/<br />

Freizeit<br />

7<br />

14<br />

Wohnen/<br />

Einrichtung<br />

7<br />

17<br />

Automobil-/<br />

Fahrzeugbau<br />

13<br />

11<br />

Handel/<br />

Konsumgüter<br />

18<br />

9<br />

Gesundheit/<br />

Pharma<br />

20<br />

8<br />

Telekommunikation/<br />

Medien<br />

10<br />

21<br />

Bau, Energie- und<br />

Umweltwirtschaft<br />

15<br />

18<br />

Finanzen/Banken<br />

14<br />

19<br />

Chemie<br />

Sonstige<br />

Technik<br />

Industrielle<br />

Zulieferer/<br />

Dienstleistungen<br />

38 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ZAHLEN UND FAKTEN<br />

Großunternehmen Top 10 Branchen<br />

Die ersten Teilnehmer des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks waren Dax-30 Unternehmen. Es folgten viele Industrieunternehmen<br />

aus den gleichen Branchen. Die allermeisten Mitglieder waren dabei im B2B-Geschäft oder verstanden ihre Teilnahme in<br />

diesem Kontext. In den letzten Jahren stoßen immer mehr Unternehmen aus Handel und dem Konsumgüterbereich hinzu.<br />

Automobil- und<br />

Fahrzeugbau<br />

8 %<br />

Handel und Konsumgüter<br />

5 %<br />

Sonstige<br />

9 %<br />

Wohnen und<br />

Einrichtung<br />

6 %<br />

Gesundheit und Pharma<br />

4 %<br />

Industrielle Zulieferer<br />

und Dienstleistungen<br />

30 %<br />

Finanzen<br />

und Banken<br />

8 %<br />

Technik<br />

13 %<br />

Chemie<br />

8 %<br />

Bau, Energie- und<br />

Umweltwirtschaft<br />

9 %<br />

KMU Top 10 Branchen<br />

Auch im Segment der mittelständischen Unternehmen stehen zumeist B2B-Beziehungen zu anderen Unternehmen im Blickpunkt.<br />

Das ist der Natur der zehn Prinzipien geschuldet: Ihre Umsetzung hat gerade in Lieferantenbeziehungen und Geschäften<br />

zwischen Unternehmen eine zentrale Bedeutung. Das Durchsetzen dieser Prinzipien entlang der Wertschöpfungskette ist<br />

zweifelsohne der bedeutendste Hebel des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

Finanzen und<br />

Banken<br />

5 %<br />

Gesundheit<br />

und Pharma<br />

6 %<br />

Handel und Konsumgüter<br />

4 %<br />

Chemie<br />

5 %<br />

Bau, Energie- und Umweltwirtschaft<br />

3 %<br />

Automobil- und<br />

Fahrzeugbau<br />

2 %<br />

Industrielle Zulieferer<br />

und Dienstleistungen<br />

32 %<br />

Telekommunikation<br />

und Medien<br />

7 %<br />

Technik<br />

18 %<br />

Sonstige<br />

18 %<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

39


CHRIFT<br />

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AGENDA<br />

16<br />

Jahrbücher<br />

Jahrbücher<br />

436<br />

Best Practice-Beispiele<br />

Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />

itäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />

h zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />

setzen – im eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />

ieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich<br />

nalen Ordnung.<br />

bers of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />

hat this book will encourage even more companies to<br />

iples and carry them out with commitment – in their own<br />

ndaries. We need this involvement of<br />

justice in the international order.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

global Unternehmerische<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Verantwortung compact muss ein<br />

Eckpfeiler werden für ethische<br />

und stabile Märkte.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />

Durch Vorbilder und Kooperationen<br />

global<br />

compact<br />

in Initiativen und Netzwerken können<br />

wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />

als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />

schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />

sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />

sage ich von Herzen Dank.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2011<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

en <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Jahrbuch einen großen Leserkreis.<br />

trengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />

g nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />

und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />

<strong>Compact</strong> Yearbook a large readership. May it<br />

creative and successful partnerships that not only give<br />

, above all, make it possible to experience<br />

s and positive developments.<br />

2008<br />

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30,00 EUR<br />

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2010<br />

2011<br />

usiness leaders to embrace<br />

act as an organizing tool<br />

perations. Ensure that<br />

sidiaries and supply chain<br />

<strong>Compact</strong> as both a<br />

ide and a moral compass.<br />

Ban Ki-moon,<br />

Secretary General of the United Nations<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global Today it is increasingly clear<br />

that UN objectives – peace,<br />

security,<br />

compact<br />

development go hand-inhand<br />

with prosperity and growing<br />

markets.<br />

If societies fail, so will markets.<br />

Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

2007<br />

25,00 EUR<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />

»<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Let us choose to unite the power<br />

compact<br />

of markets with the authority of<br />

universal ideals. Let us choose to<br />

reconcile the creative forces of private<br />

«<br />

entrepeneurship with the needs of the<br />

disadvantaged and the requirements<br />

of future generations.<br />

Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

global<br />

compact<br />

2006<br />

25 | 30 US$<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

2005<br />

40 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ZAHLEN UND FAKTEN<br />

Klimaschutz, Menschenrechte<br />

oder Lieferkette: Mit<br />

welchen Themen haben<br />

sich die Unternehmen in den<br />

letzten Jahren am meisten<br />

beschäftigt? Eine Analyse der<br />

Best Practice-Beispiele der<br />

deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Jahrbücher seit 2004 zeigt:<br />

Ganz vorne mit dabei ist unter<br />

anderem die Wertschöpfungskette.<br />

Darüber hinaus<br />

veränderten sich sowohl die<br />

zentralen Themen als auch<br />

die Zuordnung der SDGs im<br />

Laufe der Jahre kaum.<br />

Von Darja Ljubin und Elena Köhn<br />

Das Jahrbuch „<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>“ diskutiert seit<br />

seinem Start im Jahr 2004<br />

nicht nur aktuelle, globale<br />

Entwicklungen und Ereignisse rund<br />

um die Themen Wirtschaft, Politik,<br />

Gesellschaft und Nachhaltigkeit. Die<br />

Publikation stellt auch in Form von Best<br />

Practice-Beispielen dar, wie Unternehmen<br />

die zehn Prinzipien des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> (UNGC) erfolgreich in ihre Praxis<br />

integrieren. Seit ihrer Einführung<br />

2015 im Rahmen der Agenda 2030 für<br />

nachhaltige Entwicklung spielen zudem<br />

die Sustainable Development Goals<br />

(SDGs) eine zentrale Rolle. Aber welche<br />

Themenfelder waren für die Unternehmen<br />

im Laufe der Zeit am relevantesten?<br />

Und zu welchen SDGs konnten sie den<br />

meisten Beitrag leisten?<br />

Viel Wertschöpfungskette,<br />

wenig Reporting<br />

Ein Blick auf die Unternehmensbeiträge<br />

der Jahre 2004 bis 2019 macht deutlich:<br />

Auf Platz Eins steht das Thema Wertschöpfungskette.<br />

Damit beschäftigte<br />

sich über ein Drittel der Unternehmen<br />

– und zwar konstant über die Jahre hinweg.<br />

Dieses Themenfeld kommt in allen<br />

Publikationen mit einem Inhaltsanteil<br />

von mindestens 21 Prozent vor. Im Jahrbuch<br />

aus dem Jahr 2013 wurde die Wertschöpfungskette<br />

sogar in über der Hälfte<br />

der Unternehmensbeiträge besprochen.<br />

An zweiter und dritter Stelle befinden<br />

sich die Themen Arbeits- und Menschenrechte<br />

(fast 27 Prozent) sowie Klima- und<br />

Umweltschutz (mehr als 23 Prozent). Sie<br />

kommen in allen Jahrbüchern seit 2004<br />

vor, orientieren sich aber auch am aktuellen<br />

Zeitgeschehen. So befassten sich<br />

die Best Practice-Beispiele in den Jahren<br />

2015 und 2016, während der akuten<br />

Flüchtlingskrise, ausgeprägter mit dem<br />

Thema Arbeits- und Menschenrechte.<br />

Der Klima- und Umweltschutz und auch<br />

die Digitalisierung gewannen hingegen<br />

in den letzten Jahren zunehmend an<br />

Prominenz (siehe Abbildungen 1 und 2).<br />

SDG 12 im Fokus aller Branchen<br />

Betrachtet man nun, auf welche SDGs<br />

sich die Unternehmen fokussieren, fällt<br />

auf, dass diese tendenziell deckungsgleich<br />

mit den Themen der Best Practice-<br />

Beispiele sind. So griffen die Unternehmen<br />

SDG 12 (Nachhaltige/r Konsum und<br />

Produktion), SDG 13 (Maßnahmen zum<br />

Klimaschutz) und SDG 8 (Menschenwürdiges<br />

Arbeits- und Wirtschaftswachstum)<br />

am häufigsten auf. Schlusslichter sind<br />

SDG 2 (Kein Hunger), SDG 5 (Geschlechtergleichheit),<br />

SDG 6 (Sauberes Wasser<br />

und Sanitäreinrichtungen) und SDG<br />

14 (Leben unter Wasser) mit einem Anteil<br />

von jeweils knapp über und zum<br />

Teil sogar unter einem Prozent (siehe<br />

Abbildung 3).<br />

Aber für welche Branchen sind welche<br />

SDGs am relevantesten? Insgesamt beteiligten<br />

sich an den Best Practice-Beispielen<br />

vor allem die Wirtschaftszweige Chemie,<br />

Technik, Dienstleistungen und Automobil-<br />

und Fahrzeugbau. Seltener oder<br />

gar nicht waren hingegen Unternehmen<br />

aus den Bereichen Industrielle Zulieferer,<br />

Werkstoffe und Werkstoffverarbeitung<br />

sowie Immobilien mit dabei (siehe Abbildung<br />

4).<br />

Die Unternehmen aus der Chemiebranche<br />

legten ihren Fokus am häufigsten<br />

auf SDG 12 (zu fast 25 Prozent). Auch<br />

SDG 8 und SDG 9 haben hohe Relevanz<br />

in diesen Beiträgen. Im Vergleich dazu<br />

waren SDG 5 und SDG 6 sowie die SDGs<br />

11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden)<br />

und 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke<br />

Institutionen) für die Chemiebranche<br />

weniger interessant.<br />

Ähnlich sieht es auch in den Bereichen<br />

Technik sowie Automobil- und Fahrzeugbau<br />

aus. Beide Branchen förderten<br />

SDG 12, SDG 9 und SDG 13 mit Anteilen<br />

zwischen 13 und 18 Prozent am stärksten.<br />

Die Unternehmen aus dem Technikzweig<br />

widmeten sich dafür eher weniger SDG 1<br />

und SDG 2. Darüber hinaus kommen<br />

SDG 14 und 15 in keinem der Beiträge<br />

aus der Technikbranche vor. Der Automobil-<br />

und Fahrzeugbau vernachlässigte<br />

vor allem SDG 14. Lediglich knapp ein<br />

Prozent der Best Practice-Beispiele aus diesem<br />

Wirtschaftszweig diskutierte dieses<br />

Ziel. SDG 2 und SDG 7 (Bezahlbare und<br />

saubere Energie) wurden sogar überhaupt<br />

nicht erwähnt. Im Dienstleistungssektor<br />

decken sich die Ergebnisse ebenfalls<br />

größtenteils (siehe Abbildung 5).<br />

Zur Methode<br />

Diese Untersuchung basiert auf einer<br />

Textanalyse von 436 Beiträgen aus den<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> Jahrbüchern<br />

von 2004 bis 2019. Diese Best<br />

Practice-Beispiele wurden nach den<br />

Faktoren Branche, Thema und SDGs<br />

ausgewertet. Die komplette Auswertung<br />

der Themenfelder sowie der SDGs in den<br />

Jahren 2004 bis 2014 beruht auf nachträglichen<br />

Einschätzung durch die Autorinnen.<br />

Die anschließende Zuordnung<br />

der UN-Entwicklungsziele basiert auf<br />

Angaben der jeweiligen Unternehmen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

41


AGENDA<br />

Abb. 1 | Verteilung nach Themen (Mehrfachnennungen möglich; n=436; Zeitraum 2004 – 2019)<br />

33 %<br />

Wertschöpfungskette<br />

27 %<br />

24 %<br />

Umwelt, Klimaschutz<br />

7 %<br />

4 %<br />

Korruptionsprävention<br />

4 %<br />

Inclusive<br />

Business<br />

Arbeits- und<br />

2 %<br />

Menschenrechte Digitalisierung Reporting<br />

Abb. 2 | Verteilung der Themen nach Jahren (Mehrfachnennungen möglich; n=436; Angaben in Prozent)<br />

29<br />

6<br />

4<br />

5<br />

Arbeits- und<br />

Menschenrechte<br />

Digitalisierung<br />

Inclusive Business<br />

Korruptionsprävention<br />

2<br />

Reporting 0<br />

23<br />

Umwelt, Klimaschutz<br />

30 32 29<br />

4<br />

0<br />

11<br />

26<br />

17<br />

2<br />

26 3<br />

14<br />

12<br />

31 33 32<br />

24<br />

28 29 29<br />

5<br />

0<br />

0 0<br />

2<br />

5<br />

9<br />

3 2 5 3<br />

0 7 13<br />

2 3 2 3 5<br />

3<br />

3<br />

0<br />

2<br />

0 0<br />

22 0 3<br />

12 9<br />

3<br />

0 0<br />

2<br />

2<br />

5<br />

25<br />

38 38<br />

31<br />

24<br />

10<br />

17<br />

8<br />

53<br />

3<br />

3<br />

0<br />

3<br />

4 17<br />

46<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0<br />

8<br />

20<br />

20<br />

2<br />

0<br />

4<br />

20<br />

13<br />

15<br />

5<br />

3<br />

0<br />

36<br />

18<br />

10<br />

3<br />

0<br />

3<br />

40<br />

31 Wertschöpfungskette 30<br />

22<br />

36<br />

44<br />

25 22 22<br />

33<br />

43<br />

52<br />

29<br />

22<br />

31 33<br />

28 28<br />

Ø<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

2016<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

42 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ZAHLEN UND FAKTEN<br />

Abb. 3 | Verteilung nach SDGs (Mehrfachnennungen möglich; n=436; Zeitraum 2004 – 2019)<br />

17 %<br />

12 % 12 %<br />

8 %<br />

5 % 4 %<br />

3 %<br />

13 %<br />

3 %<br />

2 %<br />

2 %<br />

7 %<br />

5 %<br />

2 %<br />

1 %<br />

1 %<br />

1 %<br />

Abb. 4 | Verteilung der Branchen nach Jahren (Mehrfachnennungen möglich; n=436; Angaben in Prozent)<br />

30<br />

Weitere<br />

30 27<br />

25<br />

29 29<br />

25<br />

24<br />

33<br />

27<br />

38<br />

29<br />

28<br />

31 32 31<br />

42<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

12<br />

Informations- und<br />

Kommunikationstechnik<br />

Transport und Logistik<br />

Gesundheit, Medizin<br />

und Pharma<br />

Automobil- und<br />

Fahrzeugbau<br />

Dienstleistungen<br />

15<br />

10<br />

5<br />

15<br />

10<br />

13<br />

10<br />

13<br />

10<br />

13<br />

10<br />

9<br />

10 3<br />

6<br />

10<br />

12<br />

6<br />

9 13<br />

9 6<br />

12 13<br />

4<br />

7<br />

14<br />

11<br />

11<br />

10<br />

7<br />

7<br />

10<br />

10<br />

3<br />

7<br />

10<br />

10<br />

17<br />

3<br />

6<br />

12<br />

15<br />

9<br />

3<br />

7<br />

7<br />

10<br />

10<br />

4<br />

7<br />

7<br />

11<br />

14<br />

3<br />

6<br />

9<br />

9<br />

16<br />

3<br />

3<br />

9<br />

9<br />

16<br />

6 7<br />

9 10<br />

6<br />

7<br />

9<br />

7<br />

15 17<br />

4<br />

8<br />

8<br />

13<br />

12<br />

Technik<br />

5<br />

15<br />

13<br />

13<br />

15 13<br />

18<br />

17<br />

10<br />

18<br />

10<br />

14<br />

13<br />

9<br />

9<br />

3<br />

8<br />

0<br />

13<br />

Chemie<br />

5<br />

10<br />

13<br />

9 10 11<br />

14<br />

10<br />

9<br />

14 14 16<br />

19<br />

15 17 17<br />

Ø<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

2016<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

43


AGENDA<br />

Abb. 5 | Verteilung nach SDGs und Branchen (Mehrfachnennungen möglich, n=436; Zeitraum 2004 – 2019)<br />

Automobil- und Fahrzeugbau 1 0 10 9 0 2<br />

Bau 0 0 1 1 0 0<br />

Chemie 2 5 5 6 1 1<br />

Dienstleistungen 4 2 5 9 4 2<br />

Energie- und Umweltwirtschaft 2 0 1 2 0 2<br />

Finanzen 2 0 1 3 0 0<br />

Gesundheit, Medizin & Pharma 4 8 16 8 5 2<br />

Handel & Konsumgüter 2 1 2 8 1 2<br />

Industrielle Zulieferer 0 0 1 5 2 1<br />

Informations- und Kommunikationstechnik 0 0 0 6 1 0<br />

Nahrung & Genuss 1 4 2 0 1 0<br />

Sonstige 4 0 1 6 0 0<br />

Technik 1 1 8 9 2 3<br />

Textil & Mode 0 0 1 5 0 0<br />

Tourismus & Freizeit 0 0 1 1 0 0<br />

Transport & Logistik 2 3 6 11 2 0<br />

Werkstoffe & Werkstoffverarbeitung 0 0 0 0 0 0<br />

Wohnen & Einrichtung 0 0 0 1 0 0<br />

44 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ZAHLEN UND FAKTEN<br />

0 8 17 5 7 18 16 1 4 5 12<br />

1 0 4 1 3 2 1 0 0 0 1<br />

3 15 15 2 0 25 13 1 0 7 0<br />

2 25 8 6 2 20 16 1 4 12 12<br />

16 1 11 0 5 4 11 2 3 0 2<br />

2 4 5 4 1 8 5 1 1 0 4<br />

5 7 17 3 1 20 11 0 0 1 14<br />

0 11 4 2 0 12 6 0 1 1 1<br />

5 6 8 4 3 7 7 0 0 2 0<br />

5 11 5 5 3 13 9 0 0 8 8<br />

0 2 3 0 0 5 3 1 2 0 0<br />

1 11 7 1 1 7 3 1 3 5 11<br />

13 18 21 2 4 27 21 0 0 5 4<br />

1 6 2 2 0 5 4 0 0 0 1<br />

1 1 2 0 1 4 5 0 1 0 0<br />

1 8 8 2 6 12 19 2 2 2 14<br />

0 3 2 0 1 2 3 0 0 0 1<br />

1 3 0 0 0 5 4 0 0 0 0<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

45


AGENDA<br />

46 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Die Dekade zum<br />

Handeln ist<br />

JETZT<br />

Die Themen,<br />

Initiativen und<br />

Publikationen<br />

auf einen Blick<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

47


AGENDA<br />

Menschenrechte<br />

PRINZIPIEN 1, 2<br />

Menschenrechte sind ein zentraler<br />

Grundpfeiler offener, inklusiver und demokratischer<br />

Gesellschaften. Sie umfassen<br />

grundlegende Rechte und Freiheiten,<br />

die allen Menschen zustehen und werden<br />

in internationalen Abkommen und nationalen<br />

Gesetzen garantiert. Auch Unternehmen<br />

können durch ihre Aktivitäten<br />

Auswirkungen auf die Menschenrechte<br />

haben – positiver, aber auch negativer<br />

Art; direkt und indirekt.<br />

Die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien 1 und<br />

2 rufen Unternehmen deshalb dazu<br />

auf, ihren Beitrag zur Einhaltung der<br />

Menschenrechte zu leisten.<br />

Die zweite Säule der im Jahr 2011 veröffentlichten<br />

UN-Leitprinzipien für Wirtschaft<br />

und Menschenrechte konkretisiert<br />

die Verantwortung von Unternehmen, die<br />

Menschenrechte zu achten und durch<br />

angemessene Sorgfaltsprozesse Verstößen<br />

vorzubeugen. Die Erfüllung ihrer menschenrechtlichen<br />

Sorgfaltspflicht fordert<br />

von Unternehmen ein Umdenken: Im<br />

Vordergrund stehen nicht die Risiken für<br />

Unternehmen, sondern die Risiken für<br />

Betroffene möglicher Menschenrechtsverletzungen.<br />

Für Unternehmen geht es also<br />

darum, ihre Verbindung zu möglichen<br />

Menschenrechtsverstößen zu verstehen<br />

und ihren Einfluss zu nutzen, diese zu<br />

adressieren.<br />

Initiativen und Projekte<br />

Das Infoportal mr-sorgfalt.de stellt<br />

umfassende Informationen bereit, die<br />

Unternehmen bei der Konzeption und<br />

Weiterentwicklung ihrer menschenrechtlichen<br />

Sorgfaltsprozesse unterstützen.<br />

Die vom DGCN entwickelte<br />

Plattform bietet sowohl Orientierung für<br />

den Einstieg in die Thematik als auch<br />

vertiefende Materialien und weiterführenden<br />

Ressourcen zu spezifischen Umsetzungsfragen.<br />

Auf dem Portal können<br />

auch die Aufzeichnungen der DGCN-<br />

Webinarreihe zu menschenrechtlicher<br />

Sorgfalt angesehen werden.<br />

Im Juli <strong>2020</strong> wurde das Projekt „Business<br />

and human rights: towards a decade<br />

of global implementation“ oder<br />

kurz „UNGPs 10+“ ins Leben gerufen.<br />

Ziel des Projektes ist die Entwicklung<br />

einer Vision, um die UNGPs bis 2030<br />

breitflächiger und tiefgehender umzusetzen.<br />

Schwerpunkte liegen auf<br />

effektiven verbindlichen Regulierungen<br />

und der Rolle von Akteuren aus dem<br />

Finanzsektor. Das Projekt wird von der<br />

UN-Arbeitsgruppe für Wirtschaft und<br />

Menschenrechte in Zusammenarbeit mit<br />

Partnern wie dem UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

durchgeführt.<br />

48 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Publikationen<br />

Zuhören lohnt sich<br />

Hrsg.: Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk | 2018<br />

ZUHÖREN LOHNT SICH<br />

Menschenrechtliches Beschwerdemanagement<br />

verstehen und umsetzen<br />

Ein Leitfaden für Unternehmen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk <strong>Deutschland</strong><br />

Dieser Leitfaden soll Unternehmen mithilfe praxisnaher Anleitungen<br />

dabei unterstützen, effektive Prozesse zum Management menschenrechtlicher<br />

Beschwerdemechanismen zu entwickeln. Anhand von drei<br />

konkreten Schritten wird aufgezeigt, wie Unternehmen bestehende<br />

Ansätze überprüfen und stärken können, um Betroffenen effektiven<br />

Zugang zu Abhilfe zu bieten und Beschwerdemechanismen zu gestalten,<br />

die den Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft<br />

und Menschenrechte gerecht werden.<br />

Business and Human Rights: Navigating the legal landscape<br />

Hrsg.: Freshfields Bruckhaus Derrnger LLP | <strong>2020</strong><br />

Business and Human Rights<br />

Navigating the legal landscape<br />

Der Leitfaden informiert über die sich entwickelnde Rechtslandschaft<br />

im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte und die sich<br />

daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen für multinationale<br />

Unternehmen. Multinationale Unternehmen müssen sich mit immer<br />

komplexeren Menschenrechtsverpflichtungen auseinandersetzen.<br />

Sie haben die Verantwortung, Menschenrechtsrisiken zu identifizieren<br />

und Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu mindern<br />

oder öffentlich bekannt zu machen. Dieses Thema ist besonders für<br />

Fachleute relevant, die mit der Einbettung von Nachhaltigkeits- und<br />

Menschenrechtsüberlegungen in ihre Geschäftsstrategie betraut sind.<br />

NAVIGATING<br />

THE FUTURE OF<br />

BUSINESS AND<br />

HUMAN RIGHTS<br />

GOOD PRACTICE EXAMPLES<br />

Navigating the Future of Business and Human Rights<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2019<br />

Die Publikation skizziert, wie Unternehmen die Menschenrechte in<br />

ihre Unternehmensstrategien einbinden und menschenzentrierte<br />

Lösungen für die wachsenden globalen Herausforderungen vorantreiben<br />

können. Der Bericht präsentiert Momentaufnahmen bewährter<br />

Praktiken von Unternehmen, die am UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> teilnehmen,<br />

hebt Einblicke von lokalen Netzwerken des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> auf der<br />

ganzen Welt hervor und stellt Initiativen vor, die sieben Hauptthemen<br />

vorantreiben: Zukunft der Arbeit, Klimagerechtigkeit, wirksame Abhilfeund<br />

Beschwerdemechanismen, Migrantenrechte, Gleichstellung der<br />

Geschlechter, Sorgfaltspflicht und Bekämpfung der Arbeitsarmut.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

49


AGENDA<br />

Arbeitsnormen<br />

PRINZIPIEN 3, 4, 5, 6<br />

Die Prinzipien 3, 4, 5 und 6 des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> betreffen die Einhaltung der<br />

Kernarbeitsnormen der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation (ILO). Sie behandeln<br />

das Recht auf Vereinigungsfreiheit und<br />

Kollektivvereinbarungen, das Verbot<br />

von Zwangs- und Kinderarbeit sowie<br />

von Diskriminierung am Arbeitsplatz.<br />

Trotz Fortschritten in vielen Feldern<br />

bleiben alarmierende Defizite: Wie<br />

auch der UNGC Progress Report aufzeigt,<br />

leiden 24,9 Millionen Menschen weltweit<br />

noch immer unter Zwangsarbeit,<br />

schätzungsweise 152 Millionen Kinder<br />

sind von Kinderarbeit betroffen, in 80<br />

Prozent der Länder wird das Recht auf<br />

Tarifverhandlungen verletzt, 54 Länder<br />

verweigern oder beschränken die Redeund<br />

Vereinigungsfreiheit und Hunderte<br />

Millionen von Menschen leiden unter<br />

Diskriminierung in der Arbeitswelt.<br />

In den vergangenen zwei Jahrzehnten<br />

hat der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> deshalb die<br />

Wirtschaft mobilisiert, um der Beachtung<br />

grundlegender Arbeitsnormen mehr<br />

Nachdruck zu verleihen – mit Blick<br />

auf die eigene Geschäftstätigkeit von<br />

Unternehmen, aber auch mit Blick auf<br />

die jeweiligen Wertschöpfungsketten.<br />

Dieser Leitgedanke fand auch Eingang<br />

in die UN-Entwicklungsziele (SDGs): So<br />

ist bei der Umsetzung von SDG 8: Menschenwürdige<br />

Arbeit und Wirtschaftswachstum<br />

die Einhaltung von Arbeitsnormen<br />

von zentraler Bedeutung, um<br />

eine nachhaltige, gerechte Gesellschaft<br />

aufzubauen, in der niemand zurückgelassen<br />

wird.<br />

Initiativen<br />

Die Allianz 8.7 ist ein globales Bündnis,<br />

das sich für die Beendigung von Sklaverei<br />

und Kinderarbeit einsetzt und zu dem<br />

auch der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> gehört.<br />

Es fungiert als Koordinator der globalen<br />

Maßnahmen zur Erreichung des SDG-<br />

Unterziels 8.7 und bringt Akteure auf<br />

allen Ebenen zusammen, um gemeinsam<br />

Strategien zu entwickeln, Wissen<br />

auszutauschen und die Umsetzung zu<br />

beschleunigen.<br />

Die Decent Work in <strong>Global</strong> Supply<br />

Chains Action Platform bringt Vertreter<br />

aus Wirtschaft, lokalen Netzwerken<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Regierungen und<br />

UN-Agenturen wie ILO und UNICEF zusammen,<br />

um an der Verbesserung der<br />

menschenwürdigen Arbeit in globalen<br />

Lieferketten zu arbeiten und aufzuzeigen,<br />

dass Respekt für Menschen- und<br />

Arbeitnehmerrechte entscheidend ist<br />

für die Verwirklichung der SDGs.<br />

50 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


© UNICEF/UNI235468/WILLOCQ<br />

UNICEF/UN0292175/SOKOL<br />

INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Publikationen<br />

Moderne Sklaverei<br />

und Arbeitsausbeutung<br />

Herausforderungen und<br />

Lösungsansätze für<br />

deutsche Unternehmen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk <strong>Deutschland</strong><br />

KAPITEL 1: WAS IST MODERNE SKLAVEREI?<br />

1<br />

Moderne Sklaverei und Arbeitsausbeutung<br />

Herausforderungen und Lösungsansätze für deutsche<br />

Unternehmen<br />

Hrsg.: Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk | 2019<br />

Situationen unfreiwilliger und ausbeuterischer Arbeit können überall<br />

vorkommen. Immer häufiger sind es wirtschaftliche Not und die Suche<br />

nach besseren Einkommensmöglichkeiten, die Menschen in die Arme<br />

und Abhängigkeit ausbeuterischer Arbeitgeber treiben. Diese Studie<br />

geht der Frage auf den Grund, was moderne Sklaverei eigentlich ist,<br />

wie sie entsteht, warum das Thema auch für deutsche Unternehmen<br />

von Bedeutung ist, und was Unternehmen tun können, um Risiken<br />

moderner Sklaverei und Arbeitsausbeutung im Zusammenhang mit<br />

ihren eigenen Aktivitäten und Lieferketten wirksam zu bekämpfen.<br />

Decent Work Toolkit for Sustainable Procurement<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | <strong>2020</strong><br />

Das Toolkit zu menschenwürdiger Arbeit mit Fokus auf Einkaufsprozesse<br />

unterstützt Unternehmen, Verantwortliche aus dem Bereich<br />

Beschaffung sowie Zulieferer, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie<br />

menschenwürdige Arbeit durch Kaufentscheidungen beeinflusst wird<br />

und gefördert werden kann. Es bietet praxisnahe Umsetzungshilfen,<br />

um Dilemmata mit Blick auf menschenwürdige Arbeit in der Lieferkette<br />

dialogbasiert und gemeinsam mit Zulieferbetrieben zu adressieren.<br />

Das Toolkit steht in verschiedenen Sprachen zur Verfügung.<br />

FAMILIENFREUNDLICHE<br />

ARBEITSPLÄTZE<br />

Ansätze und Praktiken zur<br />

Förderung menschenwürdiger<br />

Arbeit in globalen Lieferketten<br />

Familienfreundliche Arbeitsplätze: Ansätze und Praktiken<br />

zur Förderung menschenwürdiger Arbeit in globalen<br />

Lieferketten<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und UNICEF | <strong>2020</strong><br />

Der Bericht gibt Anregungen für die Förderung familienfreundlicher<br />

Praktiken und Ansätze, sowohl im eigenen Betrieb als auch in der<br />

Wertschöpfungskette. Beschäftigungsbedingungen haben nicht<br />

nur einen erheblichen Einfluss auf das Wohlergehen der Arbeitnehmenden<br />

selber, sondern auch auf ihre Kinder und Familien. Viele<br />

Beschäftigte haben Schwierigkeiten, Beruf und Familie zu vereinen.<br />

Die Beeinträchtigungen und die sozioökonomische Krise infolge<br />

von COVID-19 haben die Situation noch verschärft und die Relevanz<br />

familienfreundlicher Praktiken noch einmal unterstrichen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

51


AGENDA<br />

Umwelt- und Klimaschutz<br />

PRINZIPIEN 7, 8, 9<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und das Deutsche<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk unterstützen<br />

Unternehmen dabei, ihrer globalen und<br />

lokalen Verantwortung für die Umwelt<br />

gerecht zu werden und in einem übergreifenden<br />

Managementansatz zu verankern.<br />

Die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien 7, 8<br />

und 9 rufen Unternehmen dazu auf, bei<br />

Umweltproblemen das Vorsorgeprinzip<br />

walten zu lassen sowie Umweltbewusstsein<br />

und neue Technologien zu fördern.<br />

Neben so wichtigen Themen wie Wasser<br />

und Biodiversität, steht seit einigen<br />

Jahren insbesondere der Klimaschutz<br />

im Fokus.<br />

In Anlehnung an die Worte des UN-<br />

Generalsekretärs António Guterres ist der<br />

Klimawandel zweifelsohne das bestimmende<br />

Thema unserer Zeit. Wir befinden<br />

uns an einem kritischen Punkt: Jede<br />

Entscheidung, die jetzt getroffen wird, definiert<br />

unsere Zukunft unveränderbar. Ob<br />

wir eine durchschnittliche Erwärmung<br />

von 1,5 Grad oder 2 Grad erreichen oder<br />

sogar über beide Ziele hinausschießen,<br />

definiert unwiederbringlich das Ausmaß<br />

und die Schwere der Auswirkungen, die<br />

uns erwarten.<br />

Dem Privatsektor kommt eine Schlüsselrolle<br />

zu, wenn es darum geht, starke<br />

Marktsignale zu senden und innovative<br />

Lösungen zu entwickeln, um konkrete<br />

Pläne für eine kohlenstofffreie Wirtschaft<br />

vorzulegen. Verantwortungsvolle<br />

Unternehmen wissen, dass Klimaschutzmaßnahmen<br />

nicht nur helfen können,<br />

Klimarisiken zu minimieren, sondern<br />

auch resilientere Gemeinschaften und<br />

stabile Volkswirtschaften aufzubauen.<br />

Der Klimawandel erhöht auch den<br />

Druck auf andere gravierende Umweltprobleme.<br />

Die Übernutzung planetarer<br />

Süßwasserressourcen steht bereits<br />

seit vielen Jahren als globales Problem<br />

auf der internationalen Agenda. Auch<br />

Unternehmen widmen sich verstärkt<br />

dem Wassermanagement, nicht nur an<br />

eigenen Standorten, sondern ebenso<br />

entlang ihrer Wertschöpfungsketten,<br />

und schließen sich mit anderen Akteuren<br />

zusammen, um gemeinsam die unverzichtbare<br />

Ressource Wasser nachhaltiger<br />

zu managen.<br />

Initiativen<br />

Die „Caring for Climate“-Initiative von<br />

UNGC, UNEP und UNFCCC organisiert<br />

jährliche CEO-Treffen am Rande der<br />

Vertragsstaatenkonferenzen der UN-Klimakonvention<br />

(COP). Zu diesen Treffen<br />

werden Führungskräfte aus Wirtschaft,<br />

Industrie, Finanzen, Zivilgesellschaft, den<br />

Vereinten Nationen und den jeweiligen<br />

Regierungen eingeladen, um den unternehmerischen<br />

Beitrag zur Erreichung<br />

internationaler Klimaziele zu diskutieren<br />

und intensivieren.<br />

Die „Science Based Targets“-Initiative<br />

von CDP, UNGC, WRI und WWF setzt<br />

sich seit 2015 für wissenschaftsbasierte<br />

Klimaziele von Unternehmen ein. Unternehmen<br />

können ihre jeweiligen Reduktionsbemühungen<br />

bei der Initiative<br />

prüfen und als wissenschaftlich fundiert<br />

anerkennen lassen, wenn diese im Einklang<br />

mit dem Pariser Klimaabkommen<br />

stehen. Über 1.000 Unternehmen sind<br />

bereits im Rahmen der Initiative aktiv,<br />

und über 500 Unternehmen haben sich<br />

wissenschaftsbasierte Ziele gesetzt.<br />

Über die beim UNGC in New York angesiedelte<br />

Action Platform „Business Ambition<br />

for Climate and Health“ geben<br />

mehr als 30 große Unternehmen und<br />

fünf institutionelle Partner Denkanstöße<br />

und Impulse zum Nexus von Klima und<br />

Gesundheitspolitik. Die Plattform arbeitet<br />

dazu mit der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) zusammen, um einen neuen<br />

Rahmen für eine menschenrechtsbasierte<br />

Bewertung der klimabedingten Gesundheitsauswirkungen<br />

zu schaffen und gemeinsames<br />

Handeln zu mobilisieren.<br />

Das CEO Water Mandate ist eine Initiative<br />

des UNGC, welche Unternehmen<br />

bei der Einführung eines ganzheitlichen<br />

Wassermanagements im Sinne des Water<br />

Stewardship-Ansatzes unterstützt. Sie<br />

ermöglicht Unternehmen den Austausch<br />

bewährter und neuer Praktiken sowie<br />

die Bildung von Multi-Stakeholder-Partnerschaften<br />

zur Bewältigung globaler<br />

Wasserprobleme.<br />

52 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


1 Task Force on Climate-related Financial Disclosures: www.bit.ly/TCFDweb<br />

Deutsches <strong>Global</strong> compact Netzwerk , Diskussionspapier , sCope 3.1<br />

PraxisemPfehlungen<br />

DISCLOSURE INSIGHT ACTION<br />

2 Intergovernmental Panel on Climate Change (2014): Fifth assessment report.<br />

www.bit.ly/IPCC-Report2014<br />

Intergovernmental Panel on Climate Change (2018): <strong>Global</strong> warming of 1.5°C. An IPCC<br />

Special Report. www.bit.ly/IPCC-SpecialReport2018<br />

INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Publikationen<br />

FOUNDATIONS FOR SCIENCE-BASED<br />

NET-ZERO TARGET SETTING IN<br />

THE CORPORATE SECTOR<br />

VERSION 1.0<br />

SEPTEMBER <strong>2020</strong><br />

Science Based Targets. Foundations for Science-Based<br />

Net-Zero Target Setting in the Corporate Sector<br />

Hrsg.: SBTi | <strong>2020</strong><br />

Die Science Based Target Initiative (SBTi) veröffentlichte im September<br />

<strong>2020</strong> ein Papier zu wissenschaftsbasierten Klimazielen und Net Zero.<br />

Unternehmen finden darin erste Gedanken zu einem einheitlichen<br />

Rahmenwerk für unternehmerische Net-Zero-Ziele. Zudem wird<br />

die Wichtigkeit von Nature-Based Solutions in der Bekämpfung des<br />

Klimawandels herausgestellt.<br />

DEVELOPED BY<br />

Einführung Klimamanagement. Schritt für Schritt zu einem<br />

effektiven Klimamanagement in Unternehmen<br />

Hrsg.: DGCN | 2017<br />

Einführung<br />

Klimamanagement<br />

Schritt für Schritt zu einem<br />

effektiven Klimamanagement<br />

in unternehmen<br />

Unternehmen, die sich im Alleingang der Herausforderung stellen,<br />

ein Klimamanagementsystem zu etablieren, stellt die schiere Vielfalt<br />

an Publikationen vor gewisse Schwierigkeiten. Ziel des Leitfadens des<br />

DGCN ist es deshalb, Unternehmen konkrete Handlungsanleitungen<br />

für ein ganzheitliches Klimamanagement zu geben und existierende<br />

Publikationen mit den Inhalten dieses Leitfadens zu verbinden.<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk <strong>Deutschland</strong><br />

D i s k u s s i o n s p a p i e r<br />

as vorliegende Diskussionspapier beschreibt,<br />

wie Unternehmen mit Hilfe von Szenario-Analysen<br />

mögliche zukünftige Risiken und Chancen<br />

identifizieren, die infolge des Klimawandels<br />

Dentstehen und finanzielle Auswirkungen auf<br />

das Unternehmen entfalten können. Die Task Force on Climate-related<br />

Financial Disclosures (TCFD) wurde im Jahr<br />

2015 vom Finanzstabilitätsrat (FSB, Financial Stability<br />

Board) gegründet, um Rahmenbedingungen für eine transparente<br />

und effektive unternehmerische Klimaberichterstattung<br />

zu erarbeiten. 1<br />

Die Ergebnisse dieses Diskussionspapiers basieren auf<br />

den Empfehlungen der TCFD, den ergänzenden TCFD-Unterlagen<br />

für die Anwendung von Szenario-Analysen sowie<br />

Praxiserfahrungen aus der Peer Learning Group Klimamanagement<br />

des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) aus dem Jahr 2018. Ergänzt wurden die Inhalte<br />

durch Erkenntnisse und Ergebnisse eines Multistakeholder-Workshops<br />

des DGCN und econsense - Forum nachhaltige<br />

Entwicklung der Deutschen Wirtschaft e.V., welcher im<br />

September 2018 in Berlin stattfand. Rund 70 Teilnehmende<br />

aus Real- und Finanzwirtschaft sowie Vertreter der Zivilgesellschaft<br />

tauschten sich dabei zu der Frage aus, wie die<br />

Szenario-Analyse Unternehmen helfen kann, klimawandelbedingte<br />

finanzielle Auswirkungen zu identifizieren, zu bewerten<br />

und offenzulegen.<br />

1. HintergrunD<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk <strong>Deutschland</strong><br />

Die fortschreitende globale Erwärmung ist mit drastischen<br />

und unvorhersehbaren Folgen für Umwelt, Wirtschaft und<br />

Gesellschaft verbunden. Je stärker sich die Erde gegenüber<br />

der vorindustriellen Zeit erwärmt, desto größer ist<br />

die Wahrscheinlichkeit zunehmend katastrophaler Auswirkungen,<br />

etwa in Form von Extremwetterereignissen,<br />

Hitzewellen, Dürren, Meeresspiegelanstieg, Biodiversitätsverlust,<br />

Ernteeinbußen oder Schäden von Ökosystemen.<br />

Dies wurde durch den fünften Sachstandsbericht (2014)<br />

und den Sonderbericht (2018) des Weltklimarats unmiss-<br />

Bewertung von<br />

Klimarisiken<br />

in Unternehmen<br />

Szenario-Analyse nach den Empfehlungen der<br />

Task Force on Climate-related Financial Disclosures<br />

1) governance: Die Einbindung von Geschäftsleitung, Risikomanagement<br />

und strategischen Funktionen im Unternehmen bei der<br />

Auseinandersetzung mit Klimarisiken und -chancen ist die Voraussetzung<br />

für die erfolgreiche Ableitung von Auswirkungen auf die<br />

Geschäftsentwicklung und das Ergreifen geeigneter Maßnahmen.<br />

2) fokus auf wesentliche risiken und Chancen setzen: Die Auswahl<br />

grundsätzlich relevanter Klimarisiken und Chancen vor der<br />

Durchführung von Szenario-Analysen hilft den Fokus frühzeitig zu<br />

setzen und gezielt ausgewählte Ergebnisse der Szenarien zu betrachten.<br />

3) mindestens zwei szenarien: Die Szenario-Analyse sollte mindestens<br />

ein


1 Science Based Targets Initiative (2019): Website. www.bit.ly/ScienceBasedTargets<br />

2 CDP (2019): Website. www.bit.ly/CDP_Website<br />

3 Greenhouse Gas Protocol (2013): Technical Guidance for Calculating Scope 3<br />

Emissions. www.bit.ly/ghgp-guidance<br />

Deutsches <strong>Global</strong> compact Netzwerk , Diskussionspapier , sCope 3.1<br />

4<br />

PraxisemPfehLunGen:<br />

4 Siehe dazu Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk (2018):<br />

Scope 3.4/3.9 - Praxisempfehlungen zur Datenerhebung und Berechnung von<br />

Treibhausgasemissionen aus vor- und nachgelagertem Transport und Verteilung.<br />

www.bit.ly/DGCN_Scope-3-Logistik-Paper<br />

AGENDA<br />

Publikationen<br />

3<br />

D i s k u s s i o n s p a p i e r<br />

SCOPE<br />

1. HintergrunD<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk <strong>Deutschland</strong><br />

Immer mehr Unternehmen nehmen im Rahmen ihres<br />

Klimamanagements auch Treibhausgasemissionen<br />

(THG-Emissionen) ins Visier, die jenseits der eigenen<br />

Standortgrenzen entlang der Wertschöpfungskette entstehen.<br />

Hauptgrund hierfür sind Stakeholder- und Investoren-getriebene<br />

Initiativen wie die Science Based Targets<br />

Initiative 1 und das CDP 2 . Um diese THG-Emissionen aktiv<br />

zu reduzieren, müssen zunächst Emissionsschwerpunkte<br />

bestimmt, Daten erhoben und THG-Emissionen berechnet<br />

werden. Das Greenhouse Gas (GHG) Protocol unterscheidet<br />

15 Kategorien dieser so genannten Scope-3-Emissionen<br />

aus vor- und nachgelagerten Aktivitäten. 3 In den meisten<br />

Unternehmen stellt die erste Kategorie (Scope 3.1) einen<br />

Schwerpunkt der unternehmerischen Treibhausgasbilanz<br />

dar: Hierin erfasst sind die in der Lieferkette entstehenden<br />

THG-Emissionen aus der Produktion der eingekauften Güter<br />

und Dienstleistungen. Dazu gehören die Herstellung<br />

bzw. Rohmaterialgewinnung und die Weiterverarbeitung,<br />

ebenso wie alle bis zu den Tier-1-Lieferanten anfallenden<br />

Transporte. Hingegen fallen Transporte von Gütern zwischen<br />

den direkten Lieferanten und dem eigenen Unternehmen<br />

in die Emissionskategorie Scope 3.4, „Transport<br />

und Verteilung (vorgelagert)“. 4<br />

3.1<br />

Praxisempfehlungen zur<br />

Datenerhebung und Berechnung<br />

von Treibhausgasemissionen<br />

in der Lieferkette<br />

Die Peer Learning Group Klimamanagement wurde 2015 vom<br />

Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN) ins Leben gerufen.<br />

Im Rahmen von Webinaren und Präsenztreffen tauschen sich Experten<br />

aus deutschen Großunternehmen zu Erfahrungen rund<br />

um das unternehmerische Klimamanagement aus und erarbeiten<br />

gemeinsam konkrete Lösungsansätze. Zwei parallellaufende<br />

Arbeitsgruppen bestehen aus aktuell knapp 20 Unternehmen<br />

verschiedener Branchen, darunter Einzelhandel, Elektrogeräte,<br />

Energie, Chemie/Pharma, Dienstleistung, Finanzwirtschaft, Maschinenbau,<br />

Transport und Technologie. Die sustainable AG begleitet<br />

die Arbeitsgruppe inhaltlich und moderiert ihre Treffen. In der<br />

Vergangenheit wurden dabei Themen wie


INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Korruptionsprävention<br />

PRINZIP 10<br />

Korruption gibt es sowohl im öffentlichen<br />

und privaten Sektor als auch in<br />

allen Branchen und Ländern. Erhöhte<br />

Geschäfts- und Transaktionskosten, ein<br />

verzerrter Wettbewerb und vermindertes<br />

Wirtschaftswachstum sind nur einige<br />

der Folgen. Durch Integrität und Compliance,<br />

also Regeltreue, können Unternehmen<br />

aktiv gegen Betrug, Bestechung,<br />

Erpressung und andere Formen der Korruption<br />

vorgehen. Mit der wachsenden<br />

Bedeutung von Corporate Governance<br />

steigen auch die Anforderungen an Unternehmen.<br />

Governance beschreibt das<br />

System und die Prozesse, welche die<br />

Gesamteffektivität einer Organisation<br />

sicherstellen.<br />

In den letzten zwei Jahrzehnten haben<br />

Unternehmen sich im UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> für drei kritische Bereiche<br />

der Regierungsführung stark gemacht:<br />

Korruptionsbekämpfung, Frieden und<br />

Rechtsstaatlichkeit. Damit zahlen sie<br />

sowohl auf das SDG Ziel 16 „Frieden,<br />

Gerechtigkeit und starke Institutionen“<br />

als auch auf das 10. Prinzip des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> ein, welches im Jahr 2004 hinzugefügt<br />

wurde und auf der UN-Konvention<br />

gegen Korruption („UN Convention<br />

Against Corruption“ – UNCAC) basiert.<br />

Es ist inzwischen fester Bestandteil der<br />

Arbeit des DGCN. Im Themenbereich<br />

Korruptionsprävention kooperiert das<br />

Netzwerk mit der Allianz für Integrität<br />

und Transparency International.<br />

Initiativen<br />

Die „Peace, Justice and Strong Institutions<br />

Action Platform“ widmet sich<br />

seit 2018 der Ausgestaltung der Zusammenarbeit<br />

von Regierungen, Zivilgesellschaft<br />

und Wirtschaft mit dem Ziel der<br />

Festigung der Kooperationen, um die<br />

SDGs zu erreichen.<br />

Anti-Corruption Call to Action ist ein<br />

Appell des Privatsektors an Regierungen<br />

zur Förderung von Anti-Korruptionsmaßnahmen<br />

und zur Umsetzung von Regeln<br />

der guten Regierungsführung. Der Call<br />

to Action wurde bereits von über 250<br />

Unternehmen und Investoren aus der<br />

ganzen Welt unterzeichnet.<br />

Die Siemens-Integritätsinitiative fördert<br />

Projekte des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und<br />

seiner lokalen Netzwerke. Die Aktivitäten<br />

fokussieren sich dabei speziell auf die<br />

Förderung kollektiver Anti-Korruptionsmaßnahmen<br />

in Brasilien, Ägypten, Indien,<br />

Japan und Kenia, Nigeria und Südafrika.<br />

Die dritte Finanzierungsrunde zur Verstärkung<br />

der Korruptionsbekämpfung im<br />

Rahmen der lokalen Netzwerke des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> wurde 2019 ins Leben gerufen.<br />

Business for Peace ist eine Plattform, an<br />

der sich fast 150 führende Unternehmen<br />

und Wirtschaftsverbände aus 37 Ländern<br />

beteiligen, mit dem Ziel der Förderung des<br />

Friedens. In Anerkennung der Bedeutung<br />

von lokalem Wissen und Eigenverantwortung<br />

bei Fragen im Zusammenhang<br />

mit Frieden hat Business for Peace einen<br />

lokal ausgerichteten Ansatz gewählt, und<br />

die lokalen Netzwerke des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> spielen dabei eine zentrale Rolle.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

55


1<br />

AGENDA<br />

Publikationen<br />

PREVENTING<br />

CORRUPTION<br />

IN THE<br />

SUPPLY CHAIN<br />

HOW COMPANIES CAN ADDRESS CHALLENGES<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Network Germany<br />

Preventing Corruption in the Supply Chain. How companies<br />

can address challenges<br />

Hrsg.: Alliance for Integrity, Partnership for Sustainable Textiles,<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Network Germany | <strong>2020</strong> (Neuauflage)<br />

Eine der größten Herausforderungen bei Korruptionsvermeidung ist,<br />

dass es oft mit Menschenrechtsverletzungen und Bemühungen zur<br />

Umgehung von Umwelt- und Qualitätsstandards durch Vertragslieferanten<br />

verbunden ist. Die öffentliche Wahrnehmung konzentriert<br />

sich dabei nicht nur auf die Lieferant*innen, sondern auch auf die<br />

Unternehmen, die sie unter Vertrag genommen haben. Die Publikation<br />

hilft Unternehmen bei der erfolgreichen Umsetzung von Maßnahmen<br />

zur Verhinderung von Korruption in der Lieferkette.<br />

Korruptionsprävention<br />

ein Leitfaden<br />

für unternehmen<br />

Korruptionsprävention. Ein Leitfaden für Unternehmen<br />

Hrsg.: Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk, DICO – Deutsches<br />

Institut für Compliance e.V. | 2014<br />

Die Publikation „Korruptionsprävention. Ein Leitfaden für Unternehmen“<br />

ist eine grundlegende Broschüre zum besseren Verständnis<br />

von Korruptionsprävention und Compliance in Unternehmen. Sie<br />

erklärt die Grundlagen der Korruptionsprävention, stellt verschiedene<br />

Aspekte eines unternehmerischen Compliance-Systems dar<br />

und gibt Ratschläge zu Einzelaspekten, wie zum Beispiel Sponsoring.<br />

Deutsches Ins tut für Compliance<br />

RESIST. Resisting Extortion and Solicitation in International<br />

Transactions<br />

Hrsg.: International Chamber of Commerce (ICC), Transparency<br />

International, United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, World Economic<br />

Forum | 2011<br />

RESIST<br />

Resisting Extortion<br />

and Solicitation in<br />

International Transactions<br />

A compAny Tool foR EmployEE TRAInIng<br />

Immer mehr Unternehmen führen umfassende Compliance-<br />

Programme ein, um Bestechung und Korruption in ihren Geschäftsprozessen<br />

vorzubeugen. Neue Gesetze gegen Korruption, verschärfte<br />

Strafverfolgung sowie die zunehmende Bedeutung unternehmerischer<br />

Verantwortung machen es für Unternehmen heutzutage unerlässlich,<br />

gegen Korruption vorzugehen. Die Broschüre liefert dazu<br />

22 Fallbeispiele und passende Reaktionen. Sie illustrieren ein breites<br />

Spektrum von Bestechungsforderungen.<br />

56 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

BUSINESS FOR THE RULE OF LAW<br />

FRAMEWORK<br />

Business for the Rule of Law Framework<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2015<br />

Das Rahmenwerk erarbeitet Regeln für die Verbesserung des Prinzips<br />

der Rechtsstaatlichkeit (rule of law), indem verantwortungsbewusste<br />

Unternehmen beim Aufbau und der Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

und rechenschaftspflichtigen Institutionen mitwirken.<br />

Guide for<br />

General Counsel<br />

ON COrpOrate<br />

SuStaiNability<br />

Guide for General Counsel on Corporate Sustainability<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2019 (überarbeitete Fassung)<br />

Der Leitfaden bietet praktische Anleitung und Beispiele für<br />

Unternehmensjurist*innen, um ihrer Rolle als wichtige Akteure<br />

des Wandels gerecht zu werden. Der Leitfaden ist eine der am<br />

häufigsten heruntergeladenen Ressourcen in der Bibliothek des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

57


AGENDA<br />

Übergreifende Themen<br />

SDG INTEGRATION<br />

Die Innovations- und Investitionskraft<br />

der Wirtschaft ist für ein Erreichen der<br />

UN-Entwicklungsziele (Sustainable Development<br />

Goals – SDGs) elementar. Die<br />

SDGs formulieren nicht nur Herausforderungen,<br />

für deren Bewältigung die<br />

Beteiligung von Unternehmen unerlässlich<br />

ist. Sie schaffen zugleich erhebliche<br />

Potenziale für die Wirtschaft, die durch<br />

nachhaltige und verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung erschlossen<br />

werden können.<br />

Die zehn Prinzipien des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> und ihre vier Säulen der<br />

Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und<br />

Korruptionsbekämpfung sind die Basis<br />

verantwortungsvoller Unternehmensführung.<br />

Darauf auf bauend können<br />

Unternehmen ihre Innovations- und<br />

Investitionskraft nutzen, um zum Erreichen<br />

der SDGs beizutragen. Mit diesem<br />

prinzipienbasierten Ansatz trägt die<br />

Wirtschaft zur Umsetzung der UN-Entwicklungsziele<br />

bei.<br />

In Anbetracht des langsamen Fortschritts<br />

hat der UN Generalsekretär António Guterres<br />

Anfang <strong>2020</strong> zur „Decade of Action“<br />

aufgerufen. Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und<br />

das DGCN schließen sich diesem Aufruf<br />

an. Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> hat hierfür<br />

die <strong>Global</strong> Impact Initiatives entwickelt,<br />

die unternehmerisches Handeln auf ein<br />

entsprechendes Ambitionsniveau heben.<br />

Im Rahmen der <strong>Global</strong> Impact Initiative<br />

„SDG Ambition Accelerator“ rufen daher<br />

der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und das<br />

Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

alle Unternehmen dazu auf, sich auf<br />

der Grundlage der Zehn Prinzipien des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ambitionierte Ziele<br />

anhand von zehn zentralen Benchmarks<br />

zu setzen.<br />

BUSINESS BENCHMARKS FOR THE DECADE OF ACTION:<br />

Gender balance across all levels of management<br />

Net-positive water impact in water-stressed basins<br />

100 % of employees across the organization earn a living wage<br />

Zero waste to landfill and incineration<br />

Zero discharge of hazardous pollutants and chemicals<br />

100 % sustainable material inputs that are renewable, recyclable or reusable<br />

Science-based emissions reduction in line with a 1.5°C pathway<br />

100 % resource recovery, with all materials and products recovered and recycled or reused at end of use<br />

Land degradation neutrality including zero deforestation<br />

Zero incidences of bribery<br />

Quelle: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, SDG Ambition Guide, <strong>2020</strong><br />

58 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ausgestaltet von:<br />

TM<br />

INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Publikationen<br />

SDG AMBITION<br />

AMBITION<br />

GUIDE<br />

Setting Goals for<br />

the Decade of Action<br />

SDG Ambition Guide. Setting Goals for the Decade of Action<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | <strong>2020</strong><br />

Die Publikation beschreibt die Notwendigkeit von ambitionierten<br />

Zielen für einen wesentlichen Einfluss der Wirtschaft auf den Fortschritt<br />

der SDGs. Zehn „SDG Benchmarks“ werden vorgestellt die,<br />

abgeleitet aus den zehn Prinzipien des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und den<br />

SDGs, messbare und entscheidende Ziele für Unternehmen darstellen.<br />

Unternehmen nutzen dieses Dokument, um sich ehrgeizige<br />

Ziele zu setzen, mit deren Erreichen sie ihren wichtigen Beitrag zur<br />

Agenda 2030 leisten.<br />

In partnership with:<br />

FRAMEWORK FOR<br />

BREAKTHROUGH IMPACT<br />

ON THE SDGS THROUGH<br />

INNOVATION<br />

A PRACTICAL GUIDE<br />

Framework for Breakthrough Impact on the SDGs through<br />

Innovation<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2019<br />

Das Rahmenwerk bietet praktische Anleitungen für Unternehmen,<br />

wie sie die SDGs zum einen als Inspiration für Innovationen nutzen<br />

und zum anderen ihre Innovationsprozesse so ausrichten können,<br />

dass die SDGs berücksichtigt werden. Mit schrittweisen Anleitungen<br />

und anschaulichen Beispielen von Unternehmen, die neue<br />

Geschäftsmodelle und bahnbrechende Technologien nutzen, um die<br />

SDGs voranzubringen, ist das Rahmenwerk ein Werkzeugkasten für<br />

jedes Unternehmen, um die SDGs dafür zu nutzen, neue Produkte,<br />

Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln.<br />

SDG Compass. Leitfaden für Unternehmensaktivitäten zu<br />

den SDGs<br />

Hrsg.: UNGC, GRI, WBCSD | 2015<br />

Leitfaden für Unternehmensaktivitäten<br />

zu den SDGs<br />

Die SDGs beschreiben den global gültigen Kurs für eine nachhaltige<br />

Zukunft. Ursprünglich an Regierungen gerichtet sind die<br />

SDGs nur durch das Zutun von allen – auch und insbesondere der<br />

Wirtschaft – zu erreichen. Zudem gilt ein Geschäftsmodell, das<br />

sich an den SDGs ausrichtet als zukunftsfähig. Der SDG-Compass<br />

erläutert, wie Unternehmen die SDGs für ihr jeweiliges Kerngeschäft<br />

auslegen können. Er bietet Werkzeuge und Informationen,<br />

um Nachhaltigkeit in der Geschäftsstrategie zu verankern.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

59


AGENDA<br />

GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT<br />

Das Herzstück der UN-Entwicklungsziele<br />

bildet das Prinzip „leave no one<br />

behind“, was so viel bedeutet wie: Niemand<br />

– also kein Land, keine Region,<br />

keine Bevölkerungsgruppe, Glaubensgemeinschaft<br />

oder einzelne Person –<br />

darf zurückgelassen werden. Mit Blick<br />

auf anhaltende globale Ungleichheiten,<br />

vor allem auch zwischen Frauen und<br />

Männern, erfährt deshalb das fünfte<br />

dieser 17 Ziele, die weltweite Erreichung<br />

der Gleichstellung der Geschlechter,<br />

besondere Aufmerksamkeit und wird<br />

auch oftmals als Katalysator für die<br />

Erreichung der anderen 16 Ziele angesehen.<br />

Die Gleichstellung der Geschlechter<br />

ist darüber hinaus auch zentraler<br />

Bestandteil der internationalen Menschenrechtsagenda.<br />

Die Wirtschaft spielt bei der Zielerreichung<br />

eine wichtige Rolle und kann<br />

auch selbst viel gewinnen: Gleichberechtigung<br />

führt nachweislich zu mehr<br />

Wirtschaftswachstum und nachhaltigerem<br />

Unternehmenserfolg. Dennoch sind<br />

die Fortschritte bei Genderfragen nach<br />

wie vor alarmierend gering: Frauen und<br />

Mädchen machen zwar mehr als die<br />

Hälfte der Weltbevölkerung aus, aber<br />

ihre Teilhabe am Wirtschaftsleben ist<br />

nach wie vor unterdurchschnittlich. Sie<br />

verdienen weniger, haben schlechtere Arbeitsbedingungen,<br />

und beim Thema Karriere<br />

stoßen sie oft gegen die sogenannte<br />

„gläserne Decke“. Beim derzeitigen Tempo<br />

des Wandels dauert es laut <strong>Global</strong> Gender<br />

Gap Report des Weltwirtschaftsforums<br />

noch 257 Jahre, um die Gehaltslücke<br />

zwischen den Geschlechtern zu schließen.<br />

Zwar hat sich „Gender Equality“<br />

zu einem Fokus-Thema der unternehmerischen<br />

Nachhaltigkeit entwickelt,<br />

aber erst wenige Unternehmen haben<br />

diese Verpflichtung auch in der Praxis<br />

umgesetzt. So sind beispielsweise Frauen<br />

in Führungspositionen in Unternehmen<br />

nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.<br />

Nur 7,4 Prozent der CEOs der 500 größten<br />

Unternehmen weltweit sind weiblich<br />

(Quelle: statistica.com).<br />

Initiativen<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zählt Gender<br />

Equality zu den Top-Prioritäten und<br />

unterstützt die Women's Empowerment<br />

Principles (WEPs). Dabei handelt<br />

es sich um sieben Grundsätze für die<br />

Gleichstellung der Geschlechter in Unternehmen.<br />

Die WEPs wurden 2010<br />

vom UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und UN Women<br />

ins Leben gerufen und orientieren<br />

sich an internationalen Arbeits- und<br />

Menschenrechtsstandards. Sie bieten<br />

Unternehmen eine Anleitung, wie sie<br />

die Gleichstellung der Geschlechter und<br />

das Empowerment von Frauen am Arbeitsplatz,<br />

in der Marktwirtschaft und<br />

in der Gesellschaft vorantreiben können.<br />

Die WEPs haben in den letzten zehn<br />

Jahren mehr als 3.000 Unternehmen<br />

geholfen, Fortschritte bei der Gleichstellung<br />

der Geschlechter zu erzielen.<br />

Target Gender Equality ist eine <strong>Global</strong><br />

Impact Initiative zur Beschleunigung<br />

der Gleichstellung der Geschlechter für<br />

Unterzeichnende des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

Teilnehmende Unternehmen vertiefen<br />

die Umsetzung der Women's Empowerment<br />

Principles und stärken ihren<br />

Beitrag zu SDG 5.5: Sicherstellung der<br />

vollen und wirksamen Teilhabe von<br />

Frauen und ihre Chancengleichheit bei<br />

der Übernahme von Führungsrollen.<br />

Die neuesten Daten und Forschungsergebnisse<br />

von UN-Partner*innen und<br />

Expert*innen unterstützen Unternehmen<br />

bei der Beschleunigung des Fortschritts<br />

und der Entfaltung des vollen Potenzials<br />

(des Business Case für) der Gleichstellung<br />

der Geschlechter.<br />

Ring the Bell for Gender Equality ist<br />

eine 2015 gegründete Initiative, die<br />

Investoren durch weltweite Veranstaltungen<br />

bei der Durchsetzung organisations-<br />

und branchenweiter Gleichstellung<br />

unterstützt. Dazu läuten am Internationalen<br />

Frauentag im März auf der ganzen<br />

Welt die Börsen die Eröffnungs- oder<br />

Schlussglocken zu Ehren der Frauen. Die<br />

Initiative wird gemeinsam getragen von<br />

der International Finance Corporation<br />

IFC, der Sustainable Stock Exchanges<br />

(SSE) Initiative, UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, UN<br />

Women sowie der World Federation of<br />

Exchanges and Women in Exchange<br />

Traded Funds.<br />

60 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Publikationen<br />

WOMEN’S EMPOWERMENT<br />

AND BUSINESS<br />

<strong>2020</strong> TRENDS AND<br />

OPPORTUNITIES<br />

In Partnership with<br />

Women's Empowerment and Business: <strong>2020</strong> Trends and<br />

Opportunities<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | <strong>2020</strong><br />

Der Report untersucht die aggregierten Ergebnisse von Unternehmen,<br />

die das Women's Empowerment Principles Gender Gap<br />

Analysis Tool (WEPs Tool) verwenden. Ziel ist es, Einblicke in die<br />

globale Unternehmensleistung im Bereich der Geschlechtergleichstellung<br />

zu gewinnen und die weltweiten Fortschritte von<br />

Akteuren darzustellen. Die Analyse zeigt erhebliche Lücken in<br />

allen Bereichen. Nur wenige Unternehmen können Fortschritte bei<br />

ihrer Zielerreichung verzeichnen, zudem konzentrieren sich Bemühungen<br />

bislang vor allem auf die Geschlechtergleichstellung am<br />

Arbeitsplatz und in Führungspositionen. Das Empowerment von<br />

Frauen in der Marktwirtschaft und in der Gesellschaft hingegen<br />

wird von Unternehmen noch kaum thematisiert und bietet daher<br />

großen Verbesserungsspielraum.<br />

Women's Empowerment Principles Gender Gap Analysis Tool<br />

weps-gapanalysis.org<br />

Das Gender Gap Analysetool (WEPs Tool) ist ein digitales Instrument,<br />

das Unternehmen aller Sektoren und Größen dabei unterstützt,<br />

die Women’s Empowerment Principles zu implementieren.<br />

Es bewertet die Fortschritte und Lösungen von Unternehmen für<br />

Geschlechtergleichstellung am Arbeitsplatz, in der Marktwirtschaft<br />

und in der Gesellschaft. Das Tool hilft Unternehmen bei der<br />

Identifizierung von Stärken und Lücken in bestehenden Gleichstellungspolitiken<br />

und -praktiken sowie der Ermittlung von Verbesserungsmöglichkeiten.<br />

COVID-19 AND GENDER EQUALITY<br />

A CALL TO ACTION FOR THE PRIVATE SECTOR<br />

APRIL <strong>2020</strong><br />

THE SITUATION<br />

The COVID-19 pandemic is putting an unprecedented<br />

and significant strain on the global coordinated, people-centered and gender-sen-<br />

The COVID-19 pandemic calls for an immediate<br />

economy and public health systems. It is also sitive response. Governments, businesses, workers’<br />

representatives and individuals all need to be<br />

highlighting and magnifying inequalities and<br />

the multiple and intersecting forms of discrimination<br />

faced by women and girls. The pandem-<br />

and to address the specific risks and vulnerabil-<br />

involved to mitigate the impact on people’s lives<br />

ic is moving beyond a global health crisis and ities girls and women face because of the deeply<br />

rooted inequalities and stereotypes in society.<br />

morphing into a labour market, social and economic<br />

crisis, posing a serious threat to women’s<br />

employment and livelihoods, especially in The private sector has a responsibility to use<br />

precarious informal and non-essential sectors. its power, influence and resources to protect<br />

the rights and physical and mental well-being<br />

of employees during this time, as well as to<br />

Many companies have risen to the challenge<br />

and are using their resources to provide information,<br />

supplies, equipment and personnel in store economic stability. Businesses also play<br />

ensure long-term business recovery efforts re-<br />

the fight against COVID-19. They have also offered<br />

flexible working arrangements, paid meden<br />

in their supply chains and customer base.<br />

a key role in addressing the needs of womical<br />

and sick leave, ensured income protection<br />

and provided emergency childcare for frontline<br />

workers. 1 Some CEOs and executives have even “The COVID-19 pandemic is not just a<br />

taken pay cuts so that their employees still have health issue. It is a profound shock to our<br />

an income during this uncertain time. These policies<br />

are not only serving their employees but the heart of care and response efforts un-<br />

societies and economies, and women are at<br />

are helping to reduce the spread of COVID-19 derway. As front-line responders, health<br />

and to protect the public healthcare system. professionals, community volunteers, transport<br />

and logistics managers, scientists and<br />

At the same time some companies, particularly<br />

in non-essential sectors like tourism and tions to address the outbreak every day.” 4<br />

more, women are making critical contribu-<br />

hospitality, are struggling to stay in business<br />

and people have been laid off and taken pay As employers and an engine of economic growth,<br />

cuts. In the European Union, about 25% of the private sector has an especially important<br />

women employees are in precarious jobs. 2 In role to play in not just mitigating the impact of<br />

the United States, unemployment was estimated<br />

at 13% on 3 April <strong>2020</strong>, an increase of Early and targeted action by the private sector<br />

COVID-19, but in slowing the spread of the virus.<br />

8.5 million people compared to mid-March. 3 will reduce immediate health risks to employees,<br />

Millions of families are unable to buy basic while also reducing the overall economic impact.<br />

necessities or pay their rent and utility bills.<br />

COVID-19 & Gender Equality: A Call to Action for the private<br />

Sector<br />

empowerwomen.org/en/resources/documents/<strong>2020</strong>/04/covid-19-<br />

and-gender-equality-a-call-to-action-for-the-private-sector | <strong>2020</strong><br />

Die Publikation beschreibt, wie die Women’s Empowerment<br />

Principles Unternehmen dabei unterstützen können, die Gleichstellung<br />

der Geschlechter in Zeiten der COVID-19 Krise voranzutreiben,<br />

in der vorhandene Diskriminierungen verstärkt und<br />

besonders der Lebensunterhalt von Frauen bedroht ist.<br />

Business & Human Rights Portal<br />

business-humanrights.org/en/big-issues/gender-businesshuman-rights/<br />

Im Business & Human Rights Portal finden Sie weiterführende<br />

Informationen darüber, warum Geschlechtergerechtigkeit im<br />

Mittelpunkt von Wirtschaft & Menschenrechten stehen muss.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

61


AGENDA<br />

NACHHALTIGES INVESTMENT<br />

Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> spielt eine führende<br />

Rolle bei der Entwicklung nachhaltiger<br />

Kapitalmärkte. Dieser Bereich<br />

der Vermögensverwaltung ist – Stand<br />

2019 – auf rund 31 Billionen US-Dollar<br />

angewachsen. Im Umkehrschluss ist aber<br />

auch die nachhaltige Entwicklungsagenda<br />

der UN auf die Unterstützung der<br />

Kapitalmärkte angewiesen. Schätzungen<br />

zufolge braucht es zur Erreichung der<br />

SDGs bis 2030 jährliche Investitionen in<br />

Höhe von etwa 5-7 Billionen US-Dollar.<br />

Derzeit besteht eine jährliche Finanzierungslücke<br />

von mindestens 2,5 bis 3<br />

Billionen US-Dollar, und für jedes Jahr,<br />

in dem es uns nicht gelingt, diese Lücke<br />

zu schließen, wachsen die Folgekosten<br />

umso mehr.<br />

Initiativen<br />

Principles for Responsible Investment<br />

(PRI) ist eine Finanzinitiative der UN mit<br />

dem Ziel, Grundsätze für verantwortungsbewusste<br />

Vermögensverwaltung<br />

zu entwickeln. Der Initiative sind seit<br />

ihrer Gründung 2006 mehr als 2.500 institutionelle<br />

Investor*innen beigetreten.<br />

Den Anstoß zur Gründung gaben das<br />

UN-Umweltprogramm UNEP und der<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Auf bauend auf<br />

der Arbeit der Financial Innovation<br />

Action Platform ist die CFO-Taskforce<br />

für die SDGs eine neue Initiative des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, die sich auf die<br />

Bereitstellung von Fachwissen für Chief<br />

Financial Officer zur Integration der<br />

SDGs in die Unternehmensfinanzen<br />

spezialisiert.<br />

Who Cares Wins ist eine 2004 gegründete<br />

gemeinsame Initiative des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>, des IFC und der Schweizer<br />

Regierung, die wesentlich zur Gründung<br />

der PRI-Initiative beigetragen hat.<br />

Die Sustainable Stock Exchanges Initiative<br />

wurde 2009 durch den UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>, PRI, UNEP FI und UNCTAD ins<br />

Leben gerufen und verfügt heute über<br />

102 teilnehmende Börsen, an denen<br />

insgesamt über 50.000 Unternehmen mit<br />

über 88 Billionen US-Dollar an Marktkapitalisierung<br />

gelistet sind.<br />

62 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


INITIATIVEN UND PUBLIKATIONEN<br />

Publikationen<br />

SDG Bonds. Leveraging Capital Markets for the SDGs<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2019<br />

SDG BONDS<br />

Leveraging Capital Markets<br />

for the SDGs<br />

Prepared by<br />

The UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Action Platform on<br />

Financial Innovation for the SDGs<br />

Dieser Leitfaden untersucht die Rolle des Anleihemarktes –<br />

die größte Anlageklasse globaler Finanzmärkte – bei der Umsetzung<br />

der Ziele der nachhaltigen Entwicklung (SDGs). Mit einem<br />

jährlichen Emissionsvolumen von 6,7 Billionen US-Dollar können<br />

Anleihen eine günstige, zuverlässige und skalierbare Kapitalquelle<br />

für eine Vielzahl von Interessengruppen darstellen, die an der<br />

Umsetzung der Agenda 2030 beteiligt sind, darunter Unternehmen,<br />

Regierungen, Städte und öffentlich-private Partnerschaften.<br />

SDG-Anleihen bieten auch eine Antwort auf den Mangel an<br />

SDG-Investitionsmöglichkeiten für institutionelle Anleger. Ein breit<br />

gefächertes Portfolio von SDG-Anleihen, einschließlich Staats-,<br />

Kommunal-, Unternehmens- und Projektanleihen in Industrieund<br />

Schwellenländern, könnte die wachsende Nachfrage der<br />

Mainstream-Investor*innen nach Wirkung erfüllen und gleichzeitig<br />

ihrer Risiko- und Ertragsbereitschaft entsprechen.<br />

SCALING FINANCE<br />

FOR THE SUSTAINABLE<br />

DEVELOPMENT GOALS<br />

Foreign Direct Investment,<br />

Financial Intermediation and<br />

Public-Private Partnerships<br />

Scaling Finance for the Sustainable Development Goals<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2019<br />

Dieser Leitfaden untersucht die Rolle von Unternehmensfinanzierung<br />

und -investitionen bei der Umsetzung der SDGs. Dabei geht<br />

es auch um die Frage, inwieweit ausländische Direktinvestitionen,<br />

Finanzintermediation und öffentlich-private Partnerschaften eine<br />

Finanzierungsquelle für weniger liquide SDG-Investitionen sein<br />

können. Das betrifft insbesondere Länder mit weniger entwickelten<br />

Finanzmärkten oder SDG-Lösungen, die zu klein oder illiquide<br />

sind, um Portfolio-Investoren anzuziehen.<br />

Corporate Finance<br />

A Roadmap to Mainstream<br />

SDG Investments<br />

Prepared by<br />

The UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Action Platform<br />

on Financial Innovation for the SDGs<br />

Corporate Finance. A Roadmap to Mainstream SDG Investments<br />

Hrsg.: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> | 2019<br />

Investoren, Regierungen und andere Interessengruppen verlangen<br />

zunehmend, dass Unternehmen nachhaltige Strategien in Übereinstimmung<br />

mit den SDGs nachweisen. Dieser Bericht bietet Unternehmen,<br />

die die SDGs in ihre Finanzstrategie und ihr Geschäftsmodell<br />

integrieren wollen, eine Orientierungshilfe. Die Kernbotschaft<br />

lautet: Eine glaubwürdige SDG-Strategie ermöglicht es Unternehmen,<br />

ihre Wirkung klar zu kommunizieren, den Zugang zum wachsenden<br />

Markt für SDG-Finanzierungen zu erleichtern und Investoren mit<br />

einer Reihe potenzieller Möglichkeiten zu verbinden, um die SDG-<br />

Investitionslücke zu schließen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

63


BEST PRACTICE<br />

Best Practice<br />

Für die redaktionellen Beiträge dieser Rubrik sind ausschließlich die Unternehmen und ihre Autoren selbst verantwortlich.<br />

UMWELT & KLIMASCHUTZ<br />

66<br />

ALDI SÜD<br />

68<br />

Bosch-Gruppe<br />

70<br />

CEWE<br />

72<br />

Daimler<br />

74<br />

Deutsche Telekom<br />

76<br />

E.ON<br />

78<br />

Evonik<br />

80<br />

ista<br />

82<br />

MAN<br />

84<br />

Tchibo<br />

86<br />

Vonovia<br />

88<br />

Weidmüller<br />

64 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


WERTSCHÖPFUNGSKETTE<br />

90<br />

CWS Gruppe<br />

92<br />

iPoint-systems<br />

94<br />

K+S<br />

96<br />

SHIFT<br />

98<br />

Symrise<br />

INCLUSIVE BUSINESS<br />

100<br />

BASF<br />

102<br />

Merck<br />

104<br />

Wilo<br />

106<br />

Wintershall Dea<br />

DIGITALISIERUNG<br />

108<br />

SAP<br />

110<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

REPORTING<br />

112<br />

macondo publishing<br />

114<br />

Mazars<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

65


BEST PRACTICE<br />

ALDI SÜD setzt sich<br />

ehrgeizige Klimaziele<br />

Seit 2017 handelt ALDI SÜD klimaneutral. Jetzt setzt sich der Discounter weitere ambitionierte<br />

Klimaziele. Die Treibhausgasemissionen pro Quadratmeter Verkaufsfläche hat ALDI SÜD bereits<br />

deutlich reduziert und ist im Juli <strong>2020</strong> der Science Based Targets-Initiative beigetreten. Auch in<br />

Zukunft möchte ALDI SÜD noch mehr zum Klimaschutz beitragen.<br />

Von Lina Binder, Leiterin Unternehmenskommunikation bei ALDI SÜD<br />

Im Juli <strong>2020</strong> hat sich ALDI SÜD der<br />

Science Based Targets-Initiative (SBTI)<br />

angeschlossen. Die Initiative, die u.a.<br />

vom World Wide Fund for Nature (WWF)<br />

und dem UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> getragen<br />

wird, ruft Unternehmen dazu auf, wissenschaftlich<br />

validierte Klimaziele zu<br />

definieren, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens<br />

zu erreichen; sprich: die<br />

Erderwärmung auf unter zwei, möglichst<br />

auf 1,5 Grad Celsius, zu begrenzen. Diese<br />

Unternehmensziele prüft und bestätigt<br />

die SBTI. Bis Ende 2025 möchten wir bei<br />

ALDI SÜD unsere Scope-1- und Scope-2-<br />

Emissionen um 26 Prozent reduzieren.<br />

Wir unterstützen auch unsere strategischen<br />

Lieferanten, die für gut 75 Prozent<br />

der produktbezogenen Emissionen verantwortlich<br />

sind, dabei, bis Ende 2024<br />

eigene Ziele zu formulieren.<br />

Beim Klimaschutz Vorreiter im<br />

Einzelhandel<br />

ALDI SÜD übernimmt in Sachen Klimaschutz<br />

eine Vorreiterrolle im Einzelhandel:<br />

Bereits 2014 haben wir das seinerzeit<br />

ehrgeizige Ziel formuliert, dass alle unsere<br />

Regionalgesellschaften bis <strong>2020</strong> die Treibhausgasemissionen<br />

pro Quadratmeter<br />

Verkaufsfläche um 30 Prozent gegenüber<br />

2012 reduzieren. Zwei Jahre früher als<br />

geplant haben wir diese Richtmarke erreicht.<br />

Der CO 2<br />

-Fußabdruck von ALDI SÜD<br />

<strong>Deutschland</strong> lag 2019 bei 56 Kilogramm<br />

CO 2<br />

-Äquivalenten pro Quadratmeter Verkaufsfläche<br />

und damit 73 Prozent unter<br />

dem Vergleichswert aus 2012.<br />

Mit einem zertifizierten Energiemanagement<br />

arbeitet ALDI SÜD daran,<br />

die Energieeffizienz zu steigern und den<br />

Stromverbrauch zu senken. Mit Erfolg:<br />

Allein im Jahr 2018 hat ALDI SÜD bereits<br />

über zehn Millionen Kilowattstunden<br />

Strom eingespart. Dazu trug auch bei,<br />

dass wir die Filialen auf LED-Beleuchtung<br />

umstellen.<br />

Eine zentrale Rolle beim Betrieb der<br />

Filialen und der Logistik spielt die<br />

Kühltechnik: Der Einsatz umwelt- und<br />

klimaverträglicher Kältemittel hat für<br />

ALDI SÜD deshalb Priorität. Durch Investitionen<br />

in neue Kühlanlagen sollen<br />

bis 2025 nur noch Kältemittel mit einem<br />

Treibhaus-Potenzial-Wert – eine Art<br />

CO 2<br />

-Äquivalent für chemische Verbindungen<br />

– unter 2.200 im Einsatz sein.<br />

2017 waren bereits die Normalkühlungen<br />

in 75 Prozent aller Filialen entsprechend<br />

ausgerüstet. In 1.600 Filialen werden<br />

sogar schon alle Kühltheken und<br />

Kühlregale mit natürlichen Kältemitteln<br />

– meist CO 2<br />

– betrieben.<br />

100 Prozent Strom aus regenerativer<br />

Erzeugung<br />

ALDI SÜD nutzt seit 2017 ausschließlich<br />

Strom aus erneuerbaren Energien und<br />

produziert mithilfe von Fotovoltaikanlagen<br />

auf den Dächern von mehr als<br />

1320 Filialen klimaneutralen Grünstrom.<br />

Den verbleibenden Strombedarf decken<br />

wir mit zertifiziertem Grünstrom aus<br />

Wasserkraft ab. Rund 80 Prozent des<br />

gewonnenen Solarstroms nutzen wir<br />

für die Beleuchtung, die Kühlregale und<br />

die Backautomaten in den Filialen. Die<br />

übrigen knapp 20 Prozent speisen wir<br />

in das öffentliche Stromnetz ein.<br />

Alternative Antriebe und Elektromobilität<br />

Seit 2018 beliefern vier Erdgas-Lkw die<br />

Filialen in den Ballungsräumen Düsseldorf,<br />

Frankfurt am Main, Stuttgart und<br />

München. Sie verursachen 16 Prozent<br />

weniger CO 2<br />

-Emissionen, 99 Prozent weniger<br />

Feinstaub und 70 Prozent weniger<br />

Stickoxide. Im Düsseldorfer Raum ist der<br />

erste emissionsfreie Lkw mit Elektroantrieb<br />

unterwegs und beliefert rund<br />

70 Filialen.<br />

Wir möchten einen aktiven Beitrag zur<br />

Mobilitätswende leisten und bauen das<br />

Netz von Elektroladesäulen an den ALDI<br />

SÜD Filialen aus. Bis Ende <strong>2020</strong> sollen<br />

Kunden an 250 ALDI SÜD Filialen ihr<br />

Elektroauto laden können. So können<br />

sie während des Einkaufs ohne Regis-<br />

66 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


trierung aufladen und dabei den eigenen<br />

CO 2<br />

-Fußabdruck senken.<br />

Kooperation mit „Climate Partner“<br />

ALDI SÜD ist als erster Lebensmittelhändler<br />

in <strong>Deutschland</strong> der Stiftung Allianz<br />

für Entwicklung und Klima beigetreten.<br />

Die Allianz fördert den Klimaschutz in<br />

Im brasilianischen Amazonasgebiet unterstützen ALDI SÜD und<br />

ClimatePartner Klimaschutzprojekte, die der Entwaldung entgegenwirken.<br />

Entwicklungsländern und setzt sich dafür<br />

ein, dass die über die Verpflichtungen<br />

des Pariser Abkommens hinausgehenden,<br />

freiwilligen Kompensationen, größere<br />

Anerkennung finden. Denn trotz der<br />

zahlreichen Reduktionsmaßnahmen ist<br />

ein komplett emissionsfreier Betrieb für<br />

ALDI SÜD noch nicht möglich. Nicht vermeidbare<br />

Treibhausgasemissionen kompensieren<br />

wir daher durch ausgewählte<br />

Klimaschutzprojekte in Kooperation mit<br />

der Organisation ClimatePartner.<br />

Die Klimaschutzprojekte sind über den<br />

Globus verstreut in Indien, Brasilien<br />

und auf den Philippinen angesiedelt. In<br />

Indien fördert ALDI SÜD ein Biomassekraftwerk<br />

in Raipur, das mit Reishülsen<br />

betrieben wird, die beim Reisanbau als<br />

Reste anfallen. Neben der regionalen<br />

Versorgung mit erneuerbaren Energien<br />

verschafft das Projekt den lokalen Bauern<br />

mit dem Verkauf der Hülsen eine zusätzliche<br />

Einkommensquelle und fördert die<br />

nachhaltige Entwicklung in der Region.<br />

In den Bundesstaaten Telananga und<br />

Tamil Nadu in Südindien unterstützt<br />

ALDI SÜD außerdem den Bau von zwei<br />

Solarkraftwerken. Ziel des Projektes in<br />

Brasilien ist es, den Regenwald und die<br />

Artenvielfalt vor Ort zu erhalten, indem<br />

den Amazonasanwohnern die Landrechte<br />

offiziell übertragen werden. So gilt das<br />

Gebiet nicht mehr als ungenutzt und<br />

Landwirtschaftsbetrieben ist es nicht<br />

länger möglich, dieses zu besetzen und<br />

für den Sojaanbau abzuholzen. Auf den<br />

Philippinen beteiligt sich ALDI SÜD am<br />

Betrieb eines Windparks und unterstützt<br />

zusätzlich für jede kompensierte Tonne<br />

CO 2<br />

-Emissionen die Organisation Plastic<br />

Bank mit einer finanziellen Förderung<br />

für Projekte gegen die Plastikverschmutzung<br />

der Meere.<br />

Immer mehr klimaneutrale<br />

Produkte<br />

Für jede kompensierte Tonne CO 2<br />

-Emissionen unterstützt ALDI SÜD<br />

zusätzlich die Organisation Plastic Bank mit einer finanziellen Förderung<br />

für Projekte gegen die Plastikverschmutzung der Meere.<br />

Auch unsere Kunden können Klimaschutzprojekte<br />

über den Kauf klimaneutraler<br />

Produkte unterstützen. Bei diesen<br />

Artikeln werden alle CO 2<br />

-Emissionen,<br />

die durch Produktion, Transport und<br />

Vertrieb der Produkte anfallen, durch<br />

ein zertifiziertes Klimaschutzprojekt<br />

ausgeglichen. Im April <strong>2020</strong> hat ALDI<br />

SÜD klimaneutralen Fairtrade Kaffee<br />

aus Honduras angeboten. Im Juni folgten<br />

dann klimaneutrale „grüne“ Sneaker,<br />

die u.a. aus recyceltem Material hergestellt<br />

wurden. In <strong>2020</strong> konnten wir<br />

bereits gut 15 klimaneutrale Artikel<br />

im Standard- und Aktionsartikelbereich<br />

anbieten, darunter auch klimaneutrale<br />

Milch bei ALDI Nord und ALDI SÜD.<br />

Eine Ausweitung des klimaneutralen<br />

Sortiments in 2021 ist bereits geplant.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

67


BEST PRACTICE<br />

Klimaschutz über Unternehmensgrenzen<br />

hinweg<br />

Bosch will im Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnehmen. Im Jahr 2018 beschloss die<br />

Geschäftsführung eine ehrgeizige CO 2<br />

-Strategie: Bosch will weltweit bis <strong>2020</strong> klimaneutral<br />

sein, um einen konkreten Beitrag zum Pariser Klimaabkommen der Vereinten Nationen aus<br />

dem Jahr 2015 zu leisten, das eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius<br />

vorsieht. Neben dem Ziel, dass die über 400 Standorte weltweit bis <strong>2020</strong> klimaneutral werden,<br />

geht Bosch noch einen Schritt weiter: Das Unternehmen hat sich ein ehrgeiziges Ziel für die<br />

Senkung seiner indirekten Emissionen gesetzt, um seinen ökologischen Fußabdruck weiter zu<br />

verringern – über die Unternehmensgrenzen hinweg.<br />

Von Torsten Kallweit und Annette Wagner, Bosch-Gruppe<br />

Bosch weiß, dass neue Ansätze und<br />

Innovationen zeitnah benötigt werden,<br />

um den Klimaschutz effektiv zu unterstützen.<br />

Das Klimaschutzziel, bis <strong>2020</strong><br />

klimaneutral zu werden, bezieht sich<br />

auf die vom Unternehmen selbst erzeugte<br />

Energie sowie auf die eingekaufte<br />

Energie, die für die über 400 Standorte<br />

weltweit benötigt wird (Scope 1 und 2<br />

gemäß Greenhouse Gas Protocol). Hier<br />

kann Bosch unmittelbar Einfluss auf die<br />

Reduktion von Treibhausgasen nehmen<br />

und in kurzer Zeit viel bewirken. Das<br />

Unternehmen hat sich zudem das Ziel<br />

gesetzt, in den vor- und nachgelagerten<br />

Stufen der Wertschöpfungskette<br />

(Scope 3) 15 Prozent an CO 2<br />

-Emissionen<br />

bis 2030 einzusparen. Schwerpunkt<br />

dieser Bestrebungen sind die Kategorien<br />

beschaffte Güter, Logistik und die<br />

Nutzungsphase von verkauften Produkten.<br />

Neben diesem spezifischen Ziel<br />

will Bosch aktiv dazu beitragen, dass<br />

auch die Wertschöpfungsstufen, die<br />

Bosch nicht alleine beeinflusst, 2050<br />

klimaneutral sind.<br />

Klimaneutralität ab <strong>2020</strong><br />

Trotz der Herausforderungen in Verbindung<br />

mit COVID-19 hält Bosch seinen<br />

langfristigen strategischen Kurs und<br />

verfolgt weiterhin konsequent das Ziel,<br />

klimaneutral zu werden. Mit Blick auf<br />

dieses Ziel macht das Unternehmen<br />

gute Fortschritte: Seit Ende 2019 sind<br />

alle deutschen Standorte klimaneutral.<br />

Auf globaler Ebene hatte Bosch sein<br />

Ziel bis dahin zu 70 Prozent erreicht.<br />

Ende <strong>2020</strong> wird Bosch hundertprozentige<br />

Klimaneutralität erreichen und die<br />

weltweiten Entwicklungs-, Fertigungs-<br />

Bosch-Klimaziele<br />

Beschaffte Güter und Logistik<br />

Scope 3<br />

Eigenerzeugung und<br />

Bezug von Energie<br />

Scope 1 und 2<br />

Nutzungsphase Produkte<br />

Scope 3<br />

Weitere Informationen finden Sie auf<br />

nachhaltigkeit.bosch.com<br />

Energieeffizienz<br />

New Clean Power<br />

Grünstrom<br />

Kompensation<br />

und Verwaltungstätigkeiten von Bosch<br />

werden keinen CO 2<br />

-Fußabdruck mehr<br />

hinterlassen.<br />

Um die CO 2<br />

-Neutralität zu ermöglichen,<br />

investiert Bosch neben der regenerativen<br />

Energieversorgung vor allem in die Energieeffizienz<br />

der eigenen Standorte. Das<br />

Unternehmen will bis 2030 die ökolo-<br />

Klimaneutral ab <strong>2020</strong><br />

Science Based Targets<br />

Initiative (SBTi)<br />

– 15 %<br />

bis 2030<br />

68 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


gische Qualität der CO 2<br />

-Neutralstellung<br />

durch die Steigerung dieser beiden Maßnahmen<br />

weiter verbessern. Als kurzfristige<br />

wirksame Hebel kauft Bosch zudem<br />

Ökostrom aus bestehenden Anlagen<br />

zu und kompensiert unvermeidbaren<br />

CO 2<br />

-Ausstoß durch ausgewählte Klimaschutzmaßnahmen<br />

in vollem Umfang.<br />

Klimaschutz entlang der<br />

Wertschöpfungskette<br />

Bosch wird dafür die Lieferantengruppen<br />

mit dem höchsten CO 2<br />

-Ausstoß identifizieren,<br />

um mit ihnen an Reduktionsmaßnahmen<br />

zu arbeiten. Im Bereich Logistik<br />

wird ein ganzheitliches Netzwerkdesign<br />

der Lieferkette angestrebt, um die regionale<br />

Beschaffung und Produktion von<br />

Waren zu fördern und Luftfracht zu vermeiden.<br />

Durch die zunehmende Bündelung<br />

von Frachten will Bosch außerdem<br />

die Transporte reduzieren und Routen<br />

sowie Kapazitätsauslastung optimieren.<br />

Auf Energieeffizienz ausgerichtetes Produktdesign<br />

trägt bereits heute dazu bei,<br />

dass Emissionen in Verbindung mit dem<br />

Gebrauch von verkauften Produkten<br />

gesenkt werden. <strong>2020</strong> möchte Bosch<br />

zusätzliche Potenziale identifizieren,<br />

um die CO 2<br />

-Emissionen seiner Produkte<br />

weiter zu senken. Darüber hinaus hat das<br />

Unternehmen bereits eine Maßnahme<br />

für die Kategorie „Mitarbeiterverkehr“<br />

beschlossen: Ab <strong>2020</strong> werden die Flugreisen<br />

aller Mitarbeiter mithilfe von<br />

Kompensationsleistungen CO 2<br />

-neutral<br />

gestellt. Die Kosten werden direkt in<br />

den Flugpreis einkalkuliert.<br />

Torsten Kallweit und Annette Wagner leiten<br />

die Zentralabteilungen EHS und Nachhaltigkeit<br />

der Bosch-Gruppe. Torsten Kallweit ist<br />

außerdem CTO der neu gegründeten Bosch<br />

Climate Solutions.<br />

Um die eigenen Anstrengungen in die<br />

Wirtschaft hinein zu multiplizieren, hat<br />

sich Bosch auch ein Ziel für die Senkung<br />

seiner Scope-3-Emissionen gesetzt. Das<br />

bedeutet, die Emissionen in den vor- und<br />

nachgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette<br />

zu verringern.<br />

Vorgelagerte Emissionen in der Wertschöpfungskette<br />

von Bosch beziehen<br />

sich auf Kategorien wie beschaffte Güter<br />

und Dienstleistungen, Logistik und<br />

Geschäftsreisen. Nachgelagerte Emissionen<br />

fallen vor allem im Zusammenhang<br />

mit der Nutzungsphase und der<br />

Entsorgung von Produkten an. Für die<br />

Berechnung des CO 2<br />

-Fußabdrucks hat<br />

Bosch alle Scope-3-Kategorien des GHG<br />

Protocol untersucht und sich dann auf<br />

die Kategorien konzentriert, die den<br />

größten Anteil an den CO 2<br />

-Emissionen<br />

ausmachen. Das sind beschaffte Güter,<br />

Logistik und die Produktnutzungsphase.<br />

Um den selbst auferlegten Standards<br />

gerecht zu werden, will Bosch die CO 2<br />

-<br />

Emissionen um mindestens 15 Prozent<br />

bis 2030 beziehungsweise mehr als 50<br />

Millionen Tonnen pro Jahr senken. Dazu<br />

hat sich Bosch gegenüber der Science<br />

Based Targets-Initiative als erster Automobilzulieferer<br />

mit einem messbaren<br />

Ziel verpflichtet.<br />

Klimaschutzlösungen für die Wirtschaft<br />

In der neuen Beratungsgesellschaft „Bosch Climate Solutions“ bündelt<br />

Bosch das Wissen von nahezu 1.000 Bosch-Experten weltweit und macht die<br />

Erfahrung aus mehr als 1.000 Energieeffizienz-Projekten zugänglich. Damit<br />

will Bosch andere Unternehmen an seinen Erfahrungen teilhaben lassen<br />

und sie auf ihrem Weg zu CO 2<br />

-Neutralität unterstützen. Die neu gegründete<br />

Geschäftseinheit erarbeitet maßgeschneiderte Lösungen für Kunden und zeigt<br />

Wege auf, Ökonomie und Ökologie sinnvoll zu verbinden. „Wir wollen andere<br />

Unternehmen an unseren Erfahrungen teilhaben lassen und sie auf ihrem Weg<br />

zu CO 2<br />

-Neutralität unterstützen“, sagt Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

69


BEST PRACTICE<br />

Nachhaltige Produktentwicklung<br />

bei CEWE<br />

CEWE hat bereits viele Schritte hin zu einer umweltfreundlicheren Produktpalette getan. Seit<br />

2016 werden mithilfe des Kasigau Wildlife Korridor Projektes alle CEWE Markenprodukte<br />

klimaneutral produziert. Das Projekt kümmert sich um Waldschutz und Wiederaufforstung in<br />

Kenia. Seit Beginn der Partnerschaft hat CEWE bereits über 100.000 t CO 2<br />

kompensiert. Auch<br />

der Versand der CEWE-Produkte erfolgt klimaneutral u.a. mit DHL GoGreen. Außerdem nutzt<br />

CEWE größtenteils FSC®-zertifiziertes (FSC C101851) Papier für seine Fotoprodukte. Die Zahl<br />

der Fotoprodukte mit FSC® Zertifizierung hat sich in diesem Jahr stark vergrößert. Neben dem<br />

Foto auf Holz sind nun auch das Flaggschiffprodukt CEWE FOTOBUCH in allen Varianten sowie<br />

die Fotoleinwände FSC®-zertifiziert. Doch Nachhaltigkeit ist ein stetiger Prozess. Die notwendige<br />

Umstellung der einzelnen Produktbestandteile und Produktionsprozesse ist komplex. In <strong>2020</strong><br />

hat sich CEWE im Bereich Nachhaltigkeit konkret auf die Themen Produkte und Kundenkommunikation<br />

fokussiert.<br />

Von Patrica Meyer, Projektmanagerin Umwelt und Fenna Willers, Sustainability Managerin, CEWE<br />

Status quo: Wo stehen wir?<br />

Im Frühjahr begann CEWE damit, sein<br />

ganzes Produktportfolio mit Blick auf<br />

den Nachhaltigkeitsgedanken zu analysieren.<br />

Da es bislang kein Instrument<br />

gab, das den vielfältigen Ansprüchen von<br />

CEWE gerecht werden konnte, wurde<br />

intern in Zusammenarbeit unterschiedlicher<br />

Abteilungen eine eigene Methode<br />

für ein entsprechendes Bewertungssystem<br />

entwickelt.<br />

Mithilfe dieser Methode ist es CEWE<br />

möglich, seine Produkte in Anbetracht<br />

der drei Nachhaltigkeitsdimensionen<br />

Ökologie, Gesellschaft und Ökonomie<br />

zu bewerten. Dafür wurden entlang des<br />

Produktlebenszyklus über 40 Kriterien<br />

innerhalb der vier Kategorien Rohstoffe<br />

und Lieferkette, Produktion, Nutzungsphase<br />

und Produktlebensende definiert.<br />

Für die Auswertung wurden die Kriterien<br />

nach Relevanz gewichtet und ein Farbschema<br />

angelehnt an ein Ampelsystem<br />

entworfen. Innerhalb dieser farblichen<br />

Bewertung konnte das Produkt je Kriterium<br />

mit grün, gelb, orange oder rot<br />

beurteilt werden, wobei grün eine sehr<br />

gute Nachhaltigkeit widerspiegelt und rot<br />

eine Unverträglichkeit gegenüber dem<br />

Nachhaltigkeitsgedanken und daher ein<br />

Ausschlusskriterium darstellt. Mit den<br />

Farben Gelb und Orange wurde die Skala<br />

um zwei Zwischenstufen ergänzt, welche<br />

noch Optimierungsmöglichkeiten<br />

aufzeigen. Es wurden für alle Kriterien<br />

zudem einheitliche Bewertungsgrenzen<br />

festgelegt, um eine konsistente und gerechte<br />

Beurteilung zu gewährleisten.<br />

Im Rahmen dieser Methode kann ein<br />

CEWE-Produkt einen Wert zwischen 0<br />

und 100 Prozent erlangen. Hierbei gilt: Je<br />

höher der Wert bei einem Produkt, desto<br />

besser ist es im Bereich Nachhaltigkeit<br />

aufgestellt.<br />

Was hat diese Bewertung bei CEWE<br />

bewirkt?<br />

Im Rahmen des Projekts Nachhaltigkeitsbewertung<br />

konnte für alle CEWE-<br />

Produkte der aktuelle Status Quo im<br />

Bereich Nachhaltigkeit festgestellt<br />

und Verbesserungspotenziale ermittelt<br />

werden. Auf Basis der aufgezeigten<br />

Handlungsfelder werden jetzt konkrete<br />

Maßnahmen entwickelt, um die Nachhaltigkeit<br />

der Produkte zu optimieren.<br />

Einige daraus resultierenden Projekte<br />

befinden sich bereits in der Umsetzung.<br />

Derzeit wird geprüft, ob weitere Produkte<br />

FSC®-zertifiziert werden können, wie bei<br />

Produkten und Verpackungen weiter<br />

Plastik reduziert werden kann und ob<br />

Materialanpassungen bei Acrylwandbildern<br />

einen signifikant nachhaltigen<br />

Effekt bringen.<br />

CEWE arbeitet fortwährend daran,<br />

sein Produktportfolio nachhaltiger zu<br />

gestalten und möchte die Nachhaltigkeitsbewertung<br />

langfristig in die Unternehmensführung<br />

einbinden. Somit<br />

soll sie auch im Hinblick auf Produktneueinführungen<br />

angewendet werden,<br />

70 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Aktuell ist die Verwendung von Plastik<br />

nicht komplett zu vermeiden. Das gilt<br />

vor allem für die Verpackung von Lebensmitteln<br />

wie Schokolade. Schutzfolie<br />

und Schokoladenpapier sind noch aus<br />

Plastik. Der Innenteil ist aber umweltfreundlicher<br />

als sein Plastik-Vorgänger.<br />

CEWE forscht aktiv an nachhaltigen<br />

Alternativen, um Kunststoff weiter zu<br />

reduzieren.<br />

Erst Reduktion<br />

dann Kompensation<br />

– Ziel immer<br />

klar vor Augen<br />

um den Nachhaltigkeitsgedanken<br />

bereits zu<br />

Beginn der Entwicklungsphase<br />

zu integrieren.<br />

Nachhaltigere Produkte – mehr<br />

Komplexität?<br />

Um ein Produkt nachhaltiger zu machen,<br />

müssen alle damit zusammenhängenden<br />

Prozesse betrachtet werden. Veränderungen<br />

können sich dementsprechend<br />

auf verschiedene Bereiche auswirken.<br />

Bereits ein neuer Produktbestandteil<br />

kann Auswirkungen für diverse Prozesse<br />

mit sich bringen.<br />

Beispielhaft wird dies hier am Premium<br />

Adventskalender mit Pralinen von<br />

Ferrero erläutert, der im Jahr <strong>2020</strong> einen<br />

neuen Innenteil (Blister) aus 100<br />

Prozent biologisch abbaubarem Material<br />

bekommen hat.<br />

Der erste Adventskalender von CEWE<br />

mit umweltfreundlichem Innenteil<br />

Der neue Blister sollte einige Kriterien<br />

erfüllen:<br />

1. Biologisch abbaubar und / oder<br />

recyclebar<br />

2. Plastikfrei<br />

3. Zugelassen für Lebensmittel<br />

4. Kompatibel mit dem vorhandenen<br />

Maschinenpark<br />

5. Passend für das Preisgefüge<br />

CEWE hat<br />

unter anderem<br />

eine Alternative aus<br />

Papier analysiert, diese<br />

brachte jedoch ein zu hohes<br />

Eigengewicht und Volumen mit sich.<br />

Erhöhen sich das Gewicht und das Volumen<br />

des Materials, erhöhen sich die<br />

Transport- und auch die Lagerkosten.<br />

Nicht immer ist es also nachhaltiger,<br />

wenn das Material umgestellt wird.<br />

Ein Herz aus Kartoffeln<br />

Mit dem Papierspritzguss von reinpapier<br />

hat CEWE einen Blister gefunden, der<br />

allen fünf Kriterien entspricht und trotz<br />

seines höheren Volumens und Gewichts<br />

in der CO 2<br />

-Bilanz besser abschneidet als<br />

der alte Blister aus Plastik. Der neue Blister<br />

besteht zu 70 Prozent aus Stärke von<br />

deutschen Kartoffeln. Hinzu kommen<br />

12 Prozent Papierfasern und 18 Prozent<br />

Wasser. Er ist 100 Prozent biologisch<br />

abbaubar, kann also im Kompost oder<br />

idealerweise in der Papiertonne entsorgt<br />

werden, um recycelt zu werden.<br />

„Dieses Projekt ist auch für uns ein Test.<br />

Die Erkenntnisse daraus dienen als Wegweiser,<br />

wie wir unsere Produktpalette<br />

künftig noch ressourcenschonender gestalten<br />

können“, sagt Thomas Mehls, Vorstand<br />

für Marketing und Nachhaltigkeit.<br />

Wir wollen transparent über<br />

unsere Entwicklungen im Bereich<br />

Nachhaltigkeit informieren. Dafür<br />

veröffentlichen wir seit zehn Jahren<br />

einen Nachhaltigkeitsbericht nach<br />

den Richtlinien der „<strong>Global</strong> Reporting<br />

Initiative“ (GRI).<br />

Eines unserer wesentlichen Umweltziele<br />

ist die Halbierung der selbst verursachten<br />

Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Diese<br />

lagen bei 13.401 Tonnen im Jahr 2015,<br />

bis 2025 wollen wir sie auf weniger als<br />

6.700 Tonnen im Jahr reduzieren.<br />

Sie möchten noch mehr zum Thema<br />

Nachhaltigkeit bei CEWE erfahren?<br />

Auf unseren Unternehmensseiten<br />

(company.cewe.de) erfahren Sie weitere<br />

Details zu unseren Aktivitäten. Wir<br />

freuen uns außerdem jederzeit über<br />

Wünsche und Ideen zu diesem Thema.<br />

Sie können Ihr Anliegen gerne an<br />

nachhaltigkeit@cewe.de schicken.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

71


BEST PRACTICE<br />

Mit Blick auf die<br />

Zukunft<br />

Transport-Unternehmen treffen rationale Kaufentscheidungen und können bei Alltagstauglichkeit,<br />

Tonnage und Reichweite ihrer Lkw keine Kompromisse eingehen. Gleichzeitig<br />

soll im Rahmen der CO 2<br />

-Reduktionsziele der Europäischen Union auch das Transportgewerbe<br />

mittel- und langfristig dekarbonisiert werden. Zugegeben: Diese beiden Punkte zu kombinieren,<br />

scheint ambitioniert, aber in unseren Augen machbar – der Grund für unsere Zuversicht ist<br />

die Brennstoffzelle.<br />

Von Dr. Andreas Gorbach, Chief Executive Officer Daimler Truck Fuel Cell GmbH & Co. KG und Dr. Jan Krönig, Head of Strategy Daimler Trucks & Buses<br />

Emissionsfreie Mobilität – mit dieser<br />

Vision bekennt sich unser Konzern, die<br />

Daimler AG, aktiv für Klimaschutz und<br />

Luftreinhaltung. Die Ambition für die<br />

Pkw-Sparte: Bis 2039 soll die gesamte<br />

Neufahrzeugflotte CO 2<br />

-neutral sein<br />

und keine relevanten Auswirkungen<br />

auf die innerstädtische Luftqualität haben.<br />

Dabei soll diese Zielsetzung alle<br />

Wertschöpfungsstufen des Automobils<br />

umfassen – von der Lieferkette über die<br />

Produktion bis hin zur Nutzungsphase<br />

und Entsorgung der Fahrzeuge.<br />

Unsere Lkw-Sparte verfolgt ähnliche<br />

Fahrzeug- und Zeitpläne, für Europa<br />

und auch für die Märkte Nordamerika<br />

und Japan. Bis zum Jahr 2022 soll das<br />

Portfolio in den Hauptabsatzregionen<br />

Europa, USA und Japan Serienfahrzeuge<br />

mit batterieelektrischem Antrieb<br />

umfassen. Bis zum Jahr 2039 sollen in<br />

diesen Märkten nur noch Neufahrzeuge<br />

angeboten werden, die im Fahrbetrieb<br />

(“tank-to-wheel“) CO 2<br />

-neutral sind.<br />

Wir beabsichtigen den CO 2<br />

-neutralen<br />

Transport mit zwei Technologien zu<br />

erreichen: mit der Batterie und der<br />

Brennstoffzelle. Wir sind überzeugt, das<br />

facettenreiche Einsatzspektrum unserer<br />

Kunden mit all ihren Bedarfen nur<br />

dann wirklich CO 2<br />

-neutral abdecken zu<br />

können, wenn eben diese beiden Antriebstechnologien<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Die Entscheidung zwischen Elektro und<br />

Brennstoffzelle liegt letztendlich beim<br />

Kunden. Doch generell gilt folgende<br />

Faustregel: Je leichter die Beladung und<br />

je kürzer die Distanz, desto eher wird ein<br />

batterieelektrischer Lkw zum Einsatz<br />

kommen. Je schwerer die Beladung und<br />

je länger die Distanz, desto eher eignet<br />

sich die Brennstoffzelle.<br />

Vor allem für Lkw im schweren Fernverkehr<br />

kann die Brennstoffzelle eine<br />

bedeutende CO 2<br />

-neutrale Lösung darstellen.<br />

Um möglichst schnell weitere<br />

Meilensteine zu erreichen und somit<br />

die Technologie einer breiten Masse<br />

verfügbar zu machen, haben wir im<br />

72 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Mit dem Mercedes-Benz GenH2 Truck<br />

präsentiert Daimler Trucks sein Konzept<br />

für ein brennstoffzellenbetriebenes<br />

Langstreckenfahrzeug für flexible und<br />

anspruchsvolle Einsätze mit Blick auf<br />

Strecken, Entfernungen und Nutzlast. Start<br />

der Serienproduktion ist für die zweite Hälfte<br />

der <strong>2020</strong>er Jahre geplant.<br />

April <strong>2020</strong> mit der Volvo Group eine<br />

vorläufige, nicht bindende Vereinbarung<br />

zur Gründung einer Partnerschaft für<br />

die serienreife Entwicklung, Produktion<br />

und Vermarktung von Brennstoffzellensystemen<br />

für den Einsatz in schweren<br />

Nutzfahrzeugen und anderen Anwendungsfeldern<br />

geschlossen.<br />

Wie die Brennstoffzelle zum Einsatz<br />

kommt, haben wir im September <strong>2020</strong><br />

vorgestellt, in unserem Konzept-Lkw<br />

Mercedes-Benz GenH2 Truck, der ab<br />

Januar 2021 auf den Straßen getestet<br />

wird. Die Serienfertigung soll in der<br />

zweiten Hälfte der Dekade beginnen,<br />

was sich auch mit den Zeitplänen der<br />

Volvo-Partnerschaft deckt. Bei der Kundenerprobung<br />

soll es indes bereits viel<br />

früher losgehen: Die ersten Vorserienfahrzeuge<br />

sollen bereits 2023 von ihnen<br />

getestet werden.<br />

Für uns war bei der Entwicklung neben<br />

der Nachhaltigkeit Folgendes entscheidend:<br />

die Eigenschaften dieses Lkw sollten<br />

hinsichtlich Zugkraft, Reichweite<br />

und Leistungsfähigkeit auf Augenhöhe<br />

mit einem konventionellen Mercedes-<br />

Benz Actros Fernverkehrs-Lkw sein. Dazu<br />

gehört eine Reichweite von 1.000 Kilometer<br />

und mehr, die mit unserem Wasserstoff-Lkw<br />

möglich sein wird. Damit<br />

ist er optimal für einen CO 2<br />

-neutralen<br />

Fernverkehr geeignet. Was die Zuladung<br />

betrifft, so soll der GenH2 Truck<br />

in seiner Serienvariante wie auch der<br />

Mercedes-Benz Actros bei 40 Tonnen<br />

Gesamtgewicht eine Zuladung von 25<br />

Tonnen bieten.<br />

Die technologische Besonderheit im<br />

Langstrecken-Konzeptfahrzeug ist, dass<br />

der Wasserstoff in flüssiger Form an<br />

Bord gespeichert wird. Der auf minus<br />

253 Grad gekühlte Energieträger liefert<br />

in dieser Form nämlich eine höhere<br />

Energiedichte als in Gasform. Dadurch<br />

sind auch kleinere und leichtere Wasserstofftanks<br />

einsetzbar, was dem Lkw mehr<br />

Volumen und damit eine höhere Nutzlast<br />

bringt – und natürlich die Reichweite<br />

erhöht, zumal mehr in die Tanks passt.<br />

Alles Punkte, die bei den Lkw-Kunden<br />

ausschlaggebend sind. Die beiden für<br />

den Truck vorgesehenen Edelstahltanks<br />

fassen jeweils 40 Kilogramm. Die Brennstoffzelle<br />

selbst soll – wenn sie später<br />

in Serie produziert wird – zweimal<br />

150 kW liefern, die Batterie bis zu 400<br />

kW zum Bremsen und Beschleunigen.<br />

Die Batterie hat eine überschaubare<br />

Speicherkapazität von 70 kWh, was zur<br />

Leistungsunterstützung der Brennstoffzelle<br />

reichen soll – etwa wenn es bergauf<br />

geht oder der Lkw zum Überholen ansetzt.<br />

Eine Aufladung der Batterie durch<br />

Rekuperation ist für das Serienfahrzeug<br />

ebenfalls geplant. Dass sie relativ leicht<br />

ist, kommt der Nutzlast zugute.<br />

Auf dem Weg zum CO 2<br />

-neutralen Transport:<br />

Von links nach rechts: Mercedes-Benz<br />

eActros, Mercedes-Benz eActros LongHaul<br />

und Mercedes-Benz GenH2 Truck<br />

Bei der Wasserstoff-Infrastruktur stehen<br />

wir aber erst am Anfang. Wichtig ist<br />

dabei, dass grüner, also CO 2<br />

-neutral produzierter<br />

Wasserstoff in ausreichender<br />

Menge zur Verfügung steht. Wenn wir<br />

Kohle verstromen, um damit Wasserstoff<br />

herzustellen und dann aus dem Wasserstoff<br />

wieder Strom für den Antrieb von<br />

Fahrzeugen herzustellen, ist das mit Blick<br />

auf die Energie- und Klimabilanz absolut<br />

nicht sinnvoll. Heute gibt es praktisch<br />

noch keinen grünen Wasserstoff, der<br />

aus erneuerbaren Energien gewonnen<br />

wird. Auch Mineralölkonzerne und Gashersteller<br />

haben ein großes Interesse,<br />

grünen Wasserstoff auf den Markt zu<br />

bringen, was jedoch nicht über Nacht<br />

klappen wird.<br />

Für den Erfolg und damit für die Dekarbonisierung<br />

des Transportgewerbes<br />

ist noch mehr nötig. Um CO 2<br />

-neutrale<br />

vollelektrische Fahrzeuge wettbewerbsfähig<br />

zu machen, bedarf es neben der<br />

nötigen Infrastruktur für das Laden<br />

von Ökostrom sowie für die zuvor erwähnte<br />

Erzeugung, Speicherung und<br />

den Transport von grünem, flüssigem<br />

Wasserstoff auch regulatorische und<br />

staatlicher Steuerungsmaßnahmen.<br />

Doch gemeinsam mit allen Beteiligten<br />

aus der Politik sowie weiteren Akteuren<br />

und der Gesellschaft werden wir die<br />

richtigen Rahmenbedingungen schaffen,<br />

hier sind wir zuversichtlich. Der Anreiz<br />

ist groß: Der flüssigwasserstoff-basierte<br />

Brennstoffzellen-Lkw hat das Zeug, die<br />

Transportbranche zu revolutionieren.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

73


BEST PRACTICE<br />

Sprint auf die Null<br />

In der Nachhaltigkeitskommunikation wird gerne der Vergleich mit einem Marathon genutzt.<br />

Langer Atem und Durchhaltevermögen sind viel beschworene Tugenden. Als Unternehmen, das<br />

direkt im Juli 2000 dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> beigetreten ist und sich bereits seit den 90er Jahren<br />

für den Klimaschutz einsetzt, hat die Deutsche Telekom auf ihrem Weg bereits einige Meilensteine<br />

erreicht. Aktuelle Studien zeigen aber klar: Egal wie weit wir gekommen sind, es ist Zeit,<br />

das Tempo zu erhöhen. Ressourcenverbrauch und Emissionen müssen massiv gesenkt werden,<br />

und zwar schnell. Ein Sprint auf die Null, sozusagen. Dazu haben wir <strong>2020</strong> das Programm „we<br />

care for our planet“ aufgesetzt.<br />

Von Katja Poschke, Group Corporate Responsibility, Deutsche Telekom<br />

Die Corona-Krise hat vieles gehörig<br />

durcheinandergewirbelt: scheinbare<br />

Selbstverständlichkeiten lösten sich<br />

auf; Privatpersonen, Politik und Unternehmen<br />

mussten sich ganz neuen<br />

Herausforderungen stellen. Bei aller<br />

Unsicherheit stand für die Deutsche<br />

Telekom fest: „Verantwortung leben“<br />

ist Teil der Unternehmensstrategie und<br />

damit ein Maßstab für unser Handeln:<br />

in der Krise ebenso wie danach. Klimaund<br />

Ressourcenschutz müssen in allen<br />

Entscheidungen mitgedacht werden.<br />

Nur so können wir dazu beitragen, unsere<br />

Gesellschaft und unsere Wirtschaft<br />

langfristig stabil und resilient zu gestalten.<br />

Diesen Anspruch bekräftigen<br />

wir mit Taten, wie z.B. dem Wechsel<br />

auf 100 Prozent Grünstrom im deutschen<br />

Netz <strong>2020</strong> und weltweit ab 2021.<br />

Damit erfüllt der Konzern einen wichtigen<br />

Meilenstein der aktuellen Klimastrategie,<br />

die daran ausgerichtet ist,<br />

einen aktiven Beitrag zum Erreichen<br />

des 1,5 Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens<br />

zu leisten.<br />

Klima- und Ressourcenschutz mit<br />

Tradition<br />

Bereits seit den 90er Jahren hat die<br />

Deutsche Telekom Klima- und Ressourcenschutz<br />

aktiv vorangetrieben und sich<br />

z.B. das erste Klimaschutzziel gesetzt. In<br />

den frühen 2000er Jahren erforschte die<br />

Telekom gemeinsam mit Stakeholdern<br />

in der „T-City“ Friedrichshafen Vorläufer<br />

von SmartCity-Lösungen. Und der<br />

Umbau des Mobilfunknetzes auf die<br />

damals modernste GSM-Technik führte<br />

2007 zu Stromeinsparungen von rund<br />

30 Prozent – bei verbesserter Leistung.<br />

Heute bietet die fortschreitende Digitalisierung<br />

neue Hebel: Über den sogenannten<br />

Enablement-Faktor messen wir,<br />

wie stark Kunden durch unsere Produkte<br />

und Lösungen klimarelevante Emissionen<br />

einsparen können. Um gleichzeitig<br />

das Risiko von Rebound-Effekten zu<br />

minimieren, entkoppelt der Konzern<br />

zum Beispiel durch den Einkauf von<br />

regenerativen Energien systematisch<br />

Energieverbrauch und Emissionen. Parallel<br />

verbessern wir kontinuierlich die<br />

Energieeffizienz unserer Infrastruktur.<br />

Nur so können wir unsere Ziele erreichen:<br />

eine Reduktion der Scope 1&2<br />

Emissionen um 90 Prozent (Basisjahr:<br />

2017) sowie eine Reduktion von Emissionen,<br />

die im Laufe der Herstellungsund<br />

Nutzungsphase unserer Produkte<br />

entstehen, um 25 Prozent pro Kunde<br />

jeweils bis 2030. Und auch mit der Frage<br />

der Klimaneutralität beschäftigen wir<br />

uns intensiv.<br />

Gleichzeitig verdeutlichen die verschärfte<br />

Klimakrise und das gestiegene gesellschaftliche<br />

Bewusstsein für diese Probleme,<br />

wie notwendig schnelle, effiziente<br />

Lösungen sind. Die <strong>2020</strong>er Jahre läuten<br />

daher für uns eine entscheidende Phase<br />

auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit<br />

ein. Um die ganzheitliche Integration<br />

und Berücksichtigung von ökologischen<br />

Faktoren im Unternehmen noch weiter<br />

zu forcieren, hat die Telekom ein<br />

Programm aufgesetzt: We care for our<br />

Planet. „Es geht darum, die Klima- und<br />

Umweltschutzthemen, bei denen wir<br />

im Konzern schon lange engagiert sind,<br />

noch enger zusammenzubringen und<br />

auszuweiten: Weg von Einzelzielen hin<br />

zu einer ganzheitlichen Betrachtung,<br />

die wir in elf Initiativen vorantreiben“,<br />

erklärt die Programmverantwortliche<br />

Melanie Kubin-Hardewig.<br />

Die ausgewählten Initiativen fokussieren<br />

sowohl Themen mit Kundenbezug<br />

als auch Optimierungen im internen<br />

Betrieb. Sie zielen z.B. auf eine grünere<br />

Kundenerfahrung bei der Telekom,<br />

etablieren zirkuläre Geschäftsmodelle<br />

und nachhaltige Verpackungen der eigenen<br />

Endgeräte. So werden neue eigene<br />

(T-branded) Endgeräteversionen nur noch<br />

mit 100 Prozent nachhaltiger Verpackungen<br />

angeboten: aus recyclebaren,<br />

biologisch abbaubaren Materialien, frei<br />

74 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


von Plastik und mit umweltfreundlichen<br />

Farben bedruckt. Auch mit Lieferanten<br />

von Endgeräten anderer Marken arbeiten<br />

wir eng zusammen, um Verpackungen<br />

nachhaltig zu gestalten. Bis zu 30 Prozent<br />

unsere Endgeräte erfüllen diese Anforderungen<br />

bereits.<br />

Damit dies für den Kunden direkt erkennbar<br />

ist, haben wir das "we care"<br />

Label entwickelt. Gekennzeichnet werden<br />

Angebote mit positivem Beitrag<br />

zu mehr Klima- und Ressourcenschutz<br />

sowie zu sozialen und gesellschaftlichen<br />

Herausforderungen in der digitalen Welt.<br />

Parallel werden auch interne Prozesse<br />

umfassend optimiert: Dabei gibt es ein<br />

vielfältiges Spektrum an Aufgaben in<br />

den Bereichen Energie-, Ressourcenmanagement,<br />

Wiederverwertbarkeit<br />

oder Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />

im Zusammenhang mit der Netzwerkund<br />

IT-Infrastruktur. Auch die Nachhaltigkeit<br />

in Bürogebäuden steht im<br />

Fokus. Unterstützt wird das zentrale<br />

Programm von der Graswurzel-Initiative<br />

„Green Pioneers“: mehr als 250 engagierte<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die<br />

mit Engagement daran arbeiten, den<br />

„grünen“ Gedanken in ihrem jeweiligen<br />

Arbeitsumfeld stärker zu verwurzeln.<br />

„Mittelfristig ist es unser klares<br />

Ziel, dass es kein gesondertes Programm<br />

mehr braucht, sondern Klima- und Umweltschutz<br />

in unsere DNA übergehen<br />

und immer mitbedacht werden.“, sagt<br />

die Programmleiterin Melanie Kubin-<br />

Hardewig.<br />

Messbare Erfolge für die Umwelt<br />

Viele der Workstreams haben bereits<br />

erste Erfolge erzielt: ein neues Lernmodul<br />

zu Nachhaltigkeits-Themen für<br />

Beschäftigte der Telekom Shops wird sehr<br />

gut angenommen, Papiertüten wurden<br />

durch nachhaltigere Recycling-Tüten<br />

ersetzt und nachhaltigere Verpackungen<br />

sukzessive eingeführt. Im Zuge des „grüneren“<br />

Gebäudemanagements konnten<br />

bereits Stromeinsparungen von 105GWh<br />

erreicht werden. Das entspricht etwa dem<br />

Stromverbrauch einer Stadt wie Lüneburg.<br />

Die Initiative für ein papierloses<br />

Büro verzeichnete bereits Einsparungen<br />

von 365 Tonnen: eine Menge, für die<br />

sonst rund 250.000 Bäume gefällt werden<br />

müssten.<br />

Internationalisierung im Fokus<br />

Nachdem die erste Phase des Programms<br />

primär darauf ausgerichtet war, die größten<br />

Hebel für nachhaltige Veränderungen<br />

zu identifizieren, rückt der konzernweite<br />

Roll-Out in den Fokus. „Wir gehen in<br />

allen nationalen Märkten voran. Auch<br />

in den kommenden Jahren müssen wir<br />

kontinuierlich daran arbeiten, dass die<br />

Telekom überall Stück für Stück grüner<br />

wird“, resümiert Birgit Klesper, Leiterin<br />

Group Corporate Responsibility der<br />

Deutschen Telekom. „Dies verdeutlicht<br />

einen wichtigen Gedanken im Projekt:<br />

Veränderungen nicht punktuell, sondern<br />

ganzheitlich vorantreiben. Auch bei<br />

erhöhtem Tempo gewinnen wir diesen<br />

Marathon nur, wenn alle ans Ziel<br />

kommen.“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

75


BEST PRACTICE<br />

Grüne Energie für die<br />

Industrie: E.ON liefert<br />

Industriebetriebe haben einen Riesenhunger auf Energie. Den mit erneuerbaren Energien zu<br />

stillen, erschien lange fast aussichtslos. Was inzwischen möglich ist, demonstriert das Essener<br />

Energieunternehmen E.ON im nordrhein-westfälischen Hürth. Dort entsteht derzeit ein<br />

hochmodernes Biomassekraftwerk mit Modellcharakter.<br />

Von Peter Basche, Senior Project Manager, E.ON Energy Projects<br />

Beobachten lassen sich die Bauarbeiten<br />

auf dem Gelände des UPM-Papierwerks<br />

im Ortsteil Knapsack. Dort, inmitten<br />

eines geschäftigen Industriegebietes, rotiert<br />

seit knapp zwanzig Jahren eine der<br />

modernsten Papiermaschinen der Welt,<br />

um rund um die Uhr Zeitungspapier<br />

herzustellen. Aus jeder Menge Altpapier.<br />

Und jeder Menge Energie.<br />

Schmaler Öko-Fußabdruck<br />

Das neue Biomassekraftwerk soll die<br />

künftig liefern, möglichst grün, möglichst<br />

klimafreundlich, und den Produktionskreislauf<br />

am Standort so noch<br />

nachhaltiger aufstellen. Noch, weil in der<br />

Papiermühle heute schon ausschließlich<br />

Altpapier genutzt wird. Der Umstieg auf<br />

Energie aus dem Biomassekraftwerk trägt<br />

nun dazu bei, die energieintensive Papierproduktion<br />

weiter zu dekarbonisieren.<br />

Nun soll der ohnehin schon schmale<br />

ökologische Fußabdruck vor Ort noch<br />

ein paar Schuhgrößen kleiner werden.<br />

Somit ist das Projekt ein gutes Beispiel<br />

dafür, dass sich E.ON als Partner seiner<br />

Kunden sieht und es ihnen ermöglicht,<br />

die eigenen CO 2<br />

- und Klimaziele zu erreichen.<br />

E.ON ist gänzlich auf die neue<br />

Energiewelt ausgerichtet und leistet mit<br />

den beiden Geschäftsbereichen Energienetze<br />

und Kundenlösungen einen<br />

wesentlichen Beitrag zur Umsetzung<br />

der dezentralen und dekarbonisierten<br />

Energiewelt. Die einzigartige Position im<br />

Downstream-Bereich ermöglicht es E.ON,<br />

einen noch größeren Beitrag zu saubereren,<br />

intelligenteren und nachhaltigeren<br />

europäischen Energiesystemen zu leisten.<br />

UPM ist wie auch E.ON langjähriges Mitglied<br />

im <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten<br />

Nationen und bekennt sich ausdrücklich<br />

zum 1,5-Grad-Klimaschutzziel der UN<br />

sowie zu eigenen Nachhaltigkeitszielen.<br />

Ihre selbst verursachten CO 2<br />

-Emissionen<br />

etwa wollen die Finnen bis zum Jahr<br />

2030 um 65 Prozent senken, die aus der<br />

Lieferkette um 30 Prozent. Maßstab ist<br />

jeweils das Jahr 2015.<br />

Grüner Strom, saubere Wärme<br />

Bei der energieintensiven Papierproduktion<br />

sind diese Vorgaben alles andere als<br />

trivial. Schließlich müssen Lastspitzen<br />

rund um die Uhr aufgefangen werden,<br />

die Versorgung mit Strom und Wärme<br />

muss sich selbstredend auch rechnen<br />

und im besten Fall den Ausstieg aus<br />

der Kohleverstromung und die Energiewende<br />

in <strong>Deutschland</strong> flankieren. E.ON<br />

traut sich das zu. Und konnte bei UPM<br />

wohl auch mit der eigenen Erfahrung<br />

dabei punkten. Biomassekraftwerke<br />

im industriellen Maßstab betreibt der<br />

Energiedienstleister schon in Großbritannien<br />

und Schweden. Ein weiterer UPM-<br />

Standort in <strong>Deutschland</strong> wird bereits mit<br />

hocheffizient erzeugter Energie aus einer<br />

Kraft-Wärme-Kopplungsanlage versorgt.<br />

Das derzeit in Hürth entstehende Kraftwerk<br />

soll Anfang 2022 in Betrieb gehen,<br />

dann eine elektrische Leistung von 20<br />

Megawatt liefern und eine thermische<br />

Feuerungsleistung von 87 Megawatt.<br />

Während die so produzierte Wärmeenergie<br />

aus aufgelöstem Altpapier druckreifes<br />

Zeitungspapier macht, sowie für<br />

wohlige Büros und Hallen im UPM-Werk<br />

sorgt, fließt der produzierte Strom auch<br />

ins öffentliche Netz, um da dem Klima<br />

und der Stabilität des Stromnetzes zu<br />

dienen.<br />

Neue Arbeitsplätze<br />

E.ON rechnet bis zur Inbetriebnahme<br />

der Anlage mit Investitionen von rund<br />

110 Millionen Euro. 30 neu eingestellte<br />

Fachkräfte sollen das Kraftwerk dann<br />

im Drei-Schicht-Betrieb am Laufen halten.<br />

Befeuert wird es mit Restholz aus<br />

der Region. Pro Jahr werden dafür etwa<br />

235.000 Tonnen Biomasse angeliefert.<br />

Nach deren Trocknung bleibt dann eine<br />

Menge von 140.000 Tonnen, die in der<br />

Anlage verfeuert wird.<br />

Rund 40 Lkws mit Brennmaterial fahren<br />

täglich vor. Sollten die Anlieferungen<br />

stocken, kann der Betrieb dank eines<br />

Bunkers zur Zwischenlagerung des Rest-<br />

76 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Darstellung des hochmodernen<br />

Biomassekraftwerks, das aktuell in Hürth<br />

entsteht (Vordergrund). Daran angrenzend die<br />

Papierfabrik, die von dem Kraftwerk mit Energie<br />

versorgt wird (rechter oberer Bildausschnitt).<br />

holzes noch eine Woche aufrechterhalten<br />

werden.<br />

Restholz steht in der Region ausreichend<br />

zur Verfügung. Die jährlich benötigten<br />

140.000 Tonen entsprechen gerade einmal<br />

0,7 Prozent der im Umkreis von<br />

250 Kilometer verfügbaren Mengen.<br />

Lieferengpässe sind nicht zu erwarten.<br />

Restholz wird in <strong>Deutschland</strong> von allen<br />

gesetzlichen Körperschaften als klimaneutraler<br />

Energieträger anerkannt,<br />

er erfüllt sämtliche Anforderungen der<br />

Biomasseverordnung und der europäischen<br />

Renewable Energy Directive (REDD<br />

2). Zusätzlich hat E.ON bereits 2009 klare<br />

Nachhaltigkeitsanforderungen für den<br />

Einkauf von Biomasse eingeführt.<br />

Biomasse am Standort alternativlos<br />

Der Entscheidung für den Auf bau des<br />

Biomassekraftwerks waren eine ausführliche<br />

Prüfung dieser Option und<br />

möglicher Alternativen vorausgegangen.<br />

Letztlich schieden sie alle aus: Die Versorgung<br />

mit Wasserstoff oder mit Powerto-Gas-Anlagen<br />

erwies sich als technisch<br />

und wirtschaftlich nicht umsetzbar; die<br />

Versorgung über Wind- oder Solaranlagen<br />

scheiterte schon am fehlenden Platz<br />

für die Anlagen und den technischen<br />

Anforderungen an die Wärmeversorgung<br />

des Kunden. Geothermie wiederum ist<br />

vor Ort nicht verfügbar, Biogas nicht in<br />

ausreichenden Mengen. Blieb das Biomassekraftwerk<br />

als nachhaltige Option.<br />

Dass diese Option die richtige Wahl ist,<br />

steht für E.ON-Vorstandsmitglied Karsten<br />

Wildberger fest. Das neue Biomassekraftwerk<br />

mache „eine wirtschaftliche und<br />

verlässliche, nahezu CO 2<br />

-neutrale Energieversorgung<br />

eines energieintensiven<br />

Industriebetriebs möglich“. E.ON gebe<br />

damit ein Beispiel für die klimafreundliche<br />

Energieversorgung der Wirtschaft.<br />

Ein Beispiel, das „weit über die Papierbranche<br />

hinausreichen wird“.<br />

Vier gewinnt: Klima, Region, Wirtschaft,<br />

Gesellschaft<br />

Tatsächlich zahlt sich das entstehende<br />

Biomassekraftwerk auch für die Region<br />

aus, schon durch sauberere Luft. Das Papierwerk<br />

wurde zuvor nämlich über ein<br />

Braunkohlekraftwerk versorgt, das der<br />

Energiekonzern RWE AG in Berrenrath<br />

am Stadtrand von Hürth betreibt.<br />

Für das Klima sind das gute Nachrichten.<br />

Der CO 2<br />

-Fußabdruck des Werks wird<br />

künftig deutlich kleiner sein. Denn durch<br />

die Verbrennung des Restholzes wird nur<br />

jenes CO 2<br />

freigesetzt, dass das Material<br />

vorher durch sein Wachstum gebunden<br />

und damit der Atmosphäre entzogen<br />

hatte. Im projizierten Vergleich könnte<br />

der jährliche CO 2<br />

-Ausstoß der Anlage um<br />

rund 190.000 Tonnen im Jahr sinken,<br />

verglichen mit den Emissionen, die zuvor<br />

durch die Versorgung mit Braunkohle<br />

anfielen.<br />

Gute Nachrichten sind das auch für<br />

E.ON, kommt der Konzern seinen eigenen<br />

Klima- und Nachhaltigkeitszielen<br />

so doch wieder ein Stück näher. Wie<br />

auch UPM hat sich das <strong>Global</strong>-<strong>Compact</strong>-<br />

Mitglied E.ON frühzeitig zum Schutz<br />

des Klimas verpflichtet und diese Selbstverpflichtung<br />

zuletzt im März <strong>2020</strong> mit<br />

neuen Zielen untermauert: 2040 will<br />

E.ON selbst CO 2<br />

-neutral sein. Bis 2050<br />

sollen auch alle Kunden komplett klimaneutral<br />

mit Energie beliefert werden.<br />

Ehrgeizige Ziele, die E.ON als weiteren<br />

wichtigen Beitrag zu Erfüllung seiner<br />

gesellschaftlichen Verantwortung erachtet.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

77


BEST PRACTICE<br />

Konsequentes Engagement<br />

für den Klimaschutz<br />

Die Bekämpfung des Klimawandels hat hohe Bedeutung für Evonik. Mit unserer Klimastrategie<br />

<strong>2020</strong>+ arbeiten wir kontinuierlich an der Senkung von CO 2<br />

-Emissionen.<br />

Von Michaela Hauberg, Sustainability Relations, Evonik<br />

Die 17 Ziele der Vereinten Nationen für<br />

eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable<br />

Development Goals, SDGs) dienen<br />

als Orientierungsrahmen für Unternehmen,<br />

ihre Geschäftsaktivitäten auf eine<br />

nachhaltige Entwicklung auszurichten.<br />

Evonik unterstützt diese Ziele und verfügt<br />

über einen eigenen Methodenansatz,<br />

um die für den Konzern besonders relevanten<br />

SDGs zu identifizieren. Diese sind:<br />

Steigerung der Energieeffizienz nutzen<br />

wir ein breites Spektrum technischer und<br />

organisatorischer Maßnahmen. Dazu<br />

zählen etwa der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen<br />

oder der Ausbau<br />

der Verbundstrukturen zwischen Chemieproduktion<br />

und Energieanlagen, in<br />

die wir auch Produktionsstätten Dritter<br />

einbinden. Außerdem senken wir unsere<br />

CO 2<br />

-Emissionen durch die Änderung<br />

unseres Energiemixes und die Erneuerung<br />

unserer Energieinfrastruktur. Zur-<br />

• SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen<br />

• SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen<br />

• SDG 12: Nachhaltiger Konsum und<br />

Produktion<br />

• SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz<br />

Einen besonderen Stellenwert hat das<br />

SDG 13 für uns auch, weil der Klimawandel<br />

nach Ansicht unserer Stakeholder<br />

eines der wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen<br />

für Evonik ist. Seit 2019 sind die<br />

SDGs Teil unserer Nachhaltigkeitsanalyse<br />

der Geschäfte, deren Ergebnisse in die<br />

Strategiedialoge mit den operativen Einheiten<br />

einfließen. Im selben Jahr haben<br />

wir einen CO 2<br />

-Preis als zusätzliche Prämisse<br />

für große Investitionen eingeführt.<br />

Ehrgeizige Ziele<br />

Unser Ziel ist die absolute Minderung<br />

der Scope-1- und Scope-2-Emissionen<br />

um 50 Prozent bis 2025 auf Basis des<br />

Jahres 2008. Hierzu tragen unter anderem<br />

alternative Technologien und<br />

effiziente Produktionsprozesse bei. Zur<br />

78 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Links:<br />

Wertvolle Spezialchemikalien aus<br />

Kohlendioxid und grünem Strom<br />

herzustellen, das ist Ziel des<br />

Forschungsprojekts Rheticus. Damit will<br />

Evonik in einem Gemeinschaftsprojekt mit<br />

Siemens zu einer klimaneutralen Zukunft<br />

beitragen.<br />

Rechts oben:<br />

Aminosäuren in der Tierernährung<br />

reduzieren den Ausstoß von<br />

Treibhausgasen.<br />

Rechts mitte:<br />

Innovative Membrantechnologie von<br />

Evonik: SEPURAN® Green für die effiziente<br />

Aufbereitung von Biogas zu Biomethan.<br />

Rechts unten:<br />

„Grüne Reifen“ mit dem Silica-Silan-System<br />

von Evonik machen Autos spritsparender.<br />

zeit errichtet Evonik in Marl zwei neue<br />

hocheffiziente Gas- und Dampfturbinenkraftwerke,<br />

die bis Ende 2022 das letzte<br />

Kohlekraftwerk sowie ein bestehendes<br />

Reservekraftwerk ersetzen werden.<br />

Darüber hinaus wollen wir auch die<br />

mit unserem „Rohstoffrucksack“ verbundenen<br />

Scope-3-Emissionen aus der<br />

vorgelagerten Wertschöpfungskette um<br />

15 Prozent bis 2025 auf Basis des Jahres<br />

<strong>2020</strong> senken.<br />

Evonik baut Portfolio mit<br />

klimafreundlichen Produkten<br />

zielstrebig aus<br />

Evonik stellt Produkte und Lösungen her,<br />

die in der Anwendung zur Reduzierung<br />

der CO 2<br />

-Emissionen beitragen – wie<br />

beispielsweise Aminosäuren in der Tierernährung.<br />

So ersetzt 1 kg unserer Aminosäure<br />

Methionin im Tierfutter 260 kg<br />

Sojamehl. Gleichzeitig wird der Ausstoß<br />

von Ammoniak, Nitrat und Treibhausgasen<br />

sowie der Bedarf an Fischmehl,<br />

Futterpflanzen und Agrarfläche deutlich<br />

gesenkt.<br />

Evonik ist der weltweit einzige vollständig<br />

rückwärtsintegrierte Hersteller von<br />

hochselektiven Membranen zur Gastrennung.<br />

Hochleistungspolymere der<br />

Marke SEPURAN® Green machen die Aufbereitung<br />

von Biogas aus pflanzlichen<br />

und tierischen Abfällen zu Biomethan<br />

deutlich effizienter.<br />

Eine spezielle Kombination aus Silica<br />

und Silanen ermöglicht die Herstellung<br />

von „grünen“ Reifen. Diese sorgen für geringeren<br />

Rollwiderstand und gleichzeitig<br />

besserer Haftung auf nasser Straße. Der<br />

Spritverbrauch kann so um bis zu acht<br />

Prozent (im Vergleich zu herkömmlichen<br />

PKW-Reifen) gesenkt werden.<br />

Nachhaltigkeit und Circular Economy<br />

spielen für uns eine wichtige Rolle bei<br />

der Ausrichtung des Portfolios. So hat<br />

Evonik kürzlich die US-amerikanische<br />

Porocel-Gruppe erworben, die über eine<br />

Technologie zur Regenerierung von Entschwefelungskatalysatoren<br />

verfügt. Im<br />

Vergleich zur Produktion eines neuen<br />

Katalysators reduzieren sich die CO 2<br />

-<br />

Emissionen dadurch um mehr als 50<br />

Prozent.<br />

Darüber hinaus erforscht Evonik innovative<br />

Technologien, die das Potenzial<br />

haben, zum Gelingen der Energiewende<br />

beizutragen. So hat Evonik im Herbst<br />

<strong>2020</strong> gemeinsam mit Siemens Energy die<br />

vom Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung geförderte Versuchsanlage<br />

Rheticus in Betrieb genommen, die mithilfe<br />

von Bakterien Spezialchemikalien<br />

erzeugt – aus Kohlendioxid und Wasser<br />

sowie Strom aus erneuerbaren Quellen.<br />

Im Rahmen des Projekts hatten die beiden<br />

Unternehmen zuvor die Grundlagen<br />

für die technische Machbarkeit dieser<br />

künstlichen Fotosynthese aus Bioreaktor<br />

und Elektrolyseur erarbeitet.<br />

Klimaberichterstattung auf hohem<br />

Niveau<br />

Transparenz ist uns wichtig. Seit jeher<br />

informieren wir in unserem Nachhaltigkeitsbericht<br />

und unserer Webseite<br />

umfassend über ökonomische, ökologische<br />

und gesellschaftliche Belange. Dabei<br />

setzen wir auf eine kontinuierliche<br />

Verbesserung unserer Berichterstattung:<br />

Im Nachhaltigkeitsbericht 2019 haben<br />

wir erstmals klimabezogene Informationen<br />

in den Kategorien „Governance“,<br />

„Strategie“, „Risikomanagement“ sowie<br />

„Kennzahlen und Ziele“ entsprechend<br />

den Empfehlungen der Task Force on<br />

Climate-related Financial Disclosures veröffentlicht.<br />

Zudem informiert Evonik im<br />

Rahmen der Teilnahme am „CDP Climate<br />

Change“ regelmäßig über ihre Klimaperformance.<br />

Im Jahr 2019 haben wir hier<br />

mit der Bewertung „B“ abgeschnitten.<br />

Für Evonik sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz<br />

wichtige Voraussetzungen für<br />

die Lösung drängender Zukunftsfragen.<br />

Dabei gehen wir weit über die Chemie<br />

hinaus, um für unsere Kunden innovative,<br />

wertbringende und nachhaltige<br />

Lösungen zu schaffen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

79


BEST PRACTICE<br />

Klima- und Umweltschutz<br />

bei ista: mit gutem Beispiel<br />

vorangehen<br />

Wer Veränderungen erreichen will, muss selbst tätig werden und ein Vorbild für andere sein.<br />

Davon ist der Energiedienstleister ista überzeugt. Tag für Tag setzen sich daher Geschäftsführung<br />

und Mitarbeitende für mehr Nachhaltigkeit im (Unternehmens-) Alltag ein. Das spiegelt<br />

sich in den Nachhaltigkeitszielen und insbesondere auch in konkreten Projekten und Aktionen.<br />

Von Violetta Kahre, Head of Internal & Sustainability Communications, Maike Böcker und Miriam Zimmermann, Corporate Communications, ista<br />

Nachhaltigkeit ist bei ista Chefsache:<br />

„Als gutes Beispiel kann nur gelten, wer<br />

auch im eigenen Betrieb die Hausaufgaben<br />

macht“, sagt Thomas Zinnöcker,<br />

CEO von ista International. Um dabei<br />

voranzukommen, geht das Unternehmen<br />

strategisch vor und hat sich messbare<br />

Ziele in den fünf Handlungsfeldern Umwelt,<br />

Märkte, Mitarbeiter, Partner und<br />

Gesellschaft gesetzt. Dazu gehört auch<br />

das Ziel der Klimaneutralität bis 2050<br />

durch ressourcenschonendes Handeln<br />

in allen Geschäftsbereichen. Außerdem<br />

will ista seine Kundinnen und Kunden<br />

darin unterstützen, ihrerseits den CO 2<br />

-<br />

Ausstoß bis 2030 um zehn Prozent im<br />

Vergleich zu 2015 zu reduzieren. Möglich<br />

wird dies durch innovative Produkte,<br />

Dienstleistungen und Aufklärung über<br />

individuelle Wasser- und Energieverbräuche<br />

sowie deren Einsparpotentiale.<br />

„Damit motivieren wir Verbraucher zu<br />

klimafreundlichem Handeln. Denn wer<br />

weiß, was er verbraucht, kann sein Verhalten<br />

bewusst verändern“, so Zinnöcker.<br />

Seit <strong>2020</strong> ist außerdem die Finanzierung<br />

von ista am Kapitalmarkt an die Nachhaltigkeitserfolge<br />

gekoppelt: Die variablen<br />

Zinssätze des 1,85 Milliarden Euro hohen<br />

ESG-Kredits, den ista im August <strong>2020</strong><br />

abschloss, sind nämlich an die Erfüllung<br />

der eigenen Nachhaltigkeitsziele<br />

gebunden. Dazu gehören zum Beispiel<br />

der CO 2<br />

-Emissionswert pro Mitarbeiter<br />

sowie der weitere Ausbau der digitalen,<br />

möglichst ressourcenschonenden<br />

Serviceinfrastruktur. Werden die vereinbarten<br />

Nachhaltigkeitsziele erreicht,<br />

kann ista die Zinsen verringern, werden<br />

die Ziele hingegen verfehlt, steigen die<br />

Zinsen. „Die neue Finanzierung ist ein<br />

klares Bekenntnis zu unserer langfristigen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie. Wir freuen<br />

uns daher, dass eine breite Gruppe von<br />

Banken unseren Weg in eine nachhaltige<br />

und klimaneutrale Zukunft unterstützt“,<br />

sagt Thomas Lemper, CFO von ista.<br />

Wie geht Klimaschutz zu Hause und<br />

im Büro?<br />

Das Engagement für mehr Nachhaltigkeit<br />

umfasst aber nicht nur die globalen<br />

Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens.<br />

Ganz nach dem ista-Leitmotiv: „Wir helfen<br />

Menschen, ihren Beitrag zum Klimaschutz<br />

zu leisten“, gehen auch die<br />

Geschäftsführung und die Mitarbeiter<br />

mit gutem Beispiel voran und geben<br />

Tipps, wie man den (Berufs-) Alltag klima-<br />

und umweltfreundlicher gestalten<br />

Engagement in<br />

Corona-Zeiten<br />

Um anderen durch die Corona-Krise<br />

zu helfen, leistet ista an vielen<br />

Stellen Unterstützung. So kamen<br />

bei einem Benefiz-Konzert, das per<br />

Livestream in die Wohnzimmer der<br />

Mitarbeiter übertragen wurde,<br />

insgesamt über 25.000 Euro<br />

Spendengelder für drei Hilfsprojekte<br />

in Europa zusammen. Zudem<br />

spendete das Unternehmen 6.000<br />

OP-Schutzmasken für Pflege- und<br />

Seniorenheime in Essen sowie an die<br />

Tafeln in Stuttgart und Würzburg und<br />

half ausgewählten Schulen mit 57<br />

Laptops aus dem eigenen Bestand.<br />

kann. So stellten sich der internationale<br />

Geschäftsführer Thomas Zinnöcker und<br />

Dr. Hagen Lessing, CEO bei ista <strong>Deutschland</strong>,<br />

in einem Online-Gespräch den<br />

Fragen der jungen Generation. Sieben<br />

Kinder von ista-Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern nutzten die Gelegenheit. Sie<br />

wollten unter anderem wissen, was ista<br />

für den Klimaschutz tut, was sie selbst zu<br />

Hause oder auch in der Schule machen<br />

können, und wie es die Geschäftsführer<br />

persönlich mit dem Klimaschutz halten.<br />

80 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Lessing berichtete, dass er sein Haus<br />

durchoptimiert hat und so den Stromverbrauch<br />

um ein Drittel verringern<br />

konnte. Zinnöcker erzählte, er und seine<br />

Familie nutzen lieber die Dusche statt in<br />

der Badewanne zu sitzen, um Wasser zu<br />

sparen. Außerdem versuchen sie Plastik<br />

weitestgehend zu vermeiden.<br />

Wie man im Büro Strom sparen und<br />

nachhaltiger arbeiten kann, erprobten<br />

derweil die ista- Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter während der Klimaschutzwochen.<br />

Dabei standen acht verschiedene<br />

Themen jeweils eine Woche lang im Fokus<br />

– wegen der Corona-Pandemie zum<br />

Teil im Homeoffice. Am „Dicker-Pulli-Tag“<br />

hieß es zum Beispiel: Heizung runterdrehen<br />

und warme Kleidung anziehen.<br />

Und bei „Auto aus, Klima an!“ drehte<br />

sich alles um das Thema nachhaltige<br />

Mobilität und wie man klimaneutral<br />

zur Arbeit oder zum Supermarkt kommt<br />

– nämlich mit dem Fahrrad, zu Fuß<br />

oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />

Auf der internen Social-Collaboration-<br />

Plattform ONE konnten sich die Kollegen<br />

schließlich austauschen und zeigen, wie<br />

sie mit gutem Beispiel als „Climatecrew“<br />

vorangehen. Abseits des Büros sind sie<br />

aber auch aktiv. So nahmen zahlreiche<br />

Mitarbeiter an dem globalen „Klimastreik“<br />

der „Fridays for Future“-Bewegung<br />

teil und setzten zusammen mit weltweit<br />

1,4 Millionen Demonstranten ein Zeichen<br />

für den Klimaschutz. Mit einer weiteren<br />

Aktion zum Jahresabschluss <strong>2020</strong><br />

fördert ista das vielfältige, persönliche<br />

Engagement der Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter: Unter dem Motto „Wofür<br />

schlägt Dein Herz?“ werden ehrenamtliche<br />

Herzensprojekte gewürdigt und<br />

sichtbar gemacht.<br />

Schüler als Vorbild<br />

Die junge Generation in ihrem Engagement<br />

zu unterstützen, hat sich ista schon<br />

vor einigen Jahren vorgenommen und<br />

2017 die Initiative „ista macht Schule“<br />

ins Leben gerufen. Mit diesem Projekt<br />

will ista Kindern und Jugendlichen dabei<br />

helfen, Energiesparpotenziale in ihren<br />

Schulen aufzudecken und bei Energieverschwendung<br />

selbst für Abhilfe zu<br />

sorgen. Beim KlimaHelden-Contest von<br />

„ista macht Schule“, BildungsCent e. V.,<br />

Startnext und dem Verein „Die Multivision“<br />

zum Beispiel konnten Schüler aus<br />

ganz <strong>Deutschland</strong> ihre Ideen für mehr<br />

Klimaschutz in der Schule einreichen<br />

und mittels Crowdfunding Unterstützer<br />

für ihre Projekte gewinnen. Seit Ende<br />

2018 ist außerdem die KlimaKiste an 100<br />

Schulen in ganz <strong>Deutschland</strong> im Einsatz.<br />

Die Kiste enthält zahlreiche Messgeräte<br />

und Materialien rund um den Klimaschutz<br />

und unterstützt so die Schüler<br />

dabei, Potenziale zum Energiesparen in<br />

ihren Schulen ausfindig zu machen. 2019<br />

konzipierten ista und BildungsCent ein<br />

Ergänzungspaket für die KlimaKiste, das<br />

an 50 Schulen ging. Dem vorausgegangen<br />

war eine Feedback-Runde, bei der die<br />

Lehrer ihre Anregungen und Wünsche<br />

für die KlimaKiste einbringen konnten.<br />

Damit das Projekt „ista macht Schule“<br />

sich stetig weiterentwickelt, organisierte<br />

ista in <strong>2020</strong> eine Zukunftswerkstatt mit<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von<br />

ista, bestehenden Partnern des Projekts<br />

inkl. Lehrer und Schülerinnen sowie<br />

ausgewählten externen Expertinnen<br />

und Experten aus dem Bildungsbereich.<br />

Ziel der Zukunftswerkstatt war es, auf<br />

Basis einer kritischen Bestandsaufnahme<br />

und kreativen Ideenfindung konkrete<br />

Vorschläge zu entwickeln, wie das<br />

Projekt „ista macht Schule“ zukünftig<br />

aussehen kann.<br />

ista bekennt sich zu den SDGs<br />

Mit dem umfassenden Engagement helfen<br />

ista, die CEOs und die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter nicht nur anderen<br />

beim Thema Nachhaltigkeit, sondern<br />

leisten auch einen wichtigen Beitrag<br />

zu den SGDs. ista hat sieben von ihnen<br />

identifiziert, zu denen das Unternehmen<br />

am meisten beitragen kann. Dazu<br />

gehören SDG 4 (Hochwertige Bildung),<br />

SDG 7 (Bezahlbare und saubere Energie),<br />

SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und<br />

Wirtschaftswachstum), SDG 11 (Nachhaltige<br />

Städte und Gemeinden), SDG 12<br />

(Nachhaltige/r Konsum und Produktion)<br />

sowie SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz)<br />

und SDG 17 (Partnerschaften für<br />

die Ziele).<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

81


BEST PRACTICE<br />

MAN bringt CO 2<br />

-freie<br />

Mobilität auf die Straße<br />

Elektrische Antriebe mit Batteriespeicher reichen für die Verkehrswende in der Personenbeförderung<br />

und im Transportwesen alleine nicht aus. Um den Kunden umweltfreundliche<br />

Nutzfahrzeuge für jeden Einsatz anzubieten, erprobt MAN auch das Potenzial von Wasserstoff<br />

als alternative Antriebstechnologie für eine saubere Mobilität. Dafür kooperiert das Unternehmen<br />

mit starken Partnern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.<br />

Von Stefan Klatt, Head of Corporate Responsibility, MAN<br />

Schadstoff-Emissionen zu verringern,<br />

steht bei dem Nutzfahrzeug- und<br />

Motorenhersteller MAN seit Jahren auf<br />

der Agenda. Galt es zunächst, für den<br />

Menschen schädliche Emissionen wie<br />

Kohlenmonoxid, Stickstoffoxide und<br />

Feinstaub-Partikel auf ein Minimum zu<br />

senken, hat das Bewusstsein über den<br />

schädlichen Einfluss von CO 2<br />

auf das<br />

Klima dazu geführt, dass die Reduzierung<br />

des CO 2<br />

-Ausstoßes nun oberste<br />

Priorität hat. Immer mehr privatwirtschaftliche<br />

und kommunale Flottenbetreiber<br />

wollen einen Beitrag zum Klimaschutz<br />

leisten und verlangen nach<br />

Fahrzeugen mit niedrigem CO 2<br />

-Ausstoß<br />

oder lokal emissionsfreiem Antrieb.<br />

Darüber hinaus hat die EU im Sommer<br />

2019 beschlossen, dass die Hersteller<br />

von Lastkraftwagen und Nutzfahrzeugen<br />

bis 2025 die CO 2<br />

-Emissionen im Durchschnitt<br />

um 15 Prozent und bis 2030 um<br />

30 Prozent im Vergleich zu 2019 reduzieren<br />

müssen: „Da der CO 2<br />

-Ausstoß von<br />

Dieselmotoren in direkter Relation zum<br />

Verbrauch steht, bedeutet das: Es müssen<br />

lokal emissionsfreie Alternativen her,<br />

weil der Dieselantrieb allein nicht um<br />

30 Prozent effizienter gemacht werden<br />

kann. Nur mit Low- oder besser gleich<br />

Zero-Emission-Fahrzeugen lassen sich<br />

die CO 2<br />

-Vorgaben der EU einhalten“,<br />

erklärt MAN.<br />

Individuelle Lösungen für jeden<br />

Einsatz<br />

Während bei Pkws auf elektrische Antriebe<br />

mit Batteriespeicher als erfolgversprechendste<br />

Technologie gesetzt wird,<br />

um die CO 2<br />

-Emissionen im Verkehr zu<br />

vermeiden, ist die Entscheidung über die<br />

richtige Alternative bei schweren Nutzfahrzeugen<br />

nicht so einfach. Der Grund:<br />

Fahrzeugkonfigurationen und Einsatzparameter<br />

sind zu unterschiedlich, als<br />

dass man sich auf eine umweltfreundliche<br />

Antriebstechnologie festlegen könnte.<br />

„Während ein Linienbus im Stadtverkehr<br />

selten mehr als 300 Kilometer am<br />

Tag zurücklegt, bringt es ein Reisebus<br />

schon mal auf die doppelte Tageskilometerleistung.<br />

Und die Anforderungen<br />

an einen Liefer-Lkw, der jeden Tag auf<br />

den Betriebshof zurückkehrt, sind gänzlich<br />

andere als bei einem Fernverkehrs-<br />

Truck, der tage- oder sogar wochenlang in<br />

ganz Europa unterwegs ist“, erklärt das<br />

Unternehmen.<br />

Aus diesem Grund verfolgt man bei<br />

MAN verschiedene Ansätze für alternative<br />

Energieträger und Antriebsformen<br />

gleichzeitig und entwickelt unterschiedliche<br />

Lösungen für die verschiedenen<br />

Fahrzeugtypen und Einsatzformen. So<br />

bietet das Unternehmen für den ÖPNV<br />

und den Verteilerverkehr seinen Kunden<br />

bereits heute mit den Modellen MAN<br />

Lion’s City E und dem eTGE sowie dem<br />

Verteiler-Lkw eTGM batterieelektrische<br />

Fahrzeuge in Serie. Für den Fernverkehr<br />

stellt wiederum Wasserstoff (H2)<br />

eine gute ergänzende Möglichkeit als<br />

alternativer Kraftstoff dar. Hierzu hat<br />

das Unternehmen im Herbst <strong>2020</strong> seine<br />

Entwicklungs-Roadmap vorgestellt: Demnach<br />

sollen den aktuell laufenden Vorentwicklungsprojekten<br />

folgend bereits<br />

2021 Prototypen-Fahrzeuge aufgebaut<br />

werden. MAN erprobt hierbei sowohl den<br />

Einsatz einer Brennstoffzelle als auch<br />

eines H2-Verbrennungsmotors.<br />

Wasserstoff als saubere Teillösung<br />

für schwere Nutzfahrzeuge<br />

Die Vorteile sind naheliegend: Einerseits<br />

ist diese Form der Elektromobilität sehr<br />

umweltfreundlich. Brennstoffzellen verursachen<br />

im Einsatz keine CO 2<br />

-Emissionen,<br />

da sie nur Wasserdampf emittieren.<br />

Andererseits ist ihre Reichweite durch<br />

die Stromerzeugung an Bord mit zirka<br />

800 km groß genug für den Lkw-Fernverkehr<br />

bei gleichzeitig hoher Nutzlast.<br />

Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor<br />

bietet hingegen eine schneller verfügbare<br />

und robuste Lösung durch die bekannte<br />

82 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Basistechnologie und könnte dadurch<br />

als Brückentechnologie genutzt werden.<br />

„Wir nehmen unsere Verantwortung<br />

gegenüber Umwelt und Gesellschaft<br />

sehr ernst, sodass MAN Truck & Bus viel<br />

Energie für die Entwicklung alternativer<br />

Antriebe verwendet“, sagt Dr. Frederik<br />

Zohm, Vorstand für Forschung & Entwicklung<br />

bei MAN Truck & Bus. „Wasserstoff<br />

kann dabei eine interessante Lösung<br />

sein, allerdings braucht es dann einen<br />

deutlichen Ausbau der Infrastruktur. Wir<br />

leisten gerne unseren Beitrag durch die<br />

Entwicklung der passenden Fahrzeuge –<br />

wie wir mit unserer Roadmap belegen.“<br />

Die Roadmap sieht vor, dass in den Jahren<br />

2023/24 die Fahrzeuge in der Praxis<br />

in Zusammenarbeit mit ausgewählten<br />

Kunden getestet werden. Im Rahmen<br />

einer so genannten Bayernflotte möchte<br />

MAN gemeinsam mit bayerischen<br />

Infrastrukturbetreibern sowie Speditionspartnern<br />

Wasserstoff für den Einsatz<br />

im Straßengüterfernverkehr erproben.<br />

„Bayern soll führender Standort für<br />

Wasserstofftechnologie werden: Zusammenarbeit<br />

mit MAN zur Entwicklung von<br />

Lkw-Wasserstoffmotoren in Nürnberg.<br />

Mit der Hightech Agenda zünden wir<br />

Forschungsturbo für grüne Technologien.<br />

Nur ein Technologiesprung sichert<br />

langfristig Arbeitsplätze“, schrieb hierzu<br />

der Bayerische Ministerpräsident Markus<br />

Söder auf Twitter nach einem Besuch des<br />

MAN-Standortes in Nürnberg im Herbst<br />

<strong>2020</strong>. Damit sprach er die bayerische<br />

Wasserstoffstrategie WasserstoffBayern<br />

(H2.B) an, die darauf zielt, dass Wirtschaft,<br />

Forschung und Politik gemeinsam<br />

Nürnberg zu einem europäischen Kompetenzzentrum<br />

für Wasserstoffantriebe<br />

machen.<br />

MAN wird zum Anbieter<br />

nachhaltiger Mobilitätslösungen<br />

Um wasserstoff basierte Fahrzeugantriebe<br />

zu erforschen und zu entwickeln,<br />

kooperiert MAN künftig mit der<br />

Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg<br />

(FAU) und der Technischen<br />

Hochschule Nürnberg (THN). Der<br />

sogenannte Wasserstoff-Campus deckt<br />

die gesamte Wertschöpfungskette der<br />

Antriebsform ab: von der umweltfreundlichen<br />

Erzeugung des Wasserstoffs über<br />

die Distribution und Infrastruktur, der<br />

Energiewandlung zurück zu Strom bis<br />

hin zur Anwendung der Technik beim<br />

Kunden im Fahrzeug: „Erstmals werden<br />

Hochschul-Wissenschaftler und Studierende<br />

gemeinsam mit den Entwicklern<br />

eines Fahrzeugherstellers direkt auf<br />

dessen Werksgelände ein gemeinsames<br />

Labor sowie Prüfstände zur Erforschung<br />

der Wasserstofftechnologie betreiben.<br />

Mit dem Wasserstoff-Campus legt das<br />

heutige MAN-Dieselmotorenwerk den<br />

Grundstein für seine erfolgreiche Transformation<br />

hin zu alternativen Antrieben“,<br />

so MAN.<br />

Mit der Forschung für eine saubere Mobilität<br />

im Nutzfahrzeugsektor sichert sich<br />

MAN nicht nur den künftigen Geschäftserfolg<br />

des Unternehmens, sondern trägt<br />

dazu bei, die Nachhaltigen Entwicklungsziele<br />

der UN zu erreichen. Mit seinem<br />

Engagement fokussiert sich es sich auf<br />

die SDGs 9 (Industrie, Innovationen und<br />

Infrastruktur), 13 (Maßnahmen zum<br />

Klimaschutz) und 17 (Partnerschaften<br />

zur Erreichung der Ziele).<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

83


BEST PRACTICE<br />

Klimaschutz – die<br />

Überlebensfrage der<br />

Menschheit<br />

Tchibo will den CO 2<br />

-Ausstoß bis 2030 halbieren: Die Corona-Pandemie zeigt die Verletzlichkeit<br />

unserer Gesellschaft und unseres globalen Wirtschaftssystems mehr als deutlich. Keine Frage:<br />

Viele Unternehmen müssen jetzt sparen. Nur bitte nicht bei Klimaschutz-Investitionen. Die<br />

Bekämpfung der Klima- und der Biodiversitätskrise muss erste Priorität haben.<br />

Von Johanna von Stechow, Head of Environmental Responsibilty, Tchibo<br />

Kaffee, Baumwolle und Holz sind Rohstoffe,<br />

mit denen wir bei Tchibo täglich<br />

zu tun haben. Nimmt die Erderwärmung<br />

weiter zu, werden diese Rohstoffe knapp<br />

und viele Millionen Menschen im Anbau<br />

werden ihre Lebensgrundlage verlieren.<br />

Wir müssen also jetzt umsteuern und<br />

wirksam CO 2<br />

-Emissionen reduzieren.<br />

Das Pariser Klimaabkommen von 2015<br />

gibt das Ziel vor, den globalen Temperaturanstieg<br />

auf 1,5 Grad zu begrenzen.<br />

Wir bei Tchibo haben deshalb unser<br />

Klimaschutzprogramm überarbeitet und<br />

uns ein neues ehrgeiziges Ziel gesetzt:<br />

Wir werden unseren CO 2<br />

-Fußabdruck bis 2030<br />

halbieren. Bei Lieferanten wollen wir eine<br />

Reduktion um 15 Prozent erreichen.<br />

Seit 2006 engagiert sich Tchibo für<br />

den Klimaschutz<br />

Mehr als 95 Prozent unserer<br />

CO 2<br />

-Emissionen fallen bei der<br />

Produktion von Kaffee, Textilien<br />

und weiterer Produkte<br />

an. Deswegen stellen wir mit<br />

unserem ganzheitlichen Ansatz<br />

unsere Produkte mit so wenig<br />

Energie wie möglich her und<br />

unterstützen unsere Lieferanten<br />

dabei, energieeffiziente Produktionsmethoden<br />

einzusetzen. Darüber<br />

hinaus gestalten wir unsere Logistikprozesse<br />

klimaschonend und setzen<br />

auf erneuerbare Energien an unseren<br />

Standorten und Filialen.<br />

Wir sind der Überzeugung, dass wirksamer<br />

Klimaschutz durch Zusammenarbeit<br />

entsteht. Deshalb arbeiten wir<br />

seit vielen Jahren lösungsorientiert mit<br />

unseren Lieferanten und anderen Partnern<br />

zusammen. Wir beteiligen uns<br />

an den Klimainitiativen Science Based<br />

Target Initiative (SBTi), Fashion Industry<br />

Charter for Climate Action (UNFCCC) und<br />

der Initiative coffee & climate. Damit<br />

arbeiten wir in globalen Allianzen an<br />

wirksamem Klimaschutz.<br />

Überarbeitung unserer Klimabilanz<br />

In 2019 haben wir die Systematik unserer<br />

Klimabilanz grundlegend überarbeitet.<br />

Bilanziert werden jetzt auch die Emissionen<br />

aller Auslandsstandorte und die<br />

Emissionen vor- und nachgelagerter<br />

Wertschöpfungsstufen, wie zum Beispiel<br />

des Kaffeeanbaus. Grundlage der Bilanz<br />

ist das Greenhouse Gas Protocol (GHG),<br />

das sogenannte „best practice reporting<br />

standards“ definiert.<br />

Kaffee<br />

Tchibo unterstützt Farmer bei der Anpassung<br />

an den Klimawandel unter anderem<br />

84 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Seit 2012 kompensieren wir die Emissionen<br />

unseres Paketdienstleisters<br />

DHL über das GoGreen-Programm<br />

und kompensieren<br />

damit jährlich ca. 8.000<br />

Tonnen CO 2<br />

. Auch den<br />

Anteil der Bestellungen,<br />

die in zwei Paketen verschickt<br />

werden reduzieren<br />

wir kontinuierlich.<br />

Röstereien<br />

Wir bei Tchibo sind davon überzeugt,<br />

dass der wirtschaftliche Auf bau nach<br />

der Pandemie nicht im Widerspruch zu<br />

Klima- und Umweltschutz stehen darf.<br />

Denn wer seine Anstrengungen für eine<br />

umweltschonende Geschäftstätigkeit<br />

jetzt zurück fährt, setzt die Zukunft<br />

seines Unternehmens aufs Spiel. Es ist<br />

Zeit, die Wirtschaft insgesamt robuster<br />

zu machen, für die Krisen, die noch<br />

kommen können.<br />

durch die Beteiligung an einer Initiative<br />

der <strong>Global</strong> Coffee Plattform (GCP) in<br />

Brasilien und weiteren Unternehmen,<br />

aber auch in unseren Tchibo Joint<br />

Forces!® Projekten. Auch unsere zertifizierten<br />

nachhaltigen Kaffees helfen,<br />

den CO 2<br />

-Fußabdruck zu reduzieren.<br />

Rund um den Transport<br />

Eine zeitgemäße Logistik muss nicht nur<br />

vorausschauend, effizient und schnell,<br />

sondern auch umweltverträglich sein.<br />

Daran arbeiten wir — unterstützt von<br />

der Technischen Universität Hamburg<br />

— erfolgreich seit 14 Jahren. Von 2006<br />

bis 2018 konnten wir 24 Prozent unserer<br />

CO 2<br />

-Emissionen pro Tonnenkilometer<br />

einsparen.<br />

Über 90 Prozent unserer Warenbewegungen<br />

werden über den<br />

Wasserweg abgewickelt — in<br />

2019 konnten wir durch bessere<br />

Auslastung des Frachtraumes<br />

bei gleicher Warenmenge<br />

346 Container<br />

einsparen.<br />

Und wir testen innovative<br />

Konzepte: Die „letzte Meile”<br />

zu ausgewählten Filialen<br />

und Supermärkten wurde<br />

im vergangenen Jahr testweise<br />

mit einem Elektro-Lkw beliefert.<br />

Mithilfe des Energiemanagements<br />

nach ISO<br />

50001 reduzieren wir kontinuierlich<br />

unseren Energieverbrauch.<br />

Hilfreich ist hier<br />

auch ein neues Software-gestütztes<br />

Energie-Monitoringsystem,<br />

das wir in der Berliner Anlage in Betrieb<br />

genommen haben.<br />

Zukünftig können wir durch unser Investment<br />

in vier hocheffiziente Röster<br />

am Standort Hamburg über 1.000 Tonnen<br />

CO 2<br />

im Jahr einsparen.<br />

Non Food<br />

Wir reduzieren unsere CO 2<br />

-Emissionen,<br />

indem wir auf nachhaltige Rohstoffe wie<br />

Biobaumwolle und recycelte Materialien<br />

für unsere Produkte setzen. Unsere<br />

Textilproduzenten unterstützen wir bei<br />

der Steigerung ihrer Energieeffizienz<br />

mit dem Online-Qualifizierungstool der<br />

Carbon Performance Initiative (CPI2) —<br />

in 2019 haben 73 Lieferanten das Tool<br />

aktiv genutzt.<br />

Johanna von Stechow<br />

Johanna von Stechow<br />

ist studierte Historikerin<br />

und arbeitete in einer<br />

Unternehmensberatung, bevor<br />

sie 2007 zu Tchibo kam. Bei<br />

Tchibo war Johanna von Stechow<br />

zunächst für unterschiedliche<br />

Geschäftseinheiten tätig, ab<br />

2012 leitete sie den Bereich<br />

der Unternehmensentwicklung.<br />

Seit<br />

2017 verantwortet<br />

Johanna von<br />

Stechow im Bereich<br />

Unternehmensverantwortung<br />

alle<br />

Umweltthemen des<br />

Konzerns. Johanna<br />

von Stechow ist<br />

verheiratet und hat<br />

drei Söhne.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

85


BEST PRACTICE<br />

Vonovia investiert in<br />

innovative Energy-Systeme<br />

Von Jonathan Przybylski, Senior Referent Nachhaltigkeit / Strategie, Vonovia<br />

Nachhaltigkeit und Klimaschutz spielen<br />

bei Vonovia nicht erst seit „Fridays for<br />

future“ eine wichtige Rolle. Bezahlbare<br />

Mieten und individuelle Hilfe bei<br />

Zahlungsschwierigkeiten (Härtefallmanagement),<br />

umfangreiche Gebäudesanierungen,<br />

eine eigene Klimakonferenz,<br />

die Erforschung innovativer<br />

Energiesysteme oder eine bundesweit<br />

einmalige Kooperation mit <strong>Deutschland</strong>s<br />

mitgliederstärkster Naturschutzorganisation<br />

(NABU) zeigen, dass der führende<br />

Wohnungsanbieter <strong>Deutschland</strong>s ökologische<br />

und soziale Aspekte längst als<br />

herausragende Entscheidungsparameter<br />

betrachtet. „Für Vonovia bedeutet<br />

Nachhaltigkeit so zu wirtschaften, dass<br />

die Geschäftstätigkeit langfristig einen<br />

gesamtgesellschaftlichen Nutzen stiftet“,<br />

erklärt Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender<br />

der Vonovia SE. Daher wird sich Vonovia<br />

in Zukunft explizit an ausgewählten UN<br />

Sustainable Development Goals (SDGs)<br />

orientieren, die der nachhaltigen Entwicklung<br />

sowie den wirtschaftlichen,<br />

sozialen und ökologischen Dimensionen<br />

Rechnung tragen.<br />

Vonovia ist ein 10.000 Mitarbeiter starkes<br />

Unternehmen, das in <strong>Deutschland</strong> einen<br />

eigenen Wohnungsbestand von rund<br />

356.000 Wohnungen verwaltet. Hinzu<br />

kommen 38.000 Wohnungen in Schweden<br />

und rund 22.500 Wohnungen in<br />

Österreich. Ergänzt wird dieses Portfolio<br />

um einen starken Developmentbereich,<br />

über den im Jahr 2019 (vornehmlich<br />

unter der Marke BUWOG) rund neue<br />

2.100 Wohnungen fertiggestellt wurden<br />

– und der damit zur Linderung der<br />

Wohnungsnot in deutschen Ballungsräumen<br />

beiträgt. Damit stellt Vonovia in<br />

<strong>Deutschland</strong>, Schweden und Österreich<br />

jeweils eines der führenden Wohnungsunternehmen<br />

dar. Das Geschäftsmodell<br />

basiert auf der Erstellung und Vermietung<br />

von gutem, zeitgerechtem und vor<br />

allem bezahlbarem Wohnraum. Zudem<br />

bietet Vonovia wohnungsnahe Dienstleistungen<br />

an und beschäftigt in diesem<br />

Segment über 5000 Handwerker sowie<br />

800 Gärtner. Nachhaltigkeit ist damit<br />

bereits fest im Kerngeschäft verankert.<br />

Als Wohnungsunternehmen dieser Größenordnung<br />

setzt sich Vonovia schon seit<br />

geraumer Zeit mit der Frage auseinander,<br />

wie es gelingen kann, ökologische Nachhaltigkeit<br />

und bezahlbares Wohnen in<br />

Einklang zu bringen. Nicht nur, dass es<br />

die Branche mit steigenden Baukosten<br />

zu tun hat. Vielmehr birgt der eigene<br />

Anspruch nach mehr Klimaschutz ein<br />

Dilemma sowohl für Wohnungsunternehmen<br />

als auch für Mieter. Unbestritten<br />

ist, dass Gebäudeeigentümer einen<br />

Beitrag gegen die Klimaerwärmung<br />

leisten müssen. Etwa 30 Prozent des<br />

CO 2<br />

-Ausstoßes in <strong>Deutschland</strong> gehen<br />

auf das Konto von Immobilien. Wenn<br />

aber Wohnungsunternehmen die Wände<br />

dämmen, die Heizung erneuern oder<br />

eine Solarthermieanlage installieren und<br />

somit die Emissionen reduzieren, entstehen<br />

Kosten, die weniger zahlungskräftige<br />

Bewohner finanziell überfordern können.<br />

Daher begrenzt Vonovia sanierungsbedingte<br />

Mietaufschläge auf maximal zwei<br />

Euro je Quadratmeter. Nur so kann der<br />

Wohnraum für die Mieter auch weiter<br />

bezahlbar bleiben. Für Menschen, die<br />

sich auch eine kostengünstige Sanierung<br />

nicht leisten können – und auch hier<br />

übernimmt Vonovia gesellschaftliche<br />

Verantwortung – bietet das Unternehmen<br />

ein Härtefallmanagement an. In<br />

Zahlen: Bei 13.200 Modernisierungen im<br />

Jahr 2019 hat Vonovia bei 1600 Kunden<br />

Hilfe geleistet. Zudem steht Vonovia<br />

ihren Mieterinnen und Mietern zu Seite,<br />

die über 70 Jahre alt sind und sich eine<br />

Mieterhöhung durch Modernisierung<br />

nicht leisten können. In diesen Fällen<br />

wird immer nach einer individuellen<br />

Lösung gesucht, damit niemand seine<br />

Wohnung verlassen muss.<br />

Die Wohnungswirtschaft insgesamt und<br />

auch Vonovia stellt die Problematik –<br />

Klimaschutz einerseits und Bezahlbarkeit<br />

von Wohnraum andererseits – also vor<br />

große Herausforderungen. Deshalb sucht<br />

Vonovia nach Ergänzungen zur energetischen<br />

Sanierung einzelner Gebäude. Um<br />

den CO 2<br />

-Ausstoß und die Energieverbräuche<br />

zu reduzieren, setzt das Unternehmen<br />

neben der klassischen energetischen<br />

Gebäudesanierung mit bereits vorhandener<br />

Technik auch auf serielle Ansätze<br />

wie das innovative Energiesprong-System,<br />

bei dem die Fassadendämmung aus der<br />

Innovation im<br />

Klimaschutz<br />

Maßnahmen auf Wohnungsebene:<br />

01 Umsetzung von Maßnahmen ohne<br />

bauliche Eingriffe, z. B. optimierte<br />

Heizungseinstellung<br />

02 Digitalisierung der Gebäude und<br />

Wohnungen z. B. mit Smart Metern<br />

Maßnahmen auf Gebäudeebene:<br />

03 Energetische Sanierungen, z. B.<br />

Maßnahmen an der Gebäudehülle und<br />

an den Heizungsanlagen<br />

04 Infrastruktur für E-Mobilität, z. B.<br />

Ladesäulen und E-Wallboxen<br />

05 Nachhaltige Energieversorgung, z. B.<br />

Photovoltaik-Anlagen<br />

für Mieterstrom<br />

86 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Fabrik kommt. Und auf regenerative<br />

Energien wie Photovoltaik. Denn der<br />

zweite große Hebel zur Verbesserung der<br />

Klimabilanz besteht bei Vonovia in der<br />

Ausweitung der dezentralen Versorgung<br />

mit erneuerbaren Energien. Mit einem<br />

1.000 Dächer-Programm will Vonovia<br />

in den kommenden Jahren mindestens<br />

1.000 Dachflächen mit Photovoltaikmodulen<br />

ausstatten, die jährlich rund<br />

10.000.000 kWh Solarstrom erzeugen<br />

sollen. Da das Ziel bereits erreicht ist,<br />

denkt Vonovia über eine Ausweitung<br />

nach.<br />

02<br />

01<br />

09<br />

07<br />

08<br />

03<br />

04<br />

Als dritten Hebel im Einsatz für den<br />

Klimaschutz setzt Vonovia gezielt auf<br />

Innovation und die Erforschung neuer<br />

energiesparender Technologien. In<br />

Bochum, dem Firmensitz des Unternehmens<br />

in Nordrhein-Westfalen, entwickelt<br />

Vonovia ein Konzept für ein<br />

Innovationsquartier für Klimaschutz.<br />

Das Quartier mit seinen 1540 Wohnungen<br />

aus der Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

soll ein innovatives Beispiel für die<br />

ökologisch und ökonomisch effiziente<br />

Energieversorgung in urbanen Quartieren<br />

werden. In diesem vom Land NRW<br />

mit 6,2 Mio. Euro geförderten Projekt<br />

sollen verschiedene Technologien auf<br />

neuartige, intelligente Weise kombiniert<br />

werden, um den Energieverbrauch zu<br />

senken und die Sektorenkopplung voranzubringen.<br />

Gemeint ist damit die<br />

Vernetzung von Strom und Wärmenetzen<br />

sowie Mobilität. Aus vor Ort gewonnenem<br />

Solarstrom soll Wärme erzeugt<br />

werden. Geplant ist ferner ein selbstlernendes<br />

Energiemanagementsystem, das<br />

dafür sorgt, dass Energie zur richtigen<br />

Zeit am richtigen Ort zur Verfügung<br />

steht – beispielsweise als Strom für<br />

die Mieterhaushalte oder zum Betanken<br />

von Elektroautos oder aber als Wärme.<br />

Kern dafür ist eine "Energiezentrale der<br />

Zukunft". Dabei handelt es sich um eine<br />

Technikzentrale für 81 Wohneinheiten,<br />

in der Vonovia die unterschiedlichsten<br />

innovativen Technologien nutzt, um die<br />

Mieter mit Energie zu versorgen.<br />

05<br />

06<br />

Maßnahmen auf Quartiersebene:<br />

06 Digitalisierung und Vernetzung<br />

der Gebäude<br />

07 Sektorenkopplung (Wärme,<br />

Strom, Mobilität etc.) im Quartier<br />

über digitale Plattform<br />

08 Speicherung und Verteilung von<br />

dezentral erzeugter Energie<br />

ermöglicht Vor-Ort-Verbrauch<br />

09 Förderung der Biodiversität<br />

Durchgeführt wird das Bochumer Pilotprojekt<br />

unter dem Dach des Open District<br />

Hub. Das ist eine Forschungsinitiative,<br />

zu der sich 2018 unter Führung mehrerer<br />

Fraunhofer-Institute 14 Forschungseinrichtungen,<br />

Technologiefirmen und<br />

Immobilienunternehmen zusammengeschlossen<br />

haben. Vonovia gehört zu den<br />

Gründungsmitgliedern des ODH.<br />

Insgesamt kann Vonovia in 2019 auf<br />

eine Sanierungsquote von 3,7 Prozent<br />

verweisen (Bundesdurchschnitt 1 Prozent).<br />

Seit 2015 konnte die CO 2<br />

-Bilanz<br />

des Wohnungsbestandes von Vonovia<br />

um fast 100.000 Tonnen CO 2<br />

durch<br />

energetische Sanierung verbessert (über<br />

9 Prozent Reduktion) werden. Doch trotz<br />

der Größe als führendes Wohnungsunternehmen<br />

in <strong>Deutschland</strong> mit rund<br />

1 Mio. Mietern, hat Vonovia lediglich<br />

einen Marktanteil von unter 2 Prozent<br />

am Wohnungsbestand des Landes. Damit<br />

wird schnell klar, dass Klimaschutz<br />

und bezahlbares Wohnen nur gemeinschaftlich<br />

lösbar ist, also im Austausch<br />

mit Mitbewerbern, Mietern, Politik und<br />

Experten für Klima und Naturschutz. Um<br />

Lösungen zu finden, setzt Vonovia auf<br />

den Dialog und lud Vertreter aus Politik,<br />

Wohnwirtschaft, Mieterverbänden und<br />

Wissenschaft am 1. Oktober <strong>2020</strong> zur Klimakonferenz<br />

„Perspektiven klimaneutralen<br />

Wohnens“ ein. Außerdem ist Vonovia<br />

Gründungsmitglied der bundesweiten<br />

Initiative Wohnen.2050. – einem Zusammenschluss<br />

aus mittlerweile über<br />

70 Wohnungsunternehmen. Gemeinsam<br />

arbeiten sie an einer Lösung, um den<br />

Klimaschutz nachhaltig voranzubringen.<br />

Alles Streben hat ein Ziel: Den Konflikt<br />

zwischen bezahlbarem Wohnraum und<br />

wirksamen Klimaschutz aufzulösen.<br />

Nach dem Verständnis von Vonovia muss<br />

beides gehen. „Wir investieren heute in<br />

innovative Technologien, um Lösungen<br />

für Morgen zu finden. Dabei verlieren wir<br />

nie unsere Mieter aus dem Blick. Für sie<br />

– also für Menschen mit ganz normalen<br />

und zum Teil auch niedrigen Einkommen<br />

– muss der Klimaschutz bezahlbar sein“,<br />

erläutert Rolf Buch, warum Vonovia das<br />

Thema mit Nachdruck und Engagement<br />

vorantreibt. Der Vorstandsvorsitzende<br />

von Vonovia sagt auch: „Wir wollen unserer<br />

gesellschaftlichen Verantwortung<br />

gerecht werden. Für dieses Thema gibt<br />

es keinen Aufschub.“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

87


BEST PRACTICE<br />

Elektromobilität<br />

vorantreiben<br />

Als Familienunternehmen ist Nachhaltigkeit für Weidmüller kein Modewort, sondern eine<br />

Grundeinstellung. Um die Welt auch für die nachfolgenden Generationen lebenswert zu<br />

hinterlassen, hat sich Weidmüller schon früh mit Lösungen für die Nutzung erneuerbarer<br />

Energien befasst und sich dabei als Pionier hervorgetan. Mit dem konsequenten Fokus auf<br />

Nachhaltigkeit widmet sich das Detmolder Unternehmen nun auch der Elektromobilität, denn<br />

hiermit scheinen Mobilität und Nachhaltigkeit miteinander vereinbar zu sein wie nie zuvor. Eine<br />

effiziente und gut durchdachte Ladeinfrastruktur ist einer der Schlüssel für den Erfolg von<br />

Elektromobilität.<br />

Von Klaus Holterhoff, Geschäftsführer Weidmüller Mobility Concepts<br />

Für die Transportmittel der Zukunft ist<br />

Nachhaltigkeit unverzichtbar. Elektrofahrzeuge<br />

werden eine zentrale Rolle für<br />

die Mobilität spielen. Doch wie schnell<br />

sich Elektrofahrzeuge durchsetzen, hängt<br />

entscheidend von der Ladeinfrastruktur<br />

ab. Mit der Gründung des Start-Ups<br />

Weidmüller Mobility Concepts geht das<br />

Familienunternehmen Weidmüller neue<br />

Wege im Bereich e-Mobility. Innovativ<br />

und anders Denken ist hier die Devise.<br />

Flächendeckende und bedarfsorientierte<br />

Ladeinfrastruktur mit Individuallösungen<br />

für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche<br />

gilt es zu entwickeln und<br />

voranzutreiben. Neben technologisch<br />

sicheren, alltagsgerechten und eichrechtskonformen<br />

Ladestationen zählen<br />

zu den Schwerpunkten des Tochterunternehmens<br />

auch intelligente cloudbasierte<br />

Services, mit denen die Nutzung und<br />

Verwaltung der Weidmüller E-Mobility-<br />

Produkte so einfach und komfortabel wie<br />

möglich gemacht werden sollen.<br />

elektrotechnischer Fertigung. Bei der<br />

Entwicklung der Ladestationen und -konzepte<br />

befasst sich das Unternehmen mit<br />

allen Faktoren, die bei der täglichen<br />

Nutzung eine Rolle spielen. Besonderer<br />

Fokus liegt auf den Themen Montage,<br />

Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und der<br />

Akzeptanz von Ladestationen – und<br />

natürlich deren Wirtschaftlichkeit. So<br />

entstehen innovative Produkte und Lösungen,<br />

die mit einfacher Installation,<br />

ansprechendem Design, hoher Nutzerfreundlichkeit<br />

und neuartigen Ansätzen<br />

überzeugen. Auf diese Weise werden die<br />

Bedürfnisse aller wichtigen Zielgruppen<br />

angesprochen: von Privatnutzern und<br />

Arbeitgebern über Planer, Vermieter<br />

und die öffentliche Hand bis hin zum<br />

ausführenden Elektroinstallateur.<br />

Elektromobilität, die Menschen<br />

bewegen soll<br />

Bei Mobility Concepts werden Ladelösungen<br />

für den privaten Bereich entwickelt,<br />

aber auch die öffentliche und gewerb-<br />

Individuelle Lösungen für Privat,<br />

Gewerbe und Öffentlichkeit<br />

Eine sichere Grundlage für die Entwicklung<br />

optimierter Lösungen für Elektromobilität<br />

bilden die Erfahrung und<br />

Kompetenz von Weidmüller, sowohl<br />

in der Verbindungs- und Elektrotechnik,<br />

als auch bei Industrial-IoT-Lösungen,<br />

Produktmanagement, Entwicklung und<br />

88 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


liche Ladeinfrastruktur vorangetrieben.<br />

Dabei wissen die Experten, worauf es im<br />

jeweiligen Bereich ankommt. So muss<br />

die perfekte Ladesäule für den Privathaushalt<br />

nicht nur hohe Wirtschaftlichkeit<br />

mit guter Ladegeschwindigkeit kombinieren.<br />

Damit die „Strom-Tankstellen“<br />

der Zukunft auch optisch ins traute<br />

Heim passen, können beispielsweise die<br />

AC-Wandladestationen in ihrem Design<br />

so individuell gestaltet werden, dass sie<br />

sich optimal in die eigene Garage oder<br />

in den Carport integrieren. Als Familienunternehmen<br />

weiß Weidmüller aber<br />

auch, wie wichtig es ist, Moderne mit<br />

Tradition vereinen zu können. In historischen<br />

Innenstädten etwa könnte die<br />

Optik einer hochmodernen E-Ladesäule<br />

das Stadtbild verunzieren. Hier wurde<br />

Weidmüller innovativ und hat eine Ladesäule<br />

mit modernster Technologie<br />

im Design einer klassischen Parkuhr<br />

entwickelt. Authentisch und stilgerecht<br />

integriert sich diese Nostalgie-Säule in<br />

ihre historische Umgebung und erfüllt<br />

gleichzeitig alle Ansprüche an die technologischen<br />

Fortschritte im Bereich E-<br />

Mobilität.<br />

Neben der einfachen Installation spielt<br />

im täglichen Gebrauch vor allem die<br />

Nutzerfreundlichkeit eine große Rolle.<br />

Diese hat bei Mobility Concepts einen<br />

großen Stellenwert: Wie wird der Stecker<br />

in der Ladebox angebracht, wie wird<br />

das Kabel aufgewickelt? Das sind nur<br />

wenige der vielen Fragen, die das agile<br />

Team zu beantworten versucht, um eine<br />

schnelle Akzeptanz von Elektromobilität<br />

zu fördern.<br />

Nachhaltige Mobilität muss auch nachhaltig<br />

produziert werden<br />

Wer sich den Ausbau von Elektromobilität<br />

im Sinne der Nachhaltigkeit auf<br />

die Fahnen schreibt, muss diese Verantwortung<br />

auch in der Produktion<br />

bedenken. Darum arbeitet das Team<br />

nach einem stetig überprüften und optimierten<br />

Konzept, bei dem der Schwerpunkt<br />

auf Nachhaltigkeit gesetzt wird.<br />

Das Unternehmen greift auf ein globales<br />

Lieferanten-Netzwerk zurück, das<br />

während des Onboarding-Prozesses im<br />

Hinblick auf den Weidmüller Code of<br />

Conduct geprüft wird. Damit stellt es<br />

sicher, dass nur mit Lieferanten zusammengearbeitet<br />

wird, die den Ansprüchen<br />

an Umweltschutz etc. genügen. Weidmüller<br />

übernimmt so gesellschaftliche<br />

Verantwortung, insbesondere hinsichtlich<br />

Arbeitsbedingungen, Sozial- und<br />

Umweltverträglichkeit sowie Transparenz,<br />

vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

und Dialog. Hierbei werden nicht nur<br />

die Lieferanten geprüft. Auch die Lieferketten<br />

werden so effizient wie möglich<br />

gehalten: In einer Rolling-Forecast<br />

Planung werden Kurzfristlieferungen<br />

minimiert und größere Stückmengen<br />

mit umweltfreundlichen Transportmitteln<br />

angestrebt. Verpackungseinheiten<br />

werden bedarfsgerecht geplant und für<br />

den Anwendungsfall optimiert. Generell<br />

wird Verpackungsmüll vermieden,<br />

in dem kluge Verpackungskonzepte<br />

gewählt und Umlaufverpackungen genutzt<br />

werden. Außerdem werden im<br />

Produktmanagement Energiemanagement-Konzepte<br />

entwickelt, die einen<br />

sehr niedrigen Stand-By-Energieverbrauch<br />

ermöglichen. Maßgeschneiderte<br />

Komponenten vermeiden einen<br />

hohen Eigenverbrauch im Leerlauf des<br />

Betriebssystems und ermöglichen so<br />

eine effizientere Energienutzung. Bei<br />

jedem entwickelten Produkt steht eine<br />

RoHS/REACH-Betrachtung an. Das heißt,<br />

bei der Entwicklung und Auswahl der<br />

Rohstoffe wird darauf geachet, dass diese<br />

umweltverträglich sind. Zur Ressourcenschonung<br />

hat Weidmüller Mobility<br />

Concepts ein Gesamtsystem entwickelt,<br />

in dem nur die benötigten Komponenten<br />

verbaut werden und nicht alle Bestandteile,<br />

von denen ohnehin nicht jedes in<br />

jedem Anwendungsgebiet benötigt wird.<br />

Flächendeckende und bedarfsorientierte<br />

Ladeinfrastruktur<br />

ausbauen<br />

Der Ausbau einer flächendeckenden<br />

Ladeinfrastruktur ist eine der Grundlagen<br />

für die Verbreitung von Elektromobilität.<br />

Genau das ist das Herzstück der<br />

Weidmüller Tochter Mobility Concepts.<br />

Hier wird der Fokus darauf gelegt, die<br />

Ladeinfrastruktur mit neuen Ideen und<br />

Konzepten voranzubringen. Flexibel<br />

treiben die Mitarbeiter hier individuelle<br />

Anwendungsbereiche an und arbeiten<br />

kontinuierlich an Verbesserung, die auf<br />

Kundenfeedback basiert. Als Pionier<br />

der Industrial Connectivity gestaltet<br />

Weidmüller so schon heute mit innovativen<br />

und kreativen Ladeinfrastruktur-<br />

Lösungen die Zukunft von morgen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

89


BEST PRACTICE<br />

CWS Gruppe: Hauptsache<br />

nachhaltig<br />

Rund 173 Tonnen Handtuchrollen, 218 Tonnen Arbeitskleidung und 232 Tonnen Schmutzfangmatten<br />

bereitet CWS täglich in eigenen Wäschereien auf und bringt sie zurück in den Mietkreislauf.<br />

Auf diese Weise macht das Unternehmen seine Produkte immer wieder aufs Neue nutzbar.<br />

Mit innovativen, nachhaltigen und digitalen Servicelösungen im Bereich Hygiene, Arbeitskleidung<br />

und Health & Safety Services treibt CWS auch die Ziele für nachhaltige Entwicklung voran. Die<br />

CWS-Gruppe steht so nicht nur für nachhaltige Services und Produkte, sie macht Nachhaltigkeit<br />

zur Basis ihres Geschäftsmodells.<br />

Von Dr. Maren Otte, Group Director of Corporate Communications & Corporate Responsibility, CWS Gruppe<br />

Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung<br />

von Hygiene in der gesamten Welt noch<br />

einmal verstärkt. Auch zuvor waren<br />

saubere Arbeitskleidung, hygienische<br />

Waschräume oder zuverlässige Reinraumlösungen<br />

für unsere Kunden bereits<br />

unerlässlich. Denn Hygiene sichert<br />

die Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft<br />

und ist damit ein zentraler<br />

unternehmerischer Faktor für Industrie,<br />

Dienstleistungsgewerbe und den<br />

Gesundheitssektor. Als Anbieter von<br />

Berufskleidung und Hygienelösungen im<br />

Mietservice sind wir von CWS Vorreiter<br />

im Bereich der Sharing Economy<br />

und Circular Economy. Indem wir<br />

langfristig ausgerichtete Services<br />

anbieten, eröffnen sich für<br />

uns viele Hebel: Mit unserem<br />

unternehmerischen Handeln<br />

können wir die Ziele für<br />

nachhaltige Entwicklung<br />

positiv beeinflussen.<br />

denken in geschlossenen Kreisläufen<br />

und haben den kompletten Lebenszyklus<br />

unserer Produkte im Auge. Wir<br />

setzen auf Haltbarkeit, Wiedereinsatz,<br />

Reparatur, innovative Waschverfahren<br />

und moderne Recyclingmethoden: Je<br />

länger ein Produkt oder Material im Nutzungskreislauf<br />

bleibt, desto weniger Ressourcen<br />

müssen<br />

insgesamt<br />

aufgewendet werden. Entscheidend ist<br />

daher die Langlebigkeit unserer Produkte,<br />

die wir regelmäßig auf den Prüfstand<br />

stellen.<br />

Außerdem setzen wir bewusst nachhaltige<br />

Materialien ein. Bei unserer Arbeitskleidung<br />

nutzen wir beispielsweise<br />

gezielt fair gehandelte Baumwolle<br />

oder recyceltes Polyester.<br />

Nachhaltigkeit ist der Kern<br />

unseres Geschäftsmodells.<br />

Damit einher geht auch,<br />

dass wir Nachhaltigkeit<br />

nicht als Zustand verstehen,<br />

sondern unsere Prozesse, Produkte<br />

und Lösungen ständig<br />

weiter verbessern. Der größte<br />

Hebel für positive Veränderungen<br />

ist dabei unser nachhaltiger Umgang<br />

mit Ressourcen (SDG 12): Wir<br />

90 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


So tragen wir zudem dazu bei, unser<br />

Landökosystem zu schützen (SDG 15).<br />

Gleichzeitig stellen wir sicher, dass Sozial-<br />

und Arbeitsstandards in unseren<br />

Lieferketten eingehalten werden (SDG 8).<br />

Nachhaltige Handhygiene<br />

Auch bei unseren Hygiene-Lösungen<br />

sparen wir Ressourcen und bieten gleichzeitig<br />

moderne, zuverlässige Hygienesysteme.<br />

Im Sommer 2019 haben wir die<br />

neue Sensorarmatur CWS SmartWash<br />

auf den Markt gebracht, die komplett<br />

kontaktlos funktioniert. Sie gibt ein<br />

vorgefertigtes Gemisch aus Wasser und<br />

Seife ab, stoppt dann, bis die Hände<br />

lange genug eingeseift wurden, und<br />

spült anschließend mit klarem Wasser<br />

nach. Beim Nachfolger SmartWash Plus<br />

zeigt eine Animation im Spiegel des<br />

Waschraums darüber hinaus, wie man<br />

sich richtig die Hände wäscht.<br />

So trägt SmartWash effektiv zu Ressourcenschonung<br />

und Klimaschutz bei, indem<br />

es der Verschwendung von Wasser<br />

und Seife vorbeugt (SDG 6). Da beide<br />

Komponenten automatisch vorportioniert<br />

werden, können pro Waschvorgang<br />

bis zu 90 Prozent Wasser und rund 60<br />

Prozent Seife gespart werden. Dank unserer<br />

Kooperation mit der niederländischen<br />

Stiftung Made Blue garantieren wir mit<br />

jeder vermieteten SmartWash-Armatur<br />

zudem zehn Schulkindern in Entwicklungsländern<br />

ein Jahr lang Zugang zu<br />

10.000 Litern sauberem Trinkwasser.<br />

Die Kooperation mit Made Blue steht<br />

exemplarisch für eine Vielzahl an Partnerschaften,<br />

in denen wir uns engagieren<br />

(SDG 17).<br />

Verantwortungsvoller<br />

Energieeinsatz<br />

Bei CWS waschen wir täglich rund 623<br />

Tonnen Textilien. Wir legen besonderen<br />

Wert darauf, die Umweltbelastungen<br />

unserer Waschvorgänge zu minimieren<br />

(SDG 6). Das ermöglichen wir unter anderem,<br />

indem wir in unseren Wäschereien<br />

rund 80 Prozent des eingesetzten Wassers<br />

wiederverwenden.<br />

Innovative Niedrigtemperatur-Waschverfahren<br />

bringen zusätzliche Einsparungen.<br />

Optimierte Waschmittel garantieren<br />

die gleiche Effektivität bei deutlich<br />

geringerem Energieaufwand. Aktuell<br />

waschen wir so ganze 90 Prozent aller<br />

Stoffhandtuchrollen und europaweit<br />

circa 20 Prozent der Arbeitskleidung.<br />

Indem wir kontinuierlich unseren Energieverbrauch<br />

reduzieren, bringen wir<br />

uns aktiv in den Kampf gegen den Klimawandel<br />

ein (SDG 13).<br />

Kontinuierliche Verbesserung<br />

Wir wollen immer besser werden, auch<br />

in den Details. So haben wir festes Mikroplastik<br />

aus all unseren Seifen verbannt<br />

und dafür insgesamt 45 Produkte auf<br />

den Prüfstand gestellt. Wo immer es<br />

nötig war, haben Produktentwickler<br />

die chemischen Formeln angepasst. Die<br />

Umstellung erspart den Gewässern pro<br />

Jahr 31 Tonnen Mikroplastik.<br />

Wo Feststoffe für die Reinigungswirkung<br />

der Seifen unerlässlich sind, haben wir<br />

sie durch natürliche Stoffe ersetzt. Die<br />

Reibeteilchen der neuen Abrasiva Seife<br />

bestehen aus Maiskolbenmehl und<br />

helfen, auch hartnäckigen Schmutz wie<br />

Motoröl oder Ruß abzuwaschen. Es wird<br />

aus Maiskolben hergestellt, die bereits<br />

gedroschen wurden, so dass keine Nahrungs-<br />

oder Futtermittel verschwendet<br />

werden. Das Mehl reinigt gründlich,<br />

schont die Haut, hat ein geringes Allergiepotenzial<br />

und wird in der Natur<br />

vollständig abgebaut.<br />

Nachhaltigkeit als Basis des geschäftlichen<br />

Erfolges<br />

CWS steht in ganz Europa für ganzheitliche<br />

Lösungen für Gesundheit, Sicherheit<br />

und Schutz. In den kommenden Jahren<br />

wollen wir unsere Vorreiterposition weiter<br />

ausbauen und zum nachhaltigsten<br />

Unternehmen unserer Branche werden.<br />

Unsere Serviceleistungen erbringen wir<br />

umweltbewusst und nachhaltig. Für unsere<br />

Kunden ist unser Mietservice eine<br />

komfortable Rundum-Lösung.<br />

Gleichzeitig profitieren unsere Kunden<br />

unmittelbar von unseren Nachhaltigkeits-Aktivitäten.<br />

Bis 2024 möchten wir<br />

unser gesamtes Produktportfolio auf<br />

Nachhaltigkeit optimieren. Davon profitiert<br />

nicht nur die Umwelt, sondern<br />

auch unsere Kunden. Auf der Basis langfristiger<br />

Servicelösungen können unsere<br />

Kunden ihren ökologischen Fußabdruck<br />

reduzieren und einen wichtigen Beitrag<br />

leisten.<br />

Gemeinsam sind wir unternehmerisch<br />

erfolgreich und tragen gleichzeitig mit<br />

nachhaltigen Produkten und Services<br />

zu einer gesünderen und sicheren Zukunft<br />

bei.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

91


BEST PRACTICE<br />

Due Diligence: Französisches<br />

Gesetz als Vorbild für<br />

<strong>Deutschland</strong> und die EU?<br />

Während in <strong>Deutschland</strong> noch über das Sorgfaltspflichtengesetz, auch als Lieferkettengesetz<br />

bekannt, debattiert wird, existieren in anderen Ländern bereits Regelungen zur Due Diligence.<br />

Vor allem das französische Gesetz „Loi sur le devoir de vigilance“ gilt als vorbildlich. Was es<br />

beinhaltet, hat eine von iPoint-systems in Auftrag gegebene Studie untersucht.<br />

Von Dr. Katie Böhme, Head of Corporate Communications, iPoint-systems<br />

Die Europäische Union will im Zuge des<br />

European Green Deal und des Corona-<br />

Rettungspakets auch gesetzliche Regelungen<br />

erlassen, die Unternehmen<br />

ab 2021 zu menschenrechtlicher und<br />

ökologischer Sorgfalt (Due Diligence)<br />

in ihren Lieferketten verpflichten. EU-<br />

Justizkommissar Didier Reynders informierte<br />

unter anderem in einem Webinar<br />

im April <strong>2020</strong> über das Vorhaben. Damit<br />

schließt sich die EU bestehenden<br />

Bestrebungen an, die beispielsweise in<br />

Frankreich mit der „Loi sur le devoir<br />

de vigilance“ oder in den Niederlanden<br />

mit dem „Wet Zorgplicht Kinderarbeid“<br />

bereits Gesetzeskraft erlangt haben,<br />

berichten Dr. Chris N. Bayer und Juan<br />

Ignacio Ibañez im iPoint-Blog.<br />

Auch in <strong>Deutschland</strong> wird aktuell über<br />

ein Sorgfaltspflichtengesetz entlang der<br />

Wertschöpfungskette diskutiert. Dies sei<br />

dringend nötig, weil nur etwa ein Fünftel<br />

der deutschen Unternehmen überhaupt<br />

die Einhaltung der Menschenrechte in<br />

ihren Lieferketten überprüften, berichtet<br />

die NGO „Initiative Lieferkettengesetz“<br />

anlässlich des Monitorings der Bundesregierung<br />

im Rahmen des Nationalen<br />

Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte<br />

(NAP). Vor drohenden massiven<br />

Belastungen der Wirtschaft durch das<br />

auch von den Bundesministern Hubertus<br />

Heil (SPD) und Gerd Müller (CSU)<br />

befürwortete Gesetz warnt hingegen der<br />

Vorsitzende des Sachverständigenrates<br />

zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen<br />

Entwicklung, Lars Feld, in der FAZ.<br />

Derweil gilt vielen das französische Sorgfaltspflichtengesetz<br />

als Vorbild für eine<br />

etwaige EU-weite Regelung. In Frankreich<br />

müssen Unternehmen ab einer<br />

Größe von 5.000 Mitarbeitern Pläne<br />

aufstellen, umsetzen und evaluieren,<br />

wie sie die Gesundheit und Sicherheit<br />

der Mitarbeiter in ihren Zulieferunternehmen<br />

schützen und auch den Umweltschutz<br />

vor Ort gewährleisten. Zudem<br />

müssen sie direkte und indirekte Risiken<br />

über schädliche Auswirkungen ihrer<br />

Lieferbeziehungen identifizieren und<br />

Vorkehrungen zu ihrer Verhinderung<br />

treffen. Auch darüber muss jährlich<br />

berichtet werden.<br />

Ob das französische Gesetz in der Praxis<br />

wie erwartet funktioniert, hat die Berliner<br />

gemeinnützige Forschungsagentur<br />

„Development International e.V.“ in einer<br />

vom Softwarehaus iPoint-systems in Auftrag<br />

gegebenen Studie untersucht. Darin<br />

wurden die Sorgfaltspflichtberichte von<br />

134 französischen Unternehmen anhand<br />

von 42 quantitativen Leistungskennzahlen<br />

und weiteren 14 qualitativen<br />

Merkmalen auf ihre Übereinstimmung<br />

mit den gesetzlichen Vorgaben und ihrer<br />

Konformität mit den „UN Guiding Principles<br />

on Business and Human Rights“<br />

(UNGP) sowie die Qualität der Offenlegungen<br />

geprüft.<br />

Das Gesamtergebnis zeigte, dass die<br />

meisten Unternehmen noch deutliches<br />

Verbesserungspotenzial gerade bei<br />

der Transparenz (hier wurde ein Wert<br />

von 36 Prozent Übereinstimmung mit<br />

den Kennzahlen ermittelt) und bei der<br />

Konformität mit den UNGP-Prinzipien<br />

(24 Prozent) aufwiesen. Die Beachtung<br />

der Vorschriften sei mit insgesamt<br />

66 Prozent aber bereits zufriedenstellend.<br />

Grundsätzlich seien durch das Gesetz<br />

Reformprozesse in den französischen<br />

Unternehmen angestoßen worden. Ein<br />

Ziel von Due Diligence liegt darin, das<br />

Bewusstsein für die Bedeutung verantwortungsvoller<br />

Unternehmensführung<br />

zu steigern. Über die Offenlegungspflicht<br />

soll außerdem eine Art Pool von Beispielen<br />

guter Praxis entstehen, an dem sich<br />

auch andere Unternehmen orientieren<br />

können. Die Autoren der Studie verweisen<br />

in einem Fachbeitrag für iPointsystems<br />

darauf, dass auf dem Weg zu<br />

diesen Zielen einige Fallstricke lauern. In<br />

92 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung<br />

neigten viele Unternehmen dazu, eher<br />

über etwaige Risiken in der Lieferkette<br />

und deren Vorbeugung zu berichten als<br />

über aktuelle schädliche Auswirkungen<br />

der Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen<br />

und Lieferanten. Das hat<br />

eine 2019 ebenfalls von Development<br />

International erstellte und von iPoint<br />

geförderte Vergleichsstudie zur nichtfinanziellen<br />

Berichterstattung in<br />

<strong>Deutschland</strong>, Österreich und Schweden<br />

gezeigt. Dabei zeigten sich länderspezifische<br />

Unterschiede: Schwedische Unternehmen<br />

berichten nach Ansicht von Bayer<br />

und Ibañez besonders offen über den<br />

eigenen Impact auf menschenrechtliche,<br />

Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen<br />

in der Lieferkette.<br />

Als geeignetes Mittel gegen die uneinheitliche<br />

Befolgung der menschenrechtlichen<br />

und ökologischen Sorgfaltspflicht<br />

empfehlen die Autoren eine striktere<br />

Gesetzgebung nach französischem<br />

Vorbild. Unternehmen würden unter<br />

anderem auch deshalb dazu motiviert,<br />

ihren Due-Diligence-Verpflichtungen<br />

gewissenhaft nachzukommen, weil betroffene<br />

Akteure die Unternehmen sogar<br />

in Haftung nehmen könnten, falls sie<br />

ihnen Verstöße oder auch falsche oder<br />

nicht ausreichende Schutzmaßnahmen<br />

nachweisen können. Die Diskussion<br />

in der EU laufe auf ein solches Modell<br />

hinaus, das dann für Unternehmen aller<br />

Größen und Sektoren gelten werde,<br />

eventuell mit Ausnahmen für kleine<br />

und mittlere Unternehmen.<br />

Das Reutlinger Softwarehaus iPoint finanziert<br />

regelmäßig Studien und Projekte<br />

zu Due Diligence und nichtfinanzieller<br />

Berichterstattung. Damit und mit<br />

seinen auf dem Ansatz der Circular Economy<br />

aufsetzenden Softwarelösungen<br />

für Produkt-Compliance, Nachhaltigkeit,<br />

Risikomanagement- und Due-Diligence-<br />

Prozessen sowie zur Nachverfolgbarkeit<br />

des gesamten Produkt-Lebenszyklus<br />

und zur Lieferketten-Transparenz<br />

leistet iPoint einen Beitrag zu SDG 12<br />

(nachhaltige/r Konsum und Produktion).<br />

Vor allem tragen die Lösungen dazu bei,<br />

die ökologischen und sozialen Fußabdrücke<br />

von Unternehmen und Produkten<br />

sichtbar zu machen. Des Weiteren fördern<br />

iPoints Softwarelösungen auch die<br />

Erreichung von SDG 8 (menschenwürdige<br />

Arbeit und Wirtschaftswachstum)<br />

und SDG 9 (Industrie, Innovation und<br />

Infrastruktur).<br />

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und<br />

Menschenrechte<br />

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) wurden<br />

2011 vom UN-Menschenrechtsrat einstimmig angenommen. Die rechtlich nicht<br />

verbindlichen Prinzipien haben gleichwohl ihren Niederschlag in einer Vielzahl<br />

weiterer Initiativen und Rahmenwerke gefunden. Die UNGP werden durch drei<br />

Säulen bestimmt: Schutz der Menschenrechte, Achtung der Menschenrechte und<br />

Zugang zu Abhilfe. Beim Schutz der Menschenrechte wird vor allem der Staat<br />

angesprochen, während die zweite Säule sich insbesondere an Unternehmen<br />

wendet. Hier findet das Thema Due Diligence seinen Niederschlag. Die dritte<br />

Säule geht von einer geteilten Verantwortung von Staaten und Unternehmen<br />

aus. Staaten sollen gesetzliche und institutionelle Vorkehrungen treffen, damit<br />

Betroffene die Einhaltung der Menschenrechte einfordern können. Auch von<br />

Unternehmen wird erwartet, Beschwerdemöglichkeiten und gegebenenfalls<br />

auch Möglichkeiten zu schaffen, Wiedergutmachung für begangene<br />

Menschenrechtsverletzungen zu leisten.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

93


BEST PRACTICE<br />

Product Value Impacting:<br />

Auswirkungen von<br />

Produkten aufzeigen<br />

Um den zunehmenden nachhaltigkeitsbezogenen Anforderungen gerecht werden zu können, ist<br />

es erforderlich, dass Unternehmen die gesellschaftlichen, ökologischen sowie ökonomischen<br />

Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit, positiv wie negativ, möglichst genau kennen. Eine<br />

Möglichkeit, diese Einflussnahme abzubilden, ist die sogenannte Impact Valuation (deutsch:<br />

„Wirkungsbewertung“). K+S setzt hierzu bei der Bewertung der Produktauswirkungen an, da der<br />

Unternehmensbeitrag zu den drei Nachhaltigkeitsdimensionen maßgeblich vom Produkt- und<br />

Dienstleistungsportfolio abhängt. Als Produzent unverzichtbarer Produkte in den Bereichen<br />

Landwirtschaft, Lebens- und Futtermittel, Medizin und Pharma sowie für zahlreiche industrielle<br />

Anwendungen nimmt K+S mit deren Herstellung und späteren Anwendung vielfältig Einfluss auf<br />

Gesellschaft, Umwelt und die Wirtschaft. Mit dem Product Value Impacting hat K+S einen<br />

Ansatz zur Quantifizierung der Produktauswirkungen entwickelt und umgesetzt.<br />

Von Lena Michel, Johanna Schramm und Mareike Iba, K+S Minerals and Agriculture, ein Unternehmen der K+S Gruppe<br />

Impact Valuation ist ein Konzept zur<br />

Identifizierung und Quantifizierung<br />

unternehmensbezogener Auswirkungen<br />

auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft.<br />

Je nach Einflussnahme können die Auswirkungen<br />

positiver oder negativer Art<br />

sein. Die Durchführung einer Impact<br />

Valuation ermöglicht Unternehmen, die<br />

Auswirkungen der Geschäftstätigkeit<br />

differenziert in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen<br />

zu verstehen. Darüber<br />

hinaus können Ansatzstellen zur Verbesserung<br />

der Nachhaltigkeitsleistung<br />

identifiziert werden.<br />

Nachhaltigkeitsleistung von Produkten<br />

messbar machen<br />

Die Auswirkungen eines Unternehmens<br />

hängen grundlegend von den Produkten<br />

und Dienstleistungen ab, die das Unternehmen<br />

produziert und bereitstellt. Entlang<br />

der verschiedenen Lebenszyklusphasen<br />

haben Produkte und Dienstleistungen<br />

direkte und indirekte Auswirkungen auf<br />

Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft.<br />

Daher ist es von zentraler Bedeutung,<br />

neben der übergeordneten Unternehmenswirkung<br />

auch die produktspezifischen<br />

Auswirkungen zu betrachten.<br />

Diesen Ansatz hat K+S gewählt.<br />

Um die Nachhaltigkeitsleistung der K+S<br />

Produkte messbar zu machen, hat das<br />

Unternehmen ein mehrstufiges Bewertungssystem<br />

erarbeitet, welches sowohl<br />

qualitative als auch quantitative Elemente<br />

enthält.<br />

Anhand einer umfassenden Produktportfolioanalyse<br />

wurden Auswirkungen<br />

und Nutzen von Produkten und<br />

Dienstleistungen entlang ihrer Lebenszyklen<br />

analysiert. Mit Hilfe von Experten-<br />

Interviews, Literaturrecherchen und<br />

Auswertungen unternehmenseigener<br />

Daten wurden entsprechende Inhalte<br />

in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen<br />

eruiert und kategorisiert. Anschließend<br />

wurden die Ergebnisse mit Blick auf ihren<br />

Beitrag zur Nachhaltigkeit aggregiert<br />

und quantifiziert.<br />

Product Value Impacting als<br />

Steuerungsinstrument<br />

Das Product Value Impacting kann als<br />

strategisches Steuerungsinstrument genutzt<br />

werden. Es ermöglicht Unternehmen,<br />

die Nachhaltigkeitsleistung der<br />

Produktsegmente zu analysieren und<br />

94 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


zu bewerten. Anhand dieser Erkenntnisse<br />

können Ansatzpunkte identifiziert<br />

werden (z.B. in der Produktion oder<br />

Produktentwicklung), die zur Produktoptimierung<br />

genutzt werden können.<br />

Die aggregierte Gesamtwirkung des Produktportfolios<br />

bildet den zentralen Bestandteil<br />

für die Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung<br />

auf Unternehmensebene.<br />

Beitrag der K+S zu den SDGs<br />

Anhand der Ergebnisse aus der K+S<br />

Produktportfolioanalyse wurde ein SDG<br />

Mapping vorgenommen.<br />

Hierbei wurde detailliert geprüft, zu<br />

welchen der 17 Ziele und der 169 Unterzielen<br />

K+S mit seinen Produktsegmenten<br />

einen Beitrag leistet.<br />

Für jedes Produktsegment wurde neben<br />

dem direkten Beitrag zu den SDGs auch<br />

der langfristige, übergeordnete, indirekte<br />

Beitrag zugeordnet.<br />

Das Ergebnis ist eine Matrix, welche<br />

indirekte und direkte Beiträge der K+S<br />

Produktsegmente zu den SDGs aufzeigt.<br />

Beitrag des K+S Produktportfolios<br />

zu den SDGs am Beispiel des<br />

Geschäftssegments Landwirtschaft<br />

Direkte Wirkung<br />

Langfristige,<br />

übergeordnete,<br />

indirekte Wirkung<br />

Details SDGs SDG Unterziele<br />

• Produktivitätssteigerungen in<br />

der Landwirtschaft:<br />

Ertragsmenge und Qualität<br />

• Effizientere Nutzung kritischer<br />

Ressourcen wie Wasser,<br />

Stickstoff und Phosphat<br />

• Nährstoffbereitstellung in<br />

hoher Qualität<br />

• Ernährung einer wachsenden<br />

Weltbevölkerung bei<br />

sinkender landwirtschaftlicher<br />

Nutzfläche<br />

• Verbesserung der Mineralstoffversorgung<br />

von Mensch<br />

und Tier<br />

2.3, 2.4, 12.2, 12.3<br />

2.1, 2.2, 2.3, 2.a, 3,<br />

13.1<br />

Detaillierte Zuordnung der direkten und langfristigen, übergeordneten, indirekten<br />

Wirkung des Geschäftssegments Landwirtschaft zu den SDGs<br />

Mit den Pflanzennährstoffen im Geschäftssegment<br />

Landwirtschaft trägt K+S<br />

zur Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft<br />

(Ertragsmenge und Qualität)<br />

und zur effizienteren Nutzung kritischer<br />

Ressourcen wie Wasser, Stickstoff und<br />

Phosphat sowie zur Nährstoff bereitstellung<br />

in hoher Qualität bei.<br />

Neben dem direkten Beitrag zu SDG<br />

2 und 12 leistet das Produktsegment<br />

auch übergeordnet einen langfristigen,<br />

indirekten Beitrag zur Ernährung einer<br />

wachsenden Weltbevölkerung bei sinkender<br />

landwirtschaftlicher Nutzfläche<br />

(SDG 2 und 13) sowie zur Verbesserung<br />

der Mineralstoffversorgung von Mensch<br />

und Tier (SDG 2 und 3).<br />

Sustainable Development Goals<br />

Segment<br />

Landwirtschaft<br />

Industrie<br />

Verbraucher<br />

Gemeinden<br />

Beitrag unserer Produktsegmente zu den SDGs ( = Direkte Wirkung, = Langfristige, übergeordnete, indirekte Wirkung)<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

95


BEST PRACTICE<br />

SHIFT happens<br />

SHIFT baut das erste deutsche Smartphone. In Falkenberg in Nordhessen ist aber nicht nur<br />

unser Firmensitz, das kleine Dorf ist auch unsere Heimat. Und wo man Zuhause ist, will man<br />

etwas tun, das bleibt. Von den meisten aktuellen Smartphones können wir das leider nicht<br />

sagen: Alle 21 Monate tauschen Deutsche ihre Geräte gegen neue aus, und die Entsorgung des<br />

Elektroschrotts gerät zu einer zentralen Herausforderung der Digitalisierung. Smartphones,<br />

die unser Leben eigentlich besser, schöner, gesünder und effizienter machen sollen, sind<br />

verantwortlich für eine globale Verschwendung und soziale wie ökologische Krisen. SHIFT<br />

bedeutet Veränderung und darum geht es bei uns: Als Social Business stellen wir unsere Geräte<br />

und unser Wissen in den Dienst einer Digitalisierung, die den Menschen in den Mittelpunkt setzt.<br />

Von Jonathan Linker<br />

Mit rund 30 Mitarbeitern in <strong>Deutschland</strong><br />

und rund 10 Mitarbeitern in einer<br />

eigenen Manufaktur in China ist SHIFT<br />

im Branchenvergleich ein sehr kleines<br />

Unternehmen. Aber wir haben eine große<br />

Idee: Wir entwickeln Technologie,<br />

die Sinn macht. Unser Ziel ist nicht,<br />

immer noch mehr Geräte zu verkaufen,<br />

sondern ein Gerät möglichst lange und<br />

für möglichst viele Menschen nutzbar<br />

zu machen. Wir wollen mit weniger Geräten<br />

mehr Menschen glücklich machen<br />

und damit die Ökosysteme entlasten.<br />

Profitieren sollen davon nicht nur die,<br />

die unsere Geräte nutzen, sondern auch<br />

die, die sie produzieren oder am Ende<br />

des Produktlebenszyklus wieder zerlegen.<br />

Denn ein Smartphone ohne nachhaltiges<br />

Design ist heute nicht mehr smart. Aus<br />

1,9 Millionen Tonnen Elektronik, die<br />

2019 in <strong>Deutschland</strong> verkauft wurden,<br />

werden bei gängiger Produktion rund<br />

1,7 Millionen Elektroschrott (Massmann,<br />

2018). Ein schönes Gerät für den Müll ist<br />

ein hässliches Problem für den Planeten.<br />

Deshalb endet unser Blick auf Design<br />

nicht bei Äußerlichkeiten. Wir investieren<br />

einen Großteil unserer Arbeit auf das,<br />

was man auf den ersten Blick nicht sehen<br />

kann. Wir bauen unsere Smartphones<br />

und ab 2021 auch Laptops modular. Alle<br />

Komponenten unserer Geräte lassen sich<br />

spielend leicht austauschen.<br />

Unsere Kunden können Reparaturen<br />

deshalb selbst und ohne Verlust der<br />

Garantie vornehmen. Mit Youtube-<br />

Anleitungen motivieren wir sie dazu,<br />

den mitgelieferten Schraubendreher<br />

in die Hand zu nehmen, wenn es nötig<br />

wird. Am häufigsten gehen Akkus, Displays<br />

und Kameras von Smartphones<br />

kaputt, deshalb lassen sich diese Teile<br />

bei unseren Shiftphones innerhalb weni-<br />

96 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Front-Kamera (13MP)<br />

Lautsprecher<br />

3,5 mm<br />

Audiobuchse<br />

Back-Kamera (21MP OIS)<br />

Antennenmodul<br />

T3 Standardschrauben (M1, 4)<br />

(Werkzeug liegt bei)<br />

Backcover mit<br />

NFC-Modul<br />

Hauptplatine mit<br />

CPU, Memory, etc.<br />

ger Minuten austauschen. Nebeneffekt:<br />

unsere Kunden können ihr Gerät sehr<br />

schnell wieder benutzen. Das Unding<br />

„wirtschaftlicher Totalschaden“ existiert<br />

bei einem Shiftphone praktisch nicht<br />

mehr, weil wir unsere einzelnen Bauteile<br />

vergleichsweise günstig anbieten<br />

können. Damit unser Ansatz, Elektronik<br />

nachhaltig zu gestalten, viele Nachahmer<br />

findet, verzichten wir bewusst auf<br />

Patentierungen unserer bislang fast einzigartigen<br />

Bauweise.<br />

5,7" FullHD AMOLED<br />

Display auf A-Frame<br />

Dual-SIM und<br />

MicroSD<br />

Steckplätze<br />

Ladebuchse<br />

(USB Typ C)<br />

Lautsprechermodul<br />

mit Mikrofon<br />

B-Frame als Träger<br />

aller Koponenten<br />

4240 mAh<br />

modularer Akku<br />

Entscheiden sich unsere Kunden trotzdem<br />

irgendwann für ein neues Gerät,<br />

motiviert unser Gerätepfand dazu, nicht<br />

mehr benötigte Smartphones an uns zurückzusenden.<br />

Wir nutzen alle intakten<br />

Komponenten dann für den Vertrieb von<br />

Second-Life-Geräten. Innerhalb einer Modellreihe<br />

sind unsere Bauteile abwärtskompatibel.<br />

Defekte Komponenten geben<br />

wir an ein auf Recycling spezialisiertes<br />

Unternehmen in <strong>Deutschland</strong> weiter. Die<br />

Module unserer Geräte sind nach Funktionen<br />

getrennt: Geht das Display kaputt,<br />

muss nur das Display getauscht werden,<br />

weil keine weiteren Komponenten damit<br />

verlötet oder verklebt sind. Rohstoffe und<br />

Bauteile einzelner Module verarbeiten<br />

wir so, dass sie möglichst gut getrennt<br />

und wiederverwendet werden können.<br />

Unsere Motivation ist unsere Wertschätzung<br />

für die Menschen und unseren<br />

Planeten. Wir glauben: Wer seine Produkte<br />

liebt, baut sie automatisch für<br />

ein langes Leben. Wer seine Umwelt<br />

liebt, sorgt für Recyclingfähigkeit am<br />

Ende des Product-Life-Cycle. Wer seine<br />

Mitmenschen liebt, sorgt sich um die<br />

faire Beschaffung von Rohstoffen und<br />

gute Arbeitsbedingungen.<br />

Die Anzahl elektronischer Devices steigt<br />

mit der Digitalisierung unserer Welt<br />

weiter exponentiell an. Rohstoffe im<br />

Wert von 57 Milliarden US-Dollar werden<br />

allein im Elektroschrott aus dem<br />

Jahr 2019 vermutet (Forti, Bladé, Kuehr,<br />

& Bel, <strong>2020</strong>). Die Zustände auf Elektroschrottdeponien<br />

wie in Agbogbloshie in<br />

Ghana, wo 40.000 Menschen mit Feuer<br />

und primitiven Werkzeugen versuchen,<br />

Rohstoffe wie Kupfer und Blei wiederzugewinnen,<br />

sind eine humanitäre und<br />

ökologische Katastrophe. Die Expansion<br />

digitaler Technologie führt zu einer Spaltung<br />

in eine Hälfte der Welt, die unter<br />

kritikwürdigen Bedingungen Rohstoffe,<br />

Arbeitskraft und stoffliche Verwertung<br />

für die Herstellung und Entsorgung von<br />

Geräten bereitstellt, die von der anderen<br />

Hälfte der Welt genutzt wird.<br />

SHIFT hat Alternativen entwickelt, die<br />

sich unter Marktbedingungen beweisen<br />

und auf mehreren Ebenen das Leben<br />

von möglichst vielen Anspruchsgruppen<br />

verbessert, ohne Abstriche bei Leistungsfähigkeit,<br />

Design oder Preis für den Endkunden.<br />

Unser Weg führt uns weiter vom<br />

modularen zum universalen Device. Statt<br />

technische Fortschritte für die Ausdifferenzierung<br />

von Consumer Electronics<br />

zu nutzen, wollen wir möglichst viele<br />

technische Ressourcen gemeinsam nutzen.<br />

Bei unserem aktuellen SHIFT6mq<br />

setzen wir auf noch höhere Modularität,<br />

die auch Upgrades eigener Bauteile wie<br />

einer besseren Kamera künftig ermöglichen<br />

wird.<br />

Mit dem SHIFTmu entwickeln wir aktuell<br />

ein Gerät, bei dem dieser Ansatz deutlich<br />

weiter geht: Offen für verschiedene<br />

Betriebssysteme und mit starken Prozessoren<br />

bereit für jede Herausforderung.<br />

Damit bauen wir das erste Smartphone,<br />

das im nächsten Moment Tablet oder<br />

Laptop oder Workstation sein kann. Das<br />

Smartphone ist dann nur noch zentrale<br />

Rechen- und Speichereinheit und wird<br />

mit größeren Bildschirmen und externen<br />

Eingabegeräten verbunden. So teilen sich<br />

mehrere Geräte die gleiche technische<br />

Infrastruktur und es entsteht nochmals<br />

deutlich weniger Elektroschrott als durch<br />

separate modulare Geräte. Das 2019<br />

vorgestellt Konzept des SHIFTmu basiert<br />

auf einer neuen Generation von Mikroprozessoren,<br />

die wir für 2021 erwarten.<br />

Wir begreifen Technologie als eine<br />

Chance für „Fair-Änderung“, eine Neuausrichtung<br />

an Werten wie Vertrauen,<br />

Wohlergehen, Freiheit, Gerechtigkeit,<br />

Schönheit, Kreativität, Nachhaltigkeit<br />

und Liebe. Wir machen sie mit unserem<br />

Unternehmen und unseren Produkten<br />

erlebbar. Shift happens.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

97


BEST PRACTICE<br />

Symrise: Nachhaltig und<br />

erfolgreich in die Zukunft<br />

Von Christina Witter und Friedrich-Wilhelm Micus, Corporate Communications, Symrise<br />

Nachhaltigkeit gepaart mit Wirtschaftlichkeit<br />

entlang der Wertschöpfungskette:<br />

Symrise, Hersteller von Duft- und<br />

Geschmackstoffen, kosmetischen Grundund<br />

Wirkstoffen sowie funktionalen Inhaltsstoffen<br />

für Lebensmittel, lebt seine<br />

Firmenstrategie vom Ursprung seiner<br />

Rohstoffe bis zum Einsatz bei seinen<br />

Kunden. Mit seiner Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

erfüllt das Unternehmen<br />

die Richtlinien der <strong>Global</strong> Reporting<br />

Initiative (GRI) in der Fassung der „GRI<br />

Standards“ (2016) inklusive der jüngsten<br />

Updates ausgewählter Indikatoren<br />

aus dem Jahr 2018. Gleichzeitig leiten<br />

Symrise als aktives Mitglied des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> zudem dessen universelle<br />

Prinzipien für eine verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung als auch die<br />

nachhaltigen Entwicklungsziele der<br />

Vereinten Nationen – die Sustainable<br />

Development Goals (SDGs). Diese 17<br />

nachhaltigen Entwicklungsziele der<br />

Vereinten Nationen (UN) bilden wichtige<br />

Eckpfeiler des Nachhaltigkeitsansatzes.<br />

Die SDGs sollen helfen, die Welt bis 2030<br />

nachhaltiger zu gestalten – ökonomisch,<br />

ökologisch, sozial. 2015 haben die UN-<br />

Mitgliedstaaten diese in der „Agenda<br />

2030“ verabschiedet.<br />

Wesentlichkeitsmatrix von Symrise<br />

zeigt relevanteste SDGs auf<br />

Mit seiner Wesentlichkeitsanalyse prüft<br />

Symrise kontinuierlich, welche der SDGs<br />

für das Unternehmen oder seine Stakeholder<br />

die größte Relevanz besitzen<br />

und wo es mit seiner Geschäftstätigkeit<br />

den größten Mehrwert schaffen kann.<br />

Anhand der Ergebnisse entstand eine<br />

Wesentlichkeitsmatrix mit Themen-<br />

Gruppen.<br />

Auf diese Nachhaltigkeitsziele zahlt<br />

Symrise ein<br />

Aufgrund seiner breiten Aufstellung und<br />

seines vielschichtigen Geschäftsmodells<br />

behält Symrise alle Ziele im Blick und<br />

rückt gleichzeitig diejenigen in den Fokus,<br />

zu denen es den größten Beitrag leisten<br />

kann. So gehören „menschenwürdige<br />

Arbeit und Wirtschaftswachstum“ (SDG<br />

8), „nachhaltiger Konsum und Produktion“<br />

(SDG 12), „Klimaschutz“ (SDG 13),<br />

„Schutz bzw. Biodiversität von Leben an<br />

Land und unter Wasser“ (SDG 14/15) sowie<br />

„Partnerschaften zur Erreichung der<br />

Ziele“ (SDG 17) zu den Schlüsselthemen.<br />

Insbesondere die Partnerschaften stehen<br />

im Fokus. Denn Symrise weiß: Nur<br />

gemeinsam mit den richtigen Partnern<br />

kann es nachhaltig wachsen.<br />

98 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


SDG 8: Menschenwürdige Arbeit<br />

und Wirtschaftswachstum<br />

Das Einhalten der Menschenrechte und<br />

-würde bei den Arbeitsbedingungen gehört<br />

zu den konkreten Zielen von Symrise.<br />

Sie tragen zum verantwortungsvollen<br />

Wachstum des Unternehmens<br />

bei. Zulieferer und Geschäftspartner<br />

müssen unter anderem den Symrise<br />

Verhaltenskodex anerkennen, bevor eine<br />

Kooperation entstehen kann. Der Kodex<br />

schreibt unter anderem humanitäre<br />

Arbeitspraktiken und menschenwürdige<br />

Beschäftigung vor.<br />

SDG 12: Nachhaltiger Konsum und<br />

Produktion<br />

Nachhaltige Produktionsabläufe und<br />

der effiziente Einsatz natürlicher Ressourcen<br />

gehören für Symrise fest zum<br />

Kerngeschäft. Das beginnt beim umweltgerechten<br />

Nutzen von Chemikalien und<br />

reicht bis zum Vermeiden von Abfällen.<br />

Insbesondere in der Produktentwicklungsphase<br />

hat Symrise gemeinsam mit<br />

seinen Partnern einen großen Einfluss<br />

auf SDG 12.<br />

SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz<br />

Klimaschutz bildet einen festen Bestandteil<br />

der Unternehmens-Strategie. Vor<br />

zwei Jahren ist Symrise der Task Force<br />

on Climate-related Financial Disclosures<br />

(TCFD) beigetreten und setzt sich für den<br />

Ausbau klimabezogener Unternehmensberichterstattung<br />

ein. Außerdem will<br />

Symrise seinen Strom bis 2025 komplett<br />

aus erneuerbaren Quellen beziehen<br />

sowie seine Öko-Effizienz um über 60<br />

Prozent steigern. Bis 2030 will das Unternehmen<br />

eine klimapositive Bilanz<br />

ausweisen. Das Ziel, seine Emission bis<br />

<strong>2020</strong> um 33 Prozent zu verringern, hat<br />

Symrise bereits vorzeitig erreicht.<br />

SDG 14 und 15: Biodiversität an Land<br />

und im Wasser<br />

Aromen und Düfte auf Basis natürlicher<br />

Rohstoffe zu entwickeln – dafür<br />

braucht es global eine große Artenvielfalt.<br />

Symrise trägt zum Schutz der Biodiversität<br />

und zum Erhalt natürlicher Lebensräume<br />

bei. Dazu gehört der nachhaltige<br />

Bezug von Rohstoffen, das Bewerten von<br />

Lieferanten nach Nachhaltigkeitskriterien<br />

und Engagement in internationalen<br />

Initiativen.<br />

SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung<br />

der Ziele<br />

Wissenstransfer und Synergien zwischen<br />

Symrise, seinen Lieferanten, politischen<br />

Akteuren und Partnern vor Ort bilden<br />

die Grundlage der Geschäftstätigkeit. In<br />

diesem Zusammenhang gehört auch die<br />

Rückwärtsintegration zu den relevanten<br />

Eckpfeilern. Symrise möchte Zugang zu<br />

Rohstoffen erlangen, die sich nachverfolgen<br />

lassen, die sicher und hochwertig<br />

sind, ohne selbst Farmen zu besitzen<br />

oder Rohstoffe anzubauen. Sehr gut<br />

gelingt dem Unternehmen dies etwa mit<br />

der Grapefruit aus Südafrika.<br />

Grapefruit-Erfolgsgeschichte –<br />

die SDGs in der Praxis<br />

Die Grapefruit spielt für Symrise zunehmend<br />

eine wichtige Rolle. Aktuell<br />

ergänzt sie das Zitrusportfolio mit einem<br />

kleineren Anteil, der gleichzeitig<br />

überproportional stark wächst. Das<br />

Anbaugebiet KwaZuluNatal, einer Provinz<br />

in Südafrika, ergänzt das Angebot<br />

aus Florida nachhaltig. Hier kauft das<br />

Unternehmen qualitativ hochwertige<br />

Rohstoffe ein und fördert zugleich die<br />

enge Zusammenarbeit mit regionalen<br />

Zulieferern und Landwirten. Lag der<br />

Weltmarktanteil der Grapefruit in der<br />

Region vor zehn Jahren bei unter zehn<br />

Prozent, so liegt er heute bereits bei 30.<br />

Symrise unterstützt zudem die Bauern,<br />

indem es zu besseren Lebensbedingungen<br />

beiträgt und zielt darauf<br />

ab, den Beruf des Landwirts auch für<br />

junge Menschen attraktiv zu gestalten.<br />

Für die Bauern ist zum Beispiel eine<br />

Akademie geplant, die grundlegendes<br />

Know-how vom Anbau bis zu Marketing<br />

und Management in der Landwirtschaft<br />

vermitteln soll.<br />

Die Fabrik, die Symrise bereits seit Jahren<br />

mit Zitrusfrucht-Konzentraten und -Ölen<br />

beliefert, ist etwas Besonderes, denn sie<br />

gehört zu einer Hälfte den Farmern aus<br />

der Region und zur anderen Hälfte der<br />

Böcker Group aus Buxtehude, einem<br />

Zulieferer von Symrise, der die Abläufe<br />

steuert.<br />

Symrise engagiert sich für die Menschen<br />

vor Ort, was auf die SDGs „keine Armut“,<br />

„kein Hunger“, „Gesundheit und<br />

Wohlergehen“ sowie „hochwertige Bildung“<br />

einzahlt. Es unterstützt das Ziel<br />

nachhaltige Produktion (SDG 12) und<br />

infolgedessen den Klimaschutz (SDG<br />

13). Mit der SymTrap®-Technologie lassen<br />

sich aus Seitenströmen wertvolle<br />

Geschmackskomponenten gewinnen.<br />

Das Rest-Wasser aus dem Prozess ist<br />

frei von Rückständen (SDG 6 „sauberes<br />

Wasser“). All das macht ausschließlich<br />

die Zusammenarbeit mit den bewährten<br />

Partnern vor Ort möglich – die Bauern<br />

und die Böcker Group. Dieses Projekt<br />

liefert ein schönes Beispiel für nachhaltige<br />

Partnerschaften und dafür, wie die<br />

Partner gemeinschaftlich auf SDG 17<br />

einzahlen können.<br />

Fazit<br />

Symrise kommt seinem eigenen Anspruch<br />

nach, nachhaltig zu wachsen,<br />

indem es in seinem Geschäftsmodell<br />

ökologische, soziale und wirtschaftliche<br />

Aspekte in Einklang bringt. Auf die SDGs<br />

zahlt Symrise mit seiner ganzheitlichen<br />

und nachhaltigen Unternehmensstrategie<br />

ein. Nachhaltigkeit bedeutet für<br />

das Unternehmen nämlich beides: Zukunfts-<br />

genauso wie Rohstoffsicherung.<br />

Daran arbeitet das Unternehmen kontinuierlich<br />

und steckt sich für die Zukunft<br />

ambitionierte Ziele: Klimapositivität<br />

bis 2030 und Transparenz hinsichtlich<br />

der Nachhaltigkeits-Anforderungen der<br />

Stakeholder. Profitables Wachstum auf<br />

nachhaltige Weise zu erreichen, um so<br />

die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens<br />

zu sichern – mit diesem Selbstverständnis<br />

wirtschaftet Symrise Tag<br />

für Tag, damit alle Beteiligten entlang<br />

der Wertschöpfungskette gewinnen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

99


BEST PRACTICE<br />

Was wir aus den<br />

Herausforderungen der<br />

Pandemie lernen<br />

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr – dem 75. Geburtstag der Vereinten Nationen, dem 20. Jahr<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und dem 5. Jahrestag der Agenda 2030 und der 17 Sustainable<br />

Development Goals – stellte die Covid-19-Pandemie das Erreichen der Ziele der Vereinten<br />

Nationen vor ungeahnte Herausforderungen. Zugleich löste die Pandemie ein verstärktes<br />

Nachdenken darüber aus, wie die Weltgemeinschaft umgestaltet werden muss, um nachhaltiger<br />

aus der Krise hervorzugehen, und viele staatliche wie private Akteure tragen dazu bei, die durch<br />

die Pandemie vergrößerten oder neu entstandenen Nöte und Notlagen zu lindern.<br />

Von Thorsten Pinkepank, Dr. Sabine Fisbeck-Groh und Birgit Hellmann, Corporate Sustainability, BASF<br />

Nach einer Schätzung der Vereinten<br />

Nationen wird die Zahl der Menschen<br />

in Armut – ohne Zugang zu ausreichend<br />

Nahrung, Gesundheitsversorgung,<br />

Bildung, Wasser und sanitären Einrichtungen<br />

– im Jahr <strong>2020</strong> um 71 Millionen<br />

ansteigen. In vielen Ländern erhielten<br />

Schülerinnen und Schüler monatelang<br />

keinen oder kaum Unterricht. Frauen<br />

schulterten in vielen Gesellschaften<br />

die zusätzlichen Lasten zur Sicherung<br />

des Lebensunterhalts, der Versorgung<br />

der Familie und der Kompensation<br />

des Schulausfalls ihrer Kinder zu Ungunsten<br />

ihrer errungenen Freiheiten,<br />

wirtschaftlichen Unabhängigkeit und<br />

Gleichberechtigung. Nicht zuletzt um<br />

dieser Entwicklung entgegenzuwirken,<br />

setzten die Vereinten Nationen mit den<br />

„Women’s Empowerment Principles“,<br />

die BASF-Vorstandsvorsitzender Martin<br />

Brudermüller unterzeichnete, im Kontext<br />

der Generalversammlung im September<br />

<strong>2020</strong> ein Zeichen für die Gleichstellung<br />

der Geschlechter und die Stärkung von<br />

Frauen am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt<br />

und in der Gesellschaft.<br />

Zusammengenommen könnten die<br />

Folgen von Covid-19 viele Fortschritte<br />

zunichtemachen, die in den vergangenen<br />

zehn Jahren erreicht wurden.<br />

Die kleinen Entlastungen in der Klimabilanz<br />

fallen demgegenüber kaum ins<br />

Gewicht. Dies verdeutlicht zugleich die<br />

gigantische Aufgabe, in den kommenden<br />

zehn Jahren die in den SDGs skizzierten<br />

Ziele zu erreichen. Dies kann vor dem<br />

Hintergrund der Krise in den Bereichen<br />

Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt nur<br />

in einer gemeinsamen Kraftanstrengung<br />

angepackt werden.<br />

Als Chemieunternehmen sind wir davon<br />

überzeugt, dass Wissenschaft und<br />

Innovation hierbei eine zentrale Rolle<br />

spielen. Wir forschen und entwickeln<br />

Lösungen für eine nachhaltige Zukunft –<br />

gemeinsam mit Partnern. Wir sind davon<br />

überzeugt, dass gerade in einer Zeit, in<br />

der wir gesundheitliche, wirtschaftliche<br />

und gesellschaftliche Krisen bewältigen<br />

müssen, Respekt für Menschen und Zusammenhalt<br />

an erster Stelle steht. Deshalb<br />

schützen wir unsere Mitarbeiter<br />

mit Homeoffice und flexiblem Arbeiten,<br />

wo möglich, und mit Hygienekonzepten<br />

am Arbeitsplatz. Im März stellte BASF im<br />

Rahmen der Aktion „Helping Hands“ die<br />

Produktion am Standort Ludwigshafen<br />

so um, dass mit einer Ausnahmegenehmigung<br />

der Behörden Hand-Desinfektionsmittel<br />

hergestellt und gespendet<br />

werden konnten – insgesamt rund<br />

100 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


1 Million Liter. Das Desinfektionsmittel<br />

lieferte BASF zunächst an das regionale<br />

Gesundheitswesen der Metropolregion<br />

Rhein-Neckar, um den Kampf gegen die<br />

Corona-Pandemie zu unterstützen: An<br />

Krankenhäuser und Ärzte, später auch<br />

an Pflegeheime, Schulen, Kindertagesstätten<br />

und Sporteinrichtungen. Um<br />

Engpässe zu lindern, spendete BASF<br />

darüber hinaus mehr als 100 Millionen<br />

Schutzmasken an die Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> sowie 1 Millionen FFP2-<br />

Masken an das Land Rheinland-Pfalz,<br />

in dem der Stammsitz liegt. Darüber<br />

hinaus spendete BASF im September<br />

40.000 Liter Handdesinfektionsmittel an<br />

das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten<br />

Nationen (UNHCR), um die Organisation<br />

in ihrem Kampf gegen das Virus zu unterstützen.<br />

UNHCR übernahm Auswahl<br />

und Belieferung der Flüchtlingslager,<br />

Arztpraxen und Gesundheitszentren,<br />

Krankenstationen, Schulen, Gemeindeund<br />

Registrierungszentren in der<br />

Republik Kongo.<br />

Neben unmittelbaren Hilfsmaßnahmen<br />

richten wir den Blick weiter auf langfristiges<br />

Engagement. Hier geht es darum,<br />

Kurs zu halten bei Aktivitäten, die<br />

vor Covid-19 gestartet waren und zum<br />

Erreichen der SDGs beitragen – insbesondere<br />

in den Bereichen Gesundheit,<br />

Bildung und Weiterbildung sowie wirtschaftlicher<br />

Erholung bei gleichzeitiger<br />

Schonung natürlicher Ressourcen. Als<br />

weltweit tätiges Unternehmen trägt BASF<br />

mit ihrem gesellschaftlichen Engagement<br />

zur Lösung aktueller und zukünftiger<br />

gesellschaftlicher Herausforderungen<br />

bei. Dabei verbinden wir wirkungsorientiertes<br />

gesellschaftliches Handeln<br />

mit langfristigem Unternehmenserfolg.<br />

Das ist inhaltlicher Kern von „Starting<br />

Ventures“ – ein BASF-Ansatz für neuartige<br />

Geschäftsmodelle, mit denen wir<br />

Menschen, deren elementare Grundbedürfnisse<br />

derzeit noch nicht erfüllt sind,<br />

mit unternehmerischen Lösungen dabei<br />

unterstützen, ihr Einkommen und ihre<br />

Lebensqualität aus eigener Kraft zu verbessern.<br />

Ein Beispiel: Das Projekt „#Hapi“<br />

unterstützt ägyptische Tomatenbauern<br />

mit einem Frühwarnsystem für Pflanzenkrankheiten<br />

fürs Smartphone. Das Krankheitsfrühwarnsystem<br />

kombiniert Satellitentechnologie,<br />

Wettervorhersagen,<br />

Simulationen von Krankheitsausbrüchen<br />

und Feldbeobachtungen in Echtzeit, bündelt<br />

diese Informationen auf einer digitalen<br />

Plattform und unterstützt damit<br />

die Erstellung von maßgeschneiderten,<br />

krankheitsspezifischen Warnungen und<br />

praktischen Ratschlägen.<br />

Bei der Verladung der<br />

Desinfektionsmittelspende für<br />

UNHCR (v.r.n.l.): Michael Heinz,<br />

Standortleiter Ludwigshafen<br />

und Mitglied des Vorstands der<br />

BASF SE, Christoph Jäkel, Leiter<br />

Corporate Sustainability und<br />

Social Engagement BASF SE<br />

und Jan-Peter Mittwollen,<br />

Projektleiter Helping Hands<br />

Desinfektionsmittel BASF SE<br />

Klar ist, wir brauchen multilaterale<br />

Kooperationsformen für das gesamte<br />

Spektrum der SDGs. Aus dieser Überzeugung<br />

heraus ist BASF Gründungsmitglied<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und erneuerte<br />

anlässlich der Generalversammlung der<br />

Vereinten Nationen sein Bekenntnis<br />

zum UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Wir freuen<br />

uns, dass wir zudem erneut als <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> LEAD Unternehmen ausgezeichnet<br />

wurden. Gerne haben wir auch<br />

die UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> CFO-Taskforce<br />

für die SDGs mitgegründet. Hier geht es<br />

um die wichtige Frage, wie auch Unternehmensfinanzierungen<br />

und -investitionen<br />

wirksam zum Erreichen der SDGs<br />

betragen können.<br />

Auch und gerade in der aktuellen, globalen<br />

Krise müssen wir uns klarmachen<br />

– es wird leider nicht die letzte sein. Es<br />

sollte aber die letzte sein, in der viele<br />

noch lernen mussten: Nur in multilateraler<br />

globaler Kooperation – und ja,<br />

auch Solidarität – von Politik, Gesellschaft<br />

und Wirtschaft sind diese Krisen<br />

zu bewältigen und die <strong>Global</strong> Goals zu<br />

erreichen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

101


BEST PRACTICE<br />

Wirtschaftliches Potenzial<br />

von Frauen: Initiativen<br />

ebnen den Weg<br />

Bis zur Gleichstellung der Geschlechter ist es immer noch ein weiter Weg: Nicht nur verdienen<br />

Frauen im Schnitt deutlich weniger als Männer. Sie opfern auch deutlich mehr Zeit für die (unbezahlte)<br />

Familienarbeit und die Pflege Angehöriger – mit oft schweren gesundheitlichen Folgen.<br />

Der Wissenschafts- und Technologiekonzern Merck sucht mit zwei Initiativen Schieflagen wie<br />

diese geradezurücken. Keine kleine Aufgabe. Als Anbieter von Produkten und Lösungen für<br />

Krankheiten, die Frauen unverhältnismäßig stark betreffen, wie Schilddrüsenerkrankungen,<br />

multiple Sklerose oder Unfruchtbarkeit, ist sie dem Unternehmen besonders wichtig. So lassen<br />

sich wesentliche Aspekte der Gesundheit von Frauen verbessern, angefangen von Aufklärung<br />

über Bildung bis hin zum Zugang zur Gesundheitsversorgung und Regierungsprogrammen.<br />

Von Lynn A. Taylor, Head of Healthcare <strong>Global</strong> Government and Public Affairs, Merck<br />

Schon ein Blick auf nur eine Zahl sagt<br />

einiges. Sie lautet 99,5 und beschreibt<br />

den Zeitraum in Jahren, den es nach<br />

Berechnung des World Economic Forum<br />

dauern dürfte, bis Frauen und Männer<br />

in Politik, Wirtschaft, Gesundheit und<br />

Bildung weltweit gleichgestellt sind. Vorausgesetzt,<br />

das derzeitige Tempo hält an.<br />

Geht also alles weiter wie bisher, dauert<br />

es noch nahezu ein ganzes Jahrhundert,<br />

bis sich die globale Geschlechterkluft<br />

geschlossen hat.<br />

Die Ungleichheit und ihre Folgen<br />

Dass es schneller geht, wäre Frauen<br />

ebenso zu wünschen wie Männern. Die<br />

Geschlechterkluft ist schließlich nicht<br />

nur ungerecht, sie zeitigt auch massive<br />

volkswirtschaftliche Folgen: Denn Frauen<br />

gehen nicht nur sehr viel häufiger als<br />

Männer unbezahlten Tätigkeiten nach.<br />

Sie werden bei bezahlten Tätigkeiten<br />

auch häufig schlechter entlohnt als Männer.<br />

Unterm Strich fällt ihr Anteil am<br />

erwirtschafteten Bruttosozialprodukt<br />

deswegen deutlich geringer aus. Würden<br />

sie dagegen entlohnt wie Männer, läge<br />

ihr Beitrag zum Nationaleinkommen je<br />

nach Land zwischen fünf (USA) und 34<br />

Prozent (Ägypten) höher, so die Internationale<br />

Arbeitsorganisation. Sie schätzt,<br />

dass weltweit 865 Millionen Frauen unter<br />

dieser Schieflage leiden.<br />

Hinzu kommt, dass Frauen sehr viel<br />

häufiger als Männer Verantwortung für<br />

die Kindererziehung oder die Pflege Angehöriger<br />

übernehmen, und das häufig<br />

neben ihrem eigentlichen Job. Eine<br />

Doppelbelastung, die spürbare Folgen<br />

für Gesundheit und Wohlergehen der<br />

betroffenen Frauen haben kann. Laut<br />

einer im Fachmagazin „American Journal<br />

of Public Health“ veröffentlichten Studie<br />

leiden etwa Frauen, die Angehörige zu<br />

Hause pflegen, sechs Mal häufiger unter<br />

Depressionen oder Angststörungen.<br />

Initiativen zahlen auf UN-Nachhaltigkeitsziele<br />

ein<br />

Muss das so bleiben? Bei Merck glaubt<br />

man das nicht. Die Führungsriege des<br />

Dax-Konzerns hat sich bereits zur Mitte<br />

der vergangenen Dekade entschlossen,<br />

sich für die Teilhabe von Frauen unter<br />

gleichen Bedingungen zu engagieren,<br />

namentlich mit den beiden Initiativen<br />

„Gesunde Frauen, gesunde Wirtschaftssysteme“<br />

und „Embracing Carers“. Sie verfolgen<br />

sich ergänzende Ziele: die gesundheitlichen<br />

Schäden bei Frauen verringern,<br />

die durch die Doppelbelastung durch Familie<br />

und Beruf verursacht werden und<br />

die Stärkung derer, die Verantwortung<br />

in der Pflege übernehmen, Frauen wie<br />

Männer. Ziele übrigens, die eng mit dem<br />

dritten und fünften Nachhaltigkeitsziel<br />

der Vereinten Nationen korrespondieren.<br />

Die bereits 2015 von Merck mit den<br />

Regierungen der Vereinigten Staaten<br />

und der Philippinen ins Leben gerufene<br />

Initiative „Gesunde Frauen, gesunde<br />

Wirtschaftssysteme“ folgt einem klaren<br />

Grundgedanken: Dass die Erschließung<br />

des Potenzials von Frauen zu mehr<br />

Wirtschaftswachstum führt. Die Gründungspartner<br />

haben deswegen zunächst<br />

überlegt, wo Frauen Unterstützung benötigen,<br />

etwa beim Zugang zu Gesundheitsdiensten<br />

oder der Arbeitssicherheit,<br />

um dann im nächsten Schritt Leitlinien<br />

102 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ation Pflegender zu schärfen. Mitgetragen<br />

wird die Initiative inzwischen von<br />

neun großen Interessenvertretungen<br />

Pflegender aus allen Teilen der Welt,<br />

darunter Carers Worldwide, Eurocarers<br />

oder die International Alliance of Carer<br />

Organizations.<br />

zu entwickeln, die Regierungen und<br />

Organisationen pazifischer Anrainerstaaten<br />

bereitgestellt wurden.<br />

Namhafte Partner eingebunden<br />

Mittlerweile steht die Initiative „Gesunde<br />

Frauen, gesunde Wirtschaftssysteme“<br />

auf einer sehr viel breiteren Basis und<br />

kann Einfluss nehmen. Programmatisch<br />

kooperiert sie unter anderem mit der<br />

US-amerikanischen Denkfabrik „The<br />

Wilson Center“ oder der ebenfalls in<br />

den Vereinigten Staaten ansässigen<br />

Wohltätigkeitsorganisation „March of<br />

Dimes“, die sich vor allem der Gesundheit<br />

Schwangerer und Neugeborener<br />

widmet. Merck vernetzt die Partner der<br />

Initiative untereinander und setzt zusätzliche<br />

inhaltliche Impulse.<br />

Mit ähnlicher Strategie und namhaften<br />

Partnern treibt der Konzern auch die<br />

Initiative „Embracing Carers“ voran, die<br />

Frauen und Männer in ihrer Rolle als<br />

pflegende Angehörige unterstützen will.<br />

Der Ruf nach mehr Gleichbehandlung<br />

schallt auch hier laut. Kein Wunder<br />

angesichts der Tatsache, dass weltweit<br />

70 Prozent der Zeit zur Pflege von Eltern,<br />

Groß- oder Schwiegereltern von Frauen<br />

gestemmt wird – oft ohne oder ohne<br />

ausreichende Bezahlung. Dass das Folgen<br />

für das wirtschaftliche, psychische und<br />

physische Wohlbefinden dieser Pflegenden<br />

hat, ist klar.<br />

Blinde Flecken der Forschung tilgen<br />

Dieser Umstand und seine Folgen wird<br />

von Regierungen und der Gesellschaft<br />

oft übersehen. Sie unterschätzen die<br />

Rolle, die Pflegende in der Wirtschaft<br />

haben. Merck hat für die „Embracing<br />

Carers“-Initiative deswegen etliche Kooperationen<br />

in die Wege geleitet, um<br />

das öffentliche Bewusstsein für die Situ-<br />

Neben mehr Öffentlichkeitsarbeit für die<br />

Sache haben sich die Partner auch hier<br />

die Entwicklung praktikabler Leitlinien<br />

sowie deren Umsetzung in Politik und<br />

Gesundheitssystemen auf die Fahnen<br />

geschrieben. Mit validen Daten will die<br />

Initiative außerdem blinde Flecken aus<br />

der Forschungslandschaft beseitigen.<br />

Merck unterstützt deswegen zum Beispiel<br />

die Studien von Dr. Felicia Knaul<br />

von der Universität in Miami. Die Wirtschaftswissenschaftlerin<br />

erforscht Ausmaß<br />

und Folgen unbezahlter Arbeit von<br />

Frauen, derzeit mit Fokus auf China,<br />

Chile, Kanada, Mexiko und Peru.<br />

Frage des gesunden Menschenverstandes<br />

Zusätzliche Impulse für die Initiative<br />

kommen zum Beispiel von der USamerikanischen<br />

Krebsgesellschaft, die<br />

im vergangenen Jahr eine Reihe von<br />

Videoclips produziert hat, die Selbstachtsamkeit<br />

und andere Pflegethemen<br />

ansprechen und nun in weitere Sprachen<br />

übersetzt werden. Mit der Organisation<br />

Carers Worldwide, die sich für unbezahlte<br />

pflegende Angehörige im Süden der<br />

Welt einsetzt, konnte die „Embracing<br />

Carers“-Initiative außerdem erste Hilfen<br />

für die Überwindung der Corona-<br />

Pandemie bereitstellen.<br />

Welche Folgen die Pandemie für unbezahlte<br />

Pflegende hatte und hat, lassen<br />

die Partner der Initiative in einer groß<br />

angelegten Studie erforschen. Ergebnisse<br />

sollen Anfang 2021 vorliegen. Dass sich<br />

bis dahin die globale Geschlechterkluft<br />

geschlossen hat, ist wohl ausgeschlossen.<br />

Dass der Ruf nach voller Teilhabe<br />

von Frauen verhallt, allerdings auch.<br />

Dieser Ruf, sagt Belén Garijo, stellvertretende<br />

Vorsitzende der Geschäftsleitung<br />

von Merck und Chefin des Healthcare-<br />

Geschäfts, sei „keine vorübergehende Modeerscheinung“.<br />

Ihm nachzukommen, sei<br />

vielmehr „eine Frage von Fairness, Ethik<br />

und gesundem Menschenverstand“.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

103


BEST PRACTICE<br />

Smart Urban Areas:<br />

zukunftsfähige Städte mit<br />

Lösungen von Wilo<br />

Weltweit ziehen immer mehr Menschen in die Städte. Laut einer Schätzung von UN-Habitat<br />

werden im Jahr 2030 fast zwei Drittel aller Menschen in urbanen Räumen leben. Die<br />

Wilo Gruppe trägt mit ihren innovativen Pumpen und Pumpensystemen dazu bei, Städte zu<br />

Smart Urban Areas zu entwickeln, um das Leben und Arbeiten dort zukunftsfähig zu gestalten.<br />

Von Ricarda-Marie Pomper, Head of Corporate Social Responsibility, Wilo<br />

Green Technology als Chance<br />

New York, Paris, London, Istanbul und<br />

Mumbai haben vor allem eines gemein:<br />

Sie zählen zu den sogenannten<br />

Megacities – also Städte mit extrem<br />

hoher Bevölkerungszahl. Schätzungen<br />

der Vereinten Nationen aus dem Jahr<br />

2018 zufolge gibt es derzeit weltweit<br />

33 solcher Megacities, und es werden<br />

immer mehr. Der rapide Bevölkerungszuwachs<br />

sorgt aber für zunehmende<br />

Herausforderungen bei der städtischen<br />

Infrastruktur. Dazu gehören zum Beispiel<br />

Wohnungsnot und Verkehrschaos.<br />

Doch es gibt noch ganz andere Probleme:<br />

In der nigerianischen Metropole<br />

Lagos beispielsweise ist die Wasser- und<br />

Energieversorgung unzuverlässig, die<br />

ärmeren Bewohner haben keinen Zugang<br />

zu sauberen Sanitäreinrichtungen,<br />

und der Müll landet auf den Straßen.<br />

Anderen Großstädten, vor allem in den<br />

Entwicklungs- und Schwellenländern,<br />

geht es ähnlich.<br />

Der Klimawandel verschärft außerdem<br />

die bereits angespannte Situation: So<br />

drohte der Millionenstadt Kapstadt im<br />

Jahr 2018, das Trinkwasser komplett<br />

auszugehen. Nur mit drastischen Sparmaßnahmen<br />

konnte der „Day Zero“ gerade<br />

noch verhindert werden. Darüber<br />

hinaus befinden sich 90 Prozent der<br />

urbanen Gebiete in der Nähe von Küsten.<br />

Steigt der Meeresspiegel an, sind diese<br />

Regionen besonders gefährdet. Gleichzeitig<br />

tragen die Städte aber auch zum<br />

Klimawandel bei, denn dort fallen etwa<br />

70 bis 75 Prozent der Treibhausgase an.<br />

Die vernetzte Stadt<br />

Um Großstädte zukunftsfähig und<br />

lebenswert zu gestalten, brauchen wir<br />

also dringend nachhaltige Lösungen. Wie<br />

das funktionieren kann, zeigen Smart<br />

Urban Areas. Bei diesem Konzept sind<br />

städtische Infrastrukturen und viele<br />

Lebensbereiche digital und intelligent<br />

miteinander verknüpft. Sie lassen sich<br />

in sechs Zonen mit unterschiedlichen<br />

Bedürfnissen und Funktionen gliedern:<br />

Erholung und Freizeit, Arbeit und<br />

Gewerbe, Wohnraum, Industrie, Transport<br />

und Infrastruktur sowie Landwirtschaft.<br />

104 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Die Wilo Gruppe, einer der weltweit führenden<br />

Anbieter von Pumpen und Pumpensystemen<br />

für die Gebäudetechnik,<br />

die Wasserwirtschaft und die Industrie,<br />

entwickelt für die verschiedenen Anforderungen<br />

passgenaue, energieeffiziente<br />

und smarte Lösungen. Und zwar über<br />

den gesamten Wasserkreislauf hinweg<br />

– von der Rohwasserentnahme über<br />

den Transport bis hin zur Abwasseraufbereitung.<br />

„Mit unseren intelligenten<br />

und vernetzten Lösungen leisten wir<br />

einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung<br />

von Städten hin zu Smart Urban Areas.<br />

Dank des deutlich geringeren Energieverbrauchs<br />

unserer Systeme tragen wir<br />

außerdem dazu bei, den Klimawandel<br />

zu verlangsamen“, sagt Oliver Hermes,<br />

Vorstandsvorsitzender und CEO der Wilo<br />

Gruppe.<br />

Pumpsysteme gegen den Monsun in<br />

Mumbai<br />

Wie so ein Projekt in der Praxis aussieht,<br />

zeigt das Beispiel der Stadt Mumbai in<br />

Indien. Dort leben rund 25 Millionen<br />

Menschen. Mumbai ist das wirtschaftliche<br />

Zentrum Indiens und der wichtigste<br />

Hafen des Landes. Weil die Stadt in den<br />

Tropen liegt, fallen dort 95 Prozent der<br />

Wasserniederschläge in gerade einmal<br />

vier Monaten. Um während des Sommermonsuns<br />

Überschwemmungen zu<br />

verhindern, hat Mumbai als bisher einzige<br />

Stadt Indiens Sturm-Pumpstationen<br />

eingerichtet. Diese Pumpwerke sind mit<br />

29 axialen Wilo-Tauchmotorpumpen<br />

ausgestattet. Jede der Pumpen ist sechs<br />

Meter hoch und kann pro Sekunde etwa<br />

6.000 Liter Wasser abpumpen. Sind die<br />

Wasserstände zu hoch, lassen diese<br />

Pumpstationen das Wasser aus einem<br />

Abfluss oder einem Wasserarm ins Meer<br />

ab. Zeitgleich verhindern automatisierte<br />

Fluttore, dass das Meerwasser in die Stadt<br />

eindringt. „Unsere axiale Tauchmotorpumpe<br />

war die optimale Lösung für die<br />

Anforderungen innerhalb des Projekts“,<br />

erklärt Rajesh Unde von Wilo India. „Ihr<br />

Eigengewicht sorgt für einen selbstzentrierenden<br />

Sitz in der Entladungsröhre<br />

und trotz ihrer Größe ist sie einfach zu<br />

installieren."<br />

Das Narmada-Malwa Gambhir Link<br />

Projekt<br />

Doch während die einen zu viel Wasser<br />

haben, kämpfen andere mit Trockenheit.<br />

So wie in der indischen Zentralprovinz<br />

Madhya Pradesh. Mit Unterstützung<br />

der Regierung und weiteren Partnern<br />

vor Ort setzte Wilo India in der Region<br />

ein Projekt zur Bewässerung von<br />

insgesamt 50.000 Hektar Land um.<br />

36 hocheffiziente Rohrgehäusepumpen<br />

(Vertical Turbine Pumps) transportieren<br />

nun Wasser über 500 Höhenmeter und<br />

durch ein Leitungsnetzwerk von etwa<br />

600 Kilometern. Das Projekt ermöglicht<br />

der Bevölkerung eine nachhaltige Einkommensquelle<br />

durch Landwirtschaft<br />

sowie Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />

in rund 158 Dörfern. „Wilo verbessert<br />

dadurch die Lebensbedingungen in der<br />

Zentralprovinz Indien. Mit modernster<br />

deutscher Ingenieurtechnik bieten wir<br />

nachhaltige Lösungen im Bereich der Bewässerung<br />

und Trinkwasserversorgung",<br />

sagt Hemant Watve, Leiter Wilo India.<br />

Klimaschutz in der DNA<br />

Als Erfinder der ersten Hocheffizienzpumpe<br />

haben Nachhaltigkeit und Klimaschutz<br />

bei Wilo seit jeher Priorität.<br />

Energie- und Ressourceneffizienz sind<br />

dabei unabdingbar. Die Pumpen des<br />

Unternehmens tragen dazu bei, Menschen<br />

auf der ganzen Welt auf intelligente,<br />

effiziente und klimafreundliche<br />

Weise mit Wasser zu versorgen. Darüber<br />

hinaus hat sich die Wilo Gruppe zum<br />

Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2025 mindestens<br />

hundert Millionen Menschen den<br />

Zugang zu sauberem Trinkwasser zu<br />

ermöglichen.<br />

Mit den Projekten in Indien sowie den<br />

innovativen Lösungen für Smart Urban<br />

Areas verbessert Wilo aber nicht nur<br />

weltweit die Versorgung und das Leben<br />

in den Städten und auf dem Land, sondern<br />

trägt auch zur Erfüllung der UN-<br />

Nachhaltigkeitsziele bei. Das sind unter<br />

anderem SDG 6 (Sauberes Wasser und<br />

Sanitäreinrichtungen), SDG 9 (Industrie,<br />

Innovation und Infrastruktur), SDG 11<br />

(Nachhaltige Städte und Gemeinden)<br />

sowie SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz).<br />

„Die Arbeit mit den kostbaren<br />

Ressourcen Wasser und Energie sowie<br />

der Umgang mit dem zu schützenden<br />

Klima setzen nachhaltiges Denken und<br />

Handeln voraus. Dies ist bei Wilo fest in<br />

der Unternehmenskultur verankert“, so<br />

Vorstandsvorsitzender Oliver Hermes.<br />

Weniger Stromverbrauch dank effizienter<br />

Systeme<br />

Realistische Schätzungen gehen derzeit davon aus, dass Pumpen etwa zehn<br />

Prozent des globalen elektrischen Energieverbrauchs ausmachen. Kein Wunder,<br />

denn ein Großteil der eingesetzten Pumpen ist veraltet und ineffizient. Tauscht<br />

man diese gegen moderne Hocheffizienzpumpen der neuesten Generation aus,<br />

kann man weltweit bis zu 246 Terrawattstunden Strom sparen. Das ist in etwa<br />

mit der Leistung von 80 Kohlekraftwerken vergleichbar.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

105


BEST PRACTICE<br />

„Demokratische Werte sind<br />

unsterblich“ – warum wir<br />

Haltung zeigen<br />

Nicht zuletzt durch einen erstarkenden Rechtspopulismus und die daran anschließenden öffentlichen<br />

Diskussionen wird immer häufiger die Frage nach der gesellschaftspolitischen Haltung<br />

von Unternehmen gefragt: Darf sich ein Unternehmen eindeutig positionieren? Unsere klare<br />

Antwort: Es darf nicht nur, es muss es sogar! Unternehmen im Jahr <strong>2020</strong> müssen Flagge zeigen:<br />

aus sozialer und unternehmerischer Verantwortung. Deshalb engagiert sich Wintershall Dea<br />

aktiv für eine tolerante, vielfältige Gesellschaft und fördert eine offene Unternehmenskultur.<br />

Von Mario Mehren, Vorstandsvorsitzender der Wintershall Dea<br />

Demonstranten bepöbeln lautstark Passanten,<br />

reißen ihre Arme zum Hitlergruß<br />

hoch, greifen Menschen mit Migrationshintergrund<br />

tätlich an. Der Hass gegen<br />

Andersdenkende, Andersaussehende und<br />

Andersglaubende wird sprichwörtlich auf<br />

die Straße getragen. Mitten in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Als ich im Spätsommer 2018 die<br />

Bilder aus Chemnitz in den Nachrichten<br />

sah, fragte ich mich entsetzt: Was ist<br />

da los? Wie konnte es soweit kommen?<br />

Und im nächsten Moment: Was kann<br />

ich dieser offenen Verachtung demokratischer<br />

Werte, dieser fremdenfeindlichen<br />

Hetze, diesem unverblümten Rassismus<br />

entgegensetzen? Diese Frage beschäftigte<br />

mich als Mensch, als Vater, und als Vorstandsvorsitzenden<br />

eines international<br />

aufgestellten Unternehmens.<br />

„Offen für Vielfalt – Geschlossen<br />

gegen Ausgrenzung“<br />

Die Wurzeln von Wintershall Dea liegen<br />

in Kassel und Hamburg, aber unser Geschäft<br />

ist international. Als Unternehmen<br />

profitieren wir von der <strong>Global</strong>isierung,<br />

von offenen Grenzen und von Migration.<br />

Meine Kolleginnen und Kollegen kommen<br />

aus 50 verschiedenen Ländern, im<br />

Unternehmen sprechen wir 60 Sprachen.<br />

Diese Vielfalt ist für uns ein unternehmerischer<br />

Erfolgsfaktor und das Fundament<br />

unserer offenen und wertschätzenden<br />

Unternehmenskultur. Deshalb setzen wir<br />

uns für Toleranz und gesellschaftliche<br />

Rahmenbedingungen ein, die verbinden,<br />

anstatt zu trennen:<br />

Im September 2018 haben wir mit vier<br />

weiteren, in Kassel ansässigen Unternehmen<br />

die Initiative „Offen für Vielfalt<br />

– Geschlossen gegen Ausgrenzung“ gegründet.<br />

Unter dem Dach der Initiative<br />

engagieren sich aktuell rund 30 Unternehmen,<br />

Organisationen und Vereine<br />

aus der Stadt und der Region Kassel.<br />

Gemeinsam setzen wir uns mittlerweile<br />

in ganz Nordhessen für Vielfalt in all<br />

ihren Dimensionen sowie gegen jegliche<br />

Ausgrenzung von Menschen in der<br />

Gesellschaft und Arbeitswelt ein. Alle<br />

Mitglieder sind der festen Überzeugung,<br />

dass eine offene und Vielfalt lebende<br />

Gesellschaft nicht nur die Grundlage für<br />

ein friedfertiges Zusammenleben darstellt,<br />

sondern auch immanent wichtig<br />

für unseren wirtschaftlichen Erfolg ist.<br />

Die Aktionen und Veranstaltungen von<br />

„Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen<br />

Ausgrenzung“ erreichten im vergangenen<br />

Jahr mehr als 100.000 Menschen.<br />

Allein über 10.000 Bürgerinnen und<br />

Bürger nutzen die kostenlosen Kampagnen-Türschilder<br />

mit der Aufschrift<br />

„Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen<br />

Ausgrenzung“ und setzen damit täglich<br />

ein deutliches Statement für Toleranz<br />

und ein friedliches Miteinander. Die<br />

Initiative stärkt und fördert insbesondere<br />

die Multiplikatoren vor Ort. Deshalb<br />

vergibt „Offen für Vielfalt“ jährlich den<br />

mit insgesamt 30.000 Euro dotierten<br />

„Vielfalt-Verstärker“-Preis an gemeinnützige<br />

Projekte, Organisationen und Vereine,<br />

die sich unermüdlich für eine bunte,<br />

lebenswerte und demokratische Region<br />

Kassel einsetzen.<br />

Kampagne zum Andenken an<br />

Walter Lübcke<br />

Wie wichtig dieses Engagement für eine<br />

aktive, gelebte Demokratie ist, hat die<br />

Ermordung von Dr. Walter Lübcke im<br />

vergangenen Jahr schmerzlich gezeigt.<br />

Der damalige Kasseler Regierungsprä-<br />

106 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


sident hatte sich auf dem Höhepunkt<br />

der Migrationskrise 2015 immer wieder<br />

wortstark für bei uns Schutz suchende<br />

Geflüchtete eingesetzt. Damit wurde<br />

er zur Hassfigur der extremen Rechten.<br />

Lübcke bezahlte sein leidenschaftliches<br />

Engagement für Toleranz mit dem Leben.<br />

Um Dr. Walter Lübckes Andenken lebendig<br />

zu halten und daran zu erinnern, wie<br />

wichtig es ist, dass jede und jeder selbst<br />

aktiv wird, hat „Offen für Vielfalt“ die<br />

Kampagne „Demokratische Werte sind<br />

unsterblich“ ins Leben gerufen.<br />

Zwar konnten aufgrund der Coronapandemie<br />

nicht alle geplanten Aktionen<br />

stattfinden. Dennoch haben die Bürgerinnen<br />

und Bürger in Nordhessen ihre<br />

Unterstützung für die Aktion bekundet<br />

und bei einer großen Mitmachaktion ein<br />

im wahrsten Sinne des Wortes sichtbares<br />

Zeichen gegen Hass und Intoleranz<br />

gesetzt: Indem sie eine Zeitungsanzeige<br />

mit der ebenso bewegenden wie klaren<br />

Botschaft „Demokratische Werte sind<br />

unsterblich“ ausschneiden und sichtbar<br />

an ein Fenster ihres Geschäftes oder<br />

Wohnhauses hängen konnten. Begleitet<br />

wurde die Kampagne von einer groß<br />

angelegten Plakat- und Anzeigenkampagne,<br />

von mehreren Veranstaltungen,<br />

u.a. einer Online-Diskussion mit<br />

der Bundesjustizministerin Christine<br />

Lambrecht, und einer umfassenden<br />

Kommunikation in den sozialen Medien.<br />

Insgesamt hat die Kampagne über eine<br />

Million Menschen erreicht und gezeigt,<br />

dass es bei uns keinen Platz für Fremdenfeindlichkeit<br />

gibt.<br />

Practice what you preach:<br />

Vielfalt im Unternehmen leben<br />

Das Engagement für eine tolerante, vielfältige<br />

und offene Gesellschaft endet dabei<br />

keineswegs an unseren Bürotüren.<br />

Wir sind fest davon überzeugt, dass die<br />

unterschiedlichen kulturellen Hintergründe,<br />

Erfahrungen und Denkweisen<br />

unserer Kolleginnen und Kollegen nicht<br />

nur zu einem inspirierenden und kreativen<br />

Arbeitsklima, sondern auch zu<br />

einem langfristigen Unternehmenserfolg<br />

beitragen. Das spiegelt sich in unserem<br />

Diversity-Ansatz wider.<br />

Wir haben Vielfalt bei Wintershall Dea<br />

zu einem zentralen Grundsatz unserer<br />

Führungsphilosophie gemacht. Denn wir<br />

sehen es in unserer täglichen Arbeit: die<br />

Projekte werden komplexer, die Teams<br />

internationaler und heterogener. Gerade<br />

im kompetenten Umgang mit dieser Vielfalt<br />

liegt der Schlüssel für eine moderne,<br />

wertschätzende Unternehmenskultur, in<br />

der sich alle Kolleginnen und Kollegen<br />

einbringen können. Unser umfassendes<br />

Diversity Management und eine Diversity<br />

Managerin sorgen für eine systematische<br />

und strategische Weiterentwicklung unserer<br />

Diversity-Maßnahmen. Wir sind<br />

Unterzeichner der „Charta der Vielfalt“,<br />

die das Thema Diversity in der Arbeitswelt<br />

fördert. Und wir leben ein Diversity<br />

Mindset. Wir möchten ausdrücklich, dass<br />

unsere 2.800 Kolleginnen und Kollegen<br />

mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen,<br />

Fähigkeiten und Sichtweisen offen und<br />

integrativ zusammenarbeiten. Nur so<br />

kann Kreativität gedeihen und Teamwork<br />

funktionieren. Dies haben wir nicht zuletzt<br />

in einer Betriebsvereinbarung festgehalten,<br />

die wir wortgleich gemeinsam<br />

mit fünf anderen großen Arbeitgebern in<br />

Nordhessen und mit ihren Betriebsräten<br />

abgeschlossen haben. Die Vereinbarung<br />

mit dem Titel „Partnerschaftliches Verhalten<br />

am Arbeitsplatz“, die für rund<br />

160.000 Beschäftigte in <strong>Deutschland</strong> gilt,<br />

wendet sich gegen fremdenfeindliche<br />

Äußerungen, intolerantes Verhalten und<br />

die Verwendung entsprechender Symbole.<br />

Damit signalisieren wir klar: Respektlosigkeit,<br />

Diskriminierung und Extremismus<br />

haben in unserem Arbeitsumfeld nichts<br />

zu suchen.<br />

Unternehmen als Teil der<br />

Gesellschaft tragen politische<br />

Verantwortung<br />

Unternehmen sind unzweifelhaft Teil<br />

der Gesellschaft. Als Corporate Citizens<br />

stehen sie in der Verantwortung, zu gesellschaftlich<br />

relevanten Themen Stellung<br />

zu beziehen. Für uns heißt das:<br />

Politisch eine klare Haltung zu zeigen, für<br />

Vielfalt einzutreten und demokratische<br />

Werte mit Leben zu füllen. Das ist eine<br />

tägliche Herausforderung. Es bedeutet,<br />

ausgetretene Pfade zu verlassen, sich aus<br />

der berühmten Komfortzone zu bewegen<br />

und auch dahinzugehen, wo es wehtun<br />

kann. Doch der Einsatz lohnt sich, denn<br />

ich bin fest davon überzeugt: Nur wer die<br />

Kraft der Vielfalt zu nutzen weiß, kann<br />

einen wirkungsvollen Beitrag zu einer<br />

pluralistischen Gesellschaft leisten, ist innovativ,<br />

wettbewerbsfähig und wirtschaftlich<br />

erfolgreich. Heute und in Zukunft.<br />

Mit einer Plakataktion<br />

erinnerte die Initiative<br />

„Offen für Vielfalt“ an<br />

den ermordeten Kasseler<br />

Regierungspräsidenten<br />

Walter Lübcke.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

107


BEST PRACTICE<br />

Digitale Lösungen für eine<br />

bessere Zukunft<br />

Im Einklang mit unserer Zielsetzung, das Leben der Menschen und die Abläufe der weltweiten<br />

Wirtschaft zu verbessern, unterstützen wir bei SAP die UN Ziele für Nachhaltige Entwicklung<br />

(SDGs) seit ihrer Einführung im Jahr 2015.<br />

Von Christine Susanne Müller, Director <strong>Global</strong> Sustainability Transformation and Change Management, SAP<br />

Wir sind überzeugt, dass digitale Technologien<br />

einen entscheidenden Beitrag zum<br />

Erreichen der SDGs spielen können. Da<br />

unsere Lösungen und Dienstleistungen<br />

an 77 Prozent der weltweiten Transaktionsumsätze<br />

in über 25 Branchen beteiligt<br />

sind, können wir mit unserer Reichweite<br />

Kunden dabei helfen, zu nahezu allen 17<br />

UN-Zielen beizutragen. Eine Studie der<br />

<strong>Global</strong> e-Sustainability Initiative fand<br />

zudem heraus, dass mehr als die Hälfte<br />

der 169 Unterziele der SDGs nur mit Hilfe<br />

digitaler Technologien erreicht werden<br />

können. Um das Bewusstsein für dieses<br />

große Potenzial zu stärken, haben wir<br />

das Web Book „SAP & UN <strong>Global</strong> Goals“<br />

(www.sap.com/unglobalgoals) veröffentlicht,<br />

in dem wir konkrete Beispiele für<br />

die Nutzung von IT zur Umsetzung der<br />

SDGs aufzeigen.<br />

Unser Ziel ist es, mit gutem<br />

Beispiel voranzugehen und unsere<br />

eigenen Geschäftsprozesse<br />

nachhaltig auszurichten.<br />

Dennoch liegt unser größter Hebel<br />

darin, digitale Produkte und<br />

Dienstleistungen zu liefern,<br />

die unsere mehr als<br />

400.000 Kunden dabei<br />

unterstützen, einen positiven<br />

Beitrag zu den SDGs zu leisten,<br />

inklusiven und nachhaltigen Wirtschaft<br />

beitragen können: Lösungen für Kreislaufwirtschaft<br />

(engl. circular economy)<br />

und Klimaschutz.<br />

Daten und Analysen, um das Klima<br />

zu schützen<br />

Wir unterstützen mit unserer Software<br />

Kunden dabei, ihre Nachhaltigkeitsziele<br />

zu erreichen. Mit der Initiative<br />

Climate 21 verfolgen wir das Ziel, Nachhaltigkeitsmetriken<br />

durchgehend und<br />

gesamtheitlich in unsere analytischen<br />

und transaktionalen Anwendungen<br />

einzubinden. Das CO 2<br />

-Tracking ist ein<br />

wichtiger Aspekt der Initiative und<br />

hilft Kunden, den CO 2<br />

-Fußabdruck ihrer<br />

Produkte und Prozesse transparent<br />

zu machen, zu analysieren und zu minimieren.<br />

Eines der ersten Unternehmen, das die<br />

neuen Funktionalitäten und Vorzüge<br />

von Climate 21 nutzt, ist Döhler, führender<br />

Lieferant von natürlichen Inhaltsstoffen<br />

für die Lebensmittel- und<br />

Getränkeindustrie. Im Mai <strong>2020</strong> startete<br />

das Projekt mit einem Pilot-Produkt und<br />

ermöglicht es dem Lebensmittelunternehmen,<br />

die dazugehörigen Emissionen<br />

bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen.<br />

Auch wir bei SAP nutzen Daten, um den<br />

Fortschritt unserer 1,5°C wissenschaftsbasierten<br />

Klimaziele zu verfolgen. Dazu<br />

gehört, bis 2025 in unseren Geschäftsprozessen<br />

CO 2<br />

-neutral zu sein. Unser<br />

internes Nachhaltigkeits-Dashboard lässt<br />

uns außerdem unsere Umweltperformance<br />

verfolgen, was besonders für<br />

unsere aktuell über 50 Standorte mit<br />

sagt Chief Sustainability Officer Daniel Schmid.<br />

Mit beinahe 50 Jahren Erfahrung im<br />

Bereich Ressourcenoptimierung, fokussieren<br />

wir uns besonders auf die Bereiche,<br />

in denen wir am effektivsten zu einer<br />

Chief Sustainability<br />

Officer Daniel Schmid<br />

108 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ISO 14001 zertifiziertem Umweltmanagementsystem<br />

wichtig ist.<br />

Der Zuwachs in unserem Cloud-Geschäft<br />

bedeutet außerdem, dass unser Augenmerk<br />

für Maßnahmen zur CO 2<br />

-Reduktion<br />

nun besonders auf den energieintensiven<br />

Rechenzentren liegt. Wir haben<br />

Initiativen eingeführt, die die Effizienz<br />

und Innovationen rund um Gebäude,<br />

Datenzentren, Betriebe und Infrastruktur<br />

vorantreiben, um eine „Green Cloud“-<br />

Plattform zu schaffen, die zu 100 Prozent<br />

mit Regenerativstrom betrieben wird.<br />

Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft<br />

Bisher werden nur 8,6 Prozent der<br />

Wertstoffe aus weltweiten Produktionen<br />

wiederverwendet. Um jedoch eine<br />

Weltwirtschaft zu schaffen, von der<br />

alle gleichermaßen profitieren ohne<br />

die Ressourcenkapazität unserer Erde<br />

auszuschöpfen, ist ein inklusives, zirkuläres<br />

Wirtschaftssystem unumgänglich.<br />

Wir arbeiten hieran mit globalen<br />

Unternehmen und Gesetzgebern, wie<br />

auch mit führenden Organisationen, z.B.<br />

der <strong>Global</strong> Plastic Action Partnership des<br />

World Economic Forums, zusammen.<br />

Dies beinhaltet beispielsweise, die Lieferkettentransparenz<br />

zu steigern und<br />

neue Möglichkeiten zu finden, die es erlauben,<br />

besser für Zirkularität geeignete<br />

Produkte zu entwickeln und zu liefern.<br />

Eine große Herausforderung ist es, die<br />

Menge an Plastik zu reduzieren, die in<br />

unsere Ozeane gelangt. Die SAP Plastics<br />

Cloud Initiative ermöglicht es Unternehmen,<br />

rasch von Einwegplastikverpackung<br />

zu nachhaltigen Alternativen<br />

zu wechseln, in die Infrastruktur für<br />

Materialsammlung und Sortierung zu investieren<br />

und ein besseres Konsumentenerlebnis<br />

zu gewährleiten. Intern haben<br />

wir uns das Ziel gesetzt, Einwegplastik<br />

aus den eigenen Geschäftsprozessen bis<br />

zum Ende des Jahres <strong>2020</strong> zu entfernen.<br />

Lebensumstände verbessern<br />

Transparenz und Nachverfolgbarkeit<br />

in Lieferketten sind essentiell, um den<br />

ökologischen Fußabdruck von Produkten<br />

innerhalb globaler Lieferketten zu reduzieren,<br />

angemessene, menschenwürdige<br />

Arbeit sicherzustellen und Ungleichheiten<br />

zu reduzieren. SAP Ariba Lösungen<br />

helfen unter anderem dabei, Zwangs- und<br />

Kinderarbeit zu identifizieren und zu unterbinden<br />

sowie die Vielfalt der Zulieferer<br />

zu erhöhen und Sozialunternehmen in<br />

die Lieferketten aufzunehmen.<br />

Ein weiteres Beispiel ist die SAP Rural<br />

Sourcing Management Lösung, die in<br />

Zusammenarbeit mit der GIZ Millionen<br />

von kleinen Landwirtschaftsbetrieben<br />

und Lieferant*innen in ländlichen Regionen<br />

mit den Lieferketten globaler<br />

Unternehmen verbindet und ihre Teilhabe<br />

steigert.<br />

Inklusion digital stärken<br />

Unsere Projekte zum Jugendunternehmertum<br />

und Initiativen zu digitalen<br />

Fertigkeiten – wie beispielsweise Africa<br />

Code Week oder unsere Partnerschaft<br />

mit UNICEF, die sich auf globale Arbeitskräfteinklusion<br />

fokussiert – haben<br />

mehr als 4,5 Millionen junge Leute in<br />

105 Ländern erreicht.<br />

Seit Beginn der Covid-19-Krise sind<br />

digitale Lösungen noch wichtiger geworden.<br />

Beispielsweise haben wir eine<br />

neue digitale Lerninitiative lanciert, die<br />

verhindern soll, dass Bildung durch die<br />

aktuelle Situation in Mitleidenschaft<br />

gerät. Außerdem war schnell klar, dass<br />

ein Eindämmen des Virus nur möglich<br />

ist, wenn die Infektionskette<br />

„<br />

nachverfolgt<br />

und möglichst kurz gehalten<br />

werden kann. Daher begannen wir in<br />

Zusammenarbeit mit der Deutschen<br />

Telekom schon früh mit der Entwicklung<br />

einer Corona-Warn-App. Im Mai<br />

wurde diese schließlich veröffentlicht<br />

und informiert die mehr als 18 Mio.<br />

Nutzer über potenzielle Kontakte mit<br />

einer infizierten Person und ob ein<br />

Ansteckungsrisiko besteht.<br />

Gemeinsam weiter gehen<br />

Die Herausforderungen,<br />

denen wir uns aktuell stellen,<br />

sind größer und komplexer als je<br />

zuvor. Wir wissen, dass<br />

Zusammenarbeit und<br />

systemische Veränderungen<br />

essenziell sind, um die sozialen und<br />

ökologischen Probleme der Welt<br />

anzupacken. Deshalb arbeiten wir<br />

mit Kunden, Regierungen und<br />

NGOs auf der ganzen Welt<br />

zusammen und setzen uns für<br />

praktische Problemlösung ein,<br />

sagt Chief Sustainability Officer Daniel Schmid.<br />

Dies beinhaltet Engagement mit UN-Einrichtungen<br />

wie dem UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>,<br />

UNICEF, der Ellen MacArthur Foundation<br />

und der Value Balancing Alliance.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

109


BEST PRACTICE<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

:<br />

Mit Digitalisierung zur<br />

Klimaneutralität<br />

Die Telekommunikationsbranche spielt eine Schlüsselrolle in der Bekämpfung des Klimawandels.<br />

Denn Unternehmen und Menschen nutzen die Infrastruktur von Telefónica mit seiner<br />

Kernmarke O 2<br />

in <strong>Deutschland</strong> auch, um ihre nachhaltigen digitalen Geschäftsmodelle und Anwendungen<br />

zu verwirklichen und so die Umwelt zu schonen. Umso wichtiger ist es, dass sie sich<br />

dabei auf ein „grünes“ Telekommunikationsnetz verlassen können. Deshalb bewältigt<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> die mit der Digitalisierung einhergehenden steigenden Datenvolumen<br />

mit immer höherer Stromeffizienz und will die Qualität des genutzten 100prozentigen<br />

Grünstroms steigern. Dies sind zwei wichtige Bausteine für das Unternehmen, um spätestens<br />

2025 klimaneutral zu sein beziehungsweise Netto Null Emissionen zu erreichen.<br />

Von Tanja Laube, Corporate Communications, Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

Mit Mobilfunk und Digitalisierung<br />

Treibhausgas Emissionen senken<br />

Das Potenzial digitaler Technologien<br />

für den Klimaschutz ist groß. Laut Bitkom<br />

lassen sich dank Digitalisierung<br />

in <strong>Deutschland</strong> im Jahr 2030 bis zu<br />

37 Prozent der Treibhausgas-Emissionen<br />

einsparen. Das kommt beispielsweise den<br />

Bereichen Energieversorgung, Mobilität<br />

und Industrie zu Gute.<br />

Fast 43 Prozent des deutschen Stromverbrauchs<br />

wurden 2019 mit erneuerbaren<br />

Energien gedeckt. Die immer stärkere<br />

dezentrale Energieerzeugung stellt<br />

Energienetzbetreiber und -versorger vor<br />

große Herausforderungen. Immer mehr<br />

Quellen für erneuerbare Energie müssen<br />

über Telekommunikationsnetzwerke<br />

überwacht und Stromflüsse gesteuert<br />

werden. Nur durch die Verbindung<br />

mit Telekommunikationsleistungen<br />

werden die Stromnetze zu Smart Grids.<br />

Sie ermöglichen es, dass der Strom an<br />

verschiedenen Orten gespeichert oder<br />

verbraucht wird und das Stromnetz dennoch<br />

stabil bleibt.<br />

Menschen nutzen Telekommunikationslösungen<br />

und helfen so das Verkehrsaufkommen<br />

zu reduzieren. Mit Videokonferenzen<br />

statt Präsenzmeetings und<br />

Virtual Reality statt Messebesuch werden<br />

Geschäftsreisen ersetzt. Wer dennoch<br />

unterwegs ist, kann die eigene Mobilität<br />

über den Mobilfunk und die intelligente<br />

Verknüpfung der unterschiedlichen<br />

Verkehrsträger optimieren oder Sharing-<br />

Dienste nutzen. Reisende profitieren<br />

von anonymisierten Mobilfunkdaten<br />

zur Berechnung von Verkehrsströmen.<br />

Dadurch werden Staus verringert, CO 2<br />

-<br />

Emissionen gesenkt und Fahrpläne sowie<br />

Fuhrparkkapazitäten im öffentlichen<br />

Bereich optimiert. Auch in der intermodalen<br />

Logistik (See, Luft, Straße) und<br />

Warenwirtschaft werden Warenströme<br />

noch präziser gesteuert, um etwa Leerfahrten<br />

zu vermeiden.<br />

In der Industrieproduktion werden<br />

Maschinen mit Maschinen über den<br />

Mobilfunk vernetzt. Internet-of-Things-<br />

Lösungen und Sensorik optimieren<br />

Produktionsabläufe. Dies bietet ein<br />

enormes Potenzial zur Senkung der<br />

CO 2<br />

-Emissionen. Denn vernetzte Maschinen<br />

arbeiten reibungslos miteinander<br />

und produzieren weniger Ausschuss.<br />

Eventuelle Störungen können frühzeitig<br />

durch vorausschauende Instandhaltung<br />

vermieden werden – all das wird unter<br />

dem Stichwort „Predictive Maintenance“<br />

entwickelt. Zudem können Maschinen<br />

in Leerzeiten automatisiert abgeschaltet<br />

und deren Lebensdauer kann verlängert<br />

werden.<br />

Klimaneutral 2025: mit Stromeffizienz<br />

in einem „grünen Netz“<br />

Digitalisierung und Mobilfunk gehören<br />

zu den treibenden Kräften des nächsten<br />

Jahrzehnts. Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

setzt sich dafür ein, dass dieser Fort-<br />

110 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


schritt auch zur Begrenzung der globalen<br />

Erderwärmung auf sicher unter 1,5<br />

Grad Celsius beiträgt. Deshalb arbeitet<br />

es konsequent daran, die mit der Digitalisierung<br />

einhergehenden steigenden<br />

Datenvolumen im eigenen Telekommunikationsnetzwerk<br />

mit immer weniger<br />

Strom pro Byte zu bewältigen sowie die<br />

Qualität des genutzten 100prozentigen<br />

Grünstroms zu steigern. So kann das<br />

Unternehmen ein „grünes Netz“ bieten.<br />

Die Stromeffizienz im Netz wird dank<br />

neuester Mobilfunkstandards und technischer<br />

Modernisierungen deutlich steigen.<br />

Ziel des Unternehmens ist es, bis<br />

2025 im Vergleich zu 2015 82 Prozent<br />

weniger Strom pro Byte zu verbrauchen.<br />

Zentral für die Steigerung der Stromeffizienz<br />

sind vor allem die geplante<br />

3G Abschaltung, der 4G Ausbau, die 5G<br />

Einführung und Modernisierungen in<br />

Rechenzentren. Denn mit jeder neuen<br />

Mobilfunkgeneration steigt die Stromeffizienz.<br />

5G verbraucht bis zu 90 Prozent<br />

weniger Strom pro Byte als 4G.<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

kauft bereits<br />

seit 2016 zu 100 Prozent Strom<br />

aus erneuerbaren Energien ein. Seit<br />

2021 bestreitet das Unternehmen den<br />

Gesamtstromverbrauch mit Grünstrom,<br />

indem es für die wenigen Bereiche, in<br />

denen es bisher nicht die Einkaufshoheit<br />

für den Strom hatte, etwa O 2<br />

Shops in<br />

Einkaufszentren, Herkunftsnachweise<br />

bezieht.<br />

Darüber hinaus plant das Unternehmen<br />

mit sogenannten Power Purchase<br />

Agreements, die Qualität des genutzten<br />

Grünstroms zu steigern. Diese direkten,<br />

langfristigen Stromabnahmeverträge mit<br />

Energieerzeugern erlauben es diesen,<br />

beispielsweise Windräder oder andere<br />

alternative Energiequellen für Telefónica<br />

<strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

zu betreiben. Außerdem<br />

prüft das Unternehmen Möglichkeiten,<br />

eigenen Strom aus erneuerbaren Energien<br />

zu produzieren. Ab 2021 sollen<br />

geeignete Mobilfunkstandorte mit Photovoltaikanlagen<br />

ausgestattet werden.<br />

Telefónica <strong>Deutschland</strong> / O 2<br />

hat sich bereits<br />

frühzeitig das Ziel gesetzt, ihre<br />

CO 2<br />

-Emissionen bis 2030 im Vergleich<br />

zu 2019 um mehr als 90 Prozent zu<br />

senken. 2019 betrugen die CO 2<br />

-Emissionen<br />

des Unternehmens rund 93.000<br />

Tonnen. Das entspricht den jährlichen<br />

Pro-Kopf-CO 2<br />

-Emissionen von knapp<br />

12.000 Personen in <strong>Deutschland</strong>. An<br />

den Stellen, an denen CO 2<br />

-Emissionen<br />

noch nicht vermeidbar sind, wie etwa<br />

auf notwendigen Geschäftsreisen oder<br />

durch Gebäudeheizungen gemieteter<br />

Flächen, sollen diese in gleicher Höhe<br />

mit Kompensationsprojekten über dem<br />

Marktstandard ausgeglichen werden.<br />

Klimastrategie trägt zur Begrenzung<br />

der globalen Erderwärmung bei<br />

Als Telekommunikationsunternehmen<br />

übernimmt Telefónica <strong>Deutschland</strong><br />

mit seiner Kernmarke O 2<br />

eine zentrale<br />

Rolle im Bestreben zur Begrenzung<br />

der Erderwärmung. Das Unternehmen<br />

wird spätestens 2025 klimaneutral sein<br />

beziehungsweise Netto Null Emissionen<br />

erreichen. Außerdem bietet es seinen<br />

Kunden ein grünes Telekommunikationsnetz<br />

als Trampolin für die Verwirklichung<br />

nachhaltiger Geschäftsmodelle<br />

und Anwendungen. Damit unterstützt<br />

das Unternehmen das Pariser Klimaabkommen<br />

und trägt zum Aktionsbündnis<br />

„Business Ambition for 1.5°C“ bei. Gleichzeitig<br />

leistet es einen wichtigen Beitrag<br />

zu den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs)<br />

und fokussiert in den Klimaaspekten auf<br />

SDG 7 (bezahlbare und saubere Energie),<br />

SDG 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur),<br />

SDG 12 (nachhaltiger Konsum<br />

und nachhaltige Produktion) sowie SDG<br />

13 (Maßnahmen zum Klimaschutz).<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

111


BEST PRACTICE<br />

ESG-Stresstest: Wie resilient<br />

sind Ihre Lieferketten?<br />

Klimawandel, Corona, Krisenherde – Lieferketten stehen immer öfter unter Stress. Dabei beruht<br />

unsere globalisierte Weltwirtschaft auf dem reibungslosen Zusammenspiel von komplexen,<br />

arbeitsteiligen Prozessen. Der ESG-Stresstest hilft, das gesamte Spektrum der Umwelt-, Sozialund<br />

Governance-bezogenen Risiken zu verstehen und diese effektiver zu managen.<br />

Von Dr. Elmer Lenzen, Geschäftsführer, macondo publishing<br />

Extreme Wetterereignisse, unsägliche<br />

Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und<br />

andere Menschenrechtsverletzungen, der<br />

Einsatz gesundheitsgefährdender Substanzen,<br />

Verbandsklagen, Reputationsschäden<br />

etc. – Nachhaltigkeit ist schon lange kein<br />

Nischenthema mehr. War es vor einigen<br />

Jahren nur eines unter vielen Punkten bei<br />

Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen,<br />

so beherrscht es immer öfter die Agenda.<br />

Wie real und global die Auswirkungen<br />

auf das Alltagsgeschäft sind, zeigt der<br />

jährliche <strong>Global</strong> Risks Report des Weltwirtschaftsforums<br />

in Davos.<br />

In einer globalisierten Welt mit hochkomplexen<br />

Produktionsebenen wird<br />

die Einhaltung dieser ESG-Kriterien für<br />

jedes Unternehmen immer anspruchsvoller<br />

und gleichzeitig kritischer: Je mehr<br />

Produktionsschritte und -prozesse in<br />

die Lieferketten verlagert werden, desto<br />

mehr werden Risiken ausgelagert. Digitalisierung<br />

und politische Unsicherheiten<br />

verschärfen diese Entwicklung.<br />

Für europäische Unternehmen liegen<br />

die größten Risiken dabei in ihren vorgelagerten<br />

Wertschöpfungsketten. Kein<br />

Wunder, dass Gesetzgeber, Investoren,<br />

Konsumenten und Einkäufer in Unternehmen<br />

heutzutage verstärkt bei Lieferanten<br />

auf die Einhaltung von Umwelt-,<br />

Menschen- und Arbeitsrechten sowie<br />

auf Fragen der guten Unternehmensführung<br />

achten. Das deutsche Netzwerk<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> (DGCN) leistet hier<br />

seit Jahren mit seinem Schulungs- und<br />

Qualifizierungsprogramm wichtige Hilfestellung.<br />

In Szenarien denken!<br />

Bisher ist vieles jedoch im Risiko- und<br />

Nachhaltigkeitsmanagement retrospektiv.<br />

Am deutlichsten wird das beim Nachhaltigkeitsbericht.<br />

Ist das Geschäftsjahr<br />

abgeschlossen, beginnt die Berichterstattung<br />

über die zurückliegende Phase. Das<br />

ist ein durchaus wichtiger analytischer<br />

Schritt, aber viele Entwicklungen der<br />

1. Risk management framework 2. Data mining and referent standards<br />

Governance and<br />

culture for<br />

ESG-related risks<br />

Strategy and<br />

objective-setting for<br />

ESG-related risks<br />

Information,<br />

communication,<br />

and reporting for<br />

ESG-related risks<br />

Performance for<br />

ESG-related risks<br />

Review and<br />

revision for ESGrelated<br />

risks<br />

112 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


Gegenwart und der erwartbaren Zukunft<br />

werden viel zu wenig berücksichtigt<br />

geschweige denn bearbeitet.<br />

Wir bei macondo publishing setzen in<br />

unserem Projekt „ESG Stresstest“ deshalb<br />

auf ein proaktives Verständnis von<br />

Nachhaltigkeitsreporting, bei dem wir<br />

von Szenarien ausgehen, entlang derer<br />

Handlungsvarianten und -empfehlungen<br />

erarbeitet werden können. Auch<br />

das Reporting der Kennzahlen wird aus<br />

unserer Sicht in Zukunft mithilfe von<br />

künstlicher Intelligenz und entsprechenden<br />

Algorithmen wesentlich genauer,<br />

vorhersagbarer und damit planbarer.<br />

Wir sind überzeugt: Künftig werden sich<br />

Nachhaltigkeitsberichte viel stärker in<br />

Richtung Echtzeit-Berichte und teilweise<br />

sogar „predictive reporting“ entwickeln.<br />

ESG-Stresstest<br />

Das Arbeiten mit Szenarien hat im Nachhaltigkeitsbereich<br />

durchaus Tradition:<br />

So hat der World Business Council for<br />

Sustainable Development (WBCSD) mit<br />

seiner Vision 2050 bereits die Richtung<br />

aufgezeigt. Die Europäische Zentralbank<br />

wiederum hat mit dem sogenannten<br />

„Banken-Stresstest“ eine bewährte<br />

Methode vorgelegt. Der von macondo<br />

publishing entwickelte ESG-Stresstest<br />

verbindet beide Ansätze: Wir unterstützen<br />

regionale Regierungen oder Unternehmen<br />

mit globalen Lieferketten<br />

dabei, ihre hochkomplexen Lieferketten<br />

anhand von ESG-Kriterien zu testen<br />

und sie dadurch widerstandsfähiger zu<br />

machen. Richtwert sind die 17 <strong>Global</strong><br />

Goals der UN.<br />

Mithilfe von Expert*innen werden für<br />

die jeweiligen Regionen die relevanten<br />

Messdaten (KPIs) zunächst bestimmt und<br />

dann in drei mittelfristigen Szenarien<br />

bewertet. So gibt es für jeden Bereich<br />

mit Blick auf das Jahr 2030 ein best<br />

case-, ein median und ein worst case-<br />

Szenario. Die teilnehmenden Unternehmen<br />

der Lieferketten wiederum werden<br />

entlang der gleichen Messdaten getestet,<br />

die Ergebnisse werden konsolidiert und<br />

mit den Szenarien abgeglichen. So entsteht<br />

nicht ein Bild von der Lieferkette,<br />

sondern je nach Entwicklungspfad drei<br />

Visionen. Nachhaltigkeitsmanagement<br />

oder auch Entwicklungshilfe kann daran<br />

ganz gezielt ansetzen und passgenau<br />

Hilfen für den gewünschten Transformationspfad<br />

geben.<br />

Der ESG-Stresstest ist deshalb eine praktische<br />

Antwort auf die Anforderungen<br />

des Pariser Klimaabkommens und der<br />

UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung<br />

(SDGs). Die technologische Architektur<br />

basiert auf der bewährten Software CSRmanager<br />

– einer umfassenden webbasierten<br />

Lösung für Nachhaltigkeits-,<br />

Klima- und Risikomanagement. Automatisierte<br />

Datenerfassung, Konsolidierung,<br />

Berichterstattung und Verwaltungsfunktionen<br />

machen die Offenlegung und das<br />

Controlling effizient, genau und intuitiv.<br />

Weiteres Vorgehen<br />

Derzeit wird ein erstes Pilotprojekt vorbereitet.<br />

Interessierte Teilnehmer des<br />

DGCN sind darüber hinaus aber herzlich<br />

eingeladen, ihrerseits Vorschläge<br />

einzubringen. Je nach Region und Thema<br />

werden in weiteren Schritten dann<br />

passende Partner aus Zivilgesellschaft,<br />

Forschung, Politik und Verwaltung eingebunden,<br />

um konsistente Szenarien zu<br />

erarbeiten. Zugleich wird damit auch<br />

der technische Grundstein gelegt, um<br />

künftigen Berichtsanforderungen wie<br />

etwa Lieferkettengesetz oder den EU-<br />

Dekarbonisierungsvorgaben in TIER1<br />

und Folgenden zu entsprechen.<br />

3. Projection of scenarios 4. Scenarios<br />

Community<br />

involvement<br />

Discrimination<br />

Human Rights<br />

Employee Rights<br />

Human health and safety<br />

3<br />

Climate Action<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Wages, benefits,<br />

pensions<br />

Affordable and<br />

clean Energy<br />

Sustainable Cities<br />

and<br />

Communities<br />

Peace, Justice, and<br />

strong Institutions<br />

Best case scenario<br />

Average case scenario<br />

Worst case scenario<br />

Measures<br />

Certificate<br />

Capacity<br />

building<br />

+ Infrastructure<br />

Responsible<br />

finance<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

113


BEST PRACTICE<br />

ESG-Fragen gehören ins<br />

Risikomanagement<br />

Viele Unternehmen beschäftigen sich noch nicht ausreichend mit ökologischen und sozialen<br />

Auswirkungen ihrer Produkte und Prozesse. Insbesondere bei Lieferketten liegt vieles im<br />

Argen. Mazars rät deshalb zu einem integrierten Risikomanagement.<br />

Von Kai Michael Beckmann, Sustainability Director, Mazars<br />

Fast anderthalb Jahrzehnte, nachdem<br />

der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in der Publikation<br />

„Who cares wins“ den Begriff ESG<br />

für „Environment, Social, Governance“<br />

geprägt hat, tun sich Unternehmen immer<br />

noch schwer mit der Beachtung von<br />

ESG-Kriterien, die auch als nicht- oder<br />

extra-finanzielle Aspekte bezeichnet<br />

werden. Eine Umfrage im Auftrag von<br />

Mazars aus dem Jahr 2018 unter 15<br />

multinationalen Konzernen mit Sitz in<br />

<strong>Deutschland</strong> ergab, dass diese Fragen<br />

selten weit oben auf deren Agenda der<br />

wichtigen Themen stehen.<br />

Zugleich erwarten aber immer mehr<br />

Stakeholder – vom Gesetzgeber über die<br />

Kapitalmärkte bis hin zu Kunden und<br />

Geschäftspartnern – eine stärkere Beachtung<br />

eben dieser ESG-Auswirkungen<br />

auf betriebliches Handeln. Die Europäische<br />

Union überarbeitet beispielsweise<br />

aktuell ihre „Non-Financial Reporting<br />

Directive“ (hierzulande bekannt als CSR<br />

RUG) dahingehend, dass unter anderem<br />

die Einhaltung menschenrechtlicher<br />

Sorgfalt verpflichtend wird. Die EU-<br />

Finanz-Taxonomie führt wiederum dazu,<br />

dass Nachhaltigkeitsaspekte ins Risikomanagement<br />

von Finanzunternehmen<br />

eingebunden werden müssen.<br />

Mazars unterstützt seine Kunden hierbei<br />

und wirbt dafür, die nicht-finanziellen<br />

Risiken angemessen in einer integrierten<br />

Risikoberichterstattung abzubilden.<br />

Damit leisten wir als internationale<br />

Prüfungs- und Beratungsgesellschaft<br />

zugleich einen Beitrag zur Verwirklichung<br />

der SDGs 8 und 12. Dies betrifft<br />

vor allem Punkte wie die Analyse der<br />

ökologischen und sozialen Fußabdrücke<br />

von Produkten, aber auch die Sicherstellung<br />

fairer, nicht diskriminierender<br />

Arbeitsbedingungen über die gesamte<br />

Wertschöpfungskette hinweg.<br />

ESG-Risiken sind weniger eindeutig<br />

Aber warum tun sich Unternehmen noch<br />

immer schwer mit ESG-Aspekten? Dafür<br />

gibt es verschiedene Gründe. Oft mangelt<br />

es am Bewusstsein dafür, dass die<br />

finanzielle und die nicht-finanzielle<br />

Strategieplanung zusammen gedacht<br />

werden müssen. Das wird besonders<br />

deutlich an der zeitlichen Perspektive,<br />

die oft den im Risikomanagement üblichen<br />

Betrachtungszeitraum von zwei<br />

bis drei Jahren überschreitet. Dabei darf<br />

die Unsicherheit über den Zeitpunkt,<br />

wann ein ESG-Risiko das operative Geschäft<br />

negativ beeinflussen könnte, nicht<br />

dazu führen, dass diese Risiken zunächst<br />

ignoriert werden.<br />

Woran hakt es? Vielen Unternehmen<br />

fehlt oft das Know-how, Risiken, die<br />

sich durchaus über Jahrzehnte hinweg<br />

erstrecken können, quantitativ in die<br />

eher kurz- und mittelfristige Risikoplanung<br />

zu integrieren. Anspruchsvoll ist<br />

es für sie darüber hinaus, die wirklich<br />

relevanten Nachhaltigkeitsrisiken zu<br />

identifizieren. Das liegt nicht zuletzt<br />

daran, dass ESG-Auswirkungen oft über<br />

den direkten Herstellungs- und Vertriebsprozess<br />

der Produkte hinausgehen und<br />

„große“ Themen wie etwa Atomkraft oder<br />

den Einsatz von Herbiziden betreffen.<br />

Dabei werden solche Themen in unterschiedlichen<br />

Kulturen und Regionen<br />

durchaus unterschiedlich bewertet.<br />

Die Transition hin zu einer nachhaltigeren<br />

Unternehmensführung ist somit eine<br />

durchaus komplexe Aufgabe. Was muss<br />

also unternommen werden, um ESG-<br />

Risiken vollständig in die unternehmensweiten<br />

Monitoring- und Kontrollsysteme<br />

zu integrieren? Mazars schlägt vor, die<br />

Beurteilung von Nachhaltigkeitsauswirkungen<br />

als Teil eines integrierten Risikomanagements<br />

zu betrachten. Finanzielle<br />

wie nicht-finanzielle Faktoren sollten<br />

identifiziert und bewertet werden und<br />

die Basis für verantwortungsvolle unternehmerische<br />

Entscheidungen bilden.<br />

Dieses Konzept basiert auf dem Bericht<br />

„Sustainability and enterprise risk management“,<br />

den das „World Business<br />

Council for Sustainable Development”<br />

(WBCSD) gemeinsam mit dem „Committee<br />

of Sponsoring Organizations of<br />

the Treadway Commission” (COSO) 2017<br />

veröffentlicht hat. Eine für den Bericht erstellte<br />

Umfrage ergab, dass die Mehrzahl<br />

der Unternehmen sich bewusst sind, dass<br />

114 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


ESG-Risiken auch finanzielle Auswirkungen<br />

auf ihre Geschäftstätigkeit haben.<br />

Vielen der von WBCSD und COSO befragten<br />

Unternehmen mangelte es aber<br />

noch an Wissen, wie diese Aspekte ins<br />

„Enterprise Risk Management“ (ERM)<br />

übersetzt werden können. Dazu haben<br />

beide Organisationen nun erstmals eine<br />

praxisnahe Anleitung vorgelegt. Beim<br />

ESG-Risikomanagement geht es demnach<br />

darum zu untersuchen, wie sich Risiken<br />

auf die eigenen Geschäftsprozesse<br />

auswirken, die im Zusammenspiel mit<br />

Menschen, Organisationen oder Regionen<br />

in der Lieferkette entstehen. So<br />

haben Produktionsunterbrechungen,<br />

Qualitätsmängel oder Klagen auch bei<br />

nachgelagerten Zulieferern durchaus<br />

konkrete materielle Folgen für die eigene<br />

Risikoplanung. Im integrierten Risikomanagement<br />

müssen also die Monitoringund<br />

Kontrollmechanismen angepasst<br />

und die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten<br />

neu definiert werden, um<br />

die kritischen Faktoren zu identifizieren,<br />

denen sich das Management dann bevorzugt<br />

widmen sollte.<br />

Kommunikation als erster Schritt<br />

Welche Umsetzungsstrategie ist die beste<br />

beim Schritt ins integrierte Risikomanagement?<br />

Unsere Kollegin, Mazars-<br />

Advisory-Services-Partner Bongiwe<br />

Mbunge, nennt als erste und wichtigste<br />

Maßnahme: das Gespräch mit Anspruchsgruppen<br />

– allen voran diejenigen im eigenen<br />

Unternehmen. Gemeinsam sollte<br />

diskutiert werden, was Nachhaltigkeit im<br />

Unternehmenskontext bedeutet und wie<br />

Unternehmenserfolg definiert wird. In<br />

weiteren Etappen sollen dann externe<br />

und interne Stakeholder identifiziert<br />

werden. Außerdem muss erörtert werden,<br />

wie diese in die eigene Nachhaltigkeitsstrategie<br />

integriert und zur Mitwirkung<br />

motiviert werden können.<br />

Bei der konkreten Sammlung von Informationen<br />

und Daten sind Transparenz<br />

und eine hohe Datenqualität ganz besonders<br />

wichtig, betont James Ye, Hong Konger<br />

Mazars-Partner für Risk Management<br />

und Internal Control, am Beispiel der<br />

ökologischen Nachhaltigkeitsplanung.<br />

Erfassungsmethoden müssen, betont er,<br />

verlässlich und nachvollziehbar sein. Sie<br />

sollten außerdem offen für Stakeholder<br />

sein, um einen besseren Überblick über<br />

die ökologischen Auswirkungen der Produktions-,<br />

Vertriebs- und Lieferprozesse<br />

zu erhalten.<br />

Der Aufwand für die Integration von<br />

ESG-Aspekten ins ERM lohnt sich: Unternehmen<br />

erhalten dadurch eine wertvolle<br />

Informationsbasis für eine umfassende,<br />

verantwortungsvolle Unternehmensstrategie.<br />

Zugleich sind sie damit in der Lage,<br />

anderen Stakeholdern über die eigene<br />

Nachhaltigkeitsleistung umfassend Auskunft<br />

zu geben.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong><br />

115


DGCN GESCHÄFTSSTELLE & ANSPRECHPARTNER<br />

Marcel Engel<br />

Leiter Geschäftsstelle<br />

Leonore Herzberg<br />

Netzwerkmanagement, Reporting<br />

Claudia van den Berg<br />

Kommunikation<br />

Laura Curtze<br />

Menschenrechte und Arbeitsnormen<br />

Lena Kern<br />

Umwelt, Klima, Reporting<br />

Carolina Echevarria<br />

Korruptionsprävention (Allianz für Integrität)<br />

Anschrift<br />

Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk (DGCN)<br />

c/o Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit (GIZ) GmbH<br />

Reichpietschufer 20<br />

D-10785 Berlin<br />

Tel.: +49 (0) 30 72614-204<br />

Fax: +49 (0) 30 72614-130<br />

Mail: globalcompact@giz.de<br />

URL: www.globalcompact.de<br />

Silke Düwel-Rieth<br />

Sustainable Development Goals (SDGs)<br />

116 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2020</strong>


IMPRESSUM<br />

Verlag:<br />

macondo publishing GmbH<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel.: +49 (0) 251 – 200782-0<br />

Fax: +49 (0) 251 – 200782-22<br />

Mail: info@macondo.de<br />

URL: www.macondo.de<br />

USt-Id-Nr.: DE 292 662 536<br />

Chefredakteur:<br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Redaktion:<br />

Ulrich Klose, Elena Köhn, Darja Ljubin,<br />

Sonja Scheferling<br />

Bildredaktion:<br />

Marion Lenzen<br />

Gestaltung:<br />

Gesa Weber<br />

Lektorat:<br />

Marion Lenzen, Bettina Althaus<br />

Bei dieser Publikation wurde aus Gründen<br />

der sprachlichen Vereinfachung bei einigen<br />

Texten nur die männliche Form verwendet.<br />

Es sind jedoch stets Personen männlichen,<br />

weiblichen und diversen Geschlechts<br />

gleichermaßen gemeint.<br />

Klimaneutralität:<br />

Das vorliegende Druckerzeugnis ist<br />

durch anerkannte Klimaschutzprojekte<br />

klimaneutral gestellt worden.<br />

(Nature Office Gold Standard Portfolio -<br />

GS, VER)<br />

natureOffice.com | DE-706-JR3AVHV<br />

Papier:<br />

Magno Volume, FSC-zertifiziert<br />

Videobotschaft:<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

anlässlich des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Leaders Summit <strong>2020</strong><br />

Autoren dieser Ausgabe<br />

(in alphabetischer Reihenfolge):<br />

Peter Basche, Kai Michael Beckmann,<br />

Lina Binder, Maike Böcker, Dr. Katie Böhme,<br />

Marcel Engel, Dr. Sabine Fisbeck-Groh, Prof.<br />

Dr. Elisabeth Fröhlich, Dr. Andreas Gorbach,<br />

Michaela Hauberg, Birgit Hellmann,<br />

Klaus Holterhoff, Mareike Iba, Violetta Kahre,<br />

Torsten Kallweit, Georg Kell, Lise Kingo,<br />

Stefan Klatt, Dr. Jan Krönig, Tanja Laube,<br />

Dr. Elmer Lenzen, Jonathan Linker,<br />

Mario Mehren, Patrica Meyer, Lena Michel,<br />

Friedrich-Wilhelm Micus, Christine Susanne<br />

Müller, Dr. Maren Otte, Thorsten Pinkepank,<br />

Angelika Pohlenz, Ricarda-Marie Pomper,<br />

Katja Poschke, Jonathan Przybylski,<br />

Dr. Angela Reitmaier, Johanna Schramm,<br />

Johanna von Stechow, Lynn A. Taylor,<br />

Prof. Dr. Tobias Viere, Annette Wagner,<br />

Fenna Willers, Michael Windfuhr,<br />

Christina Witter, Miriam Zimmermann<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

nicht die Meinung des Herausgebers wieder.<br />

Titelbild:<br />

Fotocollage: UN Photo/Eskinder Debebe,<br />

Konstantin Börner, André Wagenzik, Ulf<br />

Büschleb und Fotos gemäß Bildnachweis<br />

Bildnachweis:<br />

Ulf Büschleb (S. 3, 6 Mitte, 12 – 17, S. 26<br />

oben, 116), Screenshot Videobotschaft<br />

Bundeskanzleramt (S. 4), UN Photo/Mark<br />

Garten (S. 6 oben, 8), UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>/<br />

Michael Dames (S. 8, 22 unten rechts, S.<br />

24), UN Photo/Eskinder Debebe (S. 8 unten),<br />

DGCN/Thomas Ecke (S. 9), Marion Lenzen (S.<br />

9 unten), DGCN/Konstantin Börner<br />

(S. 10, 21), André Wagenzik (S. 11), Angelika<br />

Pohlenz (S. 18 oben), DGCN (S. 18 unten),<br />

Georg Kell (S. 22 oben, unten links),<br />

UN Photo/Joel Thomas Sheakoski (S. 26<br />

unten links, 29), UN Photo/Zef Nikolla (S. 26<br />

unten rechts), DGCN/Dr. Angela Reitmaier<br />

(S. 30), Anke Illing (S. 31), Prof. Dr. Elisabeth<br />

Fröhlich (S. 33 oben), Prof. Dr. Tobias Viere<br />

(S. 33 unten), www.pelzinger.de/stock.adobe.<br />

com (S. 6 unten, 34), macondo publishing<br />

(S. 40, 112/113), ClimatePartner/Rafael<br />

Araujo (S. 67), Bosch (S. 69), CEWE (S. 71),<br />

Daimler Truck (S. 72, 73), E.ON (77), Evonik<br />

Industries (S. 78), D. Bannert (S. 79), ista<br />

(S. 81), MAN (S. 83), Tchibo (S. 84, 85),<br />

Vonovia (S. 87), Weidmüller (S. 88, 89), CWS<br />

(S. 91), lcrribeiro33@gmail/stock.adobe.com<br />

(S. 93), SHIFT/Jérome Gerull (S. 96), SHIFT<br />

(S. 97), Symrise (S. 98), BASF/Hans-Juergen<br />

Doelger (S. 100/101), Merck (S. 103, erstes<br />

und zweites von oben), Merck/Mainline<br />

Photography LLC (S. 103 drittes von oben),<br />

Merck/chee gin tan (S. 103 unten), Wilo/<br />

External (S. 104), Wilo (S. 105), Wintershall<br />

Dea/Bernd Schoelzchen (S. 107), SAP/Ingo<br />

Cordes (S. 108), SAP/Dougal Waters<br />

(S. 109), Telefónica <strong>Deutschland</strong> (S. 111),<br />

profit_image/stock.adobe.com (S. 115)<br />

Bezugspreis:<br />

€ 15,00 zzgl. Porto:<br />

[D] + € 1,00<br />

[CH] + € 3,50<br />

[EU] + € 2,00<br />

[Int.] + € 5,50<br />

Rechte:<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste<br />

und Internet sowie Vervielfältigung jeglicher<br />

Art nur nach vorheriger schriftlicher<br />

Zustimmung des Verlags.<br />

Für unverlangt eingeschickte Manuskripte,<br />

Fotos und Illustrationen übernehmen wir<br />

keine Gewähr.<br />

ISSN 1614-7685<br />

ISBN-13: 978-3-946284-10-9<br />

Printed in Germany © <strong>2020</strong>


Die 10 Prinzipien<br />

des United Nations<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Im Mittelpunkt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Initiative stehen zehn Prinzipien zu Menschenrechten,<br />

Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ruft weltweit<br />

Unternehmen dazu auf, sich zu diesen Prinzipien öffentlich zu bekennen und aktiv für ihre<br />

Umsetzung einzusetzen.<br />

MENSCHENRECHTE<br />

Prinzip 1: Unterstützung<br />

und Respektierung<br />

der internationalen<br />

Menschenrechte im eigenen<br />

Einflussbereich<br />

Prinzip 2: Sicherstellung,<br />

dass sich das eigene<br />

Unternehmen nicht an<br />

Menschenrechtsverletzungen<br />

beteiligt<br />

UMWELT<br />

Prinzip 7: Unterstützung eines<br />

vorsorgenden Ansatzes im<br />

Umgang mit Umweltproblemen<br />

Prinzip 8: Ergreifung von<br />

Schritten zur Förderung einer<br />

größeren Verantwortung<br />

gegenüber der Umwelt<br />

Prinzip 9: Hinwirkung<br />

auf die Entwicklung und<br />

Verbreitung umweltfreundlicher<br />

Technologien<br />

ARBEITSNORMEN<br />

Prinzip 3: Wahrung der<br />

Vereinigungsfreiheit und<br />

wirksame Anerkennung<br />

des Rechts zu<br />

Kollektivverhandlungen<br />

Prinzip 4: Abschaffung jeder<br />

Art von Zwangsarbeit<br />

KORRUPTIONSBEKÄMPFUNG<br />

Prinzip 10: Unternehmen sollen<br />

gegen alle Arten der Korruption<br />

eintreten, einschließlich<br />

Erpressung und Bestechung<br />

Prinzip 5: Abschaffung der<br />

Kinderarbeit<br />

Prinzip 6: Beseitigung von<br />

Diskriminierung bei Anstellung<br />

und Beschäftigung


BESTELLANSCHRIFT<br />

Mediengruppe macondo<br />

Berliner Platz 8-10<br />

D-48143 Münster<br />

www.kod-druck.de<br />

Dr. Horst Köhler,<br />

Deutscher Bundespräsident<br />

German Federal President<br />

Dr. Angela Merkel,<br />

Deutsche Bundeskanzlerin<br />

German Federal Chancellor<br />

Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40<br />

Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42<br />

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Titel_2005_RZ 06.01.2006 15:02 Uhr Seite 2<br />

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Partner fŸr nachhaltige Printmedien<br />

Falzmarken Rücken<br />

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I call on business leaders to embrace<br />

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20.12.2006, 20:56<br />

gc07_umschlag_rz.indd 1<br />

27.12.2007, 16:59<br />

UN Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

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BISHERIGE AUSGABEN<br />

»<br />

Let us choose to unite the power<br />

of markets with the authority of<br />

universal ideals. Let us choose to<br />

reconcile the creative forces of private<br />

«<br />

entrepeneurship with the needs of the<br />

disadvantaged and the requirements<br />

of future generations.<br />

Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25 | 30 US$<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

2005<br />

Today it is increasingly clear<br />

that UN objectives – peace,<br />

security, development go hand-inhand<br />

with prosperity and growing<br />

markets.<br />

If societies fail, so will markets.<br />

Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25,00 EUR<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

2006<br />

the <strong>Compact</strong> as an organizing tool<br />

for your global operations. Ensure that<br />

your boards, subsidiaries and supply chain<br />

partners use the <strong>Compact</strong> as both a<br />

management guide and a moral compass.<br />

25,00 EUR<br />

Ban Ki-moon,<br />

Secretary General of the United Nations<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />

global<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

compact<br />

2007<br />

Ich freue mich, dass die Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />

Jahrbuch über ihre Aktivitäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />

mehr Unternehmen anspornt, sich zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />

und diese mit Engagement umzusetzen – im eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />

Grenzen hinaus. Wir brauchen dieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich<br />

und Gerechtigkeit der internationalen Ordnung.<br />

I am pleased that the members of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />

activities in a yearbook. I hope that this book will encourage even more companies to<br />

adopt the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Principles and carry them out with commitment – in their own<br />

operations and beyond their boundaries. We need this involvement of<br />

companies for more balance and justice in the international order.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Unternehmerische<br />

Verantwortung muss ein<br />

Eckpfeiler werden für ethische<br />

und stabile Märkte.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Durch Vorbilder und Kooperationen<br />

in Initiativen und Netzwerken können<br />

wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />

als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />

schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />

sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />

sage ich von Herzen Dank.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2011<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Ich wünsche dem deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Jahrbuch einen großen Leserkreis.<br />

Möge es zu weiteren Anstrengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />

animieren, die der <strong>Global</strong>isierung nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />

allem deren vielfältige Chancen und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />

I wish the German <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Yearbook a large readership. May it<br />

animate further efforts towards creative and successful partnerships that not only give<br />

globalisation a friendly face but, above all, make it possible to experience<br />

concretely its many opportunities and positive developments.<br />

2008<br />

2009<br />

30,00 EUR<br />

30,00 EUR<br />

30,00 EUR<br />

2010<br />

2011


globalcompact.de<br />

Bestellanschrift Verlag:<br />

ISBN-13: 978-3-946284-10-9<br />

macondo publishing GmbH<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel: +49 (0) 2 51 - 200 782 -0<br />

Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />

bestellung@macondo.de<br />

www.macondo.de<br />

15,00 EUR<br />

Printed in Germany, Dezember <strong>2020</strong>

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